Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) ist ein Symptomenkomplex aus Thrombozytopenie, hämolytischer Anämie und zentralnervösen Beschwerden. Die Ursache ist eine Modifikation im von-Willebrand-Faktor.
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Was ist eine thrombotisch-thrombozytopenische Purpura?
Bei der thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura handelt es sich um eine Multisystemerkrankung, die mit einer hämolytischen Anämie, neurologischen Auffälligkeiten und einer Thrombozytopenie einhergeht. Häufig kommt es begleitend zu einer Niereninsuffizienz und Fieber. Die Erkrankung beginnt meist um das 40. Lebensjahr herum.
Frauen erkranken doppelt so häufig wie Männer an TTP. Insgesamt ist die Erkrankung mit einer Inzidenz von drei bis zehn Krankheitsfällen pro eine Million Menschen pro Jahr eher selten. Bei den Patienten liegt eine Störung des von-Willebrand-Faktors vor. Dieser erfüllt wichtige Funktionen im Rahmen der Blutstillung.
Ursachen
Insbesondere im Bereich der kleinen Blutgefäße (Kapillaren) bilden sich Mikrothromben. Wenn die roten Blutkörperchen diese thrombotischen Stellen passieren, werden sie mechanisch durch die Reibung zerstört. Es liegt eine Erythrozytenfragmentierung vor. Zusätzlich kommt es zu einer Minderdurchblutung des kapillären Versorgungsgebietes und dadurch auch zu einer Organschädigung.
Für die Veränderung des von-Willebrand-Faktors gibt es mehrere mögliche Ursachen. Verschiedene Infektionen mit Rickettsien, Pilzen, Viren oder Bakterien können für die Erkrankung verantwortlich sein. Auch eine Sepsis ist eine mögliche Ursache. Dasselbe gilt für Krebserkrankungen, Schlangenbisse, Schwangerschaftsgestosen, Präeklampsie, Eklampsie, Glomerulonephritis und Kollagenosen.
Eine TTP kann zudem durch verschiedene Medikamente verursacht werden. Zu den gefährdenden Medikamenten gehören Interferon-Gamma, Ticlotidine, Valaciclovir, Chinin, Ticlopin, Mytomycin, Cisplatin oder Carboplatin. Viele dieser Arzneimittel kommen als Chemotherapeutika während der Krebsbehandlung zum Einsatz.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Charakteristisch für die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura ist eine Trias aus hämolytischer Anämie, Thrombozytopenie und ZNS-Beschwerden. Bei der hämolytischen Anämie kommt es zu einem vermehrten Abbau von roten Blutkörperchen. Dabei entsteht viel Bilirubin. Die Leber kann das Bilirubin nicht mehr komplett verstoffwechseln und der Farbstoff lagert sich in der Haut ab. Dies verursacht eine Gelbfärbung der Haut, die auch als Ikterus bezeichnet wird.
Die Patienten fühlen sich abgeschlagen und klagen über eine verminderte Leistungsfähigkeit. Auch Schwindel, Ohrensausen oder Kopfschmerzen können auftreten. Die Herzschlagfrequenz ist erhöht (Tachykardie). Die Thrombenbildung in den Gefäßen hat einen Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten) zur Folge. Dadurch ist die Blutgerinnung gestört, sodass es zu Einblutungen in die Haut kommt.
Diese imponieren in der Regel als kleine rotbraune Punkte (Petechien). Bei einer stärken Ausprägung liegt eine Purpura vor. Selten sind die Einblutungen auch im Schleimhautbereich zu finden. Rund ein Viertel der Patienten klagt zudem über Fieber.
Durch die Minderdurchblutung werden zahlreiche Organe in Mitleidenschaft gezogen. Die Niere kann so stark geschädigt werden, dass sie ihre Funktion komplett oder zu Teilen einstellt. Die Folge ist eine Niereninsuffizienz mit einer Erhöhung der harnpflichtigen Substanzen im Blut. Die Ischämie kann aber auch das Zentralnervensystem betreffen. Bei einer Niereninsuffizienz wird die Symptomatik durch die Urämie noch verschlimmert. Es kommt zu Verwirrung und Krampfanfällen, in schlimmeren Fällen auch zu Delir oder Koma.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die ersten Hinweise auf eine thrombotisch-thrombozytopenische Purpura erhält der behandelnde Arzt durch die typischen Symptome. Eine Anamnese der Risikofaktoren und möglichen Ursachen sowie körperliche Untersuchungen können den Verdacht zusätzlich erhärten. Wirklich aussagekräftig ist aber nur die Labordiagnostik. Im Differentialblutbild zeigen sich eine Anämie, ein Mangel an Thrombozyten (Thrombozytopenie) und eine erhöhte Anzahl an Fragmentozyten. LDH und Bilirubin sind leicht bis deutlich erhöht.
Auch die Serumelektrolyte wie beispielsweise Natrium oder Kalium und die harnpflichtigen Substanzen sind erhöht. Gerinnungsparameter wie Prothrombin oder Fibrinogen sind unauffällig, Haptoglobin hingegen erniedrigt. Bei etwa 80 Prozent aller Patienten mit einer erworbenen thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura finden sich im Blut Antikörper gegen Metalloproteasen.
Bei der familiären Form lässt sich eine Genmutation nachweisen. Zudem können bei beiden Formen die abnorm vergrößterten Multimere des von-Willebrand-Faktors nachgewiesen werden. Die TTP ist lebensbedrohend und muss deshalb so schnell wie möglich behandelt werden.
Komplikationen
Im Verlauf der thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura treten verschiedene Beschwerden und Komplikationen auf. Neben der charakteristischen Gelbfärbung der Haut, die für den Betroffenen meist einen kosmetischen Makel darstellt, nimmt auch die Leistungsfähigkeit ab. Typisch sind Symptome wie Abgeschlagenheit, Schwindel und Kopfschmerzen, die in den späteren Stadien der Erkrankung an Intensität zunehmen.
Die Bildung von Thrombosen führt zu einem Mangel an Blutplättchen und in der Folge zu Blutgerinnungsstörungen und Einblutungen in die Haut. Diese können sich entzünden und schmerzhafte Symptome wie Juckreiz und Brennen hervorrufen. Auch Einblutungen im Schleimhautbereich sind denkbar. Bei einem Viertel der Patienten tritt Fieber auf, welches unter Umständen zu ernsten Kreislaufbeschwerden führen kann.
Des Weiteren treten immer wieder schwere Organschäden auf. Mögliche Komplikationen sind Niereninsuffizienz, Leberversagen und Herzrhythmusstörungen. In der Folge kann es zum Koma kommen, das häufig einen tödlichen Verlauf nimmt. Die Behandlung verläuft meistens ohne größere Komplikationen.
Das typischerweise verschriebene Medikament Prednison kann allerdings Osteoporose und Störungen des Zuckerstoffwechsels begünstigen. Zudem besteht nach der Einnahme eine erhöhte Infektionsgefahr. Antibiotika können eine medikamenteninduzierte TTP hervorrufen, die unbehandelt fast immer zum Tod führt.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Da es bei dieser Krankheit nicht zu einer Selbstheilung kommen kann, sollte der Betroffene schon bei den ersten Anzeichen und Beschwerden einen Arzt aufsuchen. In der Regel verschlechtern sich die Beschwerden, wenn sie nicht behandelt werden und es kommt zu weiteren Komplikationen. Je früher bei dieser Krankheit dann ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf der Krankheit. Ein Arzt sollte schon bei den ersten Anzeichen der Krankheit kontaktiert werden.
In der Regel ist der Arzt dann aufzusuchen, wenn der Betroffene sich dauerhaft abgeschlagen und müde fühlt. Dabei kann auch Schlaf oder eine Erholung die Beschwerden nicht lindern. Weiterhin leiden die meisten Betroffenen auch an einem Sausen in den Ohren und an starken Kopfschmerzen. Auch Einblutungen auf der Haut können auf die Krankheit hindeuten und sollten immer durch einen Arzt kontrolliert werden.
Die Krankheit kann von einem Allgemeinarzt erkannt werden. Die weitere Behandlung wird dann jedoch durch einen Facharzt durchgeführt und richtet sich nach den genauen Beschwerden.
Behandlung & Therapie
Die Plasmapherese ist die Therapieoption mit der größten Aussicht auf einen schnellen Erfolg. Bei der Plasmapherese erfolgt ein kompletter Austausch des Blutplasmas. Das Plasma des Patienten wird abzentrifugiert, gefiltert und zeitgleich durch eine plasmaähnliche Lösung substituiert. Patienten, bei denen Autoantikörper gegen die Metalloprotease vorliegen, können mit Glukokortikoiden behandelt werden. Den Patienten werden hohe Dosen Prednison verabreicht. Bei diesen Patienten sind auch Anti-CD20-Präparate wie Rituximab wirksam.
Führt die Therapie mit Rituximab oder Glukokortikoiden nicht zum Erfolg, kann eine chirurgische Entfernung der Milz (Splenektomie) erforderlich werden. Bei einer sekundärenthrombotisch-thrombozytopenischen Purpura erfolgt die Therapie durch Behandlung der Grunderkrankung. Bakterielle Infektionen werden mit Antibiotika behandelt. Bei einer medikamenteninduzierten TTP werden die verursachenden Medikamente so schnell wie möglich abgesetzt.
Die unbehandelte TTP führt fast immer zum Tode. Bei einer frühzeitig erkannten und behandelten TTP liegt die Letalität noch bei rund zehn Prozent. In mehr als der Hälfte aller Krankheitsverläufe kommt es zudem zu Rezidiven. Diese können aber genau wie die Ersterkrankung behandelt werden.
Vorbeugung
Da nicht genau bekannt ist, wann es wirklich zu einer TTP kommt, gibt es für die Erkrankung keine wirksamen vorbeugenden Maßnahmen.
Nachsorge
An die erfolgreiche Behandlung einer Thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura muss eine intensive Nachsorgebehandlung anschließen, um das erneute Ausbrechen der Erkrankung sowie die Entstehung von Folgeerkrankungen zu verhindern. Am Wichtigsten hierbei sind regelmäßige Untersuchungen der Thrombozytenwerte im Blut. Wird erneut eine Blutarmut festgestellt, muss unverzüglich ein Blutaustausch erfolgen.
Zusätzlich dazu sollten Herz, Lunge, Gehirn und Gefäße regelmäßig mit bildgebenden Verfahren (MRT, CT, Ultraschall) untersucht werden, um etwaige Blutgerinnsel vor der Entstehung von Folgeerkrankungen zu erkennen und behandeln zu können. Sind Blutgerinnsel vorhanden, kann die zusätzliche Gabe von blutverdünnenden Medikamenten (Macumar) notwendig sein, um die Durchblutung zu gewährleisten.
Daneben kann die Gabe von blutgerinnungshemmenden Medikamenten (Heparin) angezeigt sein, um entstandene Gerinnsel aufzulösen. Eine Dauermedikation mit Acetylsalicylsäure (Aspirin) kann zusätzlich dazu beitragen, das Verkleben der Blutplättchen zu verlangsamen beziehungsweise zu unterbinden. Raucher, die unter einer Thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura litten, müssen mit dem Rauchen aufhören, da dies die Blutplättchen zusätzlich verklebt, die Gefäße verengt und so zu einer Minderdurchblutung beiträgt.
Alkoholkonsum sollte ebenfalls vollständig unterlassen werden. Liegt zusätzlich ein erhöhter Blutdruck vor, muss auch dieser medikamentös behandelt werden, da ein Bluthochdruck ebenfalls zur Bildung von Blutgerinnseln beitragen kann. Zusätzlich sollten Patienten auf eine Vitamin-K arme Ernährung (Verzicht auf grünes Gemüse) achten und sich viel bewegen (Sport).
Das können Sie selbst tun
Die Therapie der Thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura kann durch Schonung und die vorschriftsgemäße Einnahme der verordneten Medikamente unterstützt werden.
Aufgrund des Infektionsrisikos während der Plasmapherese ist nach der Behandlung auf etwaige Entzündungssymptome zu achten. Der Arzt muss über ungewöhnliche Symptome informiert werden. Daneben gelten allgemeine Maßnahmen wie Bettruhe und regelmäßige Arztbesuche. Stress und andere Risikofaktoren gilt es zu vermeiden. Patienten sollten sich in den ersten Tagen nach der Behandlung nicht körperlich anstrengen. Die berufliche Tätigkeit darf in Rücksprache mit dem Arzt nach einigen Wochen wieder aufgenommen werden. Voraussetzung ist, dass die TTP erfolgreich behandelt wurde und keine Komplikationen mehr zu erwarten sind.
Patienten können sich selbstständig über die Details der Erkrankung und Therapie informieren, um Ängste aufzulösen. Der Arzt kann zudem den Kontakt zu einem Therapeuten herstellen, der die Behandlung durch Gesprächstherapien und andere Maßnahmen unterstützen kann. Zuletzt muss bei der Therapie der Thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura immer ein Helfer zur Verfügung stehen, der bei Hirn- oder Nieren-Komplikationen den Notarzt verständigen kann. In der Regel klärt der Arzt den Patienten über die Möglichkeiten auf.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013