Angina abdominalis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Angina abdominalis ist der Schmerz bei einer Durchblutungsstörung des Darms, welche meist aufgrund von Arteriosklerose der versorgenden Blutgefäße entsteht. Sie tritt normalerweise als diffuser Bauchschmerz direkt nach dem Essen auf und kann somit ein Warnsignal für einen drohenden Mesenterialinfarkt sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Angina abdominalis?

Bei der Angina abdominalis handelt es sich um das Symptom einer Durchblutungsstörung der Bauchgefäße. "Angina" bezeichnet dabei den Schmerzzustand, "Abdomen" ist der medizinische Fachbegriff für den Bauch.

Analog gibt es auch die Angina pectoris, welche weitaus bekannter ist und den Brustschmerz beim Herzinfarkt bezeichnet. Die pathologische Ursache hinter diesen beiden Schmerzereignissen ist jedoch dieselbe.

Ursachen

Die Blutversorgung des Darms entspringt der großen Hauptschlagader und verteilt sich dann über verschiedene definierte Äste zu ihren Zielorten in der Dünn- und Dickdarmwand. Benötigt wird das Blut hier vor allem, wenn Arbeit ansteht: Nach dem Essen ist der Darm groß in Aktion, verbraucht Sauerstoff für die aktive Verdauung und benötigt das Blut zudem als Transportmittel für die vielen aufgenommenen Nährstoffe in Richtung Leber.

Sind die Gefäße des Darms arteriosklerotisch verkalkt und verengt, so macht sich dies daher vor allem nach dem Essen bemerkbar: Die Blutversorgung hat aufgrund der starren Gefäße nichts mehr zuzusetzen und liefert weiter dieselbe Menge an Blut wie vor dem Essen. Diese reicht nun aber nicht mehr aus, der Darm bekommt nicht genug Sauerstoff und antwortet mit massiven Schmerzen.

Genau dasselbe passiert übrigens bei der Angina pectoris und dem darauf folgenden Herzinfarkt - nur treten die Beschwerden hier immer dann auch, wenn das Herz viel Sauerstoff benötigt: beim Laufen, Treppensteigen, bei körperlicher Arbeit.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei der Angina abdominalis handelt es sich um das Symptom einer Durchblutungsstörung der Bauchgefäße. "Angina" bezeichnet dabei den Schmerzzustand, "Abdomen" ist der medizinische Fachbegriff für den Bauch.
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Die Symptome bei einer Angina abdominalis sind vom Schweregrad der Durchblutungsstörungen in den Abdominalgefäßen abhängig. Die Erkrankung kann in vier Stadien eingeteilt werden. Im Stadium I treten überhaupt keine Symptome auf. Oft handelt es sich um einen Zufallsbefund. Wenn sich die Gefäße weiter verengen, kommt es zu Stadium II. Hier können bereits heftige Bauchschmerzen nach den Mahlzeiten auftreten.

Die Schmerzen werden umso stärker je größer die eingenommene Nahrungsmenge ist. Der Patient nimmt zur Linderung der Beschwerden häufig kleinere Mahlzeiten auf. Im Stadium III bestehen die Schmerzen dauerhaft. Nur ihre Intensität schwankt, die sich ebenfalls nach der aufgenommenen Nahrungsmenge richtet. Das vierte Stadium einer Angina abdominalis ist durch ein akutes Abdomen mit häufig letalem Ausgang gekennzeichnet.

Bei vollständigem Verschluss bestimmter Darmarterien kann der betroffene Darmabschnitt nicht mehr durchblutet und versorgt werden. Es kommt dann häufig zum Absterben ganzer Darmschlingen. Wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird, bricht der Darm durch und der Darminhalt ergießt sich in die Bauchhöhle. Das führt unbehandelt zu einer lebensgefährlichen Bauchfellentzündung.

Nach dem Gefäßverschluss verschwinden die vorher bestehenden längerfristigen Bauchschmerzen zunächst. Nach ungefähr 24 Stunden kommt es dann zu einem akuten Abdomen, welches sich durch eine verhärtete Bauchdecke mit Abwehrspannung, Fieber und Herzrasen auszeichnet. Als Komplikationen können dann lebensgefährliche Komplikationen wie Kreislaufschock, Darmlähmung oder Sepsis auftreten.

Diagnose & Verlauf

Das Symptom Angina abdominalis kann oft wochen- und monatelang immer wieder nach dem Essen auftreten und kurz darauf wieder verschwinden, ohne dass zunächst etwas Schlimmes passiert. Je nach Zustand der Blutgefäße, fortschreitender Verkalkung und mehr oder minder ausgebildeter Kollateralversorgung kann es auf Dauer aber zu einer Schädigung der Darmwand kommen, die daraufhin den Nahrungsbrei nicht mehr vernünftig transportiert und aufnimmt. Mangelernährung, Verstopfung, Durchfall und blutige Stühle können die Folge sein.

Im schlimmsten Falle kommt es zum Mesenterialinfarkt, der analog zum Herzinfarkt dann auftritt, wenn die Blutversorgung der Darmwand akut so schlecht wird oder komplett zum Erliegen kommt, dass der von ihr abhängige Darmabschnitt abstirbt. Hier hat man typischerweise massive Schmerzen für einige Stunden, die dann plötzlich besser werden ("fauler Frieden"), um wiederum einige Stunden später unwiderruflich zurückzukehren.

Ein derart geschädigter Darm ist oft auch chirurgisch nicht mehr zu retten und überschwemmt den Körper innerhalb kürzester Zeit mit toxischen und sauren Substanzen, was nicht selten tödlich endet. Massive Bauchschmerzen nach dem Essen sollten daher jeden Menschen unmittelbar zum Arzt führen oder den Notarzt rufen lassen. Auch vom "faulen Frieden" sollte man sich davon nicht abbringen lassen.

Anhand der typischen Symptomatik der Angina abdominalis kann ein Arzt die Diagnose mit ausreichender Sicherheit stellen. Da Arteriosklerose meistens nicht nur in einer Körperregion stattfindet, sondern den gesamten Körper betrifft, sind Herzbeschwerden, Beinschmerzen, erhöhte Blutfettwerte, Bluthochdruck oder eine Zuckerkrankheit weitere Anhaltspunkte dafür, dass die Bauchschmerzen vermutlich gefäßbedingt sind. Auch ein Vorhofflimmern kann über verschleppte Blutgerinnsel aus dem Vorhof zur Symptomatik der verkalkten Bauchgefäße beitragen.

Komplikationen

Wird eine Angina abdominalis nicht rechtzeitig erkannt, kommt es zu einer Entzündung des Darmgewebes (Ischämische Kolitis) mit dauerhaften Bauchschmerzen vor allem nach der Nahrungsaufnahme. Bleiben diese unbehandelt, kann ein Darminfarkt (Mesenterialinfarkt) folgen. Zuerst verspürt der Patient über wenige Stunden hinweg stichartige Schmerzen in der Darmgegend, welche nach kurzer Zeit wiederkehren.

Sollte in diesem Stadium kein Arzt aufgesucht werden, beginnen die betroffenen Darmteile unwiederbringlich abzusterben. Zudem geht mit diesem Stadium häufig eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) einher, die nun langanhaltend starke Bauchschmerzen verursacht. Einzige Hilfe nach Eintreten des Infarkts ist eine sofortige Operation.

Hierbei werden die abgestorbenen Darmteile entfernt und das Blutkreislaufsystem des Verdauungstrakts wird stabilisiert. Je später dieser Eingriff erfolgt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit auf erfolgversprechende Ergebnisse. Durch zu langes Zögern muss mit einem enormen Verlust an Darmlänge gerechnet werden.

Es kommt zu Verdauungsstörungen mit Folgen wie Dehydration, Nährstoffmangel, Durchfall, Gewichtsverlust. Schlimmstenfalls stellt sich das Kurzdarmsyndrom ein. Da die Angina abdominalis ein Krankheitsbild ist, das durch arterielle Fehlfunktionen ausgelöst wird, kommt es bei denselben Patienten oft auch zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn im Darmtrakt immer wieder Schmerzen oder Druckgefühle auftreten, sollte der Hausarzt oder ein Gastroenterologe konsultiert werden. Der Arzt kann anhand der Symptome und einer körperlichen Untersuchung feststellen, ob es sich um eine Angina Abdominalis handelt und gegebenenfalls umgehend mit der Behandlung beginnen. Aufgrund des akuten Infarktrisikos erfolgt der chirurgische Eingriff meist unmittelbar nach der Diagnose. Der Arztbesuch sollte aus diesem Grund nicht aufgeschoben werden.

Vor allem, wenn es immer wieder zu Symptomen einer Darmerkrankung kommt, ist ein Arztbesuch anzuraten. Eindeutige Warnzeichen sind Verstopfungen, Durchfall und blutige Stühle. Charakteristisch ist außerdem, dass 15 bis 30 Minuten nach der Nahrungsaufnahme starke Bauchschmerzen auftreten. Kommt es zu diesen Beschwerden, gilt: ab zum Arzt und die Ursache abklären.

Menschen mit Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, hohen Blutfettwerten oder einer Zuckerkrankheit sollten sofort mit dem behandelnden Arzt sprechen, wenn genannte Symptome hinzukommen. Bei chronischen Bauchschmerzen ist das Darmgewebe möglicherweise bereits entzündet und die Angina Abdominalis muss umgehend chirurgisch behandelt werden.

Behandlung & Therapie

Eine Blutuntersuchung auf saure Stoffwechselprodukte kann akut den Verdacht eines Mesenterialinfarkts erhärten oder unwahrscheinlich machen. Analog der Herzkatheteruntersuchung beim Brustschmerz gibt es auch beim durchblutungsbedingten Bauchschmerz eine radiologische Kontrastmitteluntersuchung, die den Zustand der Blutgefäße beurteilen lässt. Sie muss jedoch nicht in allen Fällen sofort durchgeführt werden.

Therapeutisch steht die Blutverdünnung und Gerinnungshemmung mit ASS oder Marcumar im Vordergrund der Behandlung. Auf diese Weise sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sich an den bereits verengte Arterien weitere Gerinnsel bilden und das Gefäß komplett verschließen. Im akuten Infarkt wird zudem die Heparingabe, Schmerztherapie und eine umgehende Notfalloperation notwendig.

Aussicht & Prognose

In vielen Fällen kann keine frühzeitige Behandlung der Angina abdominalis stattfinden, da die Beschwerden und Symptome nicht besonders eindeutig oder charakteristisch sind.

In den meisten Fällen leiden die Betroffenen allerdings an relativ starken Bauchschmerzen, die vor allem nach dem Essen auftreten und damit die Lebensqualität des Betroffenen deutlich verringern. Es kommt nicht selten zu Durchfall oder Verstopfung und damit auch zu Mangelerscheinungen.

Weiterhin kann auch der Stuhlgang des Patienten blutig sein. Nicht selten führt die Angina abdominalis auch zu Beschwerden am Herzen und zu erhöhten Blutfettwerten. Auch Beinschmerzen können dabei auftreten und von einer Zuckerkrankheit begleitet sein. Ohne Behandlung der Angina abdominalis wird die Lebenserwartung des Patienten deutlich eingeschränkt und verringert.

Die Behandlung selbst kann mit Hilfe von Medikamenten stattfinden und dabei die Beschwerden stark lindern. In einigen Fällen oder in akuten Notfällen sind operative Eingriffe notwendig. Ob es dabei zu einer Verringerung der Lebenserwartung des Patienten kommt, kann in der Regel nicht vorausgesagt werden. In den meisten Fällen kann sich auch ein gesunder Lebensstil mit einer gesunden Ernährung sehr positiv auf diese Krankheit auswirken.


Vorbeugung

Vorsorge ist auch hier besser als Nachsorge: Das Risiko einer Arteriosklerose lässt sich mit gesunder Lebensweise minimieren. Das bedeutet: Kein Rauchen, wenig Alkohol, mediterrane Kost, Stress vermeiden, mäßig, aber regelmäßig Sport machen. Bluthochdruck und [[Diabetes mellitus] sowie erhöhte Blutfette erhöhen das Risiko für Arterienverkalkung massiv und sollten daher ebenfalls vermieden bzw. konsequent behandelt werden.

Nachsorge

Eine Angina abdominalis kann nach einer Ausheilung erneut auftreten. Patienten bauen keine Immunität auf. Die Nachsorge bezweckt, wiederholte Beschwerden zu verhindern. Daran tragen Betroffene die Hauptverantwortung. Sie müssen auf ungesunde Lebensgewohnheiten verzichten. Ärztliche Kontrollen beinhalten körperliche Untersuchungen und eine ausführliche Erörterung der Symptome.

Bildgebende Verfahren wie ein CT und MRT können Klarheit verschaffen. In der Regel wendet sich der Patient mit spezifischen Anzeichen an seinen Arzt. Als wesentliches Mittel zur Vermeidung einer Angina abdominalis haben sich verschiedene Verhaltensweisen etabliert, die sich unter den Begriff „gesunde Lebensweise“ subsummieren lassen. Das bedeutet vor allem den generellen Verzicht auf Suchtmittel wie Nikotin und Alkohol. Darüber hinaus sollten Patienten eine ausgewogene Ernährung pflegen.

Mehrere Portionen Obst und Gemüse gehören auf den täglichen Speiseplan. Körperliche Bewegung bringt die notwendige Fitness. Stress im Alltag und Beruf ist zu meiden. Eine erfolgreiche Behandlung erfolgt nicht selten operativ. In den folgenden Wochen zielt die Nachsorge darauf, Komplikationen zu verhindern.

Patienten müssen es ruhig angehen lassen, daher sind Erholungsphasen unbedingt einzuplanen. Die Nahrungsaufnahme sollte idealerweise mit kleinen Mahlzeiten beginnen, die sich auf den gesamten Tag verteilen. Je nach Eingriff wird anschließend eine regelmäßige Kontrolle des Darms notwendig.

Das können Sie selbst tun

Eine Angina abdominalis fällt nicht in den Bereich der Eigenbehandlung. Diese Erkrankung kann sich zu einem lebensbedrohlichen Zustand entwickeln und bedarf sofortiger ärztlicher, womöglich notärztlicher, Versorgung. Maßnahmen aus dem Bereich der Selbstbehandlung können nur begleitend oder postoperativ erfolgen.

In jedem Falle kann der Körper unterstützt werden durch einen konsequenten Verzicht auf Nikotin und Alkohol. Betroffene sollten auf eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung achten. Vor allem der Anteil an Obst und Gemüse ist zu erhöhen. Dieser liefert dem Körper wichtige Vitamine und Mineralstoffe. Dadurch wird der gesamte Heilungsprozess unterstützt.

Eine ergänzende Einnahme von Mikronährstoffen in Pulver- oder Tablettenform kann erwogen werden. Grundsätzlich gilt: alles was die Verdauung sowie die Durchblutung unterstützt ist hilfreich. Dazu zählen auch regelmäßige Bewegung an frischer Luft und das Reduzieren von Stress sowie eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (bevorzugt stille Mineralwässer oder ungesüßte Kräutertees).

Direkt nach einer Operation ist die Einhaltung körperlicher Schonung zwingend notwendig. Anfänglich wird auch ein schrittweiser Kostaufbau – mit mehreren kleinen Mahlzeiten – erfolgen müssen. Bei einer rechtzeitigen Behandlung können Patienten wieder ohne größere Einschränkungen leben. Sollten Teile des Darms entfernt werden müssen, ist auf die Verdauung zukünftig mehr zu achten. Vor allem ältere Menschen und Diabetiker – die als Risikogruppen zählen – sollten regelmäßig ihre Darmgefäße kontrollieren lassen. Dies kann der Hausarzt oder ein Internist durchführen.

Quellen

  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Messmann, H.: Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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