Astemizol

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Wirkstoffe Astemizol

Bei Astemizol handelt es sich um ein sogenanntes Antihistaminikum, welches verwendet wird, um Allergien symptomatisch zu behandeln. Auf dem deutschen Markt ist dieses Medikament aber nicht mehr erhältlich.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Astemizol?

Bei Astemizol handelt es sich um ein sogenanntes Antihistaminikum, welches verwendet wird, um Allergien symptomatisch zu behandeln.

Bei Astemizol handelt es sich um einen H1-Rezeptor-Antagonisten sowie um ein Antihistaminikum der zweiten Generation. Durch die Blockierung der Histamin-Rezeptoren wird durch Astemizol die Bildung des Botenstoffes Histamin aufgehoben oder zumindest abgeschwächt.

Anders als Präparate der ersten Generation kann Astemizol die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden und dadurch nicht ins Zentralnervensystem gelangen. Auf den Markt kam Astemizol ebenso wie ähnliche Präparate ab 1984. In Deutschland und Österreich wurde dieses Präparat unter dem Markennamen Hisamanal vertrieben.

Mittlerweile wurde dieses Präparat in den meisten Ländern vom Markt genommen. Der Grund: In seltenen Fällen kann es zu starken Wechselwirkungen mit einigen Enzymhemmern kommen. Allerdings wird mit dem Medikament weiter geforscht. Ein möglicher Einsatzbereich könnte in Zukunft die Tumortherapie sein.

Pharmakologische Wirkung

Astemizol wurde zur Behandlung von allergischen Bindehautentzündungen, allergischer Rhinitis, Heuschnupfen und Nesselfieber verwendet und oral verabreicht.

Der Wirkstoff bindet die H1-Rezeptoren in den Blutgefäßen, in der Muskulatur der Bronchien, im Magen-Darm-Trakt sowie im Uterus. Im Magen-Darm-Trakt wird Astemizol vom Körper rasch aufgenommen, sodass es eine Halbwertszeit von lediglich 24 Stunden hat.

Weil sich der Wirkstoff an einen Rezeptor bindet, wird Astemizol als kompetentiver Antagonist bezeichnet. Der Wirkstoff besetzt also die Rezeptoren und bildet mit ihnen einen Komplex. Indem Astemizol den Botenstoff Histamin von den H1-Rezeptoren verdrängt, wirkt es antiallergisch. Dadurch bleiben Symptome wie Juckreiz, Schwellungen sowie Hautrötungen aus.

Darüber hinaus hat das Präparat eine anticholinerge Wirkung, weil es auch an den Muscarinrezeptoren andockt. Dabei handelt es sich um einen membranbeständigen Rezeptor, in dem mit Acetylcholin einer der wichtigsten Neurotransmitter im menschlichen Organismus erzeugt wird. Dieser spielt etwa bei der Übertragung von Erregungen zwischen Nerven und Muskeln eine wichtige Rolle. Dieser Botenstoff ist an zahlreichen kognitiven Prozesse gebunden, weshalb er auch in Zusammenhang mit Krankheiten wie der Alzheimer’schen Erkrankung einen wichtigen Faktor darstellt. Denn diese Krankheit äußert sich auch durch einen Mangel an jenem Botenstoff.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Das Präparat Astemizol wurde verwendet, um die Wirkung des Botenstoffes Histamin abzuschwächen oder komplett aufzuheben. Als wichtigste Anwendung gilt die Behandlung von allergischen Beschwerden. Dazu gehören neben Juckreiz und Hautrötung auch Entzündungen am Körper und der Bindehaut des Auges.

Abgelöst wurden die H1-Antihistaminika der ersten Generation durch Präparate wie Astemizol, weil erstere die Blut-Hirn-Schranke sehr leicht überwinden konnten, wodurch die Wirkstoffe rasch ins Zentralnervensystem eindringen konnten. Dadurch konnten die möglichen Nebenwirkungen erheblich reduziert werden.

Die Präparate der zweiten Generation wie Astemizol sind mittlerweile in Deutschland und vielen anderen Ländern vom Markt genommen worden und wurden durch neuere Präparate ersetzt. Diese verursachen weniger Nebenwirkungen und bieten zudem weitere therapeutische Vorteile.

Aufgrund der relativ langen Halbwertszeit von 24 Stunden bot Astemizol Patienten, die das Präparat vertrugen, den Vorteil, dass die einmalige tägliche Einnahme ausreichte. Ausgeschieden wurde das Präparat, welches hauptsächlich im Magen-Darm-Trakt vom Körper aufgenommen wurde, über den Kot.


Verabreichung & Dosierung

Astemizol war ein Antihistaminikum der zweiten Generation, das früher bei Allergien und Heuschnupfen eingesetzt wurde. Es wurde jedoch aufgrund schwerwiegender Nebenwirkungen, insbesondere des Risikos schwerer Herzrhythmusstörungen, weitgehend vom Markt genommen. Daher ist es in vielen Ländern nicht mehr erhältlich und die Behandlung sollte nur unter strengster ärztlicher Aufsicht erfolgen.

Falls Astemizol dennoch verwendet wird, gibt es einige wichtige Punkte, die bei Verabreichung und Dosierung zu beachten sind:

Dosierung: Die genaue Dosierung muss vom Arzt bestimmt werden, wobei die empfohlene Dosis in der Regel 10 mg einmal täglich für Erwachsene betrug. Bei Kindern wurde die Dosis je nach Gewicht angepasst.

Kontraindikationen: Astemizol sollte nicht bei Patienten mit Lebererkrankungen, Herzrhythmusstörungen oder einer bekannten Allergie gegen den Wirkstoff angewendet werden.

Wechselwirkungen: Es bestehen erhebliche Risiken bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten, die die Leberenzyme hemmen, wie bestimmte Antibiotika und Antimykotika. Auch Grapefruitsaft kann die Wirkung von Astemizol beeinflussen.

Herzrisiken: Astemizol kann zu Verlängerungen des QT-Intervalls im EKG führen, was das Risiko von Herzrhythmusstörungen wie Torsades de Pointes erhöht. Regelmäßige EKG-Überwachung ist daher unerlässlich.

Schwangerschaft und Stillzeit: Astemizol sollte in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht verwendet werden, da es potenziell schädlich für den Fötus oder das gestillte Kind sein könnte.

Wegen der Risiken von Astemizol sollten Ärzte alternative Antihistaminika in Betracht ziehen, die sicherer und moderner sind.

Risiken & Nebenwirkungen

Neben leichteren Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Müdigkeit und Störungen im Magen-Darm-Trakt hatte Astemizol vor allem kardiologische Nebenwirkungen. So konnte das Präparat neben Herzrhythmusstörungen auch Herzstillstand oder Kammerflimmern verursachen.

Diese Nebenwirkungen traten zwar selten, dafür aber sehr heftig auf. Deshalb wurde die Verwendung von Astemizol in zahlreichen Ländern komplett eingestellt, in anderen sehr stark vermindert.

Als besonders stark haben sich die das Herz betreffenden Nebenwirkungen bei Patienten erwiesen, die an Leberschäden oder einer QT-Verlängerung gelitten haben. Der Grund dafür liegt darin, dass innerhalb des Herzmuskels die Kaliumkanäle blockiert werden. Diese Blockade kann im Extremfall zu einer Torsades-de-pointes-Tachykardie führen, welche sich durch eine Herzfrequenz von 150 Schlägen pro Minute bemerkbar macht. Im Extremfall kann diese in ein Kammerflimmern übergehen und somit eine lebensbedrohliche Situation für den Patienten darstellen.

Kontraindikationen

Astemizol wurde aufgrund seiner kardiotoxischen Nebenwirkungen, insbesondere der Gefahr schwerwiegender Herzrhythmusstörungen, in vielen Ländern vom Markt genommen. Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Astemizol sind:

Herzrhythmusstörungen: Patienten mit einer bekannten Vorgeschichte von Herzrhythmusstörungen, insbesondere einer Verlängerung des QT-Intervalls, sollten Astemizol nicht einnehmen. Das Medikament kann das QT-Intervall weiter verlängern und das Risiko lebensbedrohlicher Arrhythmien wie Torsades de Pointes erhöhen.

Leberfunktionsstörungen: Da Astemizol in der Leber metabolisiert wird, kann eine beeinträchtigte Leberfunktion zu erhöhten Plasmaspiegeln des Medikaments führen, was das Risiko von Nebenwirkungen, insbesondere kardiovaskulären, erhöht.

Einnahme von CYP3A4-Inhibitoren: Medikamente, die das Enzym CYP3A4 hemmen, wie bestimmte Antibiotika (z.B. Erythromycin) und Antimykotika (z.B. Ketoconazol), können die Konzentration von Astemizol im Blut erhöhen und das Risiko schwerer Nebenwirkungen erhöhen.

Schwangerschaft und Stillzeit: Es liegen nicht genügend Daten zur Sicherheit von Astemizol bei schwangeren Frauen und stillenden Müttern vor, daher wird von der Einnahme in diesen Lebensphasen abgeraten.

Allergie oder Überempfindlichkeit: Patienten mit einer bekannten Allergie oder Überempfindlichkeit gegenüber Astemizol oder einem der Bestandteile des Medikaments sollten es vermeiden.

Aufgrund dieser Kontraindikationen und der Risiken, die Astemizol mit sich bringt, wird empfohlen, auf sicherere und besser verträgliche Alternativen auszuweichen.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Astemizol, ein Antihistaminikum der zweiten Generation, birgt erhebliche Risiken für Arzneimittelwechselwirkungen, die zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen können. Aufgrund dieser Risiken wurde es in vielen Ländern vom Markt genommen. Typische Wechselwirkungen von Astemizol mit anderen Medikamenten umfassen:

CYP3A4-Inhibitoren: Astemizol wird hauptsächlich durch das Leberenzym CYP3A4 metabolisiert. Medikamente, die dieses Enzym hemmen, wie Ketoconazol, Itraconazol, Erythromycin und Clarithromycin, können den Abbau von Astemizol verlangsamen. Dies führt zu erhöhten Plasmaspiegeln und einem erhöhten Risiko für schwerwiegende kardiale Nebenwirkungen wie Verlängerung des QT-Intervalls und Torsades de Pointes.

Grapefruitsaft: Ähnlich wie CYP3A4-Inhibitoren kann Grapefruitsaft die Aktivität dieses Enzyms hemmen, was zu einer Erhöhung der Astemizolkonzentration im Blut führt und das Risiko von Nebenwirkungen erhöht.

Antiarrhythmika: Medikamente wie Amiodaron und Chinidin, die das QT-Intervall beeinflussen, können in Kombination mit Astemizol das Risiko von Herzrhythmusstörungen weiter erhöhen.

MAO-Hemmer: Monoaminoxidase-Hemmer, die in der Behandlung von Depressionen eingesetzt werden, können die Wirkung von Astemizol verstärken und unerwartete Nebenwirkungen verursachen.

Andere Antihistaminika: Die gleichzeitige Einnahme anderer Antihistaminika kann das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen, da dies die sedierende Wirkung und die Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System verstärken kann.

Aufgrund dieser potenziell schwerwiegenden Wechselwirkungen wird die Anwendung von Astemizol generell nicht empfohlen. Stattdessen sollten sicherere Alternativen verwendet werden, insbesondere bei Patienten, die andere Medikamente einnehmen.

Alternative Behandlungsmethoden

Astemizol war einst ein beliebtes Antihistaminikum, wurde jedoch aufgrund seines erheblichen Risikos für Herzrhythmusstörungen vom Markt genommen. Bei der Suche nach Alternativen stehen mehrere sicherere Optionen zur Verfügung:

Antihistaminika der zweiten Generation: Medikamente wie Loratadin, Cetirizin und Fexofenadin sind sicherere Alternativen zu Astemizol. Sie bieten eine ähnliche antiallergische Wirkung, haben jedoch ein wesentlich geringeres Risiko für Herzrhythmusstörungen. Diese Medikamente verursachen auch weniger Sedierung als Antihistaminika der ersten Generation.

Antihistaminika der ersten Generation: Obwohl sie häufiger zu Sedierung führen, können Medikamente wie Diphenhydramin und Chlorpheniramin bei akuten allergischen Reaktionen wirksam sein. Sie sind jedoch weniger bevorzugt für den langfristigen Gebrauch aufgrund ihrer Nebenwirkungen.

Nasale Steroide: Für allergische Rhinitis sind nasale Steroide wie Fluticason und Mometason wirksame Alternativen. Sie reduzieren Entzündungen und Symptome wie laufende Nase und Niesen.

Leukotrien-Rezeptorantagonisten: Montelukast kann als zusätzliche Behandlung bei allergischer Rhinitis oder Asthma eingesetzt werden, insbesondere wenn Antihistaminika allein nicht ausreichend sind.

Immuntherapie: Bei schweren oder anhaltenden Allergien kann eine spezifische Immuntherapie, auch als "Allergiespritze" bekannt, eine langfristige Lösung sein. Sie funktioniert, indem sie das Immunsystem schrittweise an das Allergen gewöhnt und so die Empfindlichkeit verringert.

Die Wahl der geeigneten Alternative hängt von der spezifischen allergischen Erkrankung, den Symptomen und der individuellen Verträglichkeit ab. Ein Arzt sollte konsultiert werden, um die beste Behandlungsstrategie zu bestimmen.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

Das könnte Sie auch interessieren