Benzocain

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 6. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Benzocain ist ein Arzneistoff aus der Wirkstoffklasse der Lokalanästhetika. Zur Anwendung kommt der Arzneistoff vor allem in der lokalen Schmerztherapie im Bereich der Haut und der Schleimhäute.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Benzocain?

Benzocain ist ein Arzneistoff aus der Wirkstoffklasse der Lokalanästhetika. Als mögliche Applikationsformen sind Sprays, Puder, Salben, Zäpfchen und Lösungen erhältlich.

Benzocain ist, genau wie Lidocain und Procain ein Lokalanästhetikum. Lokalanästhetika wirken örtlich begrenzt und reduzieren reversibel die Erregbarkeit von sensiblen Nervenfasern. Es handelt sich bei dem Arzneistoff um ein Anästhetikum vom Ester-Typ. Benzocain blockiert die Natriumkanäle an den Nervenzellen und verhindert so die Weiterleitung von Reizen.

Der Arzneistoff wird überwiegend als Oberflächenanästhetikum genutzt. Bei der Oberflächenanästhesie wird das Lokalanästhetikum auf die Schleimhaut oder auf die Haut appliziert. Wirkort sind die Endstücke der sensiblen Nerven. Mit Oberflächenanästhetika sollen vor allem kleine Eingriffe schmerzfrei gehalten werden. Als mögliche Applikationsformen sind Sprays, Puder, Salben, Zäpfchen und Lösungen erhältlich.

Pharmakologische Wirkung

Benzocain ist ein Natriumkanalblocker. Die Natriumkanäle spielen eine wichtige Rolle bei der Reizweiterleitung. Im Nervensystem erfolgt die Reizweiterleitung in Form von elektrischen Impulsen. Jede Körperzelle besitzt ein sogenanntes Membranpotential. Bei den Nervenzellen wird dieses als Ruhepotential bezeichnet. Das Ruhepotential liegt bei ca. -60 mV. Es entsteht dadurch, dass in der Zelle ein Überschuss an Kaliumionen und außerhalb der Zelle ein Überschuss an Natriumionen vorhanden ist. Kaliumionen sind negativer geladen als Natriumionen. Daher ist das Innere der Zelle beim Ruhepotential im Vergleich zum Äußeren negativ geladen.

Dieses Gleichgewicht wird durch die Natrium-Kalium-Pumpe aufrechterhalten. Durch sie gelangen ausschließlich Kaliumionen in die Zelle. Wenn ein Reiz auf die Nervenzelle tritt, öffnen sich spannungsgesteuerte Natriumkanäle in der Membran und erlauben einen Einstrom von Natriumionen. Die Zelle depolarisiert, das Membranpotential steigt kurzfristig auf +30 mV. Dieser Zustand wird auch als Aktionspotential bezeichnet. Das Aktionspotential wird über die Nervenfasern von Nervenzelle zu Nervenzelle getragen, bis die Zielzelle erreicht ist und die gewünschte Reaktion ausgelöst wird.

Natriumkanalblocker wie das Benzocain unterdrücken diesen Vorgang. Sie verhindern den Einstrom von Natrium in die Zelle, sodass es zu keiner Depolarisation und somit auch zu keinem Aktionspotential kommt. Im Fall von Benzocain bleiben die Sinneswahrnehmungen in dem Hautareal, das von dem entsprechenden Nerven versorgt wird, aus. Wenn eine Hautstelle mit Benzocain betäubt ist, ist eine Schmerzwahrnehmung nicht mehr möglich.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Der Arzneistoff wird überwiegend zur lokalen Anästhesie im Bereich der Haut und der Schleimhäute verwendet. Bevorzugter Applikationsort ist der Mund- und Rachenbereich. Benzocain ist in vielen Arzneimitteln gegen Erkältungskrankheiten enthalten. Auch (frei verkäufliche) Lutschtabletten gegen Halsschmerzen oder Zahnungsbeschwerden enthalten häufig Benzocain.

Benzocain kann auch zur Behandlung von Magenschmerzen eingenommen werden. Hustenstillende Arzneimittelzubereitungen enthalten ebenfalls häufig den lokalanästhesierenden Arzneistoff. Cremes, Lösungen und Puder werden beispielsweise zur Schmerzlinderung bei Hühneraugen, Fußpilz, Schwielen und Warzen genutzt.

Es sind auch Zäpfchen mit Benzocain erhältlich. Diese werden zur rektalen Betäubung bei Hämorrhoiden oder anderen Analbeschwerden, wie beispielsweise bei analen Ekzemen oder bei analem Juckreiz, verwendet.

Benzocain kann auch als Verzögerungscreme genutzt werden. Dafür wird der Arzneistoff auf die Peniseichel appliziert. Die betäubende Wirkung soll die Gefühlempfindungen im Genitalbereich herabsetzen, um so eine vorzeitige Ejakulation zu verhindern. Vor Beginn des Sexualakts soll das Mittel bei zurückgezogener Vorhaut auf die Eichel aufgetragen werden. Bereits nach einer Minute beginnt die Betäubung. Sie klingt nach 10 bis 15 Minuten wieder ab. Auch einige Kondome sind mit Benzocain versetzt. Im Reservoir dieser speziellen Kondome befindet sich eine kleine Menge Benzocain-Salbe. Durch die Wärme des Penis löst sich die Salbe auf und sorgt für eine Desensibilisierung des Bereichs. Aufgrund der geringen Dosierung und der ungleichmäßigen Verteilung wird jedoch häufig nicht der gewünschte Effekt erzielt.


Risiken & Nebenwirkungen

Benzocain enthält eine sogenannte paraständige primäre aromatische Aminogruppe. Die Paragruppen haben ein deutlich höheres allergisches Potenzial als nicht para-substituierte Lokalanästhetika, wie beispielsweise Lidocain. Bei einer Unverträglichkeit kann es auf der Haut zu allergischen Reaktionen kommen. An den betroffenen Hautstellen können sich rote, bräunliche oder weiße Flecken bilden. Eventuell treten mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen, eitrige Pusteln oder Quaddeln auf. Die Haut ist gerötet und erwärmt. Sie kann schmerzen oder jucken. Bei oraler Einnahme kann Benzocain Magenschmerzen verursachen.

Eine seltene Nebenwirkung ist die sogenannte Methämoglobinämie, bei der sich im Blut ein erhöhter Gehalt von Methämoglobin findet. Ab einem Gehalt von 20 Prozent zeigen sich Zeichen einer mangelnden Sauerstoffversorgung. Dazu gehören Symptome wie Kopfschmerzen, Verwirrtheit und eine Blaufärbung der Haut. Bei einer schweren Methämoglobinämie kann sich ein Koma entwickeln. Dieser Zustand kann allerdings nur mit sehr hohen Dosen Benzocain erreicht werden.

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