Coronavirus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Coronavirus gehört zu den Coronaviridae, einer Gruppe von Viren, die nicht nur den Menschen, sondern auch andere Säugetiere sowie Vögel befallen und eine Vielzahl von Erkrankungen auslösen können. Beim Menschen verursacht das Coronavirus insbesondere Durchfallerkrankungen und Atemwegsinfekte. Weltweit bekannt wurde das Virus im Zusammenhang mit der SARS-Epidemie in den Jahren 2002, 2003 und seit spätestens 2020.
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Was ist das Coronavirus?
Bei dem Coronavirus handelt es sich um ein RNA-Virus mit ungewöhnlich großem Genom. Eine Virenhülle aus Proteinen und einer Lipidmembran macht es äußerst widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse.
Die Familie der Coronaviridae ist sehr vielfältig und sowohl bei Säugetieren als auch bei Vögeln verbreitet. Derzeit sind etwa fünf verschiedene Coronavirus-Arten bekannt, die beim Menschen vor allem Infektionen der Atemwege auslösen können. Man geht davon aus, dass ein großer Anteil der gewöhnlichen Erkältungen im Winterhalbjahr von Coronaviren verursacht wird. Eine Ausnahme bildet dabei das bekannteste Coronavirus, das SARS-Coronavirus, das neben Atemwegserkrankungen gleichzeitig auch entzündliche Magen-Darm-Erkrankungen hervorrufen kann.
Die Übertragung erfolgt bei allen Coronaviren in der Regel durch Tröpfcheninfektion, eine Schmierinfektion kann aber nicht ausgeschlossen werden. Auch die Übertragung durch Tiere, die den Coronavirus in sich tragen, gilt als möglich.
Übertragung, Ansteckung & Bedeutung
Während die meisten Coronaviren eher harmlose Erkrankungen hervorrufen, löst das SARS-Coronavirus einen lebensbedrohenden Atemwegsinfekt aus, der als Schweres Akutes Atemwegssyndrom bzw. SARS bekannt wurde.
Die Symptome ähneln denen im Wesentlichen einer klassischen Grippe: Kopf- und Gliederschmerzen, starker Husten, Atemnot und eine mit Heiserkeit einhergehende Halsentzündung. Typisch für eine Infektion mit dem SARS-Coronavirus ist allerdings das plötzliche und ungewöhnlich schnell auf über 38°C ansteigende Fieber. Im weiteren Verlauf kommt eine beidseitige Lungenentzündung hinzu.
Infolge der Krankheit nimmt auch die Zahl der Blutplättchen und der weißen Blutkörperchen ab, was das Immunabwehrsystem weiter schwächt. Die Inkubationszeit beträgt bis zu sieben Tagen. Während der SARS-Pandemie 2002/2003 verstarben knapp 1000 Menschen, was etwa zehn Prozent der Infizierten entspricht. Die Überlebenden behielten teilweise Schäden an der Lunge, der Milz, dem Rückgrat und dem Nervensystem zurück. Zu den Langzeitschäden zählen insbesondere Lungenfibrose, Osteoporose und Knochennekrose.
Biologische Eigenschaften
Coronaviren gehören zur Familie Coronaviridae und zur Ordnung Nidovirales. Sie sind behüllte RNA-Viren mit einem positivsträngigen RNA-Genom und zeichnen sich durch ihre ikosaedrische Symmetrie und die charakteristischen Spike-Proteine auf ihrer Oberfläche aus, die ihnen eine kronenartige Struktur verleihen. Diese Spike-Proteine spielen eine zentrale Rolle beim Zell-Eintritt, da sie spezifische Rezeptoren auf Wirtszellen erkennen und binden, wodurch die Fusion mit der Zellmembran eingeleitet wird.
Das Genom von Coronaviren ist mit etwa 26 bis 32 Kilobasen eines der größten RNA-Viren-Genome. Es besteht aus mehreren Abschnitten, die für strukturelle Proteine wie das Spike-Protein (S), das Hüllenprotein (E), das Membranprotein (M) und das Nukleokapsidprotein (N) kodieren. Ein bemerkenswertes Merkmal von Coronaviren ist die hohe Frequenz genetischer Rekombination und Mutationen, was zur Entstehung neuer Varianten beiträgt, wie bei SARS-CoV-2.
Coronaviren replizieren sich im Zytoplasma infizierter Zellen. Nach Eintritt in die Zelle wird das virale Genom direkt als mRNA verwendet, um virale Proteine zu synthetisieren. Die neu gebildeten Viruspartikel werden dann durch Exozytose freigesetzt, um weitere Zellen zu infizieren. Diese Fähigkeit zur schnellen Mutation und Rekombination führt dazu, dass Coronaviren anpassungsfähig sind und zwischen verschiedenen Wirtsarten springen können, was ihr potenzielles pandemisches Risiko erhöht.
Vorkommen & Verbreitung
Coronaviren kommen weltweit in verschiedenen Wirten und Umgebungen vor, insbesondere bei Säugetieren und Vögeln. Sie sind häufig in Wildtierpopulationen zu finden, insbesondere bei Fledermäusen, die als natürlicher Wirt für viele Coronaviren gelten.
Andere Tiere wie Kamele, Zibetkatzen und Pangoline spielen ebenfalls eine Rolle bei der Übertragung bestimmter Coronavirus-Stämme auf den Menschen. Während Coronaviren im menschlichen Körper vor allem Atemwegsinfektionen verursachen, sind sie bei Tieren oft mit Darminfektionen verbunden, weshalb sie in der Umwelt auch im Zusammenhang mit tierischen und menschlichen Abwässern auftreten können.
Die Übertragungswege von Coronaviren erfolgen hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion (Atemwegssekrete) sowie durch Kontakt mit kontaminierten Oberflächen. Tröpfchen, die durch Husten, Niesen oder Sprechen entstehen, sind der Hauptübertragungsweg. Auch die Übertragung über kontaminierte Gegenstände oder durch Schmierinfektion kann erfolgen, wenn jemand das Virus durch Berührung von Oberflächen aufnimmt und dann Mund, Nase oder Augen berührt.
In Ökosystemen spielen Coronaviren eine wichtige Rolle als Zoonosen, also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragbar sind. Ihre Fähigkeit, verschiedene Arten zu infizieren und zwischen ihnen zu springen, ist eine der größten Herausforderungen bei der Eindämmung von Ausbrüchen. In menschlichen Gemeinschaften kann sich das Virus durch enge Interaktion schnell verbreiten, besonders in dicht besiedelten Gebieten, was die Pandemiegefahr erhöht.
Krankheiten & Behandlung
Gegen das Coronavirus gibt es bislang keine wirksamen Behandlungsmethoden. Um bakterielle Sekundärinfektionen zu bekämpfen, können verschiedene Antibiotika verabreicht werden.
Das Immunsystem kann durch die Gabe von Virostatika und Cortison gestärkt werden. Je nach Schwere der Infektion muss auch künstliche Beatmung eingesetzt werden. Letztendlich kann aber mit heutigen Mitteln der Verlauf der Erkrankung kaum beeinflusst werden. Deshalb setzte man bei der Bekämpfung der SARS-Pandemie 2002/2003 hauptsächlich auf die Isolierung der Erkrankten und das Verhindern einer weiteren Ausbreitung.
Obwohl das Genom des SARS-Coronavirus inzwischen entschlüsselt ist, konnte bislang weder ein entsprechender Impfstoff noch ein wirksames Medikament entwickelt werden. Da das Coronavirus sehr schnell mutiert, konzentrieren sich die gegenwärtigen Forschungen auf die Proteine der Virenhülle. Hier gab es zwar erste Ergebnisse, wann eine praktische Anwendung möglich sein wird, ist aber noch nicht abzusehen.
Im Jahr 2012 trat erstmals das als „neuer Coronavirus“ bekannt gewordene Humane Coronavirus EMC auf. Die bislang bekannten Erkrankungen verliefen deutlich langsamer als SARS, dafür aber sehr schwer und mehrheitlich tödlich. Von bislang siebzehn bekannten Erkrankten sind zehn verstorben. Die Infizierten entwickeln in der Regel aus einem allgemeinen Atemwegsinfekt heraus eine atypische Lungenentzündung und erleiden bereits frühzeitig im Krankheitsverlauf ein akutes Nierenversagen.
Aufgrund der geringen Fallzahlen und der Tatsache, dass im persönlichen Umfeld der Infizierten keine weiteren Erkrankungen aufgetreten sind, geht man derzeit davon aus, dass das Humane Coronavirus EMC nur eine sehr geringe Übertragungsrate aufweist. Vermutlich wird es anders als andere Coronaviren nicht durch Tröpfchen, sondern durch Schmierinfektion übertragen, so dass bereits einfache Hygienemaßnahmen die Ausbreitung effektiv verhindern können.
Da alle bislang an dem neuen Coronavirus erkrankten Menschen aus dem Nahen Osten stammen, wird der Ursprung dieses Virus auf der arabischen Halbinsel vermutet. Möglicherweise besteht eine Verwandtschaft zu einem Coronavirus, der eine dort vorkommende Fledermausart befällt.
Siehe auch: COVID-19
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlungsmöglichkeiten bei einer Infektion mit Coronaviren, wie beispielsweise SARS-CoV-2, hängen von der Schwere der Erkrankung ab. Leichte bis mittelschwere Verläufe werden oft symptomatisch behandelt, etwa mit Schmerzmitteln (Paracetamol oder Ibuprofen) zur Fiebersenkung und Linderung von Muskelschmerzen. Bei schweren Verläufen, insbesondere mit Atembeschwerden, kommen Sauerstofftherapie und in schwerwiegenden Fällen mechanische Beatmung zum Einsatz.
Antivirale Medikamente wie Remdesivir wurden während der COVID-19-Pandemie für schwere Infektionen zugelassen, da sie die Virusreplikation hemmen. Auch Kortikosteroide wie Dexamethason haben sich als wirksam erwiesen, um die überschießende Immunantwort, die zu schweren Entzündungen und Organschäden führen kann, zu unterdrücken.
Eine besondere Herausforderung bei der Behandlung von Coronaviren sind die entstehenden resistenten Virusvarianten. Mutationen können die Wirksamkeit bestehender Medikamente oder Impfstoffe verringern. Daher wird nach neuen Ansätzen gesucht, um gegen resistente Stämme vorzugehen.
Ein neuer und experimenteller Ansatz ist der Einsatz von Monoklonalen Antikörpern, die spezifisch auf das Spike-Protein des Virus abzielen und so die Bindung des Virus an menschliche Zellen blockieren. Molnupiravir, ein orales antivirales Medikament, zeigt ebenfalls vielversprechende Ergebnisse bei der Hemmung der Virusreplikation. In der Forschung stehen außerdem Immunmodulatoren und Nanotechnologie-basierte Ansätze im Fokus, die das Immunsystem unterstützen oder den gezielten Transport von Medikamenten verbessern könnten.
Langzeitfolgen von Coronaviren: Long COVID
Die gesundheitlichen Langzeitfolgen von Coronaviren, insbesondere des SARS-CoV-2-Virus, haben mit dem Phänomen Long COVID eine erhebliche Aufmerksamkeit erlangt. Long COVID beschreibt anhaltende Symptome, die Wochen oder sogar Monate nach der akuten Infektion bestehen bleiben. Diese langfristigen Beschwerden betreffen sowohl Personen, die schwere Krankheitsverläufe hatten, als auch jene mit milden Symptomen.
Zu den häufigsten Symptomen von Long COVID gehören anhaltende Müdigkeit (Fatigue), Atemprobleme, Gelenk- und Muskelschmerzen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen ("Brain Fog") sowie Herz-Kreislauf-Probleme. Viele Betroffene berichten, dass ihre Lebensqualität auch lange nach der Genesung von der akuten Infektion stark eingeschränkt bleibt. Diese Symptome können episodisch auftreten oder kontinuierlich anhalten.
Pathophysiologie von Long COVID
Die genaue Ursache von Long COVID ist noch nicht vollständig verstanden. Einige Hypothesen deuten darauf hin, dass das Virus Autoimmunreaktionen auslösen könnte, bei denen das Immunsystem nach der Infektion weiterhin körpereigenes Gewebe angreift. Andere Theorien vermuten, dass die Symptome durch Entzündungsprozesse verursacht werden, die im Körper nach der Infektion verbleiben. Auch eine Beeinträchtigung der Gefäße und des Herz-Kreislauf-Systems durch die Infektion wird als potenzieller Mechanismus in Betracht gezogen.
Langzeitfolgen betreffen auch das Herz und die Lunge. Bei einigen Patienten zeigt sich eine anhaltende Myokarditis (Herzmuskelentzündung), die zu Herzrhythmusstörungen und einem erhöhten Risiko für Herzinsuffizienz führen kann. Ebenso können Lungenfibrosen auftreten, die die Lungenfunktion dauerhaft beeinträchtigen und zu Atemproblemen führen.
Diagnose und Behandlung von Long COVID
Die Diagnose von Long COVID ist komplex, da es keinen spezifischen Test gibt, der das Syndrom eindeutig identifizieren kann. Stattdessen basiert die Diagnose auf der Anamnese des Patienten, den persistierenden Symptomen und dem Ausschluss anderer Krankheiten. Multidisziplinäre Ansätze sind oft erforderlich, da Long COVID verschiedene Organsysteme betreffen kann.
Die Behandlung konzentriert sich derzeit auf die Linderung der Symptome. In speziellen Rehabilitationsprogrammen werden Atemübungen, körperliches Training und kognitive Therapien angeboten, um die Funktion der betroffenen Organe zu unterstützen. Auch psychologische Betreuung ist oft notwendig, da die langfristige Beeinträchtigung zu Depressionen und Angstzuständen führen kann.
Auswirkungen auf die Gesellschaft
Long COVID hat erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und das Gesundheitssystem. Schätzungen zufolge leiden etwa 10 bis 30 % der Menschen, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert haben, an langfristigen Symptomen. Dies führt zu einer erheblichen Belastung der medizinischen Versorgung und erhöht die Zahl der Arbeitsausfälle. Die soziale und wirtschaftliche Dimension von Long COVID wird daher zunehmend als bedeutendes gesundheitliches Problem wahrgenommen.
Langfristig sind weitere Forschungen nötig, um die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten besser zu verstehen und den betroffenen Patienten gezielte therapeutische Maßnahmen anzubieten.
Quellen
- Doerfler, W.: Viren. Fischer Taschenbuch, Berlin 2015
- Hofmann, F., Tiller, F.,W.: Praktische Infektiologie. ecomed-Storck, Hamburg 2011
- Neumeister, B., Geiss, H., Braun, R.: Mikrobiologische Diagnostik. Thieme, Stuttgart 2009