Mesna
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. Juni 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Mesna steht als Abkürzung für Natrium-2-mercaptoethansulfonat. Dabei handelt es sich um einen Wirkstoff, der unterstützend zur Chemotherapie zum Einsatz kommen kann. Mesna soll den Organismus dabei unterstützen, indem es giftige Stoffwechselprodukte unschädlich macht und dadurch das Risiko senkt, dass der Patient eine schwere Komplikation infolge der Chemotherapie entwickelt.
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Was ist Mesna?
Bei Mesna (seltener auch in der Schreibweise MESNA) handelt es sich um eine Kurzform für die pharmakologisch wirksame Substanz Natrium-2-mercaptoethansulfonat mit der Summenformel C2H5NaO3S2. In Reinform wirkt es reizend und erfordert deshalb einen sorgfältigen Umgang.
Mesna gehört zur Klasse der Gegengifte (Antidote) und Hustenlöser, die den Bronchialschleim verflüssigen (Mukolytika). 2008 lief die Zulassung für Mesna als Mukolytikum aus; davor kam es bei Bronchialobstruktion, Bronchiektasen, Mukoviszidose und andere Erkranungen zur Anwendung.
Mesna entsteht aus der Verbindung von 2-Bromethansulfonsäure und Thioharnstoff, der aus Harnstoff entsteht, wenn ein Schwefelatom das Sauerstoffatom des Harnstoffs verdrängt.
Pharmakologische Wirkung
Das Mesna-Molekül verfügt an einem Ende über eine Sulfhydrylgruppe, über die es eine Verbindung mit dem giftigen Stoff Acrolein eingehen kann. Die EU-Gefahrenstoffkennzeichnung stuft Acrolein u. a. als sehr giftig ein. Es entsteht, wenn Cyclophosphamid oder ein anderes Oxazaphosphorin zur Bekämpfung der Krebszellen erforderlich ist.
Für die Chemotherapie stellt Acrolein somit ein großes Problem dar, denn ohne ein Gegenmittel wie Mesna richtet sich die Dosis zur Behandlung mit Cyclophosphamid nicht allein nach der Notwendigkeit. Stattdessen müssen Ärzte die Dosis des Chemotherapeutikums begrenzen, um die toxische Wirkung von Acrolein unter Kontrolle zu halten.
Durch Mesna verschiebt sich das Verhältnis zugunsten des Patienten. Ohne das Arzneimittel würde Acrolein möglicherweise eine Blasenentzündung mit Blutungen hervorrufen, eine sogenannte hämorrhagische Zystitis. Neben einer deutlichen Menge Blut im Urin kann sich die hämorrhagische Zystitis in häufigem, schmerzhaftem oder brennendem Wasserlassen und Blasenkrämpfen äußern. Eventuell treten auch Unterleibsschmerzen, Fieber oder Dranginkontinenz auf.
Eine unbehandelte Blasenentzündung kann sich zu einer Nierenbeckenentzündung entwickeln, die sich oft in Symptomen wie Druckschmerzen in der Nierengegend, Übelkeit, Schwindel, Fieber oder Kopfschmerzen zeigt. Im schlimmsten Fall breitet sich die Infektion weiter aus und endet in einer spezifischen Form der Blutvergiftung, der Urosepsis, bei der die Blutgefäße Schaden nehmen und ein lebensbedrohlicher Zustand eintreten kann. Die Sterblichkeitsrate liegt bei der Urosepsis je nach vorliegender Form zwischen 13 und 43 %.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Mesna kann bei bestimmten Chemotherapien zur Behandlung von Krebserkrankungen zum Einsatz kommen. Die Substanz wirkt nicht unmittelbar auf die Neubildungen oder Metastasen, sondern unterstützt die Therapie, indem es giftige Stoffwechselprodukte unschädlich macht. Diese schädlichen Stoffe entstehen infolge der eigentlichen Chemotherapie.
Ärzte können Mesna jedoch nicht beliebig anwenden, um allgemeine Nebeneffekte verschiedener Chemotherapien zu dämpfen. Der Wirkstoff neutralisiert lediglich ein spezifisches toxisches Stoffwechselprodukt, mit denen er eine chemische Verbindung eingehen kann, nämlich Acrolein.
Mesna ist als Antidot unter den Handelsnamen Mistabronco® und Uromitexan® erhältlich. Letzteres erhalten Patienten in der Regel als Infusion während und nach der eigentlichen Chemotherapie.
Damit das Acrolein den Körper verlassen kann, sollten Patienten viel Flüssigkeit aufnehmen. Unter Umständen ist außerdem eine Kontrolle der Ausscheidungen notwendig, um sicherzustellen, dass keine Körperfunktionen beeinträchtigt sind und die Flüssigkeit, in Kombination mit Mesna, die Giftstoffe wie beabsichtigt ausschwemmt. In der Regel scheidet der Organismus das Arzneimittel sehr schnell aus.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Mesna, einem uroprotektiven Mittel, das zur Vorbeugung von hämorrhagischer Zystitis bei der Chemotherapie mit Oxazaphosphorinen wie Cyclophosphamid und Ifosfamid eingesetzt wird, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten. Mesna wirkt durch die Bindung und Inaktivierung der toxischen Metaboliten dieser Chemotherapeutika, die die Blasenschleimhaut schädigen können.
Die Dosierung von Mesna wird typischerweise basierend auf der Dosis des verwendeten Chemotherapeutikums berechnet. Üblicherweise beträgt die Dosis von Mesna 60-100% der Cyclophosphamid- oder Ifosfamid-Dosis, aufgeteilt in mehrere Verabreichungen. Mesna wird häufig in drei bis vier Einzeldosen verabreicht: die erste Dosis intravenös zu Beginn der Chemotherapie und die folgenden Dosen oral oder intravenös in regelmäßigen Abständen, um eine kontinuierliche Schutzwirkung zu gewährleisten.
Es ist entscheidend, dass Mesna rechtzeitig und in der richtigen Dosierung verabreicht wird, um eine optimale Wirkung zu erzielen. Eine unzureichende Dosierung oder verzögerte Verabreichung kann den Schutz der Blase verringern und das Risiko für hämorrhagische Zystitis erhöhen.
Patienten müssen ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, um die Ausscheidung der Chemotherapeutika und deren Metaboliten zu fördern. Regelmäßige Kontrollen des Urins auf Blut und andere Anzeichen einer Blasenschädigung sind notwendig, um frühzeitig eingreifen zu können.
Nebenwirkungen von Mesna sind selten, können aber allergische Reaktionen, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen umfassen. Patienten sollten über mögliche Nebenwirkungen informiert werden und wissen, wann sie medizinische Hilfe suchen sollten.
Die korrekte Handhabung, Lagerung und Verabreichung von Mesna sind ebenfalls wichtig, um seine Wirksamkeit zu gewährleisten. Es sollte in der Originalverpackung und gemäß den Anweisungen des Herstellers aufbewahrt werden, um eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit zu vermeiden.
Risiken & Nebenwirkungen
Als Nebenwirkungen von Mesna treten in seltenen Fällen Beschwerden wie Hautreaktionen, Wassereinlagerungen (Ödeme), Symptome der Schleimhaut, Abfallen des Blutdrucks und Herzrasen (Tachykardie) auf.
Hohe Dosen können zusätzlich Kopfschmerzen, Erschöpfung und Kraftlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Gliederschmerzen hervorrufen. Unklar ist jedoch, ob ein Teil der Beschwerden auf die Chemotherapie zurückgeht und nicht etwa auf Mesna.
Einige Menschen reagieren überempfindlich auf Mesna und entwickeln verschiedene Hautreaktionen, die auch die Schleimhäute betreffen können. Auch Kreislaufprobleme können sich manifestieren. Bei einer Überempfindlichkeit ist Mesna deshalb kontraindiziert, solange der potenzielle Nutzen nicht überwiegt. Diese Entscheidung hängt jedoch vom Einzelfall ab.
Kontraindikationen
Bei der Verwendung von Mesna gibt es mehrere typische Kontraindikationen, die berücksichtigt werden müssen, um das Risiko von Nebenwirkungen und Komplikationen zu minimieren. Eine der wichtigsten Kontraindikationen ist eine bekannte Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Mesna oder seine Bestandteile. Patienten, die in der Vergangenheit allergische Reaktionen wie Hautausschläge, Juckreiz, Atembeschwerden oder anaphylaktische Reaktionen nach der Einnahme von Mesna gezeigt haben, sollten das Medikament nicht erneut erhalten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die gleichzeitige Anwendung bestimmter Medikamente. Mesna kann Wechselwirkungen mit Arzneimitteln haben, die ebenfalls die Blasenschleimhaut reizen oder die Ausscheidung über die Nieren beeinflussen. Dies kann das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen oder die Wirksamkeit von Mesna verringern.
Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen sollten Mesna nur mit Vorsicht verwenden, da die Ausscheidung des Medikaments hauptsächlich über die Nieren erfolgt. Bei eingeschränkter Nierenfunktion kann es zu einer Akkumulation des Wirkstoffs kommen, was das Risiko von Nebenwirkungen erhöht.
Bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie systemischem Lupus erythematodes ist Vorsicht geboten, da Mesna selten autoimmunartige Reaktionen hervorrufen kann. Auch bei Patienten mit bekannten Blasenproblemen oder -erkrankungen sollte eine genaue Abwägung der Risiken und Nutzen erfolgen, da diese Patienten möglicherweise ein höheres Risiko für Komplikationen haben.
Mesna sollte zudem nicht bei Patienten angewendet werden, die keine Behandlung mit Oxazaphosphorinen erhalten, da seine spezifische Schutzwirkung gegen die toxischen Metaboliten dieser Chemotherapeutika gerichtet ist und bei anderen Anwendungen keine nachgewiesene Wirksamkeit hat.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Bei der Verwendung von Mesna bestehen einige potenzielle Interaktionen mit anderen Medikamenten, die berücksichtigt werden müssen, um Nebenwirkungen zu vermeiden und die Wirksamkeit der Behandlung sicherzustellen. Eine wesentliche Interaktion betrifft Chemotherapeutika wie Cyclophosphamid und Ifosfamid, mit denen Mesna häufig zusammen verabreicht wird, um hämorrhagische Zystitis zu verhindern. Während Mesna die toxischen Metaboliten dieser Medikamente neutralisiert, gibt es keine negativen Wechselwirkungen zwischen Mesna und diesen Chemotherapeutika, was die kombinierte Anwendung sicher macht.
Allerdings kann Mesna mit anderen Arzneimitteln interagieren, die ebenfalls über die Nieren ausgeschieden werden. Medikamente wie Probenecid, das die renale Ausscheidung anderer Substanzen hemmen kann, könnten die Clearance von Mesna beeinflussen und dessen Konzentration im Blut erhöhen, was das Risiko von Nebenwirkungen steigern könnte.
Mesna kann auch die Wirkung von Medikamenten beeinflussen, die den Harn-pH-Wert verändern. Beispielsweise kann die Einnahme von Ascorbinsäure (Vitamin C), die den Urin ansäuern kann, die Wirksamkeit von Mesna beeinträchtigen, da ein saurer Urin die Neutralisation der toxischen Metaboliten durch Mesna verringern könnte.
Antioxidantien und andere Nahrungsergänzungsmittel sollten ebenfalls mit Vorsicht verwendet werden, da deren Einfluss auf die Wirkung von Mesna nicht vollständig bekannt ist. Es wird empfohlen, die Einnahme solcher Präparate mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.
Darüber hinaus sollte bei Patienten, die andere Medikamente zur Behandlung von Blasen- oder Nierenerkrankungen einnehmen, eine sorgfältige Überwachung erfolgen, da Mesna in Kombination mit diesen Medikamenten das Risiko von Blasenreizungen oder Nierenfunktionsstörungen erhöhen könnte.
Insgesamt ist es wichtig, dass Patienten ihren Ärzten alle eingenommenen Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel mitteilen, um potenzielle Wechselwirkungen zu vermeiden und eine sichere und wirksame Anwendung von Mesna zu gewährleisten.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Mesna nicht vertragen wird, gibt es alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe, die zur Vorbeugung von hämorrhagischer Zystitis bei der Chemotherapie mit Cyclophosphamid und Ifosfamid eingesetzt werden können. Eine wichtige Alternative ist Natrium-2-Mercaptoethansulfonat, auch bekannt als N-Acetylcystein (NAC). NAC kann als Antioxidans wirken und die Bildung schädlicher Metaboliten verhindern, die die Blase schädigen könnten.
Ein weiterer Wirkstoff, der verwendet werden kann, ist Amifostin. Amifostin ist ein zytoprotektives Mittel, das gesunde Zellen vor den schädlichen Wirkungen der Chemotherapie schützt, indem es freie Radikale neutralisiert und die DNA-Reparatur fördert. Es wird intravenös verabreicht und kann dazu beitragen, die toxischen Wirkungen von Chemotherapeutika auf die Blase zu reduzieren.
Hydrationstherapie ist eine weitere wichtige Methode zur Vermeidung von Blasenschäden. Durch die Verabreichung großer Mengen intravenöser Flüssigkeit wird die Harnproduktion erhöht und die Konzentration der schädlichen Metaboliten im Urin verringert. Dies kann das Risiko einer hämorrhagischen Zystitis erheblich reduzieren.
Hyperhydration, oft in Kombination mit Diuretika wie Furosemid, kann ebenfalls helfen, die Blase durch häufiges Wasserlassen zu spülen und die Konzentration toxischer Substanzen zu senken. Diese Methode erfordert eine sorgfältige Überwachung der Flüssigkeitsbilanz des Patienten, um eine Überlastung zu vermeiden.
Schließlich kann die lokale Instillation von Schutzmitteln in die Blase erwogen werden. Eine solche Methode ist die direkte Verabreichung von Hyaluronsäure oder Chondroitinsulfat in die Blase, um die Blasenschleimhaut zu schützen und die Regeneration des Gewebes zu fördern. Diese Ansätze können als Ergänzung oder Alternative zu Mesna dienen, insbesondere wenn eine Unverträglichkeit vorliegt.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor