Muskelbiopsie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei einer Muskelbiopsie entnehmen die Mediziner Muskelgewebe aus der Skelettmuskulatur zur Diagnostik neuromuskulärer Erkrankungen, zum Beispiel bei Vorliegen von Myopathien. Eine weitere Aufgabe der Muskelbiopsie besteht in der Untersuchung des asservierten Gewebematerials. Eng verwandte Fachgebiete sind die Neurologie, Neuropathologie und die Pathologie.
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Was ist die Muskelbiopsie?
Verschiedene Krankheitsprozesse können Schmerzen oder Muskelschwäche verursachen. Diese Anomalien führen zu dauerhaften Problemen und Erkrankungen von Bindegewebe, Nervensystem, Gefäßsystem oder Muskel-Skelett-System. Im Bereich der Sportmedizin werden Muskelbiopsien durchgeführt, um Erkenntnisse über den Muskelstoffwechsel während und nach körperlicher Belastung zu gewinnen.
Die Muskelbiopsie ist im Fall atypischer oder außergewöhnlicher Beschwerden induziert oder wenn Symptome sich vorwiegend auf die körperstammnahen (proximalen) Muskeln beschränken. Die Gewebeentnahme ist ein wichtiges medizinisches Instrument zum differentialdiagnostischen Befund bei Verdacht auf ALS (degenerierte Erkrankung des motorischen Nervensystems). Nicht in jedem Fall ist sie jedoch notwendig. Die Erkenntnisse hinsichtlich der Veränderungen im Muskelgewebe, insbesondere bei Erkrankungen des zweiten Motoneurons, basieren auf der Auswertung von gefrorenen Muskelschnitten, die routiniert gefärbt und mit bestimmten Reagenzien auf die Existenz spezieller Enzyme untersucht werden. Bei der ALS werden ausschließlich leicht geschwächte Muskel für die Biopsie ausgewählt.
In der Regel wird für eine Biopsie der vierköpfige Oberschenkel-Muskel (Musculus quadriceps), der vordere Unterschenkelmuskel (Musculus tibialis anterior) oder der Oberarmbeugemuskel (Musculus biceps) verwendet. Ungeeignet sind Muskeln, die durch unspezifische Einwirkungen wie einem direkten Trauma, Einklemmung eines Nervens oder einer Nervenwurzelläsion geschädigt sind. Ein Muskel, der verletzt ist, innerhalb der zurückliegenden drei Wochen Gegenstand eines EMGs oder unlängst Ort häufiger Injektionen gewesen ist, ist für die Durchführung der Biopsie ungeeignet.
Funktion, Wirkung & Ziele
Der klinische Aspekt beziehungsweise die Ergebnisse durchgeführter Untersuchungen (Sonographie, Kernspintomographie) bilden die Grundlage für die Auswahl des geeigneten Muskels. Lässt sich die Auswahl des Gewebes nicht abschließend klären, wird eine Elektromyographie (EMG) oder ein MRT herangezogen. Um fehlerhafte Befunde zu vermeiden, wird die Biopsie nicht in Bereichen durchgeführt, in denen EMG-Elektroden gesetzt wurden oder intramuskuläre Injektionen erfolgt sind, da das Muskelgewebe geschädigt ist. Es gibt zwei Biopsie-Arten: Die offene Biopsie und die Stanzbiopsie. Die offene Gewebeentnahme ist das Standardverfahren. Das Lokalanästhetikum wird nicht in das direkt betroffene Gewebe injiziert, sondern in die angrenzenden Hautstrukturen.
Anschließend erfolgt ein kleiner Schnitt, der den betroffenen Muskel freilegt. Aus diesem wird eine Gewebeprobe entnommen und die Wunde nach Blutstillung durch Wundnaht verschlossen. Sie Stanzbiopsie entnimmt Gewebe mittels einer Biopsienadel, die perkutan (unter die Haut) in den Muskel eingeführt wird. Diese Gewebeentnahme ist weniger invasiv als die offene Methode, jedoch kann nur eine sehr kleine Probe gewonnen werden.
Besteht ein Verdacht auf Bindegewebserkrankungen der Gefäße, werden zusätzlich zum Muskel Bereiche der umliegenden Haut, der Faszie und des Unterhautfettgewebes entnommen. Die Weiterverarbeitung des gewonnenen Biopsats erfolgt in einem pathologischen Institut. Vorzugsweise wird ein 2 bis 3 Zentimeter langes und 0,3 bis 0,5 Zentimeter dickes Muskelbündel in Verlaufsrichtung der Muskelfasern in situ (vor Ort) an zwei Enden an einem Stäbchen (steriler Wattetupfer) angebracht, um die Orientierung der Gewebefasern zu erhalten, am Stäbchen exzidiert und umgehend fixiert.
Als Mittel zur Fixierung eignet sich für die elektronenmikroskopische Untersuchung und die Semidünnschnitt-Methode eine gepufferte Sechs-Prozent-Glutaraldehydlösung, bestehend aus 20 bis 30 Millimeter mit Phosphatpuffer. Ein gleichartiges, in einer Vier-Prozent-Formaldehydlösung fixiertes Präparat in Paraffineinbettung ist geeignet für die lichtmikroskopische Untersuchung. Anschließend wird ein etwa 1 x 0,5 x 0,5 cm großer Muskelabschnitt zur immunhistochemischen, enzymhistochemischen und molekularbiologischen Untersuchung exzidiert. Dieses Stück ist nicht zu fixieren und auch nicht an ein Stäbchen zu binden, sondern muss umgehend in flüssigem Stickstoff tiefgefroren oder in einem geschlossenen Gefäß mit einem feuchten Tuch zur Vermeidung von Austrocknung sofort in die Pathologie verbracht werden.
Die Pathologen übernehmen die Aufarbeitung und führen die histologische Untersuchung durch. Aufgrund der begrenzten Haltbarkeit erfolgt der Versand durch Kurier. Die Glutaraldehyd- und Formalin-fixierten Proben werden getrennt vom tiefgekühlten Muskelabschnitt eingesendet. Die Behälter mit den in den Fixationslösungen eingelegten Muskelabschnitten werden außen an der Styroporbox mittels Klebestreifen angebracht. Befinden sie sich in unmittelbarer Nähe zum Trockeneis, frieren die Lösungen ein und es kommt zu ernsthaften Artefakten.
Eine Gewebeentnahme ist bei den folgenden Erkrankungen induziert:
- Entzündungen der Muskulatur (Polymyositis, Einschlusskörpermyositis)
- systemische entzündliche Erkrankungen (Vaskulitiden, eosinophile Syndrome)
- Muskeldystrophien (Gliedergürteldystrophie, Duchennesche Muskeldystrophie,)
- Kongenitale Myopathien (Nemalin-Myopathie, Central-Core-Myopathie)
- neurogene Muskelatrophien (Amyotrophe Lateralsklerose, spinale Muskelatrophien)
- Myopathien bei Stoffwechselstörungen (Lipidspeichermyopathien)
- mitochondriale Erkrankungen (Myoklonus-Epilepsie mit "ragged red"-Fasern)
- toxisch bedingte Myopathien (Chloroquin, Colchicin, Statine)
- Rhabdomyolysen, Muskeldystrophie (Muskelschwund)
- unklare Erkrankungen der Muskulatur
Pathologische Routineuntersuchungen sind:
- Elastika-van-Gieson-Färbung (EvG) (Fibrose des endomysialen Bindegewebes bei Myopathien)
- Modifizierte Gömöri-Trichrom-Färbung (Einschlusskörper bei der Nemalin-Myopathie)
- Hämatoxylin-Eosin-Färbung (entzündliche Infiltrate bei Myositis)
- Ölrot-Färbung (Lipideinlagerung bei Mangelerscheinungen der Carnitin-Palmitoyl-Transferase)
- Saure Phosphatase-Reaktion (vermehrte Makrophagenaktivität bei entzündlichen Myopathien)
- ATPase-Reaktion bei unterschiedlichen pH-Werten (verschiedene Fasertypen und deren gestörte Verteilung bei chronisch-neurogener Schädigung)
- NADH-Reaktion (Darstellung des oxidativen, intermyofibrillären Netzwerks und seiner Störungen bei Multicore-Myopathie, Central-Core-Myopathie)
- PAS-Färbung (vermehrte Einlagerung von Glykogen bei der McArdle-Krankheit)
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Um sicherzustellen, dass der Patient die physische Eignung für den Eingriff mit sich bringt, führt der Mediziner neben der Anamnese eine körperliche Untersuchung durch. Nach dem Eingriff kann der Patient seinen gewöhnlichen Alltag schnell wieder aufnehmen, es bestehen nur geringe Einschränkungen. Er muss die Schnittstelle steril und trocken halten und darf das betroffene Muskelgewebe nicht zu stark belasten.
Typische & häufige Muskelerkrankungen
- Muskelfaserriss
- Muskelschwäche
- Kompartmentsyndrom
- Muskelentzündung (Myositis)
- Muskelschwund (Muskeldystrophie)
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013