Tunica muscularis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Tunica muscularis ist die Muskelschicht, die Blut-/Lymphgefäße und andere Hohlorgane umgibt. Sie besteht in den meisten Fällen aus glattem Muskelgewebe – Ausnahmen bilden das Herz und die Speiseröhre, die eine quergestreifte Muskulatur besitzen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Tunica muscularis?

Die meisten muskulären Hohlorgane besitzen eine Tunica muscularis, die aus glattem Muskelgewebe besteht. Ausnahmen bilden jedoch die Speiseröhre und das Herz.
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Die Tunica muscularis ist eine Gewebeschicht, die vor allem Hohlorgane umgibt. Dazu gehören Organe des Verdauungstrakts wie die Speiseröhre (Ösophagus), der Magen und der Darm, aber auch die Gallenwege und die Gallenblase (Vesica biliares) sowie die Harnblase (Vesica urinaria) mit ihrem Harnleiter (Ureter) und der Harnröhre (Urethra).

Weitere Hohlorgane, die eine Tunica muscularis besitzen, sind das Herz und seine Gefäße sowie die Atemwege und Lungen mit ihren Bronchien. Venen, die Blut zum Herzen transportieren, besitzen eine schwächer ausgeprägte Tunica muscularis als Arterien, die das Blut vom Herzen wegführen. Das Pumpen der Arterien ist als Pulsschlag spürbar, weshalb sie auch als Schlagadern bekannt sind. Frauen besitzen mit der Gebärmutter, den Eierstöcken und Eileitern sowie der Vagina zusätzliche Hohlorgane mit entsprechender Muskulatur.

Anatomie & Aufbau

Die meisten muskulären Hohlorgane besitzen eine Tunica muscularis, die aus glattem Muskelgewebe besteht. Ausnahmen bilden jedoch die Speiseröhre und das Herz.

Die Tunica muscularis des Ösophagus besteht aus quergestreifter Skelettmuskulatur – mit einem Gewebe aus gebündelten Muskelfasern, die in einer Hülle aus Bindegewebe stecken. Dahingegen besteht die glatte Tunica muscularis aus einzelnen Zellen, die spindelförmig sind und ein zusammenhängendes Gewebe keine klare Struktur mit abgrenzbaren Bereichen bilden. Dieser Muskeltyp kommt in der Tunica muscularis der meisten Organe vor.

Die Tunica muscularis setzt sich aus zwei Schichten zusammen. Das äußere Stratum longitudinale besteht aus Längsfasern. Darunter folgt eine dünne Schicht aus Bindegewebe mit Neuronen und Gefäßen, an die sich das Stratum circulare anschließt. Diese innere Schicht besitzt Fasern, die quer zur Bewegungsrichtung des Hohlorgans verlaufen.

Die Tunica muscularis ist für gewöhnlich in eine Wand eingebettet, die weitere Schichten besitzt. In Blutgefäßen liegt die Tunica muscularis in der mittleren Schicht (Tunica media), in anderen Organen ist sie unter einer Tunica submucosa zu finden. In dieser Bindegewebsschicht liegen Nervenenden, Gefäße und Drüsen. Über der Tunica submucosa befindet sich oft eine weitere Schicht aus Schleimhaut, namentlich die Tunica mucosa.

Funktion & Aufgaben

Die Aufgabe der Tunica muscularis besteht darin, das jeweilige Hohlorgan zusammenzudrücken. Sowohl die Art der Bewegung als auch ihr Effekt hängen vom betreffenden Organ ab. Blut- und Lymphgefäße, Speiseröhre, Darm und andere schlauchförmige Hohlorgane besitzen eine ringförmige Tunica muscularis. Nicht alle Abschnitte der glatten Muskulatur ziehen sich gleichzeitig zusammen.

Im Darm zum Beispiel erzeugt die Muskulatur eine ringförmige Verengung, die den Nahrungsbrei lokal verdrängt und ihn dazu zwingt, sich weiter in Richtung Darmausgang zu schieben. Diese Bewegung wiederholt sich wellenförmig, um einen gleichmäßigen Transport des Darminhalts zu ermöglichen. Auf diese Weise bewegt sich der Dickdarm im Durchschnitt dreimal pro Tag. Im Gegensatz dazu kontrahiert die Tunica muscularis der Speiseröhre nur, wenn das Gewebe flüssige oder feste Stoffe detektiert, und Blutgefäße reagieren unter anderem auf Nervensignale aus dem Kreislaufzentrum im Gehirn.

Trotz dieser Unterschiede besitzen die verschiedenen Varianten der Tunica muscularis eine Gemeinsamkeit: Ihre Aktivität unterliegt nicht der willentlichen Steuerung des Menschen. Das vegetative Nervensystem kontrolliert die glatte Muskulatur mithilfe der Neurone, die in der trennenden Bindegewebsschicht zwischen Stratum longitudinale und Stratum circulare liegen. Das vegetative Nervensystem stellt eine funktionelle Einheit dar und besitzt eigene Nervenfasern.

Diese gehören entweder zum sympathischen oder dem parasympathischen Subsystem und regen dementsprechend eher aktivierende oder regenerative Prozesse an. Darüber hinaus besitzt der Magen-Darm-Trakt mit dem enterischen Nervensystem seine eigene Nervenversorgung, die auch die Tunica muscularis des Magens, Darms und anderer Verdauungsorgane steuert. Das enterische Nervensystem ist vom Sympathikus und Parasympathikus jedoch nicht vollständig unabhängig.


Krankheiten

Je nach betroffenem Organ kann die Tunica muscularis verschiedene Beschwerden hervorrufen. Ausfälle und Beeinträchtigungen der Tunica muscularis der Speiseröhre behindern beispielsweise den Transport der Nahrung in den Magen. Wenn eine Person aufrecht sitzt und schluckt, unterstützt die Schwerkraft den Vorgang jedoch auf natürliche Weise. Muskelstörungen des Ösophagus beruhen häufig auf dem Ausfall der innervierenden Nerven.

Eine ballaststoffarme Ernährung führt zur Schwächung der Darmbewegungen, da dem Verdauungsorgan der Anreiz zur Muskelaktivität fehlt. Der Dickdarm entzieht dem Verdauungsbrei Wasser. Wenn gleichzeitig die Wellenbewegung seiner Tunica muscularis ausbleibt und sie das Substrat nicht kräftig genug in Richtung Rektum schiebt, kann sich eine Verstopfung bilden. Die Medizin spricht von einer solchen Obstipation, wenn der Betroffene seit drei Tagen keinen Stuhlgang hatte. Andere mögliche Ursachen umfassen unzureichende Flüssigkeitszufuhr, Nebenwirkungen von Medikamenten, Bewegungsmangel und Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Elektrolytstörungen, Darmerkrankungen, Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) und neurologische Krankheiten. Darüber hinaus können psychische Faktoren zur Verstopfung beitragen.

Kinder mit Enkopresis leiden häufig ebenfalls unter einer Obstipation. Die Enkopresis stellt eine psychische Störung dar, bei der Kinder sich einkoten, obwohl sie bereits alt genug und physiologisch in der Lage sind, den Stuhlgang zu regulieren. In einigen Fällen ist die Enkopresis erlernt, wenn Kinder beim Stuhlgang Schmerzen empfinden und ihn deshalb vermeiden wollen – in anderen Fällen steht das Krankheitsbild mit anderen psychischen Problemen wie Angst, Depression oder Missbrauchserfahrungen im Zusammenhang.

Krämpfe in der Gebärmuttermuskulatur können Unterleibsschmerzen hervorrufen. Frauen leiden oft während oder kurz vor Einsetzen der Menstruation unter diesen Kontraktionen, die mit anderen Beschwerden wie Übelkeit, Stimmungsschwankungen und Appetitveränderungen einhergehen können.

Quellen

  • Fritsch, H., Kühnel, W.: Taschenatlas der Anatomie. Bd. 2: Innere Organe. Thieme, Stuttgart 2018
  • Luther, B. (Hrsg.): Kompaktwissen Gefäßchirurgie. Springer, Berlin 2011
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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