Antiphlogistika (Entzündungshemmer)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 23. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Antiphlogistika oder Entzündungshemmer umfassen Wirkstoffe oder Behandlungsmethoden, die Entzündungsprozesse des Körpers eindämmen. Diese sind eine Reaktion des Körpergewebes auf äußere mechanische, physikalische oder infektiöse Reize. Ist das Immunsystem des Körpers nicht mehr in der Lage, diese Reize abzuwehren, kommen Antiphlogistika zum Einsatz.
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Was sind Antiphlogistika?
Um Antiphlogistika gezielt einsetzen zu können, sind zwei Arten von Entzündungen zu unterscheiden. Die klassische Entzündung ist mit Schmerzen verbunden, die jedoch lediglich Krankheitssymptome sind.
Hier können gezielt Methoden zur Behandlung der betreffenden Krankheit eingesetzt werden. Gefährlicher sind Entzündungen, die auf zellulärer Ebene wirken und keine Signale aussenden, daher chronisch werden. Diese erfordern eine Modulation bestimmter Hormone, den Eicosanoiden. Diese können sowohl entzündungshemmend als auch entzündungsfördernd wirken.
Medikamente wie Aspirin, nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAP), COX-2-Hemmer oder Corticosteroide reduzieren die "schlechte" Eicosanoide, führen jedoch auch zu einer Verminderung des Pegels "guter" Eicosanoide. Daher wird die medikamentöse Behandlung oftmals mit einer entzündungshemmenden Ernährung kombiniert.
Geschichte & Entwicklung
Die Entdeckung und Entwicklung von Antiphlogistika, also entzündungshemmenden Wirkstoffen, reicht weit in die Antike zurück. Bereits im alten Ägypten und Griechenland wurden pflanzliche Extrakte, wie Weidenrinde, zur Behandlung von Entzündungen und Schmerzen eingesetzt. Im 18. Jahrhundert entdeckte der englische Geistliche Edward Stone, dass Weidenrinde Fieber senkt, was zur Isolierung von Salicin durch den Chemiker Johann Andreas Buchner im Jahr 1828 führte.
Der bedeutendste Durchbruch erfolgte im Jahr 1897, als der Chemiker Felix Hoffmann im Auftrag von Bayer Acetylsalicylsäure (Aspirin) synthetisierte. Aspirin gilt als das erste moderne Antiphlogistikum und wurde schnell als Schmerzmittel und Entzündungshemmer populär. Seine Wirkungsweise, nämlich die Hemmung der Cyclooxygenase (COX), wurde erst in den 1970er Jahren durch den britischen Pharmakologen John Vane entdeckt.
In den folgenden Jahrzehnten wurden weitere nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAIDs) wie Ibuprofen (1961) und Naproxen (1976) entwickelt. Diese Medikamente hemmen ebenfalls die COX-Enzyme, um die Produktion von Prostaglandinen, die Entzündungen und Schmerzen verursachen, zu verringern.
Später wurden selektive COX-2-Hemmer wie Celecoxib in den 1990er Jahren eingeführt, um gezielt Entzündungen zu bekämpfen und dabei weniger Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt zu verursachen, wie es bei traditionellen NSAIDs häufig der Fall ist.
Anwendung, Wirkung & Gebrauch
Es werden unterschiedliche Arten von Antiphlogistika in der Medizin eingesetzt. Steroide (Corticosteroide) reduzieren Entzündungen durch Bindung an Glukokortikoid-Rezeptoren und greifen massiv in den Stoffwechsel sowie den Wasserhaushalt des Körpers ein. Sie werden zum Beispiel zur Behandlung von Asthma oder Neurodermitis eingesetzt.
Nicht-steroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAP) blockieren ein bestimmtes Enzym namens Cyclooxygenase (oder COX) das im Körper Prostaglandine bildet. Prostaglandine sind hormonähnliche Chemikalien im Körper, die durch Erhöhung der Temperatur und Erweiterung der Blutgefäße Entzündungen bekämpfen. Durch die Reduzierung der Produktion von Prostaglandin helfen NSAP, die Beschwerden von Fieber und Entzündungen zu reduzieren und die damit verbundenen Schmerzen zu lindern.
Einige typische NSAP sind Aspirin, Ibuprofen oder Naproxen. Sie werden häufig verwendet, um die Schmerzen und Entzündungen bei einigen Arten von Arthritis und anderen Erkrankungen des Bewegungsapparates zu behandeln.
Immun-selective Antiphlogistika sind eine Klasse von Peptiden, die eine neue Klasse von Entzündungshemmern darstellen und auf der Erkenntnis basieren, dass Immun-, Nerven- und Hormonsystem komplex interagieren, um Entzündungen zu bekämpfen. Sie koppeln die Modulation von Eicosanoiden mit einer konsequenten Steuerung der Insulinzufuhr.
Pflanzliche, natürliche & pharmazeutische Antiphlogistika
Neben nicht-steroidalen entzündungshemmenden Medikamenten (NSAP) haben etliche Kräuter entzündungshemmende Eigenschaften. Arnika beispielsweise enthält Helenalin, während Weidenrinde mit Salicylsäure den Hauptwirkstoff von Acetylsalicylsäure enthält, auf dessen Basis Aspirin hergestellt wird.
Cannabichromen – Bestandteil der Cannabis Pflanze, wirkt ebenfalls entzündungshemmend. Hauptwirkstoff von Johanniskraut ist Hyperforin, das eine 3 - 18fach höhere Wirkung als Aspirin hat. Auch die Anwendung von Eis oder kühlem Wasser hat eine entzündungshemmende Wirkung und wird oft als Schmerzmanagement für Sportler eingesetzt. Kühle Temperaturen hemmen die lokale Durchblutung und reduzieren Schwellungen.
Einen breiten Umfang in der modernen Behandlung nimmt inzwischen die entzündungshemmende Ernährung ein. Diese fokussiert auf eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung, die reich an unverarbeiteten Lebensmitteln und natürlichen Kohlenhydraten sowie ungesättigten Fetten ist. Die meisten Früchte und Gemüse sowie Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren, wie Wildlachs, Sardinen, Hering, Anchovis, Leinsamen, Hanfsamen und Walnüsse sind für diese Ernährung geeignet. Natives Olivenöl enthält Oleocanthal, das eine ähnliche Wirkung wie Ibuprofen entfaltet.
Kurkuma, Oregano, Rosmarin, Ingwer und grüner Tee enthalten Bioflavonoide und Polyphenole, die Entzündungen reduzieren und die Produktion freier Radikale befördern. Vor allem Personen mit Erkrankungen wie Arthritis, Rheuma, Asthma, Allergien, Herzkrankheiten, Krebs, Alzheimer oder Diabetes profitieren von einer Ernährungsumstellung.
In der Homöopathie kommen als Entzündungshemmer vor allem Myristica sebifera, Acidum nitricum, Hamamelis virginica, Kalium chloratum und Echinacea zur Anwendung.
Risiken & Nebenwirkungen
NSAP verursachen häufig gastrointestinale Nebenwirkungen wie Verdauungsstörungen, Magenbeschwerden (einschließlich Übelkeit oder Erbrechen) und Bauchschmerzen. Die dauerhafte Verwendung medikamentöser Antiphlogistika kann ebenfalls zu Geschwüren und Blutungen im Magen oder anderen Teilen des Magen-Darm-Traktes führen.
Corticosteroide erzeugen einen massiven Magensäureüberschuss und können das sogenannte Cushing-Syndrom auslösen. Der steigende Blutzuckerspiegel befördert die Ansammlung von Körperfett und einen Muskelschwund der Gliedmaßen.
Manche Menschen haben ein höheres Risiko für Komplikationen, dazu gehören zunehmendes Alter, vorhandene Erkrankungen wie Herzprobleme, Bluthochdruck, Diabetes oder Nierenerkrankungen sowie die Einnahme von Alkohol.
Anwendung & Sicherheit
Die Anwendung von Antiphlogistika, insbesondere von nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAIDs), erfolgt zur Behandlung von Entzündungen, Schmerzen und Fieber. Sie werden häufig bei Erkrankungen wie Arthritis, Muskelverletzungen oder Kopfschmerzen eingesetzt. Die Dosierung richtet sich nach dem Wirkstoff, dem Schweregrad der Beschwerden und den individuellen Bedürfnissen des Patienten. NSAIDs wie Ibuprofen und Naproxen sind häufig als rezeptfreie Medikamente erhältlich, während stärkere Varianten verschreibungspflichtig sind.
In Bezug auf die Sicherheit sind Antiphlogistika wirksam, können jedoch bei längerer Anwendung oder hohen Dosen Nebenwirkungen verursachen. Häufige Risiken sind Magen-Darm-Beschwerden wie Geschwüre oder Blutungen, da diese Medikamente die Schleimproduktion im Magen verringern. Auch Herz-Kreislauf-Risiken und Nierenschäden sind bei langfristiger Anwendung möglich, insbesondere bei älteren Menschen oder Personen mit bestehenden Vorerkrankungen. Daher ist es wichtig, die niedrigste wirksame Dosis über den kürzest möglichen Zeitraum zu verwenden.
Die Qualitätskontrolle bei der Herstellung von Antiphlogistika unterliegt strengen Standards. Hersteller müssen sicherstellen, dass die Wirkstoffe rein und in der richtigen Dosierung enthalten sind. Dies erfolgt durch umfassende Tests während der Produktionsphasen, einschließlich der Prüfung auf Verunreinigungen, Dosiergenauigkeit und chemische Stabilität. Regulierungsbehörden wie die EMA überwachen die Produktion, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Medikamente sicherzustellen.
Alternativen
Zu den Alternativen zu Antiphlogistika gehören verschiedene Medikamente und Therapieformen, die je nach Art der Schmerzen oder Entzündungen eingesetzt werden. Paracetamol ist eine gängige Alternative, insbesondere bei der Behandlung von Schmerzen und Fieber, ohne die entzündungshemmende Wirkung von NSAIDs. Paracetamol ist magenfreundlicher und verursacht weniger gastrointestinale Nebenwirkungen, hat jedoch keine Wirkung auf Entzündungen.
Opioide wie Tramadol oder Morphin werden bei stärkeren Schmerzen eingesetzt, sind jedoch keine entzündungshemmenden Mittel. Sie haben ein hohes Abhängigkeitspotenzial und eine Vielzahl von Nebenwirkungen wie Atemdepression oder Verstopfung, was ihre Anwendung einschränkt. Sie sind bei chronischen, schweren Schmerzzuständen, bei denen NSAIDs nicht ausreichen, eine Alternative.
Kortikosteroide wie Prednison sind potenzielle Alternativen bei schweren entzündlichen Erkrankungen wie Rheuma oder Asthma. Sie haben eine starke entzündungshemmende Wirkung, können jedoch bei langfristiger Anwendung Nebenwirkungen wie Osteoporose, Gewichtszunahme und Immunsuppression verursachen.
Neben medikamentösen Ansätzen gibt es auch nicht-medikamentöse Therapieformen, wie Physiotherapie, die insbesondere bei muskuloskelettalen Beschwerden oft eingesetzt wird. Akupunktur oder Massage können ebenfalls schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken, wenn auch auf mechanische und nicht-pharmakologische Weise.
Im Vergleich bieten NSAIDs eine direkte, entzündungshemmende Wirkung mit relativ schnellen Ergebnissen, während andere Therapieformen eher symptomatisch oder unterstützend wirken.
Forschung & Zukunft
Aktuelle Trends in der Forschung zu Antiphlogistika zielen darauf ab, wirksame Behandlungen mit weniger Nebenwirkungen zu entwickeln. Ein zentraler Fokus liegt auf der Entwicklung von selektiveren COX-2-Hemmern, die gezielt Entzündungen bekämpfen, ohne die Magen-Darm-Schleimhaut zu schädigen. Obwohl einige COX-2-Hemmer wie Celecoxib bereits auf dem Markt sind, wird intensiv daran gearbeitet, deren Sicherheit zu verbessern, insbesondere im Hinblick auf kardiovaskuläre Risiken.
Ein weiterer Trend ist die Untersuchung von Lipid-Mediatoren, wie Resolvine und Lipoxine, die entzündungshemmende Eigenschaften besitzen und gleichzeitig die natürliche Auflösung von Entzündungen fördern. Diese Substanzen spielen eine Rolle in der Steuerung des körpereigenen Heilungsprozesses und könnten in Zukunft als Alternativen oder Ergänzungen zu herkömmlichen Antiphlogistika eingesetzt werden.
Die Entwicklung von nanotechnologischen Ansätzen zur gezielten Medikamentenabgabe ist ebenfalls ein wachsendes Forschungsgebiet. Mit Nanopartikeln könnten Antiphlogistika direkt an entzündete Stellen im Körper transportiert werden, was eine geringere systemische Belastung und weniger Nebenwirkungen zur Folge hätte.
Auch der Einsatz von biologischen Therapien wird erforscht. Monoklonale Antikörper wie Tocilizumab, die gezielt entzündungsfördernde Moleküle wie Interleukin-6 blockieren, finden bereits in der Behandlung von rheumatoider Arthritis Anwendung und könnten in Zukunft auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen eine Rolle spielen.
Diese neuen Ansätze bieten vielversprechende Möglichkeiten, um die Effektivität von Antiphlogistika zu steigern und gleichzeitig die Nebenwirkungen zu minimieren.
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Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor