Bindegewebselastizität
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Bindegewebe ist für den Zusammenhalt der Organe im Körper verantwortlich. Es muss eine gewisse Elastizität besitzen, um seine Gleit- und Verschiebefunktion im Organismus erfüllen zu können. Der Verlust der Bindegewebselastizität kann zu schwerwiegenden Erkrankungen führen.
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Was ist die Bindegewebselastizität?
Das Bindegewebe stellt keinen einheitlichen Gewebetyp dar, sondern wird über seine gemeinsamen Eigenschaften definiert. Es ist überall im Körper vorhanden und übt unterstützende Funktionen aus. Seine Hauptaufgabe besteht in der Aufrechterhaltung der Organformen. Es bewahrt die Organe vor Beschädigungen, speichert Wasser und wehrt in Zusammenarbeit mit dem Immunsystem Krankheitserreger ab. Allerdings muss es neben seiner Zugfestigkeit auch eine bestimmte Elastizität besitzen, damit die Lage und Form der Organe flexibel und reversibel angepasst werden kann.
Im Gegensatz zu anderen Gewebeformen besteht das Bindegewebe aus verhältnismäßig wenigen Zellen. Dafür sind diese Zellen durch ein Netz von Proteinketten miteinander verbunden. Jedes Organ ist von Bindegewebe umgeben. So zählen auch die Haut und die Schleimhäute zum Bindegewebe. Auch zwischen den Organen befindet sich ein Netzwerk aus Proteinstrukturen, die für den Zusammenhalt der Organe sorgen.
Funktion & Aufgabe
Bei jeder körperlichen Bewegung muss gewährleistet sein, dass sich die inneren Organe flexibel anpassen können. Das Gleiche gilt auch für die Form der Organe. Ohne diese Flexibilität und Elastizität käme es zur Beschädigung der Organe mit fatalen Folgen.
Jedoch kann die Funktion nur durch eine Kombination unterschiedlicher Bindegewebstypen realisiert werden. So wird unterschieden zwischen lockerem, straffem und retikulärem Bindegewebe. Des Weiteren gehören dazu noch Fettgewebe, gallertartiges Bindegewebe sowie Knorpel- und Knochengewebe.
Insgesamt enthalten alle Bindegewebstypen Blutgefäße und Nerven, um die eingebetteten Organe zu versorgen. Das lockere Bindegewebe fungiert als Füllmaterial zwischen den verschiedenen Organen und dient zu deren Beweglichkeit, zur Wasserspeicherung und als Matrix für viele frei bewegliche Zellen. Gleichzeitig beherbergt es auch Immunzellen, die Krankheitserreger abwehren können.
Auch das Fettgewebe stellt ein lockeres Bindegewebe dar, wobei dieses im Gegensatz zu anderen Bindegewebsformen kaum interzelluläre Substanz besitzt. Das straffe Bindegewebe kommt vor allem in der Lederhaut der Augen, in der harten Hirnhaut, in den Organkapseln und in den Muskelsehnen vor. Es besteht zum größten Teil aus Kollagenfasern, deren Anteil dort viel höher ist als beim lockeren Bindegewebe. Außerdem besitzt es noch weniger Zellen und bildet entweder straffe geflechtartige Strukturen bei Augenlederhaut, Hirnhaut und Organkapseln oder straffe parallelfasrige Strukturen bei Sehnen und Bändern.
Das retikuläre Bindegewebe stellt ein dreidimensionales Netzwerk dar und ist hauptsächlich in den lymphatischen Organen wie Milz, Lymphknoten oder dem lymphatischen Gewebe vorhanden. Die kollagenen Fasern sind zugfest, allerdings kaum dehnbar. In fast allen Bindegewebstypen befinden sich daher auch elastische Fasern, die in jegliche Richtungen gedehnt werden können und dabei jedes Mal wieder in die Ausgangslage zurückkehren. Sie bestehen aus Fibrillin und dem Protein Elastin. Elastin ist eine knäuelförmige Proteinkette, die auseinandergezogen werden kann, danach aber wieder ihre Ausgangsform annimmt. Das verleiht dem Bindegewebe seine Elastizität.
Besonders wichtig ist elastisches Bindegewebe im Lungengewebe, in Bändern und in arteriellen Blutgefäßen. Für die Bindegewebselastizität ist hauptsächlich das fasrige Bindegewebe verantwortlich, während das lockere Bindegewebe für den Stofftransport zwischen Blut und Zellen sorgt.
Krankheiten & Beschwerden
Des Weiteren kann es zu Organsenkungen kommen, da durch die verringerte Bindegewebselastizität die vollständige Rückkehr zur Ausgangsform nicht mehr möglich ist.
Frauen leiden, aufgrund anderer hormoneller Bedingungen, häufiger unter einer Bindegewebsschwäche als Männer. So wurden im Bindegewebe des durchschnittlichen Mannes mehr Quervernetzungen gefunden, welche dessen Festigkeit und Elastizität unterstützen.
Eine der häufigsten Bindegewebsschwächen manifestiert sich in der sogenannten Gebärmuttersenkung, von der viele Frauen betroffen sind. Dabei drückt die Gebärmutter auf andere Organe wie die Harnblase und kann zu unangenehmen Schmerzen oder in Einzelfällen sogar zu lebensbedrohlichen Zuständen (etwa einem Harnstau) führen.
Es gibt vielfältige Ursachen, die eine Schwächung des Bindegewebes hervorrufen können. So spielen Ernährung, hormonelle Umstellungen, Medikamente und auch bestimmte Gendefekte eine maßgebliche Rolle. Beispielsweise verschlechtert sich der Zustand des Bindegewebes bei Übersäuerung des Körpers. Dabei werden wichtige Eiweißketten mit Stützfunktion abgebaut.
Bei Hormonumstellungen in den Wechseljahren sinkt der Östrogenspiegel. Auch das führt zur Schwächung des Bindegewebes. Manche Medikamente begünstigen ebenfalls eine Übersäuerung des Körpers und tragen damit zu einer abnehmenden Bindegewebselastizität bei.
Es gibt aber auch genetische Bedingungen, die fehlerhafte Bindegewebsstrukturen hervorbringen und damit schwerste Erkrankungen verursachen. Als Beispiel sei das sogenannte Marfan-Syndrom genannt, welches autosomal-dominant vererbt wird und sich durch Gefäßmissbildungen (Aneurysmen), Augenerkrankungen, Anomalien des Skelettsystems und Hautanomalien äußert.
Bekannt ist auch die erworbene Bindegewebserkrankung Skorbut, die früher bei Seefahrern aufgrund fehlender Vitamin-C-Versorgung häufig auftrat und oft zum Tode führte. Vitamin C ist als Koenzym für die Hydroxylierung von Prolin und Lysin verantwortlich und sorgt damit innerhalb der Proteinketten des Bindegewebes für deren Vernetzungen.
Quellen
- Emminger, H., Kia, T. (Hrsg.): Exaplan – Das Kompendium der klinischen Medizin. Urban & Fischer, München 2010
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015