Komplementsystem
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Komplementsystem ist ein Teil des Immunsystems. Es besteht aus mehr als 30 Proteinen und dient der Abwehr von Bakterien, Pilzen oder Parasiten.
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Was ist das Komplementsystem?
Entdeckt wurde das Komplementsystem von Jules Bordet, die Benennung geht hingegen auf Paul Ehrlich zurück. Das System besteht aus verschiedenen Plasmaproteinen. Plasmaproteine sind Eiweiße, die größtenteils im Blut zirkulieren. Ein geringer Anteil an Plasmaproteinen liegt jedoch auch zellgebunden vor.
Hauptbestandteile des Komplementsystems sind die Komplementfaktoren C1 bis C9, MBL (Mannose-bindendes Lektin) und die Serinproteasen, die an C1 und MBL gebunden sind. Diese werden als C1r, C1s und MASP-1 bis MASP-3 bezeichnet. Der überwiegende Teil der Plasmaproteine wird in der Leber gebildet. Durch spezielle eiweißspaltende Enzyme, die Proteasen, können die Komplementfaktoren C1 bis C5 gespalten werden. Dabei entstehen verschiedene neue Proteine. Weitere Proteinkomplexe entstehen durch eine Kombination der Faktoren C1 bis C5 mit den Faktoren C6 bis C9.
Zur Regulation verfügt das Komplementsystem über sogenannte Negativregulatoren, wie den C1-Inhibitor oder Faktor I. Die Aktivierung des Komplementsystems kann über den klassischen Weg, den Lektin-Weg und den alternativen Weg erfolgen. Bei jedem dieser Wege wird eine Kaskadenreaktion in Gang gesetzt.
Funktion & Aufgabe
Es entsteht eine Untereinheit, die den Komplementfaktor C4 aktiviert. Die aktiven Bestandteile von C4 binden sich wiederum an C2. Aus der Kombination einer Untereinheit von C4 und C2 wird der Komplementfaktor C3 aktiviert. Das aktvierte C3 dient als Markierung für sogenannte antigene Zellen. Diese Markierung wird auch als Opsonisierung bezeichnet. Der Komplementfaktor C3 zeigt damit den Fresszellen (Makrophagen), dass es sich bei dieser markierten Zelle um eine Zelle handelt, die entfernt werden muss. Ohne diese Opsonisierung würden die Makrophagen viele Krankheitserreger nicht erkennen.
Aus verschiedenen Untereinheiten von Komplementfaktoren bildet sich zudem die C5-Konvertase. Diese sorgt für die Aktivierung des Komplementfaktors C5. Nach der Aktivierung wird der Faktor C5b genannt. C5b sorgt für die Bildung eines lytischen Komplexes. Dadurch wird die Zellmembran der Bakterien zerstört. Durch die Löcher, die in der Zellmembran entstehen, kann Wasser einströmen, sodass die Bakterien schlussendlich platzen.
Die alternative Komplementaktivierung benötigt keine Antikörper. Die Aktivierung erfolgt hier durch einen spontanen Zerfall des Komplementfaktors C3. Dieser ist chemisch instabil. Das entstehende C3a kann eine Entzündungsreaktion initiieren. Neben C3a entsteht auch C3b. C3b bleibt nur aktiv, wenn es sich an pathogene Oberflächen bindet. Zirkuliert es zu lange im Blut oder bindet sich an körpereigene Zellen, wird es inaktiviert. Dies ist wichtig, da es andernfalls zu Autoimmunreaktionen kommen würde. Auf der Oberfläche von Krankheitserregern hat C3b eine ähnliche Wirkung wie C3 beim klassischen Aktivierungsweg.
Die MBL-Aktivierung findet durch die Bindung von Mannose statt. Mannose ist Zucker, der sich an Bakterienoberflächen befindet. Im Laufe der Kaskadenreaktion werden MASP-1 bis MASP-3 aktiviert. Sie rufen dieselben Reaktionen wie die klassische Komplementaktivierung hervor.
Krankheiten & Beschwerden
Menschen mit Defiziten des Komplementfaktors C2 leiden häufiger unter Immunkomplex-Krankheiten. So ist ein Mangel an C1q, einer Vorstufe von C2, ein bedeutender Risikofaktor für die Ausbildung eines systemischen Lupus erythematodes (SLE). SLE ist eine eher seltene Autoimmunerkrankung, die die Haut und andere Organe befällt. Die Erkrankung gehört zur Gruppe der Kollagenosen und damit auch zum rheumatischen Formenkreis. Meistens sind Frauen im gebärfähigen Alter von SLE betroffen.
Bei einem Mangel an C3 treten bakterielle Infektionen deutlich häufiger auf. Insbesondere Infektionen mit Neisserien häufen sich. Neisserien sind die Erreger der Gonorrhö und der Meningitis.
Aufgrund einer Mutation kann der hemmende Faktor H fehlen. Dadurch kommt es über den alternativen Weg zu einer nicht steuerbaren Aktivierung des Komplementsystems an den Nierenkörperchen und am Auge. Die Ablagerungen bedingen die Membranoproliferative Glomerulonephritis Typ II. Dabei kommt es zu Hämaturie, Proteinurie und einem nephrotischen bzw. nephritischen Syndrom mit Wassereinlagerungen und Bluthochdruck. Auch Sehstörungen sind möglich.
Liegen Defekte der GPI-Anker auf Blutzellen vor, sind diese nicht mehr vor dem Komplementsystem geschützt. Dadurch entsteht die sogenannte paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie. Die roten Blutkörperchen werden zerstört. Dieser Vorgang wird auch als Hämolyse bezeichnet. Des Weiteren geht die Erkrankung mit einer verstärkten Thromboseneigung und einer verminderten Produktion von roten Blutzellen im Knochenmark einher. Weitere Symptome sind chronische Müdigkeit, Potenzstörungen und starke Schmerzen. Eventuell sind nicht nur die roten Blutkörperchen, sondern alle Blutzellreihen von den Angriffen des Komplementsystems betroffen. In diesen Fällen zeigt sich neben der Thromboseneigung auch eine deutliche Schwächung des Immunsystems.
Quellen
- Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH., Weinheim 2003
- Suttorp et al.: Infektionskrankheiten verstehen, erkennen, behandeln. Thieme, Stuttgart 2003
- Schartl, M., Biochemie und Molekularbiologie des Menschen. 1. Auflage, Urban & Fischer Verlag, München 2009