Streptococcus mitis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Bakterium Streptococcus mitis gehört zu den Viridans-Streptokokken. Die Viridans-Streptokokken kommen überwiegend im Mund-Rachen-Raum vor.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Streptococcus mitis?

Die Streptokokken der Mitis-Gruppe leben in der Mundhöhle des Menschen. Auch im Hals-Nasen-Rachenraum sind sie zu finden.
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Die Mitis-Bakterien sind grampositiv und gehören zur Bakteriengattung der Streptokokken. Streptokokken sind kugelförmige Bakterien, die bevorzugt in Ketten angeordnet auftreten. Grampositive Bakterien lassen sich in der Gram-Färbung blau anfärben. Sie besitzen eine Zellwand, der eine dicke, mehrschichtige Mureinhülle aufgelagert ist.

Auf Blutagar bilden die Viridans-Streptokokken einen grünen Hof. Dieser ist ein typisches Zeichen einer α-Hämolyse und hat den Kokken ihren Namen verliehen. Viridans stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "eine grüne Farbe produzierend".

Streptococcus mitis zeigt bei Temperaturen unter 10° Celsius kein Wachstum mehr. Bei 45° Celsisus kann sich der Erreger hingegen noch gut vermehren. Die Mitis-Gruppe als Untergruppe der Viridans-Streptokokken wird in der medizinischen Fachliteratur auch Sanguis-Gruppe genannt.

Die Streptokokken der α-hämolysierenden Gruppe wurden lange in ihrer Pathogenität unterschätzt. Die ß-hämolysierenden Gruppen waren aufgrund der schweren Erkrankungen, die sie verursachen konnten, gefürchtet. Doch auch die Erreger aus der α-hämolysierenden Gruppe können schwere Erkrankungen verursachen. Sie werden deshalb als opportunistische bzw. fakultativ pathogene Keime bezeichnet. Opportunistische Bakterien sind bei einem gesunden Menschen harmlos. Sie nutzen allerdings eine Schwäche des Immunsystems, um eine Infektion zu verursachen. Eine solche Infektion wird auch opportunistische Infektion genannt.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Die Streptokokken der Mitis-Gruppe leben in der Mundhöhle des Menschen. Auch im Hals-Nasen-Rachenraum sind sie zu finden. In seltenen Fällen finden sich die Bakterien auch in anderen Körperregionen wie beispielsweise der Haut. Streptococcus mitis konnte auch im Zahnbelag von verschiedenen Tierarten nachgewiesen werden.

Die Übertragung der Bakterien erfolgt durch direkten Kontakt. Nahezu jeder Mensch im Erwachsenenalter hat Streptokokken der Mitis-Gruppe in seinem Mund. Auch bei Bissverletzungen können die Streptokokken daher eine Rolle spielen. Dabei ist das Infektionsrisiko bei einem Menschenbiss am höchsten. Rund 50 Prozent aller Bisswunden, die durch Menschen verursacht wurden, führen zu einer Infektion. Besonders gelenksnahe und tiefe Bisswunden entzünden sich häufig.

Als noch keine Antibiotika zur Verfügung standen, waren die Folgen eines Menschenbisses deshalb drastisch. Bei einer ärztlichen Versorgung innerhalb der ersten Stunde nach dem Biss musste in zehn Prozent aller Fälle eine Amputation durchgeführt werden. Wenn eine ärztliche Versorgung erst später möglich war, stieg die Amputationsrate auf über 30 Prozent. Bisse von Tieren führen nur in etwa 20 Prozent der Fälle zu einer Infektion.


Krankheiten & Beschwerden

Auch in der Mundhöhle ist Streptococcus mitis nur fakultativ pathogen. Bei gesunden Menschen sind die Bakterien Teil der physiologischen Mundflora. Unter bestimmten Bedingungen kann Streptococcus mitis jedoch die Kariesbildung verstärken. Begünstigend wirkt ein hoher Zuckerkonsum. Karies ist in der Umgangssprache auch als Zahnfäule bekannt. Es handelt sich dabei um eine multifaktorielle Erkrankung des Zahns.

Die Bakterien verstoffwechseln die Kohlenhydrate aus dem Essen zu Säuren. Die Säuren lösen Kalziumphosphate aus dem Zahnschmelz, sodass es auf lange Sicht zu einer Entmineralisierung kommt. Anfangs bilden sich weiße Flecken auf dem Zahnschmelz. Wenn sich Farbpigmente aus der Nahrung in diese Flecken einlagern, färben sie sich dunkel. Erfolgt in diesem Stadium keine Remineralisierung, schreitet die Erkrankung bis zum Dentin fort.

Die Dentinkaries kann Zahnschmerzen verursachen, denn das Dentin ist deutlich weicher als der Zahnschmelz, sodass sich die Karies in dieser Ebene weit ausbreiten kann. Bei der sogenannten Caries profunda, der tiefen Zahnkaries, ist die Läsion bis in die Zahnpulpa vorgedrungen. Dieses Stadium ist mit starken Zahnschmerzen verbunden. Der Zahn kann in diesem Stadium oft nicht mehr gerettet werden und muss entfernt werden.

Durch Verletzungen in der Mundhöhle, beispielsweise nach zahnärztlichen Eingriffen, können die Mitis-Streptokokken ins Blut gelangen. Durch eine hämatogene Streuung können sich auf den Herzklappen bakterielle Vegetationen mit Streptococcus mitis bilden. Diese führen zu einer dauerhaften Entzündung der Herzinnenhaut. Die Herzinnenhaut, das Endokard, kleidet das gesamte Herzinnere aus und bildet zudem die Klappen.

Bei einer Infektion mit Streptococcus mitis entwickelt sich eine Endocarditis lenta. Die Endocarditis lenta ist eine subakute Variante der bakteriellen Endokarditis. Die Erkrankung beginnt meist schleichend. Die Symptome sind eher unspezifisch. Die Betroffenen entwickeln Fieber unklarer Ursache und fühlen sich allgemein eher schwach. Sie sind appetitlos und blass. Häufig besteht eine Anämie. Diese entsteht durch die Verwachsungen der Herzklappen, an denen viele rote Blutkörperchen bei der Passage der Herzklappen zerstört werden.

In späteren Stadien können durch den anämiebedingten Sauerstoffmangel Trommelschlägelfinger und Uhrglasnägel entstehen. Trommelschlägelfinger fallen durch rundliche Auftreibungen der Fingerendglieder auf. Uhrglasnägel entstehen durch eine Bindegewebshypertrophie im Nagelbett. Die Nägel sind in der Querrichtung und in der Längsrichtung stark gewölbt. Kleinste kardial bedingte Embolien rufen linsengroße, bläuliche schmerzhafte Knötchen an Fingern und Zehen hervor. Diese werden auch als Osler-Knötchen bezeichnet. Sie sind ein typisches Symptom der bakteriellen Endokarditis. Wenn sich einzelne Bakterien oder Bakteriengruppen von den Herzklappen lösen, können sie über den Blutkreislauf zu anderen Organen gelangen und dort Folgeerkrankungen hervorrufen.

Aufgrund der Gefahr, dass sich eine bakterielle Endokarditis entwickeln könnte, wird bei planbaren zahnmedizinischen Eingriffen, bei Patienten mit einem erhöhten Endokarditisrisiko, eine Vor- und Nachsorge durchgeführt. So erhalten die Patienten ungefähr eine Stunde vor und wenige Stunden nach der Behandlung Antibiotika. Zu den Risikopatienten gehören Patienten mit Herzklappenersatz, Patienten mit einem angeborenen Herzfehler und Patienten mit Herztransplantaten.

Quellen

  • Bachmann, K.: Biologie für Mediziner. Springer, Berlin 1990
  • Marre, R. et al: Klinische Infektiologie. Infektionskrankheiten erkennen und behandeln. Urban & Fischer, München 2007
  • Schwarzkopf, A.: Multiresistente Erreger im Gesundheitswesen. mhp Verlag, Wiesbaden 2016

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