Amfepramon

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. September 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Amfepramon ist ein indirektes Alpha-Sympathomimetikum und wird in Deutschland als Appetitzügler eingesetzt. Aufgrund eines nicht unerheblichen Missbrauchspotenzials wird der Wirkstoff nur in dringenden Fällen kurzzeitig zur unterstützenden Behandlung von Übergewicht verschrieben.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Amfepramon?

Aufgrund eines nicht unerheblichen Missbrauchspotenzials wird der Wirkstoff nur in dringenden Fällen kurzzeitig zur unterstützenden Behandlung von Übergewicht verschrieben.

Amfepramon wird auch als 2-Diethylamino-1-phenylpropan-1-on, 2-Diethylaminopropiophenon, Amfepramonum oder Diethylpropion bezeichnet. Es gehört zu der Gruppe der Phenylethylamin-Derivate. Das sind chemische Verbindungen, die sich vom Phenylethylamin ableiten. Phenylethylamine sind in der Natur weit verbreitet (zum Beispiel der Neurotransmitter Dopamin oder die Aminosäure-ähnliche Substanz Tyramin) oder werden künstlich hergestellt (zum Beispiel bestimmte Amphetamine).

Im Bereich der Phenylethylamine reiht sich Amfepramon in die Untergruppe der Cathinone ein. Namensgebend für die Cathinone ist die Verbindung Cathinon, die zu den Amphetaminen gehört und stimulierend wirkt. Auch Amfepramon wirkt als Stimulans und regt den Sympathikus, einen Teil des autonomen (vegetativen) Nervensystems, an.

Es wird der Wirkstoffgruppe der Alpha-Sympathomimetika zugeordnet. Im Handel ist es als verschreibungspflichtiges Medikament unter den Handelsnamen Regenon und Tenuate erhältlich. Amfepramon fällt in Deutschland unter das Betäubungsmittelgesetz, ist aber verkehrsfähig und darf vom Arzt verschrieben werden.

Pharmakologische Wirkung

Alpha-Sympathomimetika (auch als Alpha-Adrenozeptor-Agonisten bezeichnet) wirken auf das vegetative Nervensystem. Dieses wird auch unwillkürliches oder autonomes Nervensystem genannt, weil es sich nicht willentlich beeinflussen lässt. Die Wirkstoffe stimulieren einen bestimmten Teil dieses Nervensystems, den Sympathikus.

Amfepramon fungiert als indirektes Alpha-Sympathomimetikum. Während direkte Alpha-Sympathomimetika die Wirkung des Adrenalins nachahmen, indem sie an die gleichen Rezeptoren binden, führen indirekte Alpha-Sympathomimetika zu einer Freisetzung von Dopamin und Noradrenalin Diese regen dann den Sympathikus an. Auf diesem Weg stimuliert Amfepramon das Herz-Kreislauf-System und bestimmte Organe, wirkt aber auch zentralnervös über eine Durchquerung der Blut-Hirn-Schranke auf die Gehirnaktivität.

Der Wirkstoff steigert dadurch kurzzeitig die physische und psychische Leistungsfähigkeit und erhöht die Aufmerksamkeit. Die Durchblutung der Lunge, Blutdruck und Herzfrequenz erhöhen sich. Außerdem unterdrückt Amfepramon das Gefühl der Müdigkeit, hemmt den Durst und bewirkt (über einen im Hypothalamus lokalisierten Angriffspunkt) eine Verminderung der Nahrungsaufnahme und des Appetits.

Aufgrund der vielfältigen Wirkungen auf den ganzen Organismus wird eine Verschreibung von Amfepramon vom Arzt sehr genau abgewogen werden, um unerwünschte Wirkungen zu vermeiden.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Alpha-Sympathomimetika werden unter anderem als Anorektika (Appetitzügler) eingesetzt. Amfepramon wird zur unterstützenden Behandlung bei Patienten mit Übergewicht (Adipositas) verwendet, deren Body-Mass-Index (BMI) über 30 liegt.

Der BMI berechnet sich nach folgender Formel: BMI = Körpergewicht in Kilogramm / (Körpergröße in Metern)2. Allerdings sollte der Wirkstoff nur dann verwendet werden, wenn andere geeignete Maßnahmen zur Reduktion des Gewichtes nicht erfolgreich waren. Bei Patienten, die durch Diäten und Sport keine Gewichtsabnahme erreichen konnten, aber aus medizinischen Gründen dringend abnehmen sollten, kann sich der Arzt für eine kurzzeitige Behandlung mit Amfepramon entscheiden.

Da es sich um ein zentralnervös wirkendes Anorektikum handelt, sind Nebenwirkungen häufig und es besteht ein Missbrauchspotenzial. Im Sommer 2001 hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgrund von Nebenwirkungen Appetitzüglern mit Amfepramon die Zulassung entzogen.

Dagegen klagten die Hersteller erfolgreich. Seit 2004 sind die Präparate wieder auf dem Markt. Die Wirksamkeit zur tatsächlichen, langfristigen Gewichtsreduktion ist aber umstritten. Deshalb wird Amfepramon nur noch in Einzelfällen verschrieben und wird grundsätzlich nur zur kurzzeitigen Behandlung der Adipositas eingesetzt.


Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung von Amfepramon, einem Appetitzügler zur Behandlung von Adipositas, sind mehrere wichtige Punkte zu beachten. Amfepramon ist ein verschreibungspflichtiges Medikament und sollte nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden. Die übliche Dosierung liegt bei 25 mg bis 75 mg pro Tag, verteilt auf ein bis drei Dosen, abhängig von der Schwere der Adipositas und der Reaktion des Patienten auf das Medikament. Es wird empfohlen, die Tabletten 30 bis 60 Minuten vor den Mahlzeiten einzunehmen, um den Appetitzügelnden Effekt zu maximieren.

Amfepramon ist nur für eine kurzfristige Anwendung von bis zu 12 Wochen geeignet, da eine längere Einnahme zu Toleranzentwicklung und Abhängigkeit führen kann. Patienten mit einer Vorgeschichte von Drogenabhängigkeit, Herzerkrankungen, Hypertonie oder Psychosen sollten das Medikament nicht verwenden. Zudem muss bei gleichzeitiger Einnahme von anderen Medikamenten, insbesondere Monoaminooxidase-Hemmern (MAO-Hemmern), besondere Vorsicht walten, da es zu gefährlichen Wechselwirkungen kommen kann.

Die Einnahme am späten Nachmittag oder Abend sollte vermieden werden, da Amfepramon eine stimulierende Wirkung hat und Schlaflosigkeit verursachen kann. Regelmäßige ärztliche Kontrollen sind während der Behandlung notwendig, um Nebenwirkungen wie Bluthochdruck, erhöhte Herzfrequenz oder Nervosität zu überwachen.

Risiken & Nebenwirkungen

Amfepramon besitzt (wie viele Alpha-Sympathomimetika) ein nicht unerhebliches Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. Deshalb wurde es als Betäubungsmittel eingestuft und in Anlage 3 des deutschen Betäubungsmittelgesetzes aufgenommen (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel).

Das deutsche BfArM und andere Arzneimittelbehörden der EU weisen ausdrücklich auf den geringen medizinischen Nutzen im Verhältnis zu den schwerwiegenden Nebenwirkungen hin. Zu den Nebenwirkungen gehörten Psychosen, Depressionen, Halluzinationen, Unruhe, Schlafstörungen, Herzrasen, Bluthochdruck, Schwindel und Benommenheit. Amfepramon scheint außerdem die Entstehung eines Lungenhochdrucks (pulmonal-arterielle Hypertonie) zu begünstigen.

Bei einigen Patienten kann es bei der Behandlung mit Amfepramon zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen, bis hin zum Herzinfarkt oder Herzstillstand kommen. Bei längerer Anwendung von Amfepramon können eine Abhängigkeit und nach Absetzen des Medikaments Entzugserscheinungen auftreten.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen für die Verwendung von Amfepramon sind vielfältig, da dieses Medikament potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen verursachen kann. Eine der wichtigsten Kontraindikationen betrifft Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie etwa Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit oder Herzinsuffizienz, da Amfepramon eine stimulierende Wirkung auf das zentrale Nervensystem hat und den Blutdruck sowie die Herzfrequenz erhöhen kann.

Auch Menschen mit einer Vorgeschichte von psychischen Erkrankungen, insbesondere Anorexia nervosa, Bulimie oder Depressionen, sollten Amfepramon nicht einnehmen, da es das Risiko für Stimmungsschwankungen oder psychotische Episoden erhöht. Patienten mit Glaukom sind ebenfalls ausgeschlossen, da das Medikament den Augeninnendruck steigern kann.

Darüber hinaus ist Amfepramon bei Patienten mit Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), schweren Leber- oder Nierenerkrankungen, sowie einer Vorgeschichte von Drogenabhängigkeit kontraindiziert. Personen, die Monoaminooxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) einnehmen, dürfen Amfepramon nicht verwenden, da dies zu gefährlichen Wechselwirkungen wie hypertensiven Krisen führen kann.

Schwangere und stillende Frauen sollten Amfepramon ebenfalls nicht einnehmen, da mögliche Risiken für den Fötus oder das Kind bestehen.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Bei der Verwendung von Amfepramon bestehen zahlreiche Interaktionen mit anderen Medikamenten, die das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen oder die Wirksamkeit der Therapie beeinträchtigen können. Eine besonders gefährliche Wechselwirkung tritt auf, wenn Amfepramon zusammen mit Monoaminooxidase-Hemmern (MAO-Hemmern) eingenommen wird. Dies kann zu einer hypertensiven Krise führen, da MAO-Hemmer die Abbauwege von Neurotransmittern blockieren, was in Kombination mit der stimulierenden Wirkung von Amfepramon zu einem starken Anstieg des Blutdrucks führen kann.

Weitere potenzielle Interaktionen bestehen mit Sympathomimetika wie Ephedrin oder Pseudoephedrin, die ebenfalls den Blutdruck und die Herzfrequenz erhöhen können. Eine gleichzeitige Anwendung kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen verstärken. Auch Antidepressiva, insbesondere Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), sollten mit Vorsicht eingesetzt werden, da Amfepramon die Freisetzung von Neurotransmittern beeinflusst und das Risiko eines Serotoninsyndroms erhöhen kann.

Die gleichzeitige Einnahme von Antihypertensiva kann die blutdrucksenkende Wirkung dieser Medikamente abschwächen, da Amfepramon eine stimulierende Wirkung auf das zentrale Nervensystem hat, die den Blutdruck steigern kann. Zudem kann die Wirkung von Insulin oder oralen Antidiabetika beeinträchtigt werden, da Amfepramon den Blutzuckerspiegel erhöhen kann.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Amfepramon aufgrund von Nebenwirkungen oder Kontraindikationen nicht vertragen wird, stehen mehrere alternative Wirkstoffe und Behandlungsmethoden zur Verfügung. Ein gängiger Ersatz ist Orlistat, ein Medikament, das die Aufnahme von Fett im Darm hemmt. Orlistat bindet an Enzyme, die Fette spalten, sodass diese unverdaut ausgeschieden werden. Es ist weniger systemisch wirksam als Amfepramon und zeigt eine andere Wirkweise, indem es die Kalorienaufnahme reduziert.

Ein weiteres Medikament ist Liraglutid, ein GLP-1-Agonist, der ursprünglich für die Behandlung von Diabetes entwickelt wurde, aber auch zur Gewichtsreduktion eingesetzt wird. Liraglutid senkt den Appetit und verlangsamt die Magenentleerung, was zu einem längeren Sättigungsgefühl führt. Es wird als tägliche Injektion verabreicht und bietet eine Alternative für Patienten, die Appetitzügler wie Amfepramon nicht vertragen.

Für Menschen, die auf pharmakologische Ansätze verzichten möchten, gibt es nicht-medikamentöse Behandlungsoptionen wie Verhaltenstherapie, Ernährungsberatung und Bewegungstherapie. Diese Methoden konzentrieren sich darauf, langfristige Lebensgewohnheiten zu ändern, um eine nachhaltige Gewichtsreduktion zu erreichen. Auch bariatrische Chirurgie kann bei starkem Übergewicht eine Option sein, insbesondere wenn andere Therapien erfolglos geblieben sind.

Diese Alternativen bieten verschiedene Mechanismen zur Gewichtsreduktion und können individuell an die Bedürfnisse und gesundheitlichen Voraussetzungen des Patienten angepasst werden.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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