Daclizumab

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. Februar 2025Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Daclizumab stellt einen therapeutischen monoklonalen Antikörper dar, der gegen den Interleukin-2-Rezeptor (CD25) wirkt. Das Medikament wurde zur Verringerung von Abstoßungsreaktionen bei Nierentransplantationen entwickelt. Es hat aber auch seine Wirksamkeit gegen multiple Sklerose unter Beweis gestellt.
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Was ist Daclizumab?
Daclizumab ist ein monoklonaler Antikörper, der für die Immunsuppression bei Organtransplantationen entwickelt wurde. Insbesondere galten die ersten Anwendungen der Reduzierung von Abstoßungsreaktionen bei Nierentransplantationen.
Das Medikament stellt einen humanisierten monoklonalen Antikörper dar, der zum Typ IgG1 gehört. Die Produktion des Antikörpers erfolgt durch murine GS-NSO Myelomzellen. Die GS-NSO Myelomzellen werden durch die Verschmelzung von B-Zellen mit Myelomzellen erzeugt. Myelomzellen sind maligne, entartete Immunzellen, die nach der Vereinigung mit antikörper-produzierenden B-Zellen für die dauernde Zellteilung und damit Neuproduktion der Zellen sorgen.
Die entstehende Zelllinie erzeugt ständig Antikörper, die nur gegen einen bestimmten Bereich (Epitop) auf der Oberfläche des Antigens wirken. Zunächst wurde der Wirkstoff Daclizumab in den USA am National Institutes of Health von dem Unternehmen PDL Biopharma entwickelt. Es wird jedoch von dem Pharmaunternehmen Hoffmann-La Roche unter dem Handelsnamen Zenapax® für die immunsuppressive Behandlung nach einer Nierentransplantation hergestellt und vertrieben.
Später bildete PDL Biopharma eine Allianz mit den Biotechnologieunternehmen Biogen Idec und entwickelte Daclizumab zur Behandlung von multipler Sklerose weiter. Die Erfolge bei der Eindämmung dieser Erkrankung sind gut. In Studien wurde nachgewiesen, dass sich die neurologische Situation der Patienten mindestens stabilisiert und manchmal sogar verbessert hat.
Pharmakologische Wirkung
Daclizumab besitzt immunsuppressive Wirkungen. Die monoklonalen Antikörper wirken gegen den Interleukin-2-Rezeptor (CD25). Dieser Rezeptor dient als Andockstelle für Interleukin-2. Interleukin-2 ist ein Wachstumsfaktor und regt das Wachstum und die Neubildung von B- und T-Lymphozyten an. Des Weiteren stimuliert es die Bildung von Interferonen, anderen Interleukinen und Tumornekrosefaktoren. Gleichzeitig aktiviert es auch zytotoxische Zellen wie natürliche Killerzellen, lymphokinaktivierte Killerzellen oder tumorzerstörende Lymphozyten an.
Schließlich sorgt es auch für die Aktivierung der Makrophagen. Allerdings kann Interleukin-2 diese Funktionen nur nach der Bindung an die Interleukin-2-Rezeptoren erfüllen. Wird der Rezeptor durch den monoklonalen Antikörper blockiert, können die Immunzellen nicht mehr so stark aktiviert werden. Das Immunsystem wird geschwächt und damit auch die Abstoßungsreaktionen gegen fremde Organe. Bei der multiplen Sklerose wird wiederum die Autoimmunreaktion des Immunsystems gegen die Markscheiden des zentralen Nervensystems gehemmt.
Medizinische Anwendung & Verwendung
In Europa wurde Daclizumab für die Anwendung nach Nierentransplantationen im Rahmen einer Kombinationstherapie mit Kortikosteroiden und Ciclosporin angewendet. Die Zulassung wurde jedoch auf Antrag des Herstellers zum 01.01.2009 aus kommerziellen Gründen wieder zurückgenommen. Die Rücknahme hat demnach nichts mit eventuellen Nebenwirkungen zu tun.
Neben der Anwendung bei Nierentransplantationen zeigten klinische Studien auch gute Ergebnisse bei Herztransplantationen. Außerdem wird es heute auch erfolgreich bei Uveitis eingesetzt. Uveitis ist eine Entzündung der mittleren Augenhaut. Diese Erkrankung ist eine Autoimmunreaktion gegen die Uvea (mittlere Augenhaut) nach vorausgegangenen Infektionen. Durch die Anwendung der monoklonalen Antikörper gegen den IL-2-Rezeptor treten Verbesserungen der Symptome auf, da die immunologisch bedingten Entzündungsreaktionen abgeschwächt werden.
Nach dem gleichen Mechanismus wird auch multiple Sklerose behandelt. Bei multipler Sklerose reagiert das Immunsystem gegen die Myelinscheiden des zentralen Nervensystems. Es kommt zu Läsionen in diesen Myelinscheiden, die langfristig zu neurologischen Problemen führen. Durch die Reduzierung der Entzündungsreaktionen können solche Verletzungen der Markscheiden anfangs auch wieder rückgängig gemacht werden.
Sowohl bei Nierentransplantationen als auch bei multipler Sklerose wird Daclizumab intravenös verabreicht. Bei Nierentransplantationen gibt es insgesamt fünf Infusionen. So wird zunächst 24 Stunden vor der Transplantation erstmalig das Medikament intravenös verabreicht. Danach erfolgt alle 14 Tage eine Infusion. Bei multipler Sklerose wird nach derzeitigen Studien anfangs eine zweimalige Gabe innerhalb von zwei Wochen und danach jeweils alle vier Wochen eine Infusion empfohlen.
Verabreichung & Dosierung
Daclizumab war ein monoklonaler Antikörper, der zur Behandlung von Multipler Sklerose (MS) eingesetzt wurde. Aufgrund schwerwiegender Nebenwirkungen, insbesondere schwerer Immunreaktionen, wurde das Medikament 2018 weltweit vom Markt genommen.
Bei der früheren Verabreichung von Daclizumab war besondere Vorsicht geboten. Das Medikament wurde in der Regel subkutan in einer Dosierung von 150 mg einmal monatlich verabreicht. Die Dosierung musste streng eingehalten werden, um das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren. Vor Beginn der Therapie waren umfangreiche Untersuchungen notwendig, insbesondere zur Leberfunktion, da das Medikament mit einem erhöhten Risiko für schwere Hepatotoxizität verbunden war.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen, insbesondere Leberfunktionswerte (ALT, AST, Bilirubin), waren während der gesamten Behandlungsdauer essenziell. Erste Tests mussten innerhalb von vier Wochen vor Therapiebeginn erfolgen, gefolgt von monatlichen Blutkontrollen. Bei auffälligen Werten musste die Behandlung sofort unterbrochen werden.
Zudem konnte Daclizumab schwere Hautreaktionen, Infektionen und systemische entzündliche Erkrankungen auslösen. Patienten mussten über mögliche Symptome wie Fieber, Ausschlag oder Gelbsucht informiert und angehalten werden, bei ersten Anzeichen sofort ärztliche Hilfe aufzusuchen. Aufgrund dieser Risiken wurde das Medikament schließlich vom Markt genommen und ist nicht mehr verfügbar.
Risiken & Nebenwirkungen
Daclizumab ist absolut kontraindiziert bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und während des Stillens. Überempfindlichkeitsreaktionen treten sehr selten auf. Dabei handelt es sich um eine Anaphylaxie, die sich auch bis zum lebensgefährlichen anaphylaktischen Schock entwickeln kann.
Häufigere Nebenwirkungen sind jedoch Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Tremor, arterielle Hypertonie (Bluthochdruck), Atemprobleme, verschiedene Verdauungsstörungen, Schmerzen in der Skelettmuskulatur und Ödeme.
Daclizumab hat jedoch in den Studien keine Auswirkungen auf die Infekthäufigkeit oder die Häufigkeit, an Krebs zu erkranken, gezeigt. Des Weiteren wurden auch keine toxischen Wirkungen nachgewiesen. So gibt es, laut der Studien, keine maximal tolerierbare Dosis der Anwendung.
Kontraindikationen
Daclizumab wurde aufgrund schwerwiegender Nebenwirkungen, insbesondere immunvermittelter Entzündungen und Leberschäden, 2018 vom Markt genommen. Während seiner Anwendung gab es jedoch mehrere Kontraindikationen, die eine Behandlung ausschlossen.
Eine der wichtigsten Kontraindikationen war eine bestehende oder vorausgegangene schwere Lebererkrankung. Daclizumab konnte eine schwere Hepatotoxizität verursachen, weshalb Patienten mit bereits eingeschränkter Leberfunktion oder erhöhten Leberenzymwerten nicht behandelt werden durften.
Auch Patienten mit bekannten Autoimmunerkrankungen außerhalb der Multiplen Sklerose, insbesondere solchen mit systemischen Entzündungsreaktionen wie Lupus erythematodes oder rheumatoider Arthritis, durften das Medikament nicht erhalten. Daclizumab konnte starke Immunreaktionen hervorrufen, die bestehende Autoimmunprozesse verschlimmern konnten.
Eine aktive oder chronische Infektion stellte ebenfalls eine Kontraindikation dar, da das Medikament die Immunabwehr modulierte und das Risiko schwerwiegender Infektionen erhöhte. Besonders gefährlich war eine gleichzeitige Infektion mit Hepatitis B oder C, da eine Immunreaktion gegen die Leber verstärkt werden konnte.
Weitere Kontraindikationen waren eine bekannte Überempfindlichkeit gegen Daclizumab oder seine Hilfsstoffe sowie Schwangerschaft und Stillzeit, da keine ausreichenden Sicherheitsdaten für diese Patientengruppen vorlagen.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Daclizumab, ein monoklonaler Antikörper zur Behandlung der schubförmigen Multiplen Sklerose, wurde aufgrund schwerwiegender Nebenwirkungen vom Markt genommen. Während seiner Anwendung gab es potenzielle Interaktionen mit anderen Medikamenten, insbesondere solchen, die das Immunsystem beeinflussen oder die Leberfunktion betreffen.
Da Daclizumab das Immunsystem modulierte, bestand ein erhöhtes Risiko für Wechselwirkungen mit anderen Immunsuppressiva oder Biologika, wie Natalizumab oder Rituximab. Eine gleichzeitige Anwendung konnte das Risiko schwerwiegender Infektionen und überschießender Immunreaktionen verstärken.
Besondere Vorsicht war auch bei Medikamenten geboten, die die Leber belasten. Dazu gehörten unter anderem nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) in hoher Dosierung, Paracetamol oder bestimmte Antibiotika wie Rifampicin. Da Daclizumab selbst mit Hepatotoxizität assoziiert war, konnten diese Substanzen das Risiko für Leberschäden zusätzlich erhöhen.
Auch Impfungen stellten eine potenzielle Interaktion dar. Lebendimpfstoffe wie der MMR- oder Varizellen-Impfstoff sollten während und bis zu vier Monate nach der Behandlung vermieden werden, da das abgeschwächte Immunsystem die Impfreaktion beeinträchtigen konnte.
Zudem war Vorsicht geboten bei Patienten, die Medikamente mit immunmodulierender Wirkung, wie Kortikosteroide oder Methotrexat, einnahmen, da die Kombination die Immunabwehr zusätzlich schwächen konnte.
Alternative Behandlungsmethoden
Da Daclizumab zur Behandlung der schubförmigen Multiplen Sklerose (MS) eingesetzt wurde, stehen verschiedene alternative Wirkstoffe und Behandlungsmethoden zur Verfügung, falls das Medikament nicht vertragen wurde oder aufgrund seiner Sicherheitsrisiken nicht infrage kam.
Als krankheitsmodifizierende Therapie (DMT) gibt es mehrere zugelassene Alternativen. Interferon-beta-Präparate (z. B. Rebif, Avonex, Betaferon) und Glatirameracetat (Copaxone) sind bewährte Medikamente mit einem etablierten Sicherheitsprofil. Sie modulieren das Immunsystem und reduzieren die Schubrate. Für Patienten mit höherer Krankheitsaktivität stehen orale Therapien wie Dimethylfumarat (Tecfidera), Fingolimod (Gilenya), Siponimod oder Cladribin (Mavenclad) zur Verfügung.
Für schwerere Verlaufsformen kommen monoklonale Antikörper wie Natalizumab (Tysabri) oder Ocrelizumab (Ocrevus) infrage, die gezielt Immunzellen beeinflussen. Diese Medikamente erfordern jedoch engmaschige Überwachung, insbesondere hinsichtlich des Infektionsrisikos.
Zusätzlich zu medikamentösen Optionen spielen physiotherapeutische Maßnahmen, Ernährungsanpassungen und Stressreduktion eine wichtige Rolle. Regelmäßige Bewegung, Vitamin-D-Supplementierung und entzündungshemmende Ernährung können den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. In einigen Fällen wird auch die autologe hämatopoetische Stammzelltransplantation (AHSCT) als Option für hochaktive MS diskutiert.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor