Glykoside
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Glykoside sind organische oder synthetische Stoffe, die aus der reversiblen Kondensation zweier oder mehrerer ringförmiger Zucker oder aus der Kondensation eines Zuckers mit verschiedensten Alkoholen über eine sogenannte glykosidische Bindung entstehen, wobei jeweils ein H2O-Molekül abgespalten wird. Glykoside werden von vielen Pflanzen in nahezu unüberschaubarer Vielfalt synthetisiert, und einige von ihnen haben eine hohe medizinische Bedeutung für den Menschen, beispielsweise als Herzglykoside oder als sogenannte Aminoglykosid-Antibiotika.
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Was sind Glykoside?
Glykoside oder Glycoside sind organische Verbindungen, bei denen mindestens ein Alkoholrest (R-OH) über eine glykosidische Bindung mit dem anomeren C-Atom von mindestens einem Zuckerrest verbunden ist. Die glykosidische Bindung entsteht durch Kondensation eines zyklischen Zuckers mit einem Alkoholrest oder einem anderen Zucker. Der Zucker kann einen Fünf- oder einen Sechsring aufweisen mit jeweils unterschiedlicher Bezeichnung.
Bei jeder glykosidischen Bindung wird ein Molekül Wasser (H2O) abgespalten. Die glykosidische Bindung ist bei Pflanzen so weit verbreitet und so vielfältig, dass sie in ihrer Bedeutung mit der Peptidbindung beim Aufbau von Polypeptiden und Proteinen verglichen werden kann.
Es existiert eine kaum überschaubare Vielfalt an Glykosiden, die aufgrund des unterschiedlichen dreidimensionalen Aufbaus der Moleküle bei gleicher chemischer Summenformel noch verstärkt wird. Glykoside können nicht nur über Stoffwechselprozesse in pflanzlichen Zellen synthetisiert werden, sondern einige wenige werden auch industriell unter Anwendung enzymatischer oder nicht-enzymatischer Verfahren hergestellt. Einige der Glykoside wie bestimmte Flavonoide und sogenannte Herzglykoside haben als medizinische Wirkstoffe eine Bedeutung in der Arzneimittelherstellung.
Pharmakologische Wirkung
Einige Glykoside werden wegen ihrer pharmakologischen Wirkungen von der Pharmaindustrie genutzt. Dies sind vor allem einige Flavonoide, Herzglykoside und Phenolglykoside. Von den etwa 6.500 bekannten Flavonoiden zeigen einige wenige eine gefäßverbessernde Wirkung. Sie können Entzündungen durch Hemmung des Histamins dämpfen.
Auch krampflösende Eigenschaften und antivirale Effekte bestimmter Flavonoide sind bekannt. Ebenso wird die antioxidative Wirkung von Flavonoiden geschätzt. Dabei sollte allerdings beachtet werden, dass die antioxidative Wirkung von Quercetin, das in vielen Pflanzen als sekundärer Inhaltsstoff zu finden ist, durch den Verzehr von nur wenig Milch aufgehoben wird.
Einige Flavonoiden können den Gesamtcholesterinspiegel senken, ohne die HDL-Fraktionen zu beeinträchtigen, so dass sich der wichtige Quotient aus LDL-Cholesterin und HDL-Cholesterin sogar verbessert. Der Zielwert des Quotienten liegt bei drei oder kleiner.
Über ihre antioxidativen Eigenschaften werden einigen natürlich vorkommenden Flavonoiden (Äpfel, grüner Tee, Heidelbeeren, Moosbeeren, Zwiebeln) auch eine gewisse Schutzwirkung vor Krebs zuerkannt.
Eine besondere Bedeutung kommt den sogenannten Herzglykosiden zu, die im Falle von Digitalisglykosiden die Kontraktionskraft des Herzmuskels steigern, die Herzfrequenz verringern und die elektrische Erregungsleitung verlangsamen können. Herzglykoside kommen nicht nur im bekannten Fingerhut (Digitalis) vor, sondern auch in vielen anderen Pflanzen wie Adonisröschen, Bischofskraut, Maiglöckchen und einigen anderen.
Die Haut einiger giftiger Kröten enthält Herzglykoside in Form von Bufadienoliden, die als Pfeilgifte Verwendung fanden. Aus der Gruppe der Phenolglykoside oder Phenylglykoside haben das Arbutin und verschiedene Anthrachinone aufgrund ihrer abführenden Wirkung eine besondere pharmakologische Bedeutung.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Neben der antioxidativen Wirkung bestimmter Flavonoide, konnte in einer Langzeitstudie aus Kalifornien nachgewiesen werden, dass das Fisetin, ein Flavonoid, das im Perückenstrauch vorkommt, positive Wirkungen auf das Langzeitgedächtnis hat.
Digitalisglykoside, die unter anderem aus dem wolligen und dem roten Fingerhut gewonnen werden, kommen aufgrund ihrer pharmakologischen Wirkungen bei Herzinsuffizienzen und bei Sinus- oder AV-Knoten verursachten Tachykardien (Herzrasen) mit einer Schlagfrequenz von dauerhaft über 100 Schlägen pro Minute zum Einsatz. Herzglykoside wie Digoxin und Digitoxin werden häufig in Kombination mit einem ACE-Hemmer und/oder einem Betablocker sowie einem Diuretikum verabreicht.
Arbutin und einige Antrachinone, beide Stoffe gehören zu den Phenolglykosiden, werden aufgrund ihrer abführenden Wirkung pharmakologisch genutzt. Beide Wirkstoffe sind häufig Bestandteile von Abführmitteln. Dabei sollte beachtet werden, dass Hydrochinon, ein Umbauprodukt des Arbutin, nicht öfter als fünf Mal im Jahr für nicht länger als jeweils eine Woche eingenommen werden sollte, da es in höheren Dosierungen die Leber schädigen kann.
Risiken & Nebenwirkungen
Häufig kommen bei Pflanzen in ihren grünen Blättern cyanogene Glykoside vor. Sie dienen dem Schutz vor Fressfeinden. Die beschädigten Blätter setzen sowohl das cyanogene Glykosid frei, wie auch die entsprechende Glykosidase, die das Glykosid aufspaltet und zur Freisetzung der Blausäure (Cyanid) führt. Cyanid (HCN) ist für fast alle Organismen hochtoxisch, da es die Atmungskette lähmt und innerhalb von Sekunden zu Vergiftungserscheinungen führt. Allerdings ist die Konzentration der cyanogenen Glykoside in den Blättern der Pflanzen meist so gering, dass für den Menschen keine Gefahr besteht.
Weitestgehend bekannt ist das cyanogene Glykosid Amygdalin, das in den Kernen von Bittermandeln und Aprikosen vorhanden ist und bei deren übermäßigem Verzehr zu Symptomen führen kann.