Digitoxin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Digitoxin wird ein Naturstoff bezeichnet, der in den Blättern des roten Fingerhutes enthalten ist. Es gehört zu den Herzglykosiden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Digitoxin?

Digitoxin ist ein Herzglykosid und verfügt über herzwirksame Effekte und sorgt dafür, dass die Funktionen des Herzmuskels verbessert werden.

Digitoxin ist ein Herzglykosid, das in der Natur vorkommt. So bildet der Wirkstoff einen Bestandteil der Blätter des Roten Fingerhuts (Digitalis purpurea). Zusammengesetzt wird das Steroid-Glykosid aus dem Aglycon Digitoxigenin, bei dem eine Verknüpfung zu drei Zuckerresten besteht. Das Glykosid verfügt über herzwirksame Effekte und sorgt dafür, dass die Funktionen des Herzmuskels verbessert werden.

Die Pflanze Roter Fingerhut fand bereits im Jahr 1775 medizinische Verwendung. Einhundert Jahre später schaffte es der deutsch-baltische Pharmakologe Oswald Schmiedeberg (1838-1921) Digitoxin erstmals zu isolieren. Der Mediziner Claude-Adolphe Nativelle nahm weitere Forschungen vor. Bis 1962 gelang es, die Struktur des Digitoxins komplett zu entschlüsseln. Im Unterschied zu Digoxin kommt Digitoxin jedoch seltener zur Anwendung, um Herzkrankheiten zu behandeln.

Pharmakologische Wirkung

Digitoxin weist eine positiv inotrope Wirkung auf die Muskulatur des Herzens auf. Dadurch, dass sich das Steroidglykosid an den Ryanodin-Rezeptor bindet, verbessert sich die zytosolische Kalziumkonzentration. Dies führt zu einer intensiveren Kontraktion der Herzmuskelzellen.

Bis das Digitoxin seine positive Wirkung entfaltet, dauert es nach der Einnahme des Arzneimittels etwa drei bis vier Stunden. Das Anhalten des positiven Effekts schwankt zwischen 7 und 12 Stunden. Eine raschere Wirkung lässt sich durch eine unmittelbare Injektion in den Blutkreislauf erzielen. So setzt sie bereits nach 25 Minuten bis 2 Stunden ein. Die Wirkdauer beträgt dann 4 bis 12 Stunden.

Bemerkbar macht sich die Wirkung von Digitoxin dadurch, dass sich die Schlagkraft des Herzens steigert und das Herz langsamer und intensiver schlägt. Außerdem verbessert sich die gesamte Durchblutung des Organismus. Damit es nicht zu einer Überlastung des Herzmuskels kommt, wird das Digitoxin ebenso wie alle anderen Herzglykoside gemeinsam mit anderen Medikamenten verabreicht, wodurch dem Herz die Zusatzarbeit erleichtert wird. Dabei kann es sich um ACE-Hemmer zum Erweitern der Gefäße oder Diuretika handeln, die für das Verringern der Flüssigkeitsmenge innerhalb des Körpers sorgen. Wirksam ist Digitoxin auch bei Herzrhythmusstörungen, bei denen ein zu schneller Herzschlag auftritt.

Weil am Tag lediglich sieben Prozent an Digitoxin aus dem Körper des Menschen ausgeschieden werden, darf nach dem Anfangsstadium lediglich eine kleinere Dosierung erfolgen, um einen stabilen Digitoxinspiegel im Körper zu gewährleisten. Ausgeschieden wird der Arzneistoff in erster Linie über die Leber. Da dies unabhängig von den Nieren stattfindet, können auch Personen Digitoxin anwenden, bei denen keine ausreichende Nierenfunktion besteht. Aufgrund des langsamen Ausscheidens des Wirkstoffes aus dem Körper, ist jedoch auf das Vermeiden einer Überdosis zu achten. Es droht in einem solchen Fall eine Vergiftung.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Verabreicht wird Digitoxin bei Herzmuskelschwäche. So bewirkt der Arzneistoff eine effizientere Arbeit des Herzens sowie das Steigern der Herzkraft. Außerdem kommt das Mittel im Falle von Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflattern oder Vorhofflimmern, die mit einer Beschleunigung der Herztätigkeit verbunden sind, zum Einsatz. Dabei senkt das Steroidglykosid die Herzfrequenz ab.

Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet des Digitoxins stellt die chronische Herzinsuffizienz (Herzschwäche) dar. Dies gilt besonders dann, wenn diese mit einer Niereninsuffizienz verbunden ist. Darüber hinaus gelangt das Mittel auch in der Augenheilkunde zum Einsatz. Dort dient es zur Therapie von Akkommodationsstörungen.

Die Darreichung von Digitoxin findet oral durch Tabletten, topisch als Augentropfen oder intravenös per Injektionslösung statt.


Risiken & Nebenwirkungen

Die Einnahme von Digitoxin kann mit unerwünschten Nebenwirkungen verbunden sein, die jedoch nicht automatisch bei jedem Patienten eintreten. Am häufigsten kommt es dabei zu Übelkeit, Erbrechen und mangelndem Appetit. Außerdem sind gelegentlicher Durchfall, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Schlaflosigkeit, Albträume, Depressionen, Verwirrtheit, Lupus erythematodes, Psychosen, Halluzinationen, eine Thrombozytopenie (Abfall der Blutplättchen) oder eine Vergrößerung der Brustdrüse (Gynäkomastie) möglich. Überaus selten kann es auch zu einem Verschluss der Darmgefäße kommen.

Als Kontraindikationen für die Anwendung von Digitoxin gelten ein akuter Herzinfarkt, eine Herzmuskelentzündung, eine ventrikuläre Tachykardie, ventrikuläre Herzrhythmusstörungen, Lungenkrankheiten, eine Digitalisintoxikation, ein Myxödem sowie Sauerstoffmangel. Erfolgt eine Digitoxin-Therapie während der Schwangerschaft, gilt es, die Schwangere konsequent zu überwachen.

Durch die gleichzeitige Einnahme von Digitoxin und anderen Arzneimitteln besteht das Risiko von Wechselwirkungen. So wird die Wirkung des Mittels durch Präparate verstärkt, die einen Mangel an Magnesium oder Kalium hervorrufen. Dazu gehören u. a. das Pilzmittel Amphotericin B, Diuretika (entwässernde Mittel), das körpereigene Hormon ACTH, das Antibiotikum Penicillin G, entzündungshemmende Salicylate und Abführmittel.

Durch Enzyminduktoren wie das Antibiotikum Rifampicin, die Epilepsiemittel Phenobarbital und Phenytoin, das Entwässerungspräparat Spironolacton sowie das Schmerzmittel Phenylbutazon droht eine Verkürzung der positiven Digitoxin-Wirkung.

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