RNA-Viren

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei den RNA-Viren besteht das gesamte Genom nur aus RNA. Es handelt sich jedoch nicht um eine einheitliche Gruppe von Viren. Ihre Eigenschaften und Vermehrungsstrategien sind unterschiedlich.

Inhaltsverzeichnis

Was sind RNA-Viren?

RNA-Viren sind die Verursacher solcher Infektionskrankheiten wie Influenza, Röteln, Polio, Hepatitis E, SARS, das Denguefieber, Lassafieber oder Ebola.
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Der Begriff RNA-Virus ist eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von Viren, deren genetisches Material ausschließlich aus RNA besteht. Ihre Vermehrungsstrategien sind völlig unterschiedlich. Gemeinsam ist allen RNA-Viren neben dem RNA-Genom, dass sie einen Wirtsorganismus für die Vermehrung brauchen.

Fast alle Pflanzenviren, viele Tierviren und einige Bakteriophagen stellen RNA-Viren dar. Meist besitzen diese nur einen RNA-Strang. Es gibt jedoch auch doppelsträngige RNA-Viren. Einzelsträngige RNA-Viren können ein Minusstrang-RNA-Genom oder ein Plusstrang-RNA-Genom enthalten. In einigen Fällen besitzen sie auch einen Plusminusstrang. Minusstränge sind RNA-Einzelstränge, welche in Gegenrichtung zur Translation aufgebaut sind. Das Umgekehrte gilt für die Plusstränge.

Minusstrang-RNA-Viren enthalten als Genom einen komplementären Einzelstrang, welcher zur Proteinsynthese erst einen Plusstrang erzeugen muss. Zur Vermehrung wird der Minusstrang in den Plusstrang repliziert. Der Plusstrang erzeugt wieder einen Minusstrang. Bei Plusstrang-RNA-Viren entspricht der Einzelstrang der mRNA und kann sofort Virusprotein synthetisieren. Zur Vermehrung des Viruses wird zunächst der komplementäre Minusstrang aufgebaut, welcher wieder als Grundlage zur Synthese des nächsten Plusstranges dient.

Eine besondere Form der RNA-Viren sind die Retroviren. Sie bauen ihr RNA-Genom mithilfe des Enzyms "Reverse Transkriptase" in die DNA der Wirtszelle ein. Allerdings zählt die ICTV (International Committee on Taxonomy of Viruses) die Retroviren nicht zu den RNA-Viren, obwohl ihr Genom aus RNA besteht.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Viren im Allgemeinen und RNA-Viren im Besonderen sind überall vorhanden. Sie können sich jedoch nicht ohne Wirtsorganismus vermehren und infizieren diesen deshalb auf mehreren Wegen.

RNA-Viren sind die Verursacher solcher Infektionskrankheiten wie Influenza, Röteln, Polio, Hepatitis E, SARS, das Denguefieber, Lassafieber oder Ebola. Auch das Rotavirus oder das Norovirus zählt zu den RNA-Viren. Das HI-Virus ist wohl das bekannteste Retrovirus.

Die Übertragungswege der einzelnen Viren sind sehr unterschiedlich. So wird das Influenzavirus durch Tröpfcheninfektion über die Luft übertragen. Viele Darmviren werden durch Schmierinfektion weitergegeben. Durch hygienische Maßnahmen kann hier die Ansteckungsgefahr verringert werden. Allerdings können besonders über Luft leicht übertragbare Viruserkrankungen, wie die Influenza, bei Menschenansammlungen zu Epidemien oder gar weltweiten Pandemien führen.

Kurzfristige Impfungen helfen gegen den gerade bestehenden Influenzatyp, der sich jedoch wandeln kann. Andere Erkrankungen wie Ebola sind teils in den Tropen vorhanden und über die Ernährung mit infiziertem Fleisch oder Körperkontakt übertragbar. Schwer übertragbar ist wiederum das HI-Virus. Eine Ansteckung kann nur beim Austausch von Körpersäften wie Blut oder Sperma stattfinden.

Bedeutung & Funktion

Eine Virusinfektion stellt immer eine gesundheitliche Störung des Körpers dar. Das gilt sowohl für RNA- als auch für DNA-Viren. Viren jeglicher Art können außerhalb eines Wirtsorganismus nicht überleben. So sind sie immer auf einen lebenden Organismus zu ihrer Vermehrung angewiesen.

Unabhängig davon, ob eine Infektion mit Viren, Bakterien oder Pilzen stattfindet, reagiert der Körper mit der Bildung von Antikörpern gegen körperfremde Eiweißkörper. Deshalb kommt es oft vor, dass nach einer Infektion mit einem bestimmten Erreger eine lebenslange Immunität eintritt. Nur wenn sich der Erreger genetisch verändert, kann er wiederholt den gleichen Organismus infizieren.

Bakterien, Pilze und DNA-Viren besitzen im Genom die doppelsträngige DNA. Durch den Doppelstrang kommt es relativ selten zu Mutationen, da bei der DNA in Form des zweiten Stranges eine Sicherheitskopie des genetischen Codes vorliegt. Eventuelle Fehler bei der Replikation der DNA werden durch Reparaturmechanismen meist eliminiert.

Bei RNA-Viren fehlt diese Sicherheitskopie. Außerdem besitzt der Wirtsorganismus kein Enzym zur Reparatur von Fehlern bei der RNA-Replikation. Es finden ständig Mutationen am RNA-Virus statt, die es ihm erlauben, vielen Abwehrmechanismen des Körpers zu entgehen. Da sich die Virenstämme von RNA-Viren ständig durch Mutationen verändern, kann eine lebenslange Ansteckung erfolgen. Eine zweimalige Ansteckung mit einem genetisch gleichen Stamm ist in der Regel nicht möglich.


Krankheiten & Beschwerden

Bei der Infektion mit RNA-Viren sind unterschiedliche Verläufe der Erkrankungen zu erwarten. Für den Krankheitsverlauf spielt es eine Rolle, ob systemrelevante Organe betroffen sind, welcher Virusstamm gerade aktiv ist und wie sich die allgemeine gesundheitliche Situation des betroffenen Menschen darstellt. Gleichzeitig ist es auch nicht unwesentlich, wie stark die infizierten Zellen geschädigt werden.

Die Reaktionsstärke des Immunsystems ist außerdem ausschlaggebend auf den Verlauf der Erkrankung. So kann eine heftige Immunreaktion die Situation gar verschlimmern, wenn dabei die Körpertemperatur zu stark ansteigt und so neben den erkrankten Zellen auch gesunde Zellen zerstört werden. Eine zu hohe Temperatur wäre bei Fieber von über 40°C gegeben, das über viele Stunden bestehen bleibt. Erst dann sind auch die körpereigenen Proteine von einer Denaturierung betroffen. Generell hilft Fieber dem Körper bei der Virenbekämpfung.

Normalerweise sind besonders ältere Menschen und Kleinkinder besonders gefährdet, bei Influenza an Komplikationen zu versterben, da ihre körpereigenen Abwehrkräfte geringer sind. Bei der spanischen Grippe im Jahre 1918 starben jedoch besonders viele junge Menschen und Menschen im mittleren Alter, hervorgerufen durch einen besonderen Typ des Influenzavirus.

Bei RNA-Viren besteht durch die hohe Mutabilität immer die Gefahr eines besonders schweren Verlaufes. Des Weiteren können heute noch unbedeutende RNA-Viren in Zukunft zu hoch infektiösen Virenstämmen mutieren. Eine vorbeugende Entwicklung von Impfstoffen ist bisher ausgeschlossen. Der Impfstoff kann nur für bereits vorhandene Virenstämme entwickelt werden.

Auch die besondere Hartnäckigkeit von HI-Viren ist auf deren starke Mutabilität zurückzuführen. Im Laufe der HIV-Infektion kommt es zur ständigen Veränderung des Virus, sodass es sich der Immunreaktion des Organismus ständig widersetzen kann.

Quellen

  • Doerfler, W.: Viren. Fischer Taschenbuch, Berlin 2015
  • Hofmann, F., Tiller, F.,W.: Praktische Infektiologie. ecomed-Storck, Hamburg 2011
  • Neumeister, B., Geiss, H., Braun, R.: Mikrobiologische Diagnostik. Thieme, Stuttgart 2009

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