Flucytosin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Flucytosin wird ein Pyrimidin-Antimykotikum bezeichnet. Der Arzneistoff dient zur Therapie von Pilzerkrankungen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Flucytosin?

Flucytosin eignet sich zur Therapie von Pilzerkrankungen bei Erwachsenen, Kindern und Babys. Dabei werden Pilzgattungen wie Kryptokokken und Candida sowie Pilze, die eine Chromoblastomykose verursachen, bekämpft.
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In der Medizin ist Flucytosin auch als 5-Fluorcytosin, 5-FC oder Flucytosinum bekannt. Gemeint ist damit eine heterocyclische organische Verbindung, die über ein Pyrimidingrundgerüst verfügt. Der Wirkstoff gilt als Derivat der Nukleinbase Cytosin. Als systemisches Antimykotikum kommt Flucytosin bei unterschiedlichen Pilzerkrankungen (Mykosen) unter dem Handelsnamen Ancotil® zum Einsatz.

Flucytosin gilt als sogenanntes Prodrug. Darunter wird ein wenig aktiver Arzneistoff verstanden, der sich im Rahmen der Metabolisierung (Verstoffwechselung) zu einem aktiven Wirkstoff entwickelt.

Pharmakologische Wirkung

Flucytosin weist eine chemische Verwandtschaft der heterocyclischen organischen Verbindung Pyrimidin auf. Das Pyrimidin bildet die Grundlage für Bausteine aus dem Erbgut (DNS) sowie der transportierenden Substanz (RNS), die Anteil an der Herstellung von Eiweißen (Proteinen) hat.

Die Aufnahme von Flucytosin in Pilze erfolgt durch ein spezielles Enzym. Im weiteren Verlauf kommt es zur Umwandlung des Wirkstoffes in 5-Fluoruracil, das in die Zell-RNS eingebaut wird. An dieser Stelle kann der Stoff seine Wirkung als „falscher Baustein“ entfalten und sorgt dafür, dass die Herstellung von Eiweiß in den Pilzen fehlerhaft abläuft. Des Weiteren ist das Antimykotikum für das Hemmen der Erbgut-Herstellung verantwortlich.

Eine wachstumshemmende und abtötende Wirkung erzielt Flucytosin bei Hefepilzinfektionen wie Chromomykose und Kryptokokkose. Bei Aspergillus-Pilzen ist der Wirkeffekt auf das Hemmen des Pilzwachstums beschränkt.

Prinzipiell kann Flucytosin nur in den Zellen von Pilzen wirken. Bei Menschen und Säugetieren fehlt hingegen ein Enzym, das den Wirkstoff in die Körperzellen weiterleitet. Die Halbwertszeit von Flucytosin beträgt drei bis fünf Stunden. Das Ausscheiden des Antipilzmittels aus dem Körper geschieht zu 90 Prozent über die Nieren.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Flucytosin eignet sich zur Therapie von Pilzerkrankungen bei Erwachsenen, Kindern und Babys. Dabei werden Pilzgattungen wie Kryptokokken und Candida sowie Pilze, die eine Chromoblastomykose verursachen, bekämpft.

Häufigste Anwendungsgebiete des Antimykotikums sind Systemcandidosen, bei denen der gesamte Körper, die Harnwege und das Blut von Pilzen befallen werden, wobei es zu streuenden Infektionen kommt. Die Hefepilze dringen von außen in den Organismus der betroffenen Person ein. Besondere Gefahr besteht für Risikopatienten, deren Abwehrsystem geschwächt ist. Im schlimmsten Fall nimmt die Pilzinfektion sogar einen tödlichen Ausgang.

Weitere Indikationen von Flucytosin stellen eine Gehirnhautentzündung, die durch Kryptokokken entsteht (Kryptokokken-Meningitis), sowie eine Aspergillose dar. Im Falle einer alleinigen Therapie mit Flucytosin verabreichen die Ärzte das Antipilzmittel stets gemeinsam mit dem Mittel Amphotericin B. Auf diese Weise lässt sich eine Resistenz der Krankheitserreger gegen den Wirkstoff vermeiden. Leidet der Patient unter einer Kryptokokken-Meningitis und reagiert unverträglich auf Amphotericin B, kann alternativ eine Kombination mit Fluconazol stattfinden.

Verabreicht wird Flucytosin entweder als Infusionslösung oder oral. Die empfohlene Menge des Wirkstoffs liegt bei 150 Milligramm, deren Verteilung in vier Dosen erfolgt. Die Verträglichkeit des Antimykotikums wird als gut eingestuft.


Risiken & Nebenwirkungen

Durch die Einnahme von Flucytosin ist das Auftreten von Nebenwirkungen möglich, die jedoch nicht automatisch bei jedem Patienten vorkommen. Am häufigsten zeigen sich Veränderungen des Blutbilds wie ein Mangel an weißen Blutkörperchen, Blutplättchen und Granulozyten, eine Blutarmut (Anämie), Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, ein zeitweiliger Anstieg der Leberwerte sowie Funktionsstörungen der Leber.

Zudem sind Kopfschmerzen, Schwindelanfälle, Schwächegefühle, Mundtrockenheit, Müdigkeit, Benommenheit, Atemprobleme, Schmerzen in der Brust, Bauchschmerzen, Nesselsucht, Hautausschlag, Juckreiz, Fieber, Konzentrationsprobleme oder Verwirrtheit denkbar.

In seltenen Fällen treten ein Lyell-Syndrom, Bewegungsstörungen, Krämpfe, Psychosen, Gehörverlust und Halluzinationen auf. Sogar ein lebensgefährliches Absterben der Leberzellen ist im Bereich des Möglichen.

Eine Verabreichung von Flucytosin darf nicht stattfinden, wenn der Patient unter einer Überempfindlichkeit gegen das Antimykotikum leidet. Gleiches gilt, wenn der Erkrankte sich zur gleichen Zeit einer Therapie mit virenhemmenden Mitteln unterzieht, da sie sich hemmend auf die Verstoffwechselung von Flucytosin auswirken, was wiederum Vergiftungen zur Folge haben kann. Zu diesen Medikamenten zählen Sorivudin, Ganciclovir, Brivudin und Valganciclovir.

Eine gründliche Abwägung von Risiko und Nutzen durch den Arzt muss bei Patienten erfolgen, die mit Immunsuppressiva oder Zytostatika behandelt werden, unter Störungen der Leber- oder Nierenfunktion leiden oder bei denen ein Mangel des Enzyms Dihydropyrimidindehydrogenase besteht. Aufgrund des Enzymmangels lässt sich das Flucytosin nicht richtig abbauen.

Durch den teilweisen Abbau von Flucytosin in 5-Fluoruracil sind Veränderungen des menschlichen Erbguts möglich, in deren Folge Missbildungen entstehen können. Aus diesem Grund müssen gebärfähige Frauen während der Behandlung eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Schutzmaßnahmen gelten auch für Männer, die mit dem Antimykotikum behandelt werden. In der Schwangerschaft darf Flucytosin keinesfalls zum Einsatz gelangen, da es die Plazenta durchdringen und das ungeborene Kind schädigen oder sogar töten kann. Auch von einer Darreichung während der Stillzeit wird abgeraten.

Durch die gleichzeitige Darreichung von Flucytosin und bestimmten anderen Arzneimitteln ergeben sich mitunter Wechselwirkungen. Dies gilt besonders für Stoffe, die sich negativ auf die Filtrationseigenschaften der Niere auswirken können. In diesem Fall muss der Arzt die Nierenfunktionen gut überwachen.

Eine Abschwächung des Wirkungseffekts des Antipilzmittels wird dem Zytostatikum Cytarabin zugeschrieben. Grundsätzlich kann es durch eine gleichzeitige Gabe von Flucytosin und Zytostatika zu einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten) und weißen Blutkörperchen (Leukozyten) kommen.

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