Imatinib

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Imatinib ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor, der vor allem zur Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie eingesetzt wird. Er erzielt in der Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie gute Ergebnisse bei gleichzeitig guter Verträglichkeit. Auch eine Anwendung bei anderen malignen Erkrankungen ist möglich.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Imatinib?

Imatinib wirkt inhibierend (hemmend) auf die Aktivität der Tyrosinkinase und unterdrückt damit die pathologische gesteigerte Vermehrung der mutierten Blutstammzellen.
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Imatinib (Handelsname Glivec®) ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Tyrosinkinase-Inhibtoren, der zur Behandlung der chronisch myeloischen Leukämie, zur Behandlung maligner Tumore des Gastrointestinaltraktes sowie zur Behandlung weiterer maligner Erkrankungen eingesetzt wird. Die chemische Summenformel des Imatininbs lautet C29H31N7O.

Mittlerweile gilt die Behandlung mit Tyrosinkinase-Inhibitoren als Standardtherapie. Die 5-Jahres-Überlebensrate unter einer Imatinib-Behandlung liegt bei über 90%.

Die Nachbeobachtungszeit von mit Imatinib behandelten Patienten liegt mittlerweile bei über 10 Jahren, das "mittlere Überleben" ließ sich bisher noch nicht festmachen. Dies lässt darauf schließen, dass es sehr deutlich über dem mittleren Überleben der vorher genutzten Therapien (mit Hydroxycarbamid und Interferon) liegt.

Pharmakologische Wirkung

Die chronisch myeloische Leukämie wird durch das sog. Philadelphia-Chromosom, eine genetische Veränderung, ausgelöst. Beim Philadelphia-Chromosom liegt eine Translokation genetischen Materials des Chromosoms 9 und des Chromosoms 22 vor. Durch diese Translokation "verschmilzt" das Gen für das natürliche Enzym Tyrokinase-ABL auf Chromosom 9 mit dem Fragment des BCR-Gens auf Chromosom 22.

Die dadurch mutierten Zellen produzieren statt der Tyrosinkinase ABL ein sog. Fusionsprotein BCR-ABL. BCR-ABL ist im Vergleich mit ABL eine stärker aktive Tyrosinkinase. Diese BCR-ABL führt zur unkontrollierten Vermehrung weißer Blutkörperchen (Leukozyten) und ist maßgeblich an der Entstehung einer chronisch myeloischen Leukämie beteiligt.

Imatinib wirkt inhibierend (hemmend) auf die Aktivität der Tyrosinkinase und unterdrückt damit die pathologische gesteigerte Vermehrung der mutierten Blutstammzellen. Der Stoff wird oral in Form einer Tablette appliziert; arzneilich wird Imatinibmesilat, ein Salz, verwendet. Das Ziel der Behandlung liegt in einer möglichst weitgehenden Reduzierung des pathologischen Zellklons.

Bei über 95% der mit Imatinib behandelten Patienten, die an einer chronisch myeloischen Leukämie erkrankt waren, wird eine Normalisierung des Blutbildes erreicht.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Der Stoff kommt, wie bereits erwähnt, vor allem in der Therapie der chronisch myeloischen Leukämie zum Einsatz. Er ist allerdings auch gegen eine Reihe weiterer Krebserkrankungen wirksam. So ist er auch bei der akuten lymphatischen Leukämie, beim hypereosinophilen Syndrom, bei diversen Tumoren der Haut, bei malignen Tumoren des Gastrointestinaltraktes, bei aggressiver Mastozytose und bei bestimmten myeloproliferativen Erkrankungen indiziert.

Bei der chronischen myeloischen Leukämie, einer neoplastischen Erkrankung des blutbildenden Systems, treten vermehrt unreife Formen von Leukozyten im Blut auf, was auf die pathologisch gesteigerte Vermehrung der Leukozyten im Blut und im blutbildenden Knochenmark zurückzuführen ist.

Die chronische myeloische Leukämie resultiert aus einer (genetischen) Störung der im Knochenmark vorzufindenden hämatopoetischen (blutbildenden) Stammzellen. Aus diesem Grund zählt die chronische myeloische Leukämie zu den myeloproliferativen Neoplasien. Die Ursache der Erkrankung ist die Veränderung und anschließende Vermehrung einer einzigen multipotenten hämatopoetischen Vorläuferzelle. Diese Veränderung ist in fast allen Fällen auf das bereits beschriebene Philadelphia-Chromosom zurückzuführen.

Durch die neuartigen Medikamente aus der Gruppe der Tyrosinkinase-Inhibitoren, zu denen auch Imatinib zählt ist die Prognose der chronischen myeloischen Leukämie deutlich verbessert worden. Die Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren stellt eine gut wirksame und verhältnismäßig nebenwirkungsarme Option der Behandlung dar und gilt als zielgerichtete Therapie (targeted therapy).

Die Überlebensrate hat sich durch die Einführung von Tyrosinkinase-Inhibitoren stark erhöht. Als es noch keine Therapiemöglichkeiten für die chronische myeloische Leukämie gab, lag die mittlere Überlebenszeit der Patienten zwischen drei und vier Jahren.

Die chronische myeloische Leukämie war die Erkrankung mit der schlechtesten Prognose aus dem Formenkreis der myeloproliferativen Neoplasien. Durch die Einführung des Hydroxycarbamid, eines Zytostatikums, wurde diese mittlere Überlebenszeit auf viereinhalb Jahre erhöht. Interferon führte zu einer weiteren Erhöhung der mittleren Überlebenszeit auf ca. fünfeinhalb Jahre.


Risiken & Nebenwirkungen

Die Verträglichkeit des Imatinibs ist allgemein gut. Es kann jedoch zu Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen, Übelkeit, Verdauungsstörungen, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Ödemen, Gewichtszunahme, Muskelkrämpfen, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Hautausschlag, Knochenschmerzen und Veränderungen im Blutbild kommen.

Kontraindiziert ist Imatinib nur bei einer Überempfindlichkeit oder Unverträglichkeit gegenüber Imatinib.

Imatinib sollte nicht gleichzeitig mit Paracetamol eingenommen werden, da es die Glucuronidierung (Bindung an die Glucuronsäure während der Metabolisierung) des Paracetamols hemmt. Desweiteren werden bestimmte Untereinheiten des Cytochroms P450 beeinflusst, was zu Interaktionen mit weiteren Arzneistoffen führen kann.

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