Leerdarm
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Leerdarm ist der mittlere Dünndarmabschnitt zwischen Zwölffingerdarm und Krummdarm. Seine wichtigste Funktion besteht in der Resorption von Nährstoffen aus dem Speisebrei. Eigenständige Erkrankungen des Leerdarms sind nicht bekannt.
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Was ist der Leerdarm?
Umgangssprachlich wird der mittlere Teil des Dünndarms als Leerdarm bezeichnet. Dieser Name rührt daher, dass bei Verstorbenen dieser Darmabschnitt immer leer erscheint. Sein lateinischer Name ist Jejunum. Beim Menschen ist der Leerdarm ungefähr 2 bis 2,5 Meter lang. Die Grenze zwischen dem Zwölffingerdarm (Duodenum) und Jejunum ist definiert. Sie befindet sich im Bereich des zweiten Lendenwirbelkörpers. Am Übergang zwischen Leerdarm und Krummdarm gibt es jedoch keine scharfe Grenze.
Der Aufbau und die Funktion beider Darmabschnitte ähneln sich zwar, sind aber nicht identisch. Die Unterschiede können jedoch nur feingeweblich festgestellt werden. Aufgrund der allmählichen Änderung der Darmwandstruktur erfolgt auch eine allmähliche Änderung der resorbierten Nährstoffe. So werden ausgehend vom Jejunum zum Ileum in folgender Reihenfolge zunächst fettlösliche Vitamine, Proteine, wasserlösliche Vitamine und Fette resorbiert. Leerdarm und Krummdarm stellen also eine Funktionseinheit des Dünndarms dar, sodass Funktionen, Aufbau und Erkrankungen beider Abschnitte in der medizinischen Literatur meist zusammen betrachtet werden.
Anatomie & Aufbau
Diese Struktur beginnt an der Duodenum-Jejunum-Krümmung und endet am Übergang von Ileum zum Dickdarm. Da die Jejunum-Schlingen sehr beweglich sind, ist ihre Lage auch veränderlich. Als sehr bewegungsaktives Organ hat der Dünndarm auch keine konstante Länge. Sie liegt zwischen 3,5 und 6 Meter. Die Länge ist abhängig vom Kontraktionszustand des Dünndarms. Der Leerdarm besitzt wie alle anderen Hohlorgane eine Schleimhaut (Tunica mucosa). Dann folgt eine Doppelschicht aus glatter Muskulatur. Den Abschluss bildet ein Bindegewebsüberzug (Serosaüberzug) des Bauchfells.
Versorgt wird das Jejunum neben Ileum, Blinddarm und Colon ascendens von der Eingeweidearterie "Arteria mesenterica superior". Ausgehend von dieser Arterie sind die Arteriae jejunales speziell für die Versorgung des Leerdarms verantwortlich. Rechts neben der Arteria mesenterica superior verläuft die Vena mesenterica superior, welche das verbrauchte Blut aus dem Jejunum zur Pfortader ableitet. Die Funktion und Bewegung des Jejunums wird durch das enterische Nervensystem gesteuert. Als Teil des enterischen Nervensystems ist der Plexus myentericus für die Peristaltik und Motilität von Speiseröhre, Magen, Dünndarm (inklusive Jejunum) und Dickdarm verantwortlich.
Funktion & Aufgaben
Der Leerdarm hat neben dem Zwölffingerdarm und Krummdarm die Funktion, aus dem enzymatisch aufbereiteten Speisebrei Nährstoffe zu resorbieren. Wichtige aus der Nahrung aufgenommene Stoffe sind Fette, Eiweiße, Kohlenhydrate, Mineralstoffe, Vitamine, Salze und Wasser. Diese Stoffe gehen dann ins Blut über und gelangen so in alle Körperregionen. Um die Nährstoffe des Speisebreis effektiv resorbieren zu können, muss der Dünndarm eine möglichst hohe Oberfläche ausbilden.
Dazu entwickeln sich verschiedene Strukturen, wie die Kerkig-Falten (Plicae circulares), die Dünndarmzotten (Villi interstinales), die Lieberkühn-Krypten (Glandulae interstinales) und die Mikrovilli. Die Kerkig-Falten gestalten das Grobrelief des Dünndarms. Dabei stülpt sowohl die Mukosa als auch die Submukosa aus. Dünndarmzotten sind wiederum fingerförmige Ausstülpungen von Epithel und Lamina propria. Als Lieberkühn-Krypten werden die schlauchförmigen Vertiefungen in den Tälern der Zotten bezeichnet. Die Mikrovilli vergrößern die Darmschleimhaut um das Zehnfache. Sie stellen als sogenannter Bürstensaum das Mikrorelief der Schleimhaut dar. Alle drei Teile des Dünndarms enthalten diese Strukturen.
Allerdings ist ihre Form und Größe davon abhängig, wo sie sich befinden. So werden die Kerkig-Falten vom Duodenum über das Jejunum zum Ileum immer niedriger. Des Weiteren sind die Darmzotten im Leerdarm am längsten mit einer fingerförmigen Struktur. Diese feingeweblichen Unterschiede bestimmen, welche Nährstoffe hauptsächlich resorbiert werden. Der Speisebrei wird durch die Peristaltik des Dünndarms vom Magen bis zum Dickdarm transportiert. Dabei werden seine Kontraktionen vom Duodenum über das Jejunum bis zum Ileum immer langsamer.
Krankheiten
Viele Erkrankungen des Dünndarms verursachen zunächst unspezifische Schmerzen im Unterbauch. Davon abzugrenzen sind dann Erkrankungen des Dickdarms, der Bauchspeicheldrüse, des Bauchfells oder der Galle. Erkrankungen des Dünndarms gehen oft mit wellenartigen Schmerzen oder Koliken einher. Ursachen sind unter anderem allgemeine Magen-Darm-Entzündungen, Darmgeschwüre oder Mesenterialinfarkte. Eine Entzündung des Dünndarms wird als Enteritis bezeichnet. Eine Enteritis kann durch eine Infektion mit verschiedenen Bakterien oder Viren verursacht werden.
Allerdings können auch Autoimmunerkrankungen, wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, Dünndarmentzündungen hervorrufen. Bei der Colitis ulcerosa ist im Gegensatz zum Morbus Crohn meist nur der Dickdarm betroffen. In einigen Fällen kann aber auch der Dünndarm mitbeteiligt sein. Nahrungsmittelunverträglichkeiten erzeugen Reaktionen im Dünndarm. So wird die sogenannte Zöliakie durch eine Unverträglichkeit gegen Gluten ausgelöst. Bei dieser Erkrankung verkleinern sich die Darmzotten so drastisch, dass die Resorption von Nährstoffen stark eingeschränkt ist. Darmkrebs ist im Dünndarm und speziell im Leerdarm sehr selten, weil durch die schnelle Passage des Speisebreis kanzerogene Stoffe nur kurzzeitig wirken können.
Typische & häufige Darmerkrankungen
- Morbus Crohn (chronische Darmentzündung)
- Darmentzündung (Enteritis)
- Darmpolypen
- Darmkolik
- Divertikel im Darm (Divertikulose)
Quellen
- Lang, F., et al.: Basiswissen Physiologie. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2007
- Lohr, M., Keppler, B. (Hrsg.): Innere Medizin – Kompendium für Studium und Klinik. Urban & Fischer, München 2005
- Schünke, M., et al.: PROMETHEUS Innere Organe. LernAtlas Anatomie. Thieme, Stuttgart 2018