Sekundärstoffwechsel
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Während es an wissenschaftlichen Fakten über den Primärstoffwechsel nicht mangelt, ist der Sekundärstoffwechsel noch weitgehend unerforscht. Er bezeichnet alle Verstoffwechselungen, die nicht unmittelbar der Lebenserhaltung dienen. Die Grenze zwischen dem Primär- und Sekundärstoffwechsel ist dabei jedoch vielfach fließend. Insbesondere in der Pflanzenwelt hat er eine Bedeutung, ist aber auch für Tiere und Menschen relevant. Er ist in dieser Hinsicht noch größtenteils unerforscht, weshalb dieser Artikel seine Bedeutung am Beispiel der Pflanzen beschreibt.
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Was ist der Sekundärstoffwechsel?
Der Primärstoffwechsel umfasst alle Prozesse, die die Lebensfunktion eines Organismus sicherstellen. Der Primärstoffwechsel synthetisiert lebenswichtige Stoffe wie Aminosäuren, Fette und Zucker und ist bei nahezu allen Lebewesen gleich.
Bestandteile des Sekundärstoffwechsels sind beispielsweise Duftstoffe mit denen die Blüten der Veilchen, Maiglöckchen oder Rosen ihre Bestäuber anlocken oder die Farbstoffe, die Früchten Farbe geben bzw. ihren Reifegrad anzeigen.
Zum Sekundärstoffwechsel zählen alle chemischen Verbindungen, die von den Pflanzen selbst produziert werden. Dabei handelt es sich um sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, auch als bioaktive Substanzen oder Antioxidantien bezeichnet. Bisher sind ca. 200.000 solcher Stoffe bekannt, jedoch bei weitem noch nicht hinreichend erforscht.
Sekundärstoffe sind die oft sehr auffälligen Merkmale einer Pflanze, sie sind für ihr Wachstum und ihre Entwicklung jedoch entbehrlich. Sekundärstoffe sind individuell und finden sich oft nur in einer bestimmten Pflanzenart. Die "Scharfmacher" des Pfeffers zum Beispiel kommen nur in tropischen Pfefferarten vor und Morphin ist nur als Sekundärstoff des Schlafmohns bekannt.
Die Menschen wissen seit langer Zeit viel über die heilende oder auch giftige Wirkung verschiedenster Pflanzen und nutzen sie aufgrund gesammelter Erfahrungen als Heilmittel bei vielen Krankheiten. Wieso und warum einige bestimmte Pflanzen heilen und andere wiederum töten konnten war jedoch bis in die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts weitgehend unbekannt. Mit den verschiedenen Pflanzeninhaltsstoffen beschäftigten sich schließlich auch Chemiker. So wurde 1806 durch den Paderborner Apotheker Friedrich Wilhelm Sertürner als erster Naturstoff Morphin aus Opium isoliert.
Erst mit Beginn der Biosyntheseforschung nach dem zweiten Weltkrieg wuchsen auch die Erkenntnisse, welche entscheidende Rolle der Sekundärstoffwechsel für die Evolution der Pflanzen einnimmt. In dieser Hinsicht sichert auch der Sekundärstoffwechsel das Überleben der Organismen, wenn auch nicht so unmittelbar wie der zügige Stoffwechsel es tut.
Funktion & Aufgabe
In vielen Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass die in darauf spezialisierten Zelltypen von Pflanzen hergestellten Sekundärmetaboliten Einfluss auf eine Vielzahl von Stoffwechsprozessen von uns Menschen haben. Sie gehören zwar nicht zu den essentiellen Nährstoffen, es werden ihnen jedoch verschiedenste gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben. Besonders aus diesem Grund empfehlen die Deutsche Gesellschaft und alle Krankenversicherungen seit Jahren einen großzügigen Verzehr von Gemüse und Obst, von Hülsenfrüchten und Nüssen sowie Vollkornprodukten. Die Inhaltsstoffe von Gemüse und Obst sind für uns Menschen wichtig, da sie mit ihren sekundären Pflanzeninhaltsstoffen, den Antioxidantien, vor freien Radikalen schützen.
Bisher konzentriert sich die Forschung auf etwa 30 der weltweit hauptsächlich verzehrten Pflanzen und ihre sekundären Pflanzeninhaltsstoffe. Jede Pflanze enthält zwar eine begrenzte aber doch große Anzahl unterschiedlicher Stoffe, zum Beispiel der Apfel mit 200 bis 300 und die Tomate mit 300 bis 350 Stoffen. Im Vergleich zu Obst enthält Gemüse sowohl mehr Vitamine als auch sekundäre Pflanzenstoffe. Besonders hoch ist die Konzentration in der Schale bzw. in den Kernen.
Krankheiten & Beschwerden
Eine bekannte Untergruppe der Polyphenole sind Anthocyane. Sie kommen hauptsächlich in blauen, violetten, roten oder blauschwarzen Früchten und Gemüsearten vor. Sie sind enthalten in vielen dunkelblauen oder -roten Kirschen und Beeren, in Auberginen, in roten Zwiebeln und auch im Rotkohl. Anthocyane schützen besonders vor direkter Sonneneinstrahlung. Anthocyane gelten als besonders wirksame Antioxidantien. Sie schützen unsere Zellen zum Beispiel vor Entzündungen und Entartung (Krebs).
Als besonders wirksames Antioxidans gilt Astaxanthin. Es gehört zur Gruppe der Carotionoide und gibt zum Beispiel Tomaten und Karotten die rote Farbe. Für uns Menschen ist Astaxanthin wichtig als Kraftspender und zum Schutz der Haut, der Gelenke und besonders der Augen (Makula) vor freien Radikale.
In den Kernen von Weintrauben sind OPC (oligomere Procyanidine) Resveratol und Quercetin enthalten. Alle drei gehören ebenfalls zu den Polyphenolen. OPC ist das wohl stärkste bekannte Antioxidanz. OPC gilt bezogen auf die Haut als Anti-Aging-Wundermittel, es kann Falten mindern und die Wundheilung beschleunigen. Es schützt das Herz, die Blutgefäße und die Augen. Resveratol und Quercetin unterstützen auch beim Kampf gegen Krebs, sie können den Blutdruck senken und das Cholesterin regulieren.
Der Granatapfel gilt von jeher als religiöses Symbol der Fruchtbarkeit. Heute gilt dieser besonderen Frucht großes wissenschaftliches Interesse. Der Granatapfel gilt in seiner besonderen biochemischen Zusammensetzung als die bisher beste bekannte Antioxidantienquelle. Er weist nicht nur eine besonders hohe Konzentration von Vitamin C, Kalium und Vitamin B5 (Pantothensäure) auf, sondern enthält viele vor Krankheiten schützende Polyphenole und Gerbstoffe. Intensiv erforscht wird derzeit seine positive Wirkung auf Protasta- und Brustkrebs.
Zu den Phytoöstrogenen gehören Lignane (Bestandteile des Leinsamens). Auch ihnen wird eine krebshemmende Wirkung zugeschrieben.
Quellen
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013