Acylaminopenicilline
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Acylaminopenicilline stellen Breitbandantibiotika dar, die vor allem gegen gramnegative Bakterien wirken. Ihre einzelnen Wirkstoffe werden besonders zur Bekämpfung von sogenannten Krankenhauskeimen wie Pseudomonas aeruginosa oder Enterokokken eingesetzt. Allerdings sind die Acylaminopenicilline nicht säure- und betalactamasestabil.
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Was sind Acylaminopenicilline?
Acylaminopenicilline sind Breitbandantibiotika, die zur Gruppe der Penicilline gehören. Ein besonderes Kennzeichen ihrer Molekülstruktur ist der Besitz eines Betalactamringes. Bei den Acylaminopenicillinen ist jedoch der Betalactamring nicht gegen den Angriff der sogenannten Betalactamase, die von bestimmten Bakterien gebildet wird, geschützt. Des Weiteren sind die Acylaminopenicilline auch nicht stabil gegen den Einfluss von Säuren.
Acylaminopenicilline werden insbesondere zur Bekämpfung von gramnegativen Bakterien der Pseudomonas- oder Proteus-Arten eingesetzt. Als Breitbandantibiotika können sie allerdings auch gegen einige grampositive Bakterien wirken.
Als Hauptvertreter der Gruppe der Acylaminopenicilline gelten die Wirkstoffe Azlocillin, Mezlocillin, Piperacillin oder Ampicillin. Aufgrund ihrer Betalactamase- und Säureinstabilität werden die Acylaminopenicilline perenteral in Form von venösen oder muskulären Infusionen verabreicht.
Pharmakologische Wirkung auf Körper & Organe
Mit Hilfe der D-Alanin-Transpeptidase werden in der bakteriellen Zelle Alaninreste in der Zellwand miteinander verbunden. Durch Blockierung dieses Enzyms kann diese Verknüpfung nicht mehr stattfinden. Das Bakterium verliert dadurch die Fähigkeit, sich weiter zu teilen und stirbt dabei ab.
Die bakterielle Entwicklung einer Antibiotikaresistenz gegen die Antibiotika der Penicilline beruht auf der Fähigkeit des Bakteriums, das Enzym Betalactamase zu synthetisieren. Die Betalactamase spaltet den Betalactamring des Antibiotikums, bevor er in den Stoffwechsel eingreifen kann. Auch die Acylaminopenicilline sind gegen den Angriff der Betalactamase nicht geschützt, da der Ring im Molekül frei zugänglich ist. Trotzdem sind Acylaminopenicilline in der Lage, bei besonderer Anwendung auch resistente Keime zu bekämpfen.
Da Acylaminopenicilline nicht säure- und betalactamasestabil sind, müssen sie parenteral injiziert werden. So gelangen sie sofort über eine venöse Injektion in den Blutkreislauf. Auch eine Injektion in den Muskel ist möglich. Gleich nach der Verabreichung dringt der Wirkstoff dann in die Zelle des Bakteriums ein und verhindert den weiteren Aufbau der bakteriellen Zellwand. Das Bakterium wird zwar nicht primär abgetötet. Es stirbt jedoch ab, da es sich nicht weiter teilen kann.
Oft werden Acylaminopenicilline in Kombination mit Betalaktamaseinhibitoren eingesetzt, um die weitgehende Antibiotikaresistenz der zu bekämpfenden Bakterien zu überwinden. Der Betalaktamaseinhibitor hemmt, wie der Name bereits andeutet, die Aktivität des bakteriellen Enzyms Betalaktamase und kann so die Wirkung der Acylaminopenicilline verstärken.
Die Halbwertzeit der Acylaminopenicilline im Körper beträgt nur ca. eine Stunde. Sie werden dann zu 60 Prozent weitgehend unverändert über die Nieren wieder ausgeschieden.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Acylaminopenicilline finden als Breitbandantibiotika vielseitige Anwendung bei der Bekämpfung von Infektionen mit den opportunistischen Keimen Pseudomonas aeruginosa oder den Enterokokken. In der Regel sind diese Bakterien wenig infektiös. Sie können aber bei immungeschwächten Personen schwere Infektionen hervorrufen.
Hierbei handelt es sich meist um nosokomiale Infektionen (Infektionen mit Krankenhauskeimen). Diese Keime gelangen besonders über Wunden an Haut oder Schleimhaut in den Körper. Bei Patienten auf Intensivstationen verursachen sie häufig Lungenentzündungen. Des Weiteren können sie Harnwegserkrankungen nach urologischen Operationen oder dem Einsatz dauerhafter Katheter, eitrige Hautinfektionen bei Wunden sowie sogar eine Sepsis hervorrufen.
Das breiteste Anwendungsspektrum unter den Acylaminopenicillinen und damit auch unter den Penicillinen besitzt Piperacillin. Es wirkt sowohl gegen gramnegative Bakterien wie Enterobakterien, Pseudomonas aeruginosa und Anaerobier als auch gegen grampositive Keime. Zwar ist seine Wirkung gegen grampositive Bakterien schlechter als bei einigen anderen Penicillinen, sie gilt aber im Rahmen einer Breitbandwirkung als ausreichend.
Neben der Anwendung bei der Bekämpfung von Krankenhauskeimen wird Piperacillin auch bei Urogenitalinfektionen, Gonorrhoe, Abszessen im Bauchbereich, Lungenentzündungen, Sepsis, bakterieller Endokarditis, Infektionen bei Wunden und Verbrennungen sowie bei Knochen- und Gelenkinfektionen eingesetzt.
Piperacillin wird sowohl als Einzelpräparat als auch in Kombination mit Betalaktamaseinhibitoren verabreicht. Der Wirkstoff Azlocillin wiederum wirkt besonders gut gegen Enterokokken und Pseudomonas aeruginosa. Oft wird es zusammen mit Cephalosporin bei sehr schweren Infektionen durch unbekannte Erregern eingesetzt.
Ein breites Wirkungsspektrum besitzt auch Mezlocillin. Allerdings wirkt es bei Pseudomonas-Infektionen weniger gut als Azlocillin. Ampicillin ist zwar auch ein Breitbandantibiotikum, insgesamt besitzt es jedoch eine geringere Wirksamkeit als alle anderen Acylaminopenicilline.
Risiken & Nebenwirkungen
Es kann in seltenen Fällen zu weiteren unerwünschten Nebenwirkungen kommen. So ist das Auftreten von sogenannten Pseudoallergien mit Hautrötung, Hautausschlägen und Juckreiz möglich.
Sehr selten wird Arzneimittelfieber, Eosinophilie, eine schmerzlose Schwellung der Haut (Quincke-Ödem), Anämie, eine Gefäßentzündung, eine Nierenentzündung oder gar eine dauerhafte Vermehrung von Thrombozyten beobachtet. Insgesamt bestehen in etwa die gleichen Risiken, die auch beim Einsatz anderer Antibiotika beobachtet werden.