Azlocillin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. Oktober 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei Azlocillin handelt es sich um eine Untergruppe der Acylaminopenicilline. Dies sind bestimmte Beta-Lactam-Antibiotika, die besonders wirksam gegen gramnegative Erreger sind. Azlocillin wird – was typisch für Vertreter seiner Gruppe ist – parenteral verabreicht. Der medizinische Wirkstoff kommt zum Einsatz, um diverse Infektionskrankheiten zu bekämpfen.
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Was ist Azlocillin?
Azlocillin zählt, neben Apalcillin, Mezlocillin und Piperacillin zu den Acylaminopenicillinen. Hierbei handelt es sich um eine Gruppe von Breitbandantibiotika, die den Penicillinen zugerechnet werden und auf die Ausgangssubstanz 6-Aminopenicillansäure zurückgehen. Die Gruppe der Acylaminopenicilline weist in ihrer Molekülstruktur einen Betalactamring auf, weswegen Vertreter der Gruppe auch als Betalacam-Antibiotika bezeichnet werden.
Azlocillin hat ein weites Wirkungsspektrum, was typisch für Vertreter seiner Wirkstoffklasse ist. Die Anwendung erfolgt allerdings vorrangig zur Bekämpfung von gramnegativen Bakterien. Als gramnegativ werden in der Humanmedizin, Biologie und Pharmakologie solche Bakterien und Erreger bezeichnet, die sich bei Durchführung eines Differenzialfärbungsverfahrens unter dem Mikroskop rot einfärben. Hierdurch werden sie von sogenannten grampositiven Erregern abgegrenzt, die sich bei Durchführung des Verfahrens blau einfärben.
Zu den wichtigsten Krankheitserregern, gegen die Azlocillin eingesetzt werden kann, zählen die Bakterien vom Typ Proteus und Pseudomonas, die u. a. Erkrankungen der Atemwege hervorrufen können. Bei Proteus-Erregern handelt es sich um Darmbakterien, die ubiquitär in der Natur zu finden sind. Pseudomonaden hingegen werden als aerobe Bakterien beschrieben, die sich aktiv fortbewegen und vor allem in Gewässern sowie an Pflanzen vorkommen.
Die Summenformel von Azlocillin beträgt C 20 – H 23 – N 5 – O 6 – S. Dies entspricht einer moralen Masse (Molgewicht) von ca. 461,49 g/mol. Die Vergabe erfolgt in der Humanmedizin parenteral, also am Darm vorbei.
Pharmakologische Wirkung auf Körper & Organe
Die pharmakologische Wirkung von Azlocillin entspricht den typischen Merkmalen eines Betalactamantibiotikas. Der Arzneistoff attackiert direkt nach der Einnahme den Stoffwechsel der infektiösen gramnegativen Bakterien. Azlocillin dringt in deren Inneres ein und blockiert das essentielle Enzym D-Alanin-Transpeptidase. Die krankheitserregenden Bakterien sind hierdurch nicht mehr in der Lage, ihre Zellwand eigenständig zu erneuern. Die Vermehrung wird gestoppt und die Bakterien sterben schließlich ab.
Der Wirkmechanismus von Azlocillin lässt sich damit als bakterizid beschreiben. Die Ausscheidung erfolgt renal, also vorwiegend über die Nieren.
Medizinische Anwendung & Verwendung zur Behandlung & Vorbeugung
Der bakterizide Wirkstoff Azlocillin wird vorrangig zur Bekämpfung von gramnegativen Krankheitserregern wie Pseudomonas aeruginosa, Enterokokken oder Proteus eingesetzt. Dementsprechend wird Azlocillin zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten angewendet. Zum typischen Anwendungsgebiet gehören Atemwegserkrankungen sowie Infektionen des Harn- oder Bauchraumes.
Obwohl Azlocillin vorwiegend gegen gramnegaive Bakterien eingesetzt wird, ist eine Anwendung auch zur Abtötung von grampositiven Erregern möglich. In der Literatur wird die Wirksamkeit gegenüber grampositiven Bakterien allerdings als wesentlich geringer beschrieben, sodass andere Wirkstoffe den Vorzug zur Bekämpfung gramnegativer Erreger genießen.
Da Azlocillin weniger häufig verbreitet ist als andere Vertreter seiner Wirkstoffklasse, ist eine Anwendung zur Therapie von Krankenhauskeimen möglich. Bei schweren Infektionen kann auch eine Kombination mit anderen Medikamenten angezeigt sein.
Azlocillin wird typischerweise parenteral, also am Darm vorbei, verabreicht. Das liegt daran, dass das Antibiotikum weder betalactamasestabil noch säurestabil ist. Durch eine Injektion gelangt der Arzneistoff unmittelbar in den Blutkreislauf, was das Einsetzen der Wirkung wesentlich erhöht.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Azlocillin, einem Breitbandantibiotikum aus der Gruppe der Penicilline, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten, um eine wirksame und sichere Behandlung sicherzustellen. Azlocillin wird vor allem bei schweren bakteriellen Infektionen, wie etwa bei Atemwegs- oder Harnwegsinfektionen sowie bei Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa, eingesetzt. Das Medikament wird intravenös verabreicht, da es bei oraler Einnahme nicht wirksam ist.
Die Dosierung richtet sich nach Art und Schwere der Infektion sowie dem individuellen Gesundheitszustand des Patienten. Üblicherweise wird Azlocillin in Dosen von 4 bis 16 g pro Tag verabreicht, aufgeteilt in mehrere Dosen über 24 Stunden. Bei schweren Infektionen können höhere Dosen erforderlich sein. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion muss die Dosis entsprechend angepasst werden, um eine Anhäufung des Medikaments zu vermeiden, die zu Nebenwirkungen führen könnte.
Azlocillin sollte immer nach Anweisung eines Arztes verabreicht werden, und es ist wichtig, die gesamte vorgeschriebene Behandlungsdauer einzuhalten, um eine vollständige Beseitigung der Infektion zu gewährleisten und die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen zu verhindern.
Zu beachten ist außerdem, dass Azlocillin bei Patienten mit einer Penicillinallergie nicht angewendet werden darf, da es zu schweren allergischen Reaktionen führen kann. Regelmäßige Überwachung der Nieren- und Leberfunktion während der Behandlung wird empfohlen, insbesondere bei längerer Anwendung oder bei Risikopatienten.
Risiken & Nebenwirkungen
Es kann auch nach der Einnahme von Azlocillin zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Zwingend ist das jedoch nicht. Die Mehrheit der Einnahmen erfolgt frei von unerwünschten Effekten.
Vor der erstmaligen Verwendung ist in jedem Fall zu prüfen, ob eine Unverträglichkeit gegen Penicillin oder ihm verwandte Arzneistoffe bekannt ist. Denn bei Unverträglichkeiten oder Allergien liegt eine Kontraindikation vor. Die Einnahme hat damit aus medizinischer Sicht vernünftigerweise zu unterbleiben, da sie mit hohen Risiken verbunden ist. Das gilt auch bei Kreuzallergien mit anderen Beta-Lactam-Antibiotika.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen, die nach der Einnahme von Azlocillin auftreten können, zählen Reaktionen der Haut (z. B. Juckreize, Rötungen, Schwellungen oder Ausschläge), Fieber oder Kopfschmerzen. Darüber hinaus sind auch Entzündungen der Nieren, die Entstehung einer Anämie sowie Gefäßentzündungen denkbar. Diese Nebenwirkungen sind allerdings selten.
Während der Schwangerschaft und Stillzeit ist bei der Anwendung von Azlocillin höchste Vorsicht geboten. Es ist stets eine ausgiebige Chancen-Risiko-Abwägung durchzuführen. Auch die Einholung mehrerer ärztlicher Meinungen kann ratsam sein. Gleiches gilt für Menschen, die an Nierenschwäche leiden, da der Abbau des Wirkstoffs vorwiegend renal erfolgt.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Azlocillin betreffen vor allem Patienten mit bekannten Allergien oder Überempfindlichkeiten gegenüber Penicillinen oder anderen Beta-Lactam-Antibiotika. Eine solche Allergie kann schwere allergische Reaktionen auslösen, darunter Anaphylaxie, die lebensbedrohlich sein kann. Daher ist es entscheidend, vor der Anwendung die Allergieanamnese des Patienten zu überprüfen.
Eine weitere Kontraindikation ist eine bestehende schwere Niereninsuffizienz. Da Azlocillin über die Nieren ausgeschieden wird, kann es bei eingeschränkter Nierenfunktion zu einer Anhäufung des Medikaments im Körper kommen, was das Risiko von Nebenwirkungen erhöht. In solchen Fällen muss die Dosis entsprechend angepasst werden oder der Einsatz von Azlocillin ganz vermieden werden, je nach Schweregrad der Nierenfunktionsstörung.
Vorsicht ist auch bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen geboten, da das Medikament teilweise über die Leber metabolisiert wird. Obwohl keine absolute Kontraindikation, sollten solche Patienten engmaschig überwacht werden.
Azlocillin sollte ebenfalls bei Patienten mit bestimmten Blutbildveränderungen oder Gerinnungsstörungen mit Vorsicht angewendet werden, da das Medikament, wie viele Penicilline, das Risiko von Blutungsneigungen erhöhen kann.
Schließlich sollten Schwangere und Stillende das Medikament nur nach sorgfältiger Abwägung der Risiken und Nutzen durch den behandelnden Arzt verwenden, da die Sicherheit in diesen Gruppen nicht umfassend untersucht ist.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Bei der Verwendung von Azlocillin können verschiedene Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auftreten, die bei der Therapie berücksichtigt werden sollten. Eine wichtige Interaktion besteht mit anderen Antibiotika. Zum Beispiel kann die gleichzeitige Gabe von Azlocillin mit Aminoglykosiden, wie Gentamicin oder Tobramycin, deren Wirkung gegen bestimmte Bakterien verstärken. Allerdings sollte diese Kombination mit Vorsicht angewendet werden, da sich beide Medikamente gegenseitig inaktivieren können, wenn sie in derselben Infusionslösung gemischt werden. Daher müssen sie getrennt verabreicht werden.
Azlocillin kann auch die Wirksamkeit von gerinnungshemmenden Medikamenten wie Warfarin beeinflussen. Es kann das Blutungsrisiko erhöhen, da Penicilline die Thrombozytenfunktion beeinträchtigen können. Patienten, die Antikoagulanzien einnehmen, sollten daher während der Behandlung regelmäßig überwacht werden.
Eine weitere Interaktion kann mit Methotrexat auftreten. Azlocillin kann die Ausscheidung von Methotrexat über die Nieren verlangsamen, was zu erhöhten Methotrexat-Spiegeln im Blut und somit zu einer gesteigerten Toxizität führen kann. In diesem Fall ist eine engmaschige Überwachung der Methotrexat-Spiegel notwendig.
Schließlich kann Azlocillin die Wirksamkeit von oralen Kontrazeptiva (Antibabypille) herabsetzen. Daher sollten zusätzliche Verhütungsmethoden während der Behandlung angewendet werden, um eine ungewollte Schwangerschaft zu vermeiden. Es ist wichtig, den behandelnden Arzt über alle eingenommenen Medikamente zu informieren, um potenzielle Wechselwirkungen zu minimieren.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Azlocillin nicht vertragen wird, gibt es verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe, die je nach Art der Infektion und dem spezifischen Erreger eingesetzt werden können. Eine häufige Alternative sind andere Beta-Lactam-Antibiotika, wie Cephalosporine. Zum Beispiel können Medikamente wie Ceftriaxon oder Cefotaxim bei ähnlichen Infektionen verwendet werden. Sie haben ein breites Wirkungsspektrum und sind für viele der gleichen Erreger wie Azlocillin wirksam, wobei das Risiko einer Kreuzallergie bei Penicillinallergikern geringer ist.
Bei Patienten mit Penicillinallergien können auch Makrolid-Antibiotika wie Azithromycin oder Clarithromycin eine Alternative sein. Diese wirken ebenfalls gegen eine Vielzahl von bakteriellen Infektionen, insbesondere bei Atemwegsinfektionen.
Fluorchinolone wie Ciprofloxacin oder Levofloxacin bieten eine weitere Option, insbesondere bei Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa oder andere resistente Erreger. Diese Antibiotika haben ein breites Wirkspektrum und sind oft bei komplizierten Infektionen indiziert.
Carbapeneme wie Imipenem oder Meropenem stellen ebenfalls eine potente Alternative dar, insbesondere bei schweren Infektionen oder bei multiresistenten Keimen. Sie gehören zu den Beta-Lactam-Antibiotika, zeigen jedoch Wirksamkeit gegen eine breite Palette von Bakterien, einschließlich resistenter Stämme.
Schließlich können bei speziellen Infektionen, wie durch Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), alternative Antibiotika wie Vancomycin oder Linezolid eingesetzt werden.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor