Cisaprid
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Wirkstoff Cisaprid zählt zu den Prokinetika, die die Motilität des Gastrointestinaltraktes steigern. Der Wirkstoff löst schwere kardiale Nebenwirkungen aus und wurde daher in vielen Ländern vom Markt genommen. Eine Anwendung ist nicht zu empfehlen, es stehen sicherere Medikamente aus der Gruppe der Prokinetika zur Verfügung.
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Was ist Cisaprid?
Cisaprid gehört zur Gruppe der Prokinetika. Prokinetika sind Wirkstoffe, die die Motilität, also die Beweglichkeit, des Magen-Darm-Traktes fördern. Es wurde aufgrund schwerer Nebenwirkungen in vielen Ländern vom Markt genommen, da es Herzrhythmusstörungen verursacht und das QT-Intervall verlängert.
Chemisch ist es ein Derivat des Benzamids. Die Formel lautet C23H29ClFN3O4. Es wurde 2000 in den USA vom Markt genommen, daraufhin erfolgte auch in Deutschland ein Ruhen der Zulassung. In einigen Ländern ist es jedoch weiterhin erhältlich. Die Einnahme sollte nur unter fürsorglichem Abwägen geschehen.
Pharmakologische Wirkung
Cisaprid ist ein Parasympathomimetikum, das heißt, es verstärkt die Wirkung des Parasympathikus. Der Parasympathikus ist ein Teil des autonomen Nervensystems und der Gegenspieler des Sympathikus. Der Stoff Cisaprid stimuliert Serotinin-5HT4-Rezeptoren. In Folge dieser Stimulation bewirken die Rezeptoren eine Freisetzung des Neurotransmitters Acetylcholin.
Acetylcholin spielt bei der Reizweiterleitung eine zentrale Rolle. Es wird in den synaptischen Spalt ausgeschüttet und tritt mit den Rezeptoren auf der postsynaptischen Membran in Interaktion. Die Membran der Zielzelle ändert aufgrund dessen ihre Ionenpermeabilität, was entweder eine Erregung (Depolarisation) oder eine Hemmung (Hyperpolarisation) der Zielzelle auslösen kann.
Beim Einsatz des Wirkstoffes Cisaprid kommt es in Folge des Acetylcholins zu einer Steigerung der Motilität und zu einer erhöhten Peristaltik. Es wirkt insgesamt also prokinetisch. Als Nebenwirkung ist ein proarrhythmischer Einfluss auf das Herz bekannt, wobei bei Cisaprid vor allem ein gehäuftes Auftreten des sog. Long-QT-Syndroms beobachtet wurde.
Das Long-QT-Syndrom ist eine zur Gruppe der Kanalopathien gehörende Erkrankung des Herzens, bei der es zu einem pathologisch verlängerten QT-Intervall kommt. Tritt das Long-QT-Syndrom in Folge einer Gabe von Cisaprid auf, liegt ein sekundäres, also ein erworbenes LQT-Syndrom vor. In Folge der Nebenwirkung wurde das Medikament in vielen Ländern vom Markt genommen.
Die Bioverfügbarkeit des Cisaprids beträgt ca. 30-40%, der Wirkstoff liegt im Blut hauptsächlich gebunden an Plasmaproteine vor, die Plasmahalbwertszeit beträgt etwa zehn Stunden. Metabolisiert wird Cisaprid hauptsächlich in der Leber, über das Cytochrom P450-System, und im Darm. Ausgeschieden wird der Wirkstoff ausschließlich über die Niere und die Galle.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Der Wirkstoff wird bei einer Refluxösophagitis, generellen Bewegungsstörungen des Magen-Darm-Traktes, Magenlähmungen und bei Verstopfung angewendet. Die Indikationen leiten sich aus den pharmakologischen Eigenschaften des Cisaprids ab, das Wirkungsgebiet ist ausschließlich der Magen-Darm-Trakt.
Bei der Refluxösophagitis liegt eine Entzündung der Speiseröhre vor, die durch einen Reflux (ein Zurückfließen) des sauren Magensaftes ausgelöst wird. Kontraindikationen stellen Herzrhythmusstörungen, sowie eine Tachykardie dar. Die Kontraindikationen sind auf die schweren Nebenwirkungen des Cisaprids im Bereich des Herzens zurückzuführen.
Verabreichung und Dosierung
Cisaprid ist ein Medikament, das eingesetzt wurde, um bestimmte Magen-Darm-Erkrankungen zu behandeln, insbesondere solche, die mit einer verzögerten Magenentleerung einhergehen, wie zum Beispiel bei gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD) und anderen Motilitätsstörungen. Es wirkt durch die Steigerung der Freisetzung von Acetylcholin, einem Neurotransmitter, der die Beweglichkeit des Magen-Darm-Trakts erhöht.
Bei der Verabreichung und Dosierung von Cisaprid müssen mehrere wichtige Aspekte berücksichtigt werden. Zunächst ist es entscheidend, das Medikament genau nach Anweisung des Arztes einzunehmen. Die Dosierung hängt von der spezifischen Erkrankung, dem Alter des Patienten und der individuellen Reaktion auf das Medikament ab. Typischerweise wurde Cisaprid oral, meist vor den Mahlzeiten und vor dem Schlafengehen, eingenommen, um die Magen-Darm-Motilität zu optimieren.
Wichtig ist auch, das Risiko von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu beachten. Cisaprid kann das QT-Intervall im EKG verlängern, was zu schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen führen kann. Daher sollte es nicht von Patienten mit bekannten QT-Verlängerungen oder in Kombination mit anderen Medikamenten, die das QT-Intervall beeinflussen, eingenommen werden.
Aufgrund der Risiken, insbesondere im Zusammenhang mit Herzrhythmusstörungen, wurde die Verwendung von Cisaprid in vielen Ländern stark eingeschränkt oder verboten. Patienten, die Cisaprid einnehmen oder in Erwägung ziehen, sollten dies nur unter strenger ärztlicher Überwachung tun und alle möglichen Alternativen sowie die spezifischen Risiken und Vorteile mit ihrem Arzt besprechen.
Die Einhaltung der empfohlenen Dosierungen und die regelmäßige Überwachung durch den behandelnden Arzt sind entscheidend, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung mit Cisaprid zu gewährleisten. Patienten sollten auch auf mögliche Nebenwirkungen achten und ihren Arzt informieren, wenn unerwartete Symptome auftreten.
Risiken & Nebenwirkungen
Als Risiken und Nebenwirkungen sind Herzrhythmusstörungen und die bereits genannten Verlängerund des QT-Intervalls zu nennen. Die Nebenwirkungen sind drastisch und können mitunter tödlich sein. Das Medikament bzw. der Wirkstoff wurde in vielen Ländern vom Markt genommen, da die Risiken bei der Anwendung als zu hoch bewertet wurden.
Eine Anwendung Cisaprids ist nicht zu empfehlen, da weitere, nebenwirkungsärmere Wirkstoffe aus der Gruppe der Prokinetika zur Verfügung stehen, die dem Cisaprid in der Wirksamkeit nicht nachstehen.
Kontraindikationen
Cisaprid, einst für seine Fähigkeit geschätzt, die Magen-Darm-Motilität durch die Freisetzung von Acetylcholin zu erhöhen, weist mehrere wichtige Kontraindikationen auf, die vor seiner Anwendung berücksichtigt werden müssen. Diese Einschränkungen sind überwiegend auf das Potenzial von Cisaprid zurückzuführen, schwerwiegende kardiovaskuläre Nebenwirkungen, insbesondere Herzrhythmusstörungen, zu verursachen.
Eine der bedeutendsten Kontraindikationen ist das Vorhandensein oder die Geschichte von kardialen Problemen, insbesondere solchen, die das QT-Intervall betreffen. Patienten mit angeborenen oder erworbenen QT-Verlängerungen sind einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Torsade de Pointes, einer potenziell lebensbedrohlichen Form der ventrikulären Tachykardie, ausgesetzt, wenn sie Cisaprid einnehmen. Daher ist Cisaprid bei Patienten mit bekannter QT-Verlängerung strikt kontraindiziert.
Des Weiteren sollten Patienten, die gleichzeitig Medikamente einnehmen, die das QT-Intervall verlängern können oder die den Abbau von Cisaprid im Körper durch Hemmung des Cytochrom P450 3A4-Enzyms verlangsamen, Cisaprid meiden. Solche Medikamente umfassen bestimmte Antibiotika, Antimykotika, Antidepressiva und Antiarrhythmika.
Patienten mit signifikanten Elektrolytstörungen, wie Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie, sollten ebenfalls kein Cisaprid erhalten, da diese Zustände das Risiko für Herzrhythmusstörungen weiter erhöhen können.
Darüber hinaus ist Cisaprid bei Personen mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber dem Medikament oder seinen Bestandteilen kontraindiziert. Es wird auch empfohlen, bei Patienten mit schweren gastrointestinalen Störungen wie Blutungen, Obstruktion oder Perforation Vorsicht walten zu lassen, da die Wirkung von Cisaprid in solchen Fällen problematisch sein könnte.
Aufgrund dieser Kontraindikationen und des Risikos schwerwiegender Nebenwirkungen wurde die Verwendung von Cisaprid in vielen Ländern stark eingeschränkt oder ganz eingestellt. Es ist wichtig, dass Patienten und Ärzte diese Kontraindikationen sorgfältig abwägen, bevor sie eine Behandlung mit Cisaprid in Betracht ziehen.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Bei der Verwendung von Cisaprid ist besondere Vorsicht geboten, da es signifikante Wechselwirkungen mit einer Vielzahl anderer Medikamente aufweisen kann, die schwerwiegende, potenziell lebensbedrohliche Nebenwirkungen zur Folge haben können. Diese Interaktionen sind hauptsächlich auf die Fähigkeit von Cisaprid zurückzuführen, das QT-Intervall zu verlängern, sowie auf seinen Metabolismus über das Cytochrom P450 3A4-Enzymsystem.
Einer der kritischsten Aspekte betrifft die Kombination von Cisaprid mit Medikamenten, die ebenfalls das QT-Intervall verlängern können. Dazu gehören bestimmte Antiarrhythmika, Antipsychotika, Antidepressiva und Antibiotika. Die gleichzeitige Anwendung dieser Medikamente mit Cisaprid kann das Risiko für Herzrhythmusstörungen wie Torsade de Pointes dramatisch erhöhen.
Zusätzlich kann die gleichzeitige Anwendung von Cisaprid mit Medikamenten, die das Cytochrom P450 3A4-Enzym hemmen, zu erhöhten Plasmakonzentrationen von Cisaprid führen. Zu diesen Medikamenten zählen einige Makrolidantibiotika (z.B. Erythromycin), Azol-Antimykotika (z.B. Ketoconazol), HIV-Protease-Inhibitoren und bestimmte Kalziumkanalblocker. Eine solche Erhöhung der Cisaprid-Spiegel im Blut kann das Risiko von QT-Verlängerungen und folglich von Torsade de Pointes verstärken.
Medikamente, die die Kalium- oder Magnesiumspiegel im Blut senken können, wie bestimmte Diuretika, erhöhen ebenfalls das Risiko von Herzrhythmusstörungen, wenn sie zusammen mit Cisaprid verwendet werden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sowohl Kalium- als auch Magnesiumionen eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung der normalen Herzrhythmen spielen.
Aufgrund dieser potenziell gefährlichen Wechselwirkungen ist es entscheidend, dass sowohl Ärzte als auch Patienten eine sorgfältige Überprüfung aller vom Patienten eingenommenen Medikamente vornehmen, bevor Cisaprid verschrieben oder eingenommen wird. Die Berücksichtigung dieser Interaktionen ist essentiell für die Vermeidung schwerwiegender Nebenwirkungen und die Gewährleistung der Sicherheit der Patienten.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Cisaprid aufgrund von Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen keine Option ist, gibt es mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Unterstützung von Patienten mit gastrointestinalen Motilitätsstörungen. Diese Alternativen zielen darauf ab, ähnliche therapeutische Effekte zu erzielen, indem sie die Magen-Darm-Motilität verbessern oder die Symptome der zugrunde liegenden Erkrankung lindern.
Einer der häufigsten Ersatzstoffe für Cisaprid ist Metoclopramid. Dieser Wirkstoff wirkt als Dopamin-Rezeptor-Antagonist und stimuliert die Magen-Darm-Motilität, was besonders bei der Behandlung von gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD) und Gastroparese hilfreich sein kann. Metoclopramid kann jedoch Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Unruhe und in seltenen Fällen tardive Dyskinesie verursachen.
Domperidon ist eine weitere Alternative, die besonders für ihre geringeren zentralnervösen Nebenwirkungen bekannt ist, da sie die Blut-Hirn-Schranke nicht in dem Maße wie Metoclopramid überwindet. Domperidon wirkt ebenfalls als Dopamin-Rezeptor-Antagonist, ist aber aufgrund seines Risikos für QT-Verlängerungen mit Vorsicht zu verwenden.
Erythromycin, ein Antibiotikum, hat prokinetische Eigenschaften, die bei bestimmten Patienten zur Verbesserung der Magenentleerung beitragen können. Es ahmt die Wirkung von Motilin nach, einem Hormon, das die Magen-Darm-Motilität fördert. Erythromycin wird manchmal als kurzfristige Lösung bei Gastroparese eingesetzt, obwohl seine Wirksamkeit mit der Zeit nachlassen kann.
Für Patienten, bei denen diese pharmakologischen Ansätze nicht geeignet sind oder nicht ausreichen, können diätetische Anpassungen, Verhaltensänderungen und unterstützende Therapien wie Ernährungsberatung, Akupunktur und körperliche Bewegung hilfreich sein, um Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Insgesamt erfordert die Wahl der besten Alternative eine individuelle Beurteilung durch den behandelnden Arzt, der die spezifischen Bedürfnisse und Bedingungen des Patienten berücksichtigt, um eine sichere und wirksame Behandlung zu gewährleisten.