Dexrazoxan

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. August 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Dexrazoxan ist ein Arzneistoff, der in der Humanmedizin Verwendung findet. Er wird im Rahmen einer Chemotherapie zur Behandlung verschiedener Krebsformen eingesetzt. Zu diesen Zwecken wird Dexrazoxan in der Regel mit Anthracyclinen verabreicht, wodurch die zytotoxische Wirkung von Dexrazoxan abgemindert wird. Aufgrund seiner pharmakologischen Eigenschaften sowie des spezifischen Einsatzgebietes zählt Dexrazoxan zur Wirkstoffklasse der Zytostatika.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Dexrazoxan?

Die Verstoffwechselung (Metabolisierung) von Dexrazoxan erfolgt über die Leber und damit hepatisch.
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Bei Dexrazoxan handelt es sich um einen Wirkstoff, der in der Humanmedizin eingesetzt wird. Es besteht eine Indikation zur Durchführung einer Chemotherapie, weswegen Dexrazoxan ein bedeutendes Zytostatikum darstellt. Der Stoff wird auch als Eucardion bezeichnet und unter dem Handelsnamen Cardioxane® vertrieben. In der Chemie und Pharmakologie wird Dexrazoxan durch die Summenformel C 11 – H 16 – N 4 – O 4 beschrieben, was einer moralen Masse von ca. 268,27 g/mol entspricht.

Dexrazoxan wurde im Jahr 1964 gemeinsam mit einigen anderen Substanzen entdeckt und ist seit den 1990er Jahren in der Humanmedizin als Zytostatikum im Einsatz. Vorher wurde Dexrazoxan als Farbmittel in der Textilindustrie verwendet. Heute bestehen Zulassungen in mehreren Ländern. In jedem Land, für das eine Zulassung zur Therapie von Menschen besteht, unterliegt Dexrazoxan einer umfassenden Apotheken- und Verschreibungspflicht.

Pharmakologische Wirkung auf Körper & Organe

Dexrazoxan liegt bei Raumtemperatur als weißes bis grauweißes Pulver vor und weist nach der Einnahme eine sehr hohe Bioverfügbarkeit von knapp 100 % auf. Im menschlichen Blut liegt der Arzneistoff zu weniger als zwei Prozent an den Plasmaproteinen in gebundener Form vor. Die Verstoffwechselung (Metabolisierung) von Dexrazoxan erfolgt über die Leber und damit hepatisch. In der Literatur wird die Plasmahalbwertszeit des Zytostatikums – je nach Lage des konkreten Einzelfalls - mit etwa zwei bis zweieinhalb Stunden festgesetzt. Die Elimination erfolgt zu 42 % über die Nieren und damit renal.

Die zytostatischen Wirkungen von Dexrazoxan, die den Arzneistoff für die Humanmedizin attraktiv machen, beruhen auf einer Inhibition von Topoisomerase II α. Hierbei handelt es sich um ein Enzym, das die Doppelhelix der menschlichen DNS entwindet und hierdurch die Replikation von Erbinformationen möglich macht. Darüber hinaus wird durch Topoisomerase II α auch die Zellteilung ermöglicht. Da Dexrazoxan die Funktionslosigkeit von Topoisomerase II α bewirkt, wird es den Zellen unmöglich, sich zu teilen.

Daneben entfaltet Dexrazoxan auch zytoprotektive Effekte. Diese beruhen auf der Fähigkeit des Zytostatikums, Eisenionen in den Zellen des Herzens abzufangen. Den Herzzellen wird hierdurch die Einbindung in die Anthrazyklin-induzierte Bildung toxischer Radikale unmöglich gemacht. Dexrazoxan wirkt damit auch kardioprotektiv.

Medizinische Anwendung & Verwendung zur Behandlung & Vorbeugung

Der Wirkstoff wird als weißes bis grauweißes Pulver vertrieben, aus welchem kurz vor der Applikation eine Infusionslösung hergestellt wird. Die gängige Applikationsform ist demgemäß intravenös, was typisch für ein Zytostatikum ist.

Üblicherweise wird Dexrazoxan zusammen mit Anthracyclinen verabreicht. Die geringste kumulative Dosis, die in der medizinischen Praxis verabreicht wird, beträgt dabei 300 mg pro Quadratmeter Doxorubicin oder 540 mg pro Quadratmeter Epirubicin.


Verabreichung & Dosierung

Dexrazoxan ist ein Arzneimittel, das vorwiegend eingesetzt wird, um die kardiotoxischen Nebenwirkungen von Anthrazyklin-Chemotherapien wie Doxorubicin zu vermindern. Bei der Verabreichung und Dosierung von Dexrazoxan sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten.

Dexrazoxan wird intravenös verabreicht und sollte etwa 30 Minuten vor der Gabe von Anthrazyklinen erfolgen, um eine maximale Schutzwirkung auf das Herz zu gewährleisten. Die Dosierung von Dexrazoxan richtet sich in der Regel nach der Dosis des Anthrazyklins. Typischerweise wird eine Dosis im Verhältnis von 10:1 (Dexrazoxan zu Doxorubicin) angewendet, was bedeutet, dass auf 50 mg/m² Doxorubicin etwa 500 mg/m² Dexrazoxan verabreicht werden.

Es ist wichtig, Dexrazoxan unter strenger ärztlicher Überwachung zu verabreichen, da das Medikament selbst potenziell myelosuppressive Wirkungen haben kann, die zu einer Verringerung der weißen Blutkörperchen, roten Blutkörperchen und Thrombozyten führen können. Regelmäßige Blutbildkontrollen sind daher unerlässlich, um frühzeitig auf mögliche Komplikationen reagieren zu können.

Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion muss die Dexrazoxan-Dosis möglicherweise angepasst werden, da das Medikament hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird. Die Überwachung der Nierenfunktion ist bei diesen Patienten besonders wichtig, um eine Akkumulation des Wirkstoffs und damit verbundene Nebenwirkungen zu vermeiden.

Zudem sollte Dexrazoxan nicht gleichzeitig mit DMSO (Dimethylsulfoxid) angewendet werden, da dies die Wirksamkeit des Medikaments beeinträchtigen kann. Es ist auch wichtig, Patienten über die potenziellen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Müdigkeit zu informieren, damit sie angemessen darauf vorbereitet sind.

Risiken & Nebenwirkungen

Da es sich bei Dexrazoxan um ein hochwirksames Zytostatikum handelt, sind schwere Nebenwirkungen möglich. Die Einnahme darf nur unter Aufsicht von medizinischem Fachpersonal erfolgen. Aus diesem Grund ist die Substanz nicht frei erhältlich. Darüber hinaus ist auch auf Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu achten.

Die Einnahme hat gänzlich zu unterbleiben, wenn eine Allergie bzw. Unverträglichkeit bekannt ist oder eine Kontraindikation besteht. Eine solche liegt vor, wenn konkrete Tatsachen die Anwendung aus medizinischer Sicht unvernünftig erscheinen lassen, also eine Gegenanzeige bekannt ist. Das ist insbesondere während der Stillzeit und der Schwangerschaft der Fall. Auch bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ist Dexrazoxan kontraindiziert, da für sie ein stark erhöhtes Risiko für Neoplasien, Infektionen und Knochenmarkdepressionen besteht.

Zu den wichtigsten unerwünschten Nebenwirkungen, die während oder kurz nach einer Behandlung mit Dexrazoxan auftreten können, zählen Fieber, starke Müdigkeit, ein allgemeines Schwächegefühl und Störungen des Gastrointestinaltrakts (Magen-Darm-Trakt). Diese zeichnen sich vor allem durch Übelkeit, Erbrechen, Durchfall (Diarrhoe), Verstopfung (Obstipation) und Appetitlosigkeit aus.

Zu den weiteren Nebenwirkungen zählen Anämie, Neutropenie, Leukopenie, Herzrhythmusstörungen, Thrombozytopenie, Asthenie und Schwindelgefühle. Darüber hinaus kann es auch zu Husten, Kopfschmerzen, Pharyngitis und Reaktionen der Haut kommen. Letztere äußern sich häufig durch Jucken, rote Stellen, Ausschlag oder einem Brennen.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Dexrazoxan betreffen Patienten mit bestimmten gesundheitlichen Bedingungen, bei denen das Medikament das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen erhöhen könnte. Eine der Hauptkontraindikationen ist das Vorliegen einer schweren Niereninsuffizienz. Da Dexrazoxan hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird, kann eine eingeschränkte Nierenfunktion zu einer Akkumulation des Medikaments im Körper führen, was das Risiko für toxische Wirkungen erhöht.

Eine weitere Kontraindikation ist die gleichzeitige Anwendung von Dexrazoxan mit bestimmten Chemotherapeutika, insbesondere solchen, die nicht zur Anthrazyklin-Gruppe gehören, da dies die Wirksamkeit der Chemotherapie beeinträchtigen könnte. Dexrazoxan ist speziell entwickelt worden, um die kardiotoxischen Effekte von Anthrazyklinen zu reduzieren, und sollte daher nicht zusammen mit anderen chemotherapeutischen Wirkstoffen angewendet werden, es sei denn, dies ist ausdrücklich vom behandelnden Arzt vorgesehen.

Patienten mit bestehenden Knochenmarkssuppressionen oder schweren Blutbildveränderungen sollten Dexrazoxan ebenfalls mit Vorsicht anwenden oder meiden, da das Medikament selbst myelosuppressiv wirken kann. Dies kann das Risiko für Infektionen, Anämie und Blutungen erhöhen, was bei bereits geschwächten Patienten zu erheblichen Komplikationen führen kann.

Darüber hinaus ist Dexrazoxan während der Schwangerschaft kontraindiziert, da es potenziell teratogen ist und das Risiko für Fehlbildungen beim ungeborenen Kind erhöhen kann. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung mit Dexrazoxan eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden, um eine Schwangerschaft zu vermeiden.

Schließlich sollten Patienten, die gegen Dexrazoxan oder einen seiner Bestandteile allergisch sind, das Medikament nicht verwenden, um das Risiko schwerer allergischer Reaktionen, wie Anaphylaxie, zu vermeiden.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Bei der Verwendung von Dexrazoxan können mehrere potenzielle Interaktionen mit anderen Medikamenten auftreten, die sowohl die Wirksamkeit von Dexrazoxan als auch die Sicherheit des Patienten beeinflussen können. Eine der wichtigsten Interaktionen besteht mit Chemotherapeutika, insbesondere solchen, die nicht zur Anthrazyklin-Gruppe gehören.

Dexrazoxan wird primär eingesetzt, um die kardiotoxischen Nebenwirkungen von Anthrazyklinen wie Doxorubicin zu vermindern. Die gleichzeitige Anwendung mit anderen Chemotherapeutika sollte daher nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, um sicherzustellen, dass die Wirkung der Chemotherapie nicht beeinträchtigt wird.

Dexrazoxan kann auch die Knochenmarkssuppression verstärken, wenn es zusammen mit anderen myelosuppressiven Medikamenten, wie zum Beispiel bestimmten Chemotherapeutika oder Strahlentherapie, angewendet wird. Dies kann das Risiko für schwere Nebenwirkungen wie Anämie, Neutropenie und Thrombozytopenie erhöhen.

Eine weitere wichtige Interaktion besteht mit Dimethylsulfoxid (DMSO). Die gleichzeitige Anwendung von Dexrazoxan und DMSO sollte vermieden werden, da DMSO die Wirksamkeit von Dexrazoxan verringern kann. Diese Kombination könnte den Schutz, den Dexrazoxan gegen die kardiotoxischen Effekte von Anthrazyklinen bietet, reduzieren.

Patienten, die gleichzeitig andere Medikamente einnehmen, die die Nierenfunktion beeinträchtigen, sollten besonders überwacht werden, da Dexrazoxan hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird. Eine eingeschränkte Nierenfunktion kann zu einer erhöhten Konzentration von Dexrazoxan im Blut und damit zu verstärkten Nebenwirkungen führen.

Insgesamt ist es wichtig, dass Patienten ihren Arzt über alle eingenommenen Medikamente informieren, um potenzielle Interaktionen zu vermeiden und die Sicherheit der Behandlung zu gewährleisten.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Dexrazoxan nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, gibt es alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe, die zur Reduzierung der kardiotoxischen Nebenwirkungen von Anthrazyklin-Chemotherapien eingesetzt werden können.

Eine der häufigsten Alternativen ist die Verwendung von Liposomalen Anthrazyklinen, wie liposomalem Doxorubicin (z.B. Doxil®). Diese Formulierung ist so konzipiert, dass das Medikament gezielt in das Tumorgewebe abgegeben wird, wodurch die Exposition des Herzens reduziert und somit das Risiko für kardiotoxische Nebenwirkungen verringert wird. Diese liposomale Darreichungsform hat sich als wirksam erwiesen und wird insbesondere bei Patienten angewendet, die ein erhöhtes Risiko für Herzprobleme haben.

Eine weitere Alternative ist die sorgfältige Dosierung und Überwachung von Anthrazyklinen, um die kumulative Dosis zu minimieren und das Risiko für Herzschäden zu reduzieren. Dies kann durch regelmäßige kardiologische Untersuchungen, einschließlich Echokardiogrammen und der Messung von Biomarkern wie [[Troponin], unterstützt werden.

Ein anderer Ansatz ist die Anwendung von Herzschutzmedikamenten wie ACE-Hemmern oder Beta-Blockern, die das Herz vor den schädlichen Auswirkungen von Chemotherapie schützen können. Diese Medikamente werden häufig prophylaktisch verabreicht, um das Risiko einer Herzinsuffizienz zu verringern.

Für Patienten, die besonders empfindlich auf Anthrazykline reagieren, kann auch der Einsatz von weniger kardiotoxischen Chemotherapeutika, wie beispielsweise Mitoxantron, in Betracht gezogen werden. Dieses Medikament hat eine ähnliche Wirkung wie Anthrazykline, jedoch mit einem geringeren Risiko für kardiotoxische Nebenwirkungen.

Die Wahl der besten Alternative hängt von der individuellen Situation des Patienten ab, einschließlich seiner Krankengeschichte, des Risikoprofils und der spezifischen Anforderungen der Krebsbehandlung.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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