Mannitol
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei Mannitol handelt es sich um ein Arzneimittel, welches zur Wirkstoffklasse der Diuretika gehört. Das Mannitol ist das am häufigsten angewandte Osmodiuretikum zur prophylaktischen Behandlung von Nierenversagen.
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Was ist Mannitol?
Mannitol, auch bekannt unter dem Namen Mannit, ist ein Zuckeralkohol (nichtcyclische Polyole), der sich chemisch-strukturell von der Mannose ableitet. Die Mannose sind Paare von Diastereoisomeren eines Moleküls der Glucose. Der Name des Zuckeralkohols Mannit stammt von dem süßen Saft der Manna-Esche. Der getrocknete Saft der Manna-Esche enthält einen Mannitolanteil von etwa 13 Prozent.
Das Vorkommen von Mannit in der Natur ist relativ häufig, im Vergleich zu anderen Medikamenten dieser Wirkstoffklasse. So findet man Mannitol beispielsweise in Ölbaumgewächsen, Braunwurzelgewächsen, Pilzen und Flechten. Der höchste Anteil von Mannit wurde in Meeresalgen, Lärchen, Oliven- und Feigenbäumen nachgewiesen. Dort kann der Mannitgehalt bei bis zu 20 Prozent liegen, wobei die Braunalge einen Gehalt von bis zu 40 Prozent hat. Das Mannit ist das Produkt aus der Hydrierung von Fructose (Fruchtzucker).
Pharmakologische Wirkung
Mannitol findet Anwendung im Bereich der Lebensmittelindustrie als Süßungsmittel, welches als Zusatzstoff E421 gekennzeichnet ist. Es hat eine Süßungskraft von bis zu 69 Prozent. Neben der Anwendung in der Lebensmittelindustrie wird Mannit auch als Arzneimittel in der Pharmaindustrie verwendet. Es gehört zur Wirkstoffklasse der Diuretika und hat einen festen Aggregatzustand.
Als Osmodiuretikum hat das Mannitol den Vorteil, dass es nicht durch chemische Prozesse des Körpers (durch den Stoffwechsel) in ein Zwischenprodukt umgewandelt werden kann. Das Mannit gelangt als organismusfremd in den Blutkreislauf und kann so durch die Dissimilation organismuseigene Stoffe zersetzen und abbauen. Es wird demnach glomerulär filtriert (durch die Nierenkörperchen) und tubulär (ableitender Harnweg) nicht resorbiert. Dies hat zur Folge, dass der Wirkstoff eine harntreibende und abführende Funktion hat.
Der Wirkstoff sollte deshalb nicht verordnet werden, wenn eine Harnausscheidungsstörung oder eine kardiale Dekompensation (verminderte Herzleistung) vorliegen. Auch bei einer Störung der Blut-Hirn-Schranke, intrakranialen Blutungen oder einem Lungenödem sollte auf die Therapie durch Mannitol verzichtet und gegebenenfalls eine alternative in Betracht gezogen werden.
Medizinische Anwendung & Verwendung
In der Medizin wird Mannit in Form von Tabletten, Lösungen (oral), Infusion oder als Inhalation angewendet. Die häufigste Anwendung erfolgt um akutem Nierenversagen durch Blut- oder Flüssigkeitsverlust (Dehydration) nach Verletzungen wie Verbrennungen, Schockzuständen oder nach Operationen vorzubeugen. Außerdem reduziert es den Augen- und Hirndruck. Bei Vergiftungen unterstützt Mannitol die Entschlackung und somit die Ausscheidung der schädlichen Substanz.
Neben der prophylaktischen und akuten Anwendung kann Mannit als Kontrastmittel, beispielsweise bei Bildgebenden Untersuchungen des Magen-Darm-Traktes, in Form einer Lösung oral verabreicht werden.
Wissenschaftliche Studien belegen, dass Mannitol auch bei Mukoviszidose- und COPD-Erkrankungen hilfreich sein kann. So verflüssigt der Wirkstoff die Schleimablagerungen in den Bronchien und ermöglicht durch eine positive Veränderung der Viskosität (Zähflüssigkeit) den Abtransport des Sekrets.
Verabreichung & Dosierung
Mannitol ist ein osmotisches Diuretikum, das häufig zur Senkung des erhöhten intrakraniellen Drucks oder zur Behandlung von akutem Nierenversagen eingesetzt wird. Bei der Verabreichung von Mannitol muss die richtige Dosierung und Anwendungsweise beachtet werden, da es bei unsachgemäßer Anwendung zu schwerwiegenden Komplikationen führen kann.
Mannitol wird intravenös verabreicht, meist in Form einer 10-20%igen Lösung. Die übliche Dosierung hängt von der Indikation und dem Zustand des Patienten ab. Zur Senkung des Hirndrucks beträgt die Initialdosis oft 0,25-1 g/kg Körpergewicht. Die Infusion erfolgt langsam, um eine zu schnelle osmotische Verschiebung zu vermeiden. Es ist wichtig, den Flüssigkeitshaushalt des Patienten regelmäßig zu überwachen, da Mannitol zu Dehydration führen kann. Auch die Nierenfunktion muss engmaschig kontrolliert werden, da es bei einer eingeschränkten Nierenfunktion zu einer Anreicherung von Mannitol und folglich zu einer Überlastung des Kreislaufs kommen kann.
Vor der Verabreichung sollte Mannitol auf Kristalle überprüft werden, die sich bei niedrigen Temperaturen bilden können. Diese lassen sich durch Erwärmen der Lösung auflösen. Eine regelmäßige Überwachung von Elektrolyten, insbesondere Natrium und Kalium, ist ebenfalls erforderlich, um Elektrolytstörungen wie Hyponatriämie oder Hyperkaliämie zu vermeiden.
Risiken & Nebenwirkungen
Während der Anwendung von Mannitol, kann es zu verschiedenen Nebenwirkungen kommen. Diese gestalten sich, je nach Form der Einnahme, unterschiedlich. Bei der Einnahme von Tabletten sollte immer berücksichtigt werden, dass der Wirkstoff den Mineral- und Flüssigkeitshaushalt beeinflusst. Dies kann Austrocknungen, akutes Nierenversagen, Tachykardie oder Herzrhythmusstörungen zur Folge haben. Weiter kann es zu Herz-Kreislauf-Problemen bis hin zum kompletten Herz-Kreislauf-Versagen kommen.
Häufig treten auch Magen-Darm-Beschwerden in Form von Übelkeit, Erbrechen oder Oberbauchschmerzen auf. Es kann zu starkem Salzverlust und dadurch entstehenden Krämpfen kommen. Wird Mannitol durch eine Infusion verabreicht, kann es zu einer starken akuten Flüssigkeitsbelastung kommen. Möglicherweise könnte auch das zu einem Herz-Kreislauf-Versagen führen.
Wenn der Wirkstoff durch Inhalation aufgenommen wird, kommt es häufig zu Nebenwirkungen wie Husten, Bluthusten, Kopfschmerzen, Beschwerden im Brustbereich oder Erbrechen. Des Weiteren können Rachen- und Kehlkopfschmerzen auftreten.
Selten kommt es zu einer Überempfindlichkeitsreaktion bis hin zu einem anaphylaktischen Schock, Verwirrtheitszuständen, akutem Nierenversagen, Pilzbefall im Mund, Infektionen mit ]]Staphylokokken]]-Bakterien, Schwindel, Asthma, Ohrenschmerzen, Lungenentzündungen, Akne, Juckreiz und Harninkontinenz. Die Einnahme des Wirkstoffes sollte grundsätzlich auf fachärztliche Anordnung erfolgen und lückenlos durch Laborwerte überwacht werden.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen für die Verwendung von Mannitol betreffen Zustände, bei denen das Medikament die zugrunde liegende Problematik verschlechtern könnte. Eine wichtige Kontraindikation ist Nierenversagen, insbesondere wenn es mit einer Oligurie oder Anurie einhergeht. Da Mannitol über die Nieren ausgeschieden wird, kann eine unzureichende Nierenfunktion zu einer Akkumulation des Medikaments im Körper führen, was zu einer Überlastung des Herz-Kreislauf-Systems und einer Verschlimmerung von Ödemen führt.
Auch bei schwerer Dehydratation ist Mannitol kontraindiziert, da es durch seine osmotische Wirkung die Dehydratation verstärken kann, was zu schwerwiegenden Kreislaufproblemen führt. Herzinsuffizienz oder Lungenödeme stellen ebenfalls Kontraindikationen dar, da Mannitol durch die Verschiebung von Flüssigkeiten aus dem extrazellulären in das intrazelluläre Kompartiment das Risiko eines Lungenödems oder einer kardialen Dekompensation erhöhen kann.
Zusätzlich ist die Anwendung von Mannitol bei Patienten mit einer bestehenden intrakraniellen Blutung kontraindiziert, da die osmotische Wirkung zu einer Verschlimmerung der Blutung führen könnte. Auch bei schwerer Elektrolytstörung, insbesondere bei Hyperkaliämie oder Hyponatriämie, sollte Mannitol vermieden werden, da es diese Störungen weiter destabilisieren kann.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Bei der Verwendung von Mannitol gibt es einige wichtige Interaktionen mit anderen Medikamenten, die berücksichtigt werden müssen. Eine bedeutende Wechselwirkung besteht mit nephrotoxischen Arzneimitteln wie Aminoglykosid-Antibiotika (z. B. Gentamicin), da Mannitol das Risiko einer Nierenschädigung erhöhen kann. Die gleichzeitige Gabe von Mannitol und nephrotoxischen Substanzen erfordert daher eine engmaschige Überwachung der Nierenfunktion.
Eine weitere Interaktion besteht mit Diuretika, insbesondere Schleifendiuretika wie Furosemid. Beide Medikamente erhöhen die Ausscheidung von Flüssigkeit und Elektrolyten, was zu einem erhöhten Risiko für Dehydratation und Elektrolytstörungen führen kann, insbesondere für Hypokaliämie oder Hyponatriämie. In diesem Zusammenhang sollten Elektrolyte regelmäßig überwacht werden.
Auch die Wirkung von herzwirksamen Glykosiden (z. B. Digoxin) kann durch Mannitol beeinflusst werden, da eine Veränderung des Elektrolythaushalts, insbesondere von Kalium, die Toxizität dieser Medikamente verstärken kann. Hypokaliämie durch Mannitol kann die Empfindlichkeit des Herzens gegenüber Digoxin erhöhen und zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen.
Schließlich sollte die Kombination mit Lithium vermieden werden, da Mannitol die Lithiumausscheidung verstärken kann, was zu einem Verlust der Wirksamkeit von Lithium bei der Behandlung psychiatrischer Erkrankungen führt.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Mannitol nicht vertragen wird, gibt es verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe, abhängig von der zugrunde liegenden Indikation. Bei der Behandlung von erhöhtem intrakraniellen Druck oder Hirnödemen kann Hypertonische Kochsalzlösung eine wirksame Alternative sein. Sie wirkt ebenfalls osmotisch und zieht Flüssigkeit aus dem Gehirngewebe, um den intrakraniellen Druck zu senken. Sie bietet den Vorteil, dass sie weniger das Risiko einer Nierenschädigung oder Dehydratation birgt.
In Fällen, in denen Mannitol als Diuretikum verwendet wird, können Schleifendiuretika wie Furosemid oder Torasemid eingesetzt werden. Diese Medikamente fördern ebenfalls die Ausscheidung von Wasser und Elektrolyten über die Nieren und sind in der Lage, Flüssigkeitsansammlungen zu reduzieren, ohne die gleichen osmotischen Effekte wie Mannitol zu verursachen. Allerdings müssen auch hier Elektrolytstörungen überwacht werden.
Bei bestimmten Fällen von akutem Nierenversagen oder zur Förderung der Urinausscheidung können auch Thiaziddiuretika oder Aldosteron-Antagonisten wie Spironolacton verwendet werden, abhängig von der zugrunde liegenden Nierenfunktion und dem Flüssigkeitshaushalt des Patienten.
Für Patienten mit speziellen Anforderungen, wie z. B. Herzinsuffizienz, können auch Medikamente wie Vasopressin-Antagonisten eine Option darstellen, die die Rückresorption von Wasser in den Nieren hemmen und so den Flüssigkeitshaushalt regulieren.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor