Alcuroniumchlorid

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Präparat Alcuroniumchlorid wird zur Entspannung der Muskulatur eingesetzt. Hauptsächlich wird das Präparat verwendet, um die Skelettmuskulatur vor Operationen in Brust und Bauchraum vorübergehend zu lähmen, damit der operierende Arzt einen besseren Blick auf das Operationsgebiet hat. Weil die Gabe des Präparats in seltenen Fällen zu schweren anaphylaktischen Reaktionen führen kann, darf es ausschließlich von erfahrenen Notärzten und Anästhesisten verabreicht werden, die angemessen auf eine unerwünschte Reaktion im Organismus des Patienten reagieren können.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Alcuroniumchlorid?

Hauptsächlich wird das Präparat verwendet, um die Skelettmuskulatur vor Operationen in Brust und Bauchraum vorübergehend zu lähmen, damit der operierende Arzt einen besseren Blick auf das Operationsgebiet hat.

Alcuroniumchlorid wird den sogenannten Muskelerschlaffern zugerechnet. Dabei handelt es sich um Präparate, die eine Entspannung der Skelettmuskulatur bewirken. Der Wirkstoff Alcuroniumchlorid zählt zu den peripher wirkenden Muskelerschlaffern.

Diese blockieren die Reizübertragung an den motorischen Endplatten der Muskulatur und erzeugen damit eine umkehrbare Lähmung der Muskulatur. Bei Alcuroniumchlorid handelt es sich um ein halbsynthetisches Derivat, das aus dem Alkohol Toxiferin gewonnen wird.

Es handelt sich bei diesem Stoff um ein kristallines Pulver, das sowohl geruchs- als auch farblos ist. Alcuroniumchlorid lässt sich in Wasser, Ethanol und Methanol auflösen. Verabreicht wird das Präparat vor Operationen, um diejenigen postoperativen Symptome abzumildern, die an einen Muskelkater erinnern.

Pharmakologische Wirkung

Wie alle Muskelerschlaffer bewirkt auch Alcuroniumchlorid eine Entspannung der Skelettmuskulatur. Dieser Wirkstoff greift an der motorischen Endplatte des jeweiligen Muskels, also dort, wo Erregungsimpulse von Nervenzellen auf den entsprechenden Muskel übertragen werden. Dadurch wird eine reversible Lähmung hervorgerufen, die vom Organismus eigenständig überwunden werden kann.

Wie lange der Lähmungszustand anhält, ist abhängig von der Dosierung des Wirkstoffs. Die Blockierung der Reizübertragung läuft folgendermaßen ab: Sobald die Nervenzelle erregt wird, gibt diese den Botenstoff Acetylcholin ab, der über den synaptischen Spalt zu den Rezeptoren an der Muskelzelle gelangt. Der Botenstoff löst dort eine Reaktion der Muskelzelle aus, die sich üblicherweise kontrahiert.

Präparate wie Alcuroniumchlorid verhindern zwar nicht die Freisetzung des Botenstoffes, unterbinden aber die Reaktion in der Muskelzelle. Dadurch wird die Muskelzelle gelähmt und eine aktive Bewegung wird verhindern. Diese Wirkung tritt beim Patienten relativ rasch ein und hat eine vergleichsweise geringe Dauer. Der Grund: Die vorübergehende Lähmung der Muskulatur wird vom Organismus überwunden.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Der Wirkstoff Alcuroniumchlorid wird grundsätzlich verabreicht, wenn es darum geht, die Muskulatur zu entspannen. Bevorzugt werden Alcuroniumchlorid und ähnliche Präparate bei Operationen im Brustkorb oder im Bauchraum verabreicht.

Dadurch wird die Bewegung der Muskulatur abgeschwächt, um eine bessere Sicht auf das Operationsgebiet zu gewährleisten. Muskelentspannender wie Alcuroniumchlorid werden außerdem bei verschiedenen krankhaften Krampfzuständen oder bei Vergiftungen verabreicht. Dadurch wird verhindert, dass sich die Muskulatur überspannt und es zu einem schweren Muskelkater kommt. Sofern der Patient mit Elektroschocks behandelt wird, lässt sich durch die Gabe von Muskelentspannern verhindern, dass es zu Muskel- und Sehnenrissen kommt.

Weil Alcuroniumchlorid aus Geweben und dem Magen-Darm-Trakt nur schwer abgebaut werden kann, wird das Präparat ausschließlich intravenös verabreicht. Der Wirkstoff kann nicht in den menschlichen Stoffwechsel integriert werden und wird deshalb größtenteils in der Niere abgebaut. Nur ein kleiner Teil von etwa fünf Prozent lässt sich nach der Verabreichung in der Galle nachweisen.


Verabreichung & Dosierung

Alcuroniumchlorid ist ein nicht-depolarisierendes Muskelrelaxans, das in der Anästhesie verwendet wird, um eine muskuläre Entspannung während chirurgischer Eingriffe zu erreichen. Bei der Verabreichung und Dosierung von Alcuroniumchlorid müssen mehrere wichtige Aspekte beachtet werden:

Dosierung: Die übliche Anfangsdosis für Erwachsene beträgt 0,15 mg/kg Körpergewicht, intravenös verabreicht. Die Wirkung tritt in der Regel innerhalb von 2-3 Minuten ein und hält etwa 20-30 Minuten an. Bei Bedarf kann eine Erhaltungsdosis von 0,05-0,1 mg/kg verabreicht werden, um die Muskelentspannung aufrechtzuerhalten. Die genaue Dosierung sollte individuell angepasst werden, basierend auf Faktoren wie dem Ansprechen des Patienten, der Narkosedauer und der Art des chirurgischen Eingriffs.

Verabreichung: Alcuroniumchlorid sollte langsam intravenös injiziert werden, um die sofortige Wirkung zu überwachen und das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren. Es ist wichtig, während der Anwendung kontinuierlich die neuromuskuläre Funktion zu überwachen, beispielsweise durch den Einsatz eines peripheren Nervenstimulators, um die Wirksamkeit und die Dauer der Muskelentspannung zu beurteilen.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen: Alcuroniumchlorid ist bei Patienten mit Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff kontraindiziert. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Nieren- oder Leberfunktionsstörungen, da die Ausscheidung des Medikaments beeinträchtigt sein kann. Bei Patienten mit Myasthenia gravis oder anderen neuromuskulären Erkrankungen ist besondere Vorsicht geboten, da diese Patienten eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Muskelrelaxanzien haben können.

Nebenwirkungen: Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Hypotonie, Bradykardie und allergische Reaktionen. Selten können schwerwiegendere Komplikationen wie Anaphylaxie auftreten.

Wechselwirkungen: Alcuroniumchlorid kann die Wirkung von anderen Muskelrelaxanzien und Anästhetika verstärken. Die gleichzeitige Anwendung von Aminoglykosid-Antibiotika, Lithium oder Magnesium kann die neuromuskuläre Blockade verlängern und verstärken.

Die Verabreichung von Alcuroniumchlorid erfordert sorgfältige Überwachung und individuelle Dosisanpassung, um eine sichere und effektive Muskelentspannung während chirurgischer Eingriffe zu gewährleisten.

Risiken & Nebenwirkungen

Häufig auftretende Nebenwirkungen lassen sich beim Wirkstoff Alcuroniumchlorid nicht beobachten, dennoch kann es dazu kommen. Gelegentlich lassen sich folgende Nebenwirkungen beobachten: Bronchospasmus (dabei handelt es sich um das Verkrampfen der Muskulatur rund um die Atemwege), Herzrhythmusstörungen sowie allergische Reaktionen.

Auch zu diversen Beschwerden im Verdauungstrakt kann es gelegentlich kommen. Diese Nebenwirkungen können sich sowohl einzeln als auch kombiniert zeigen. In seltenen Fällen kann es zu einem Abfall des Blutdrucks in Verbindung mit einem beschleunigten Puls kommen. Auch verschiedene anaphylaktische Reaktionen werden in seltenen Fällen beobachtet.

Dabei handelt es sich um Reaktionen des Immunsystems, die den ganzen Körper betreffen können. Die Bandbreite dieser Reaktionen reicht von leichten Reaktionen der Haut bis hin zum Kreislaufschock. Aus diesem Grund soll die Gabe von Alcuroniumchlorid ausschließlich durch erfahrene Notärzte oder Anästhesisten erfolgen.

Kontraindikationen

Alcuroniumchlorid ist ein nicht-depolarisierendes Muskelrelaxans, das in der Anästhesie verwendet wird, um die Muskelentspannung während chirurgischer Eingriffe zu gewährleisten. Bei der Anwendung dieses Medikaments müssen verschiedene Kontraindikationen beachtet werden, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten:

Überempfindlichkeit: Alcuroniumchlorid ist bei Patienten kontraindiziert, die eine bekannte Überempfindlichkeit oder allergische Reaktion auf diesen Wirkstoff oder ähnliche Muskelrelaxanzien haben. Allergische Reaktionen können schwerwiegend sein und Anaphylaxie verursachen.

Neuromuskuläre Erkrankungen: Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen wie Myasthenia gravis, Eaton-Lambert-Syndrom oder anderen Erkrankungen, die die neuromuskuläre Übertragung beeinträchtigen, sollten Alcuroniumchlorid nicht erhalten. Diese Patienten sind besonders empfindlich gegenüber Muskelrelaxanzien und können eine verlängerte oder übermäßige neuromuskuläre Blockade erleben.

Elektrolytstörungen: Schwere Elektrolytstörungen, insbesondere Hypokaliämie (niedriger Kaliumspiegel) und Hypokalzämie (niedriger Kalziumspiegel), können die Wirkung von Alcuroniumchlorid verstärken und zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Patienten mit diesen Störungen sollten vor der Verabreichung des Medikaments entsprechend behandelt werden.

Nieren- oder Leberfunktionsstörungen: Da Alcuroniumchlorid über die Nieren und die Leber eliminiert wird, können Patienten mit schwerer Nieren- oder Leberinsuffizienz eine verlängerte Wirkung des Medikaments erfahren. Diese Patienten benötigen möglicherweise eine reduzierte Dosis und sorgfältige Überwachung.

Schwangerschaft und Stillzeit: Die Anwendung von Alcuroniumchlorid während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte nur erfolgen, wenn der potenzielle Nutzen das Risiko für den Fötus oder das Neugeborene überwiegt. Es gibt begrenzte Daten zur Sicherheit dieses Medikaments in diesen Situationen.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Patienten mit schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere solchen mit instabilen Blutdruckverhältnissen, sollten mit Vorsicht behandelt werden. Alcuroniumchlorid kann den Blutdruck und die Herzfrequenz beeinflussen, was in dieser Patientengruppe zu Komplikationen führen kann.

Die Berücksichtigung dieser Kontraindikationen ist entscheidend, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung mit Alcuroniumchlorid zu gewährleisten und das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen zu minimieren.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Alcuroniumchlorid ist ein nicht-depolarisierendes Muskelrelaxans, das in der Anästhesie verwendet wird. Bei der Anwendung dieses Medikaments können mehrere wichtige Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auftreten, die die Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie beeinflussen können:

Andere Muskelrelaxanzien: Die gleichzeitige Anwendung von Alcuroniumchlorid mit anderen nicht-depolarisierenden Muskelrelaxanzien (wie Pancuronium, Vecuronium) oder depolarisierenden Muskelrelaxanzien (wie Succinylcholin) kann die neuromuskuläre Blockade verstärken und verlängern.

Inhalationsanästhetika: Inhalationsanästhetika wie Isofluran, Sevofluran und Enfluran können die Wirkung von Alcuroniumchlorid verstärken, indem sie die Empfindlichkeit der neuromuskulären Endplatte erhöhen. Eine Anpassung der Alcuroniumchlorid-Dosis kann erforderlich sein, um eine übermäßige Muskelrelaxation zu vermeiden.

Aminoglykosid-Antibiotika: Antibiotika wie Gentamicin, Tobramycin und Streptomycin können die neuromuskuläre Blockade verstärken, indem sie die Freisetzung von Acetylcholin hemmen und die Empfindlichkeit der neuromuskulären Endplatte erhöhen.

Lithium: Lithium kann die neuromuskuläre Blockade verstärken, was zu einer verlängerten Wirkung von Alcuroniumchlorid führen kann. Patienten, die Lithium einnehmen, sollten engmaschig überwacht werden.

Magnesium: Magnesium, insbesondere in hohen Dosen, kann die Wirkung von Alcuroniumchlorid verstärken. Dies ist besonders relevant bei Patienten, die Magnesium zur Behandlung von Präeklampsie oder anderen Zuständen erhalten.

Kalziumkanalblocker: Medikamente wie Verapamil und Diltiazem können die neuromuskuläre Blockade verstärken, indem sie die Freisetzung von Acetylcholin beeinträchtigen.

Diuretika: Bestimmte Diuretika, insbesondere Thiazide und Schleifendiuretika, können Elektrolytstörungen verursachen, die die Wirkung von Alcuroniumchlorid beeinflussen. Insbesondere Hypokaliämie kann die Empfindlichkeit gegenüber dem Muskelrelaxans erhöhen.

Antiarrhythmika: Medikamente wie Procainamid und Chinidin können die Wirkung von Alcuroniumchlorid verstärken und sollten daher mit Vorsicht angewendet werden.

Diese Wechselwirkungen verdeutlichen die Notwendigkeit einer sorgfältigen Überwachung und möglicherweise einer Dosisanpassung bei der Verwendung von Alcuroniumchlorid in Kombination mit anderen Medikamenten. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Anästhesisten und anderen behandelnden Ärzten ist entscheidend, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung zu gewährleisten.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Alcuroniumchlorid nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, gibt es mehrere alternative Muskelrelaxanzien und Behandlungsmethoden, die in der Anästhesie eingesetzt werden können:

Andere nicht-depolarisierende Muskelrelaxanzien:

Rocuronium: Rocuronium hat einen schnellen Wirkungseintritt und eine mittlere Wirkdauer. Es eignet sich gut für die Induktion und Aufrechterhaltung der Muskelentspannung während chirurgischer Eingriffe.

Vecuronium: Vecuronium hat eine mittlere Wirkdauer und ein günstiges Nebenwirkungsprofil. Es ist gut steuerbar und wird häufig in der Anästhesie verwendet.

Atracurium: Atracurium wird organunabhängig metabolisiert und ist daher besonders geeignet für Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen. Es hat eine mittlere Wirkdauer und kann durch spontane Zersetzung (Hofmann-Elimination) abgebaut werden.

Cisatracurium: Ein Isomer von Atracurium, das eine ähnliche Wirkungsweise, aber ein noch günstigeres Nebenwirkungsprofil aufweist.

Depolarisierende Muskelrelaxanzien:

Succinylcholin: Succinylcholin hat einen sehr schnellen Wirkungseintritt und eine kurze Wirkdauer, was es besonders nützlich für die schnelle Muskelentspannung bei Notfallintubationen macht. Es hat jedoch ein höheres Nebenwirkungsprofil und sollte mit Vorsicht verwendet werden.

Alternative Methoden:

Regionalanästhesie: Bei bestimmten chirurgischen Eingriffen kann eine Regionalanästhesie (z.B. Spinal- oder Epiduralanästhesie) eine Alternative sein. Diese Methoden blockieren die Nervenleitung in bestimmten Körperregionen und können eine ausreichende Muskelentspannung ermöglichen, ohne die systemische Wirkung von Muskelrelaxanzien.

Lokalanästhesie: Bei kleineren Eingriffen kann eine Lokalanästhesie verwendet werden, um das Operationsgebiet gezielt zu betäuben.

Multimodale Anästhesie: Eine Kombination verschiedener Anästhetika und Techniken kann verwendet werden, um die gewünschte Muskelentspannung zu erreichen. Dies kann die Verwendung von Sedativa, Analgetika und niedrig dosierten Muskelrelaxanzien beinhalten.

Die Wahl des alternativen Muskelrelaxans oder der Methode sollte individuell auf den Patienten und den spezifischen chirurgischen Eingriff abgestimmt werden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Anästhesisten und Chirurgen ist entscheidend, um die bestmögliche Anästhesiestrategie zu entwickeln.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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