Biperiden

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. August 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Biperiden gehört zu den wichtigsten Antiparkinsonmitteln. Die Basis seiner Wirkung beruht auf der Hemmung von Acetylcholin. Der Wirkstoff ist seit 1953 unter dem Handelsnamen Akneton® auf dem Markt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Biperiden?

Biperiden gehört zu den wichtigsten Antiparkinsonmitteln. Der Wirkstoff ist seit 1953 unter dem Handelsnamen Akneton® auf dem Markt.

Biperiden ist ein Anticholinergikum. Es wirkt derart auf die muskarischen Acetylcholinrezeptoren ein, dass die Wirksamkeit von Acetylcholin besonders im Parasympathikus herabgesetzt wird.

Der Wirkstoff wird u. a. zur symptomatischen Behandlung von Parkinson eingesetzt. Auch bei der Dämpfung der Nebenwirkungen von Psychopharmaka hat Biperiden gute Erfolge aufzuweisen und findet dementsprechend auch auf diesem Gebiet Anwendung. In Arzneimitteln liegt der Wirkstoff als Biperidenhydrochlorid vor.

Das ist chemisch ein weißes, kristallines Pulver, welches sich in Wasser nur schwer auflöst. Neben seinem anticholinergen Einfluss wirkt Biperiden auch stimmungsaufhellend und euphorisierend. Deshalb besteht die Gefahr des Missbrauchs. Biperiden wird in Tablettenform und in Notfällen bei Vergiftungen auch als Injektionslösung verabreicht.

Pharmakologische Wirkung

Biperiden entfaltet seinen Einfluss über die Hemmung der Muskarinrezeptoren für Acetylcholin im Parasympathikus. Dabei wird die Wirkung von Acetylcholin unterdrückt mit der Folge der Reduzierung wichtiger Körperfunktionen, die mit dem Parasympathikus zusammenhängen.

Über welchen Mechanismus können nun die Symptome von Parkinson behandelt werden? Dazu muss man wissen, dass Parkinson durch einen Mangel des Neurotransmitters Dopamin ausgelöst wird. Dieser Mangel resultiert aus dem Absterben von Dopamin produzierenden Nervenzellen. Dopamin sorgt für die Koordinierung der Bewegungsabläufe. Neben Dopamin sind aber auch noch andere Neurotransmitter für die Reizweiterleitung in den Nervenzellen verantwortlich, darunter Acetylcholin.

Durch den Dopaminmangel besteht jedoch ein unausgeglichenes Verhältnis zwischen Acetylcholin und Dopamin. So liegt nun Acetylcholin relativ im Überschuss vor und verstärkt damit die unkoordinierte Reizweiterleitung. Zur Behandlung von Parkinson stehen nun verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder werden Dopaminvorstufen b. z. w. Abbauhemmer für Dopamin eingesetzt oder der relative Überschuss an Acetylcholin wird reduziert.

Auch eine Kombinationsbehandlung ist möglich. Für die Hemmung der Acetylcholinwirkung kommen Anticholinergika, wie Biperiden, in Betracht. Bei der Behandlung mit Anticholinergika muss man jedoch gleichzeitig die Nebenwirkungen, die mit der Hemmung von Acetylcholin einhergehen, in Kauf nehmen.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Das wichtigste Anwendungsgebiet von Biperiden ist, wie bereits dargelegt, die Behandlung der Symptome von Parkinson. Parkinson zeichnet sich allgemein dadurch aus, dass die Bewegungsabläufe zunehmend unkoordiniert und unwillkürlich ablaufen. Ein Hauptsymptom ist die Bewegungsarmut.

Bei schnellen Bewegungen lässt die Geschicklichkeit nach. Hinzu kommen noch Tremor (Zittern) und Muskelsteifheit (Rigor). Weiterhin kommt es zu Gang- und Standunsicherheit. Wie bereits erwähnt, wird Parkinson ursächlich durch ein Ungleichgewicht von Dopamin und Acetylcholin hervorgerufen. Eine Einflussmöglichkeit ist die Behandlung mit Anticholinergika, wie Biperiden.

Bei der Wahl der Mittel muss natürlich auch das Verhältnis von Behandlungserfolg und Nebenwirkungen betrachtet werden. Im Falle von Parkinson schneiden die Anticholinergika im Vergleich zu anderen Mitteln diesbezüglich weniger gut ab. Die auf die Acetylcholinhemmung zurückgehenden Nebenwirkungen spielen doch eine erhebliche Rolle. Häufiger werden Anticholinergika, wie Biperiden, heute beim sekundären Parkinson-Syndrom aufgrund der Behandlung mit Psychopharmaka angewendet.

Bei dieser Behandlung können sogenannte Dyskinesien auftreten. Das sind Störungen des physiologischen Bewegungsablaufs von Organen, Körperteilen oder einer ganzen Körperregion. Diese treten häufig in Form von Krämpfen, krampfartigen Bewegungen oder Tics auf. Hier zeigt der Einsatz von Biperiden gute Erfolge. Weitere Anwendungsgebiete sind noch Vergiftungen mit Pflanzenschutzmitteln oder Nikotin.


Verabreichung & Dosierung

Biperiden ist ein Anticholinergikum, das häufig zur Behandlung von Parkinson-Symptomen sowie zur Linderung von extrapyramidalen Störungen, die durch neuroleptische Medikamente verursacht werden, eingesetzt wird. Bei der Verabreichung und Dosierung von Biperiden gibt es mehrere wichtige Aspekte zu beachten.

Die Dosierung von Biperiden wird individuell angepasst und beginnt in der Regel mit einer niedrigen Dosis, die schrittweise erhöht wird, um die optimale Wirkung zu erzielen und Nebenwirkungen zu minimieren. Typische Anfangsdosierungen liegen bei 2 mg ein- bis zweimal täglich, die je nach Ansprechbarkeit des Patienten auf bis zu 16 mg pro Tag gesteigert werden können. Die maximale Tagesdosis sollte jedoch 16 mg nicht überschreiten.

Biperiden kann oral in Form von Tabletten oder als Injektion verabreicht werden. Bei akuten Parkinson-Symptomen oder medikamentös induzierten Bewegungsstörungen kann die Injektion verwendet werden, um eine schnellere Wirkung zu erzielen.

Es ist wichtig, Biperiden regelmäßig zur gleichen Tageszeit einzunehmen, um gleichbleibende Wirkstoffspiegel im Blut aufrechtzuerhalten.

Patienten mit Glaukom, Prostatahypertrophie oder anderen Harnverhaltungsproblemen sollten Biperiden nur unter strenger ärztlicher Aufsicht einnehmen, da das Medikament die Symptome dieser Erkrankungen verschlimmern kann. Auch bei älteren Patienten ist besondere Vorsicht geboten, da sie anfälliger für Nebenwirkungen wie Verwirrtheit, Schwindel und Mundtrockenheit sind.

Darüber hinaus kann Biperiden Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben, insbesondere mit zentral dämpfenden Substanzen wie Alkohol, Beruhigungsmitteln und anderen Anticholinergika. Daher sollten Patienten ihren Arzt über alle anderen eingenommenen Medikamente informieren.

Risiken & Nebenwirkungen

Der Einsatz von Biperiden ruft aufgrund seiner anticholinergen Eigenschaften verschiedene typische Nebenwirkungen hervor. Dazu gehört Mundtrockenheit durch die Reduzierung der Sekret- und Speichelproduktion, Verstopfung, Verdauungsstörungen, Harnverhalten und vermindertes Schwitzen.

Auch Sehstörungen und die Erhöhung der Herzfrequenz können auftreten. Weiterhin beobachtet man auch zentralnervöse Störungen, wie Schwindel, Müdigkeit, Erregbarkeit oder gar Halluzinationen. Diese Nebenwirkungen sind die Folge einer reduzierten Acetylcholinwirkung. Es gibt aber auch wie bei allen Medikamenten direkte Überempfindlichkeiten gegen Biperiden.

In diesem Fall, bei Epilepsie, bei Demenz und bei Verengungen im Magen-/Darmkanal ist sein Einsatz kontraindiziert. Das gilt auch bei Herzrhythmusstörungen und Muskelschwäche. Während der Schwangerschaft und der Stillzeit sollte Biperiden nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Biperiden betreffen vor allem Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen, bei denen das Medikament zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands führen könnte. Eine der wichtigsten Kontraindikationen ist das Vorhandensein eines Engwinkelglaukoms. Biperiden kann den Augeninnendruck erhöhen, was bei Patienten mit dieser Form des Glaukoms eine akute Verschlechterung auslösen kann und unter Umständen zu dauerhaften Sehschäden führen könnte.

Ein weiteres wesentliches Risiko besteht bei Patienten mit Prostatahypertrophie und Harnverhalt. Da Biperiden die Blasenmuskulatur beeinflusst und die Fähigkeit zur Blasenentleerung beeinträchtigen kann, erhöht sich das Risiko für einen akuten Harnverhalt, was zu ernsthaften Komplikationen führen könnte.

Patienten mit mechanischen Stenosen im Magen-Darm-Trakt sollten Biperiden ebenfalls meiden. Das Medikament kann die Magen- und Darmmotilität reduzieren, was bei diesen Patienten zu einer Verschlechterung der Symptome und möglicherweise zu einem Darmverschluss führen kann.

Auch bei Patienten mit schwerer Myasthenia gravis ist Biperiden kontraindiziert, da es die neuromuskuläre Übertragung hemmen und dadurch die Muskelschwäche verstärken kann, was zu einer lebensbedrohlichen Verschlechterung des Zustands führen könnte.

Schließlich sollten Patienten, die auf Biperiden oder ähnliche Anticholinergika allergisch reagieren, das Medikament nicht einnehmen. Überempfindlichkeitsreaktionen können sich in Form von Hautausschlägen, Atemnot oder anderen allergischen Symptomen äußern und erfordern eine sofortige ärztliche Intervention.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Bei der Verwendung von Biperiden bestehen mehrere potenzielle Interaktionen mit anderen Medikamenten, die zu verstärkten Nebenwirkungen oder verminderten therapeutischen Effekten führen können. Biperiden ist ein Anticholinergikum und kann durch seine Wirkung auf das zentrale Nervensystem und den Körper generell die Effekte anderer Medikamente beeinflussen.

Eine wichtige Interaktion besteht mit anderen zentral dämpfenden Substanzen wie Benzodiazepinen, Barbituraten, Schlafmitteln und Alkohol. Die gleichzeitige Einnahme kann zu einer verstärkten Sedierung, Schläfrigkeit und Verwirrung führen. Dies ist besonders bei älteren Patienten riskant, da es das Risiko für Stürze und andere Unfälle erhöht.

Biperiden kann auch die Wirkung anderer Anticholinergika wie Atropin oder bestimmte Antihistaminika verstärken, was zu einer additiven anticholinergen Belastung führt. Dies kann Symptome wie Mundtrockenheit, Verstopfung, Harnverhalt und Sehstörungen verstärken.

Die gleichzeitige Anwendung von Biperiden mit Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmern) kann zu einer Erhöhung des Blutdrucks und anderen zentralen Effekten führen, weshalb diese Kombination vermieden oder nur unter strenger ärztlicher Überwachung angewendet werden sollte.

Außerdem kann Biperiden die Wirkung von Medikamenten gegen Parkinson, wie Levodopa, verändern. Während es helfen kann, die Parkinson-Symptome zu kontrollieren, kann die Kombination die Nebenwirkungen von Levodopa, wie Halluzinationen oder Verwirrung, verstärken.

Auch die Einnahme von Antipsychotika kann durch Biperiden beeinflusst werden. Obwohl Biperiden verwendet wird, um extrapyramidale Nebenwirkungen von Antipsychotika zu behandeln, kann es auch die Wirkung dieser Medikamente verändern und das Risiko von zentralnervösen Nebenwirkungen erhöhen.

Patienten sollten ihren Arzt über alle Medikamente informieren, die sie einnehmen, um potenziell gefährliche Wechselwirkungen zu vermeiden.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Biperiden nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, gibt es mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe, die zur Linderung von Parkinson-Symptomen oder medikamentös bedingten Bewegungsstörungen eingesetzt werden können.

Eine Alternative zu Biperiden ist Amantadin, ein Antiparkinsonmittel, das sowohl dopaminerge als auch anticholinerge Eigenschaften besitzt. Amantadin kann bei der Linderung von Parkinson-Symptomen wie Tremor, Rigor und Bradykinesie hilfreich sein und wird oft gut vertragen.

Ein weiterer alternativer Wirkstoff ist Levodopa, das in Kombination mit einem Decarboxylase-Hemmer (wie Carbidopa oder Benserazid) eingesetzt wird. Levodopa wird im Gehirn in Dopamin umgewandelt und ist besonders wirksam bei der Behandlung von Parkinson-Symptomen. Allerdings muss die Dosierung sorgfältig überwacht werden, da langfristige Einnahme zu Wirkungsfluktuationen und Dyskinesien führen kann.

Dopaminagonisten wie Pramipexol oder Ropinirol bieten eine weitere Option. Sie stimulieren die Dopaminrezeptoren direkt und können bei Patienten eingesetzt werden, die empfindlich auf Levodopa reagieren oder bei denen Levodopa nicht ausreichend wirkt. Diese Medikamente haben den Vorteil, dass sie das Fortschreiten der Erkrankung verzögern und weniger motorische Komplikationen verursachen.

Für Patienten mit medikamentös induzierten Bewegungsstörungen, wie durch Antipsychotika verursachte Dyskinesien, kann die Umstellung auf ein atypisches Antipsychotikum wie Clozapin oder Quetiapin eine Option sein. Diese Medikamente haben ein geringeres Risiko für extrapyramidale Nebenwirkungen und können so das Auftreten von Bewegungsstörungen verringern.

Nicht-medikamentöse Ansätze wie Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie spielen ebenfalls eine wichtige Rolle in der Behandlung von Parkinson-Symptomen, indem sie die Beweglichkeit, Kraft und Kommunikationsfähigkeiten der Patienten verbessern.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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