Amantadin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Juli 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Amantadin findet als Wirkstoff Verwendung bei Influenza A sowie beim Parkinson-Syndrom. Es ist verschreibungspflichtig und unter verschiedenen Handelsnamen erhältlich, überwiegend in Form von Tabletten und außerdem als Infusion.
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Was ist Amantadin?
Das Arzneimittel Amantadin ist ein Derivat von Adamantan. Es eignet sich zur Behandlung einer Grippeinfektion vom Typ Influenza A sowie eines Morbus Parkinson. Damit zählt es zu den Gruppen der Virustatika und Antiparkinsonmittel. Es wird überwiegend in Tablettenform verordnet, die 100 mg, 150 mg beziehungsweise 200 mg der Stoffe Amantadinhydrochlorid oder Amantadinhemisulfat enthalten. Dosis und Darreichungsform legt der behandelnde Arzt individuell fest.
Als weitere mögliche Anwendung ist ein vermuteter positiver Einfluss von Amantadin in der Therapie der Entzugserscheinungen von Kokainabhängigen in der Diskussion. Ferner wird das Medikament in der Behandlung von Multiple Sklerose eingesetzt.
Pharmakologische Wirkung
Der Wirkstoff Amantadin hemmt die Freisetzung von viralen Erbinformationen ins Zytoplasma der Wirtszelle und blockiert so das in der Zellmembran vorhandene M2-Ionenkanalprotein. Dieser Effekt lässt sich mit einer therapeutischen Dosierung von Amantadin jedoch nur bei Grippeviren des Typs Influenza A erzielen. Durch eine mögliche Mutation des M2-Gens kann sich eine Virusresistenz gegen Amantadin bilden.
Für eine wirksame Bekämpfung von Viren des Typs Influenza B sowie weiteren derartigen Viren müsste Amantadin überdosiert werden, weshalb es hier nicht zum Einsatz kommt.
Der exakte Wirkungsmechanismus des Amantadins bei Parkinson-Erkrankungen ist noch nicht völlig klar. Vermutet wird, dass es als schwacher Antagonist vom MNDA-Glutamat-Rezeptor-Typ das Freisetzen von Dopamin steigert und so eine Wiederaufnahme von Dopamin verhindert. Damit wirkt es positiv bei einer Behandlung von Morbus Parkinson.
Außerdem bewährt es sich bei einem medikamenteninduzierten Parkinsonismus sowie kombiniert mit L-DOPA zur Therapie von L-DOPA-bedingten Dyskinesien. Nach der Verabreichung von Amantadin lässt sich eine Verringerung von Parkinsonsymptomen beobachten.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Amantadin hemmt die Vermehrung von Viren und lindert die Symptome einer Parkinsonerkrankung.
Das Arzneimittel Amantadin kann vorbeugend bei ungeimpften sowie geimpften Personen angewandt werden, wenn eine Infektionsgefahr mit dem Grippevirus Typ A droht. Bei einer bereits durch Influenza-A-Viren verursachten Grippeerkrankung kann Amantadin die Dauer des Fiebers um circa einen Tag reduzieren. Dazu mindert es das sonst bei einer „echten“ Grippe ausgeprägte Krankheitsgefühl. Am besten wird Amantadin schnellstmöglich nach Grippeeintritt verordnet, um sein volles Potenzial zu entfalten. Es sollte nach Beendigung der Krankheitssymptome noch ein bis zwei Tage darüber hinaus eingenommen werden.
Amantadin zur Vorbeugung und Behandlung einer Virusgrippe vom Typ A sollte bei Kindern erst ab einem Alter von 5 Jahren eingesetzt werden. Bei älteren Personen sollte das Medikament vorsichtig dosiert werden, vor allem, wenn es sich um delirante Patienten sowie um welche mit Erregungs- und Verwirrtheitszuständen handelt. Schwangeren und Stillenden wird von einer Behandlung mit Amantadin abgeraten.
In der Parkinson-Therapie verringert Amantadin die dafür typische erhöhte Aktivität der acetylchoninergen striatalen Interreurone. Außerdem hemmt es als schwacher NMDA-Rezeptor-Antagonist die Wirkung von glutamatergen Projektionen aus dem Cortex. Zwar ist die exakte Wirkweise von Amantadin in der Therapie von Morbus Parkinson noch nicht vollständig geklärt. Die Resultate überzeugen dennoch. Die mit dieser Erkrankung verbundenen unübersehbaren Symptome lindert Amantadin spürbar. Es verringert das Zittern - den Tremor, es reduziert die Bewegungsstörungen - die Akinesie, und es mindert die körperliche Starre - den Rigor.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Amantadin, einem Medikament zur Behandlung von Parkinson-Krankheit und bestimmten Virusinfektionen, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten. Amantadin wird oral in Form von Tabletten, Kapseln oder einer Lösung eingenommen. Die genaue Dosierung hängt von der jeweiligen Erkrankung, dem Alter des Patienten und anderen individuellen Faktoren ab.
Für die Behandlung der Parkinson-Krankheit beträgt die Anfangsdosis für Erwachsene in der Regel 100 mg täglich, die nach ein bis zwei Wochen auf 200 mg täglich erhöht werden kann, verteilt auf zwei Dosen. Bei älteren Patienten oder solchen mit eingeschränkter Nierenfunktion kann eine niedrigere Anfangsdosis erforderlich sein, um das Risiko von Nebenwirkungen zu verringern.
Bei der Behandlung von Virusinfektionen wie Influenza beträgt die empfohlene Dosis für Erwachsene normalerweise 200 mg täglich, entweder als Einzeldosis oder aufgeteilt in zwei Dosen. Bei Kindern und älteren Patienten wird die Dosis entsprechend dem Körpergewicht und der Nierenfunktion angepasst.
Es ist wichtig, die Anweisungen des Arztes genau zu befolgen und die Dosis nicht eigenmächtig zu ändern. Amantadin sollte regelmäßig eingenommen werden, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Das plötzliche Absetzen des Medikaments kann zu einer Verschlechterung der Symptome führen.
Nebenwirkungen wie Schwindel, Übelkeit, Schlaflosigkeit und Halluzinationen können auftreten, weshalb Patienten überwacht werden sollten. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind wichtig, um die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Behandlung zu überprüfen. Patienten mit einer Vorgeschichte von Anfallsleiden oder schwerer Herz-, Leber- oder Nierenerkrankung sollten besonders vorsichtig sein und engmaschig überwacht werden.
Risiken & Nebenwirkungen
Bei der Einnahme von Amantadin können bei Patienten verschiedene Nebenwirkungen auftreten, deren Häufigkeit als gelegentlich beschrieben wird:
- Stimmungsbeeinträchtigungen wie Euphorie oder Depressionen
- Wahrnehmungsbeeinträchtigungen wie Verwirrtheit, Albträume oder Halluzinationen
- Schlafstörungen
- Störungen beim Wasserlassen
- Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall
- Blutdruckschwankungen
Die Verkehrstüchtigkeit und das Arbeiten mit Maschinen können durch verminderte Aufmerksamkeit und eventuell herabgesetztes Sehvermögen unter einer Therapie mit Amantadin beeinträchtigt sein.
Wegen komplexer Wechselwirkungen mit zahlreichen Medikamenten ist der behandelnde Arzt über die Einnahme weiterer Präparate zu informieren. Ebenso ist Amantadin bei vielfältigen chronischen und akuten Erkrankungen mit Vorsicht einzusetzen.
Amantadin ist kontraindiziert bei:
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Herzmuskelschwäche im Stadium NYHA IV
- Kardiomyopathie und Myokarditis
- AV-Block II. und III. Grades
- Bradykardie
- angeborenem QT-Syndrom und ähnlichen Herzkrankheiten
- Herzarrhythmie
- erniedrigtem Kalzium- und Magnesiumspiegel im Blut
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Amantadin betreffen verschiedene medizinische Zustände und Patientengruppen, bei denen das Medikament nicht angewendet werden sollte. Zu den wichtigsten Kontraindikationen gehören:
Überempfindlichkeit: Patienten mit einer bekannten Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Amantadin oder einen der sonstigen Bestandteile des Medikaments sollten Amantadin nicht einnehmen, da es zu schweren allergischen Reaktionen kommen kann.
Schwere Nierenerkrankungen: Da Amantadin hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird, ist es bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz kontraindiziert. Eine unzureichende Nierenfunktion kann zu einer Akkumulation des Medikaments und toxischen Effekten führen.
Schwangerschaft und Stillzeit: Amantadin sollte während der Schwangerschaft und Stillzeit vermieden werden, da es potenziell teratogene Effekte haben kann und in die Muttermilch übergeht, was das Risiko für den Säugling erhöht.
Herzerkrankungen: Patienten mit schweren Herzrhythmusstörungen oder dekompensierter Herzinsuffizienz sollten Amantadin nicht verwenden, da das Medikament kardiovaskuläre Nebenwirkungen wie QT-Verlängerung verursachen kann.
Psychiatrische Erkrankungen: Amantadin kann psychiatrische Symptome wie Halluzinationen, Verwirrtheit und Wahnvorstellungen verschlimmern. Daher ist es bei Patienten mit schweren psychiatrischen Erkrankungen wie unbehandelten Psychosen kontraindiziert.
Anfallsleiden: Patienten mit einer Vorgeschichte von Epilepsie oder anderen Anfallsleiden sollten Amantadin meiden, da es das Risiko für Krampfanfälle erhöhen kann.
Engwinkelglaukom: Amantadin kann den Augeninnendruck erhöhen, weshalb es bei Patienten mit unbehandeltem Engwinkelglaukom kontraindiziert ist.
Diese Kontraindikationen müssen vor Beginn der Behandlung sorgfältig überprüft werden. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Arzt und regelmäßige Überwachung sind entscheidend, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie zu gewährleisten.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Bei der Verwendung von Amantadin bestehen mehrere potenzielle Interaktionen mit anderen Medikamenten, die sowohl die Wirksamkeit als auch die Sicherheit der Behandlung beeinflussen können. Zu den wichtigsten Interaktionen gehören:
Anticholinergika: Amantadin kann die anticholinergen Nebenwirkungen von Medikamenten wie Atropin, Scopolamin und bestimmten Antidepressiva verstärken. Diese Nebenwirkungen umfassen Verwirrung, Halluzinationen, Harnverhalt und trockenen Mund.
ZNS-stimulierende Mittel: Die Kombination von Amantadin mit anderen zentralnervös stimulierenden Mitteln wie Methylphenidat oder Amphetaminen kann zu einer verstärkten Stimulation des Zentralnervensystems führen, was das Risiko von Nervosität, Unruhe und Schlaflosigkeit erhöht.
Diuretika: Diuretika wie Hydrochlorothiazid und Furosemid können die Ausscheidung von Amantadin über die Nieren beeinflussen und zu erhöhten Blutspiegeln des Medikaments führen. Dies kann das Risiko von Nebenwirkungen wie Verwirrung und Halluzinationen erhöhen.
Antipsychotika: Die gleichzeitige Anwendung von Amantadin und Antipsychotika wie Haloperidol oder Chlorpromazin kann die Wirkung dieser Medikamente auf die Dopaminrezeptoren beeinträchtigen und deren therapeutische Wirksamkeit verringern.
Levodopa: Bei der Behandlung der Parkinson-Krankheit kann Amantadin zusammen mit Levodopa angewendet werden, um die Wirksamkeit zu erhöhen. Es ist jedoch wichtig, die Dosierung sorgfältig zu überwachen, um unerwünschte Wirkungen wie Halluzinationen und Verwirrung zu vermeiden.
Andere antivirale Medikamente: Die gleichzeitige Anwendung von Amantadin mit anderen antiviralen Medikamenten wie Rimantadin kann die antivirale Wirkung verstärken oder Nebenwirkungen wie Übelkeit und Schlaflosigkeit erhöhen.
QT-verlängernde Medikamente: Amantadin kann das QT-Intervall verlängern, daher sollte es mit Vorsicht zusammen mit anderen Medikamenten angewendet werden, die ebenfalls das QT-Intervall verlängern, wie bestimmte Antidepressiva, Antipsychotika und Antiarrhythmika.
Patienten sollten ihren Arzt über alle eingenommenen Medikamente informieren, um potenzielle Wechselwirkungen zu vermeiden und die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung mit Amantadin zu gewährleisten. Regelmäßige Überwachung und Anpassung der Medikation sind erforderlich, um unerwünschte Effekte zu minimieren.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Amantadin nicht vertragen wird, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, insbesondere für die Behandlung von Parkinson-Krankheit und Influenza.
Alternativen bei der Parkinson-Krankheit:
Levodopa/Carbidopa: Dies ist die Standardtherapie für Parkinson-Patienten. Levodopa wird im Gehirn zu Dopamin umgewandelt und lindert die Symptome der Krankheit. Carbidopa verhindert, dass Levodopa vorzeitig abgebaut wird, was die Wirksamkeit erhöht und Nebenwirkungen reduziert.
Dopaminagonisten: Medikamente wie Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin wirken direkt auf die Dopaminrezeptoren im Gehirn und können die Symptome von Parkinson lindern. Sie sind eine gute Alternative für Patienten, die Levodopa nicht vertragen oder zusätzlich zu Levodopa eine weitere Therapie benötigen.
MAO-B-Hemmer: Selegilin und Rasagilin hemmen das Enzym Monoaminoxidase-B, das Dopamin abbaut. Dies erhöht die Verfügbarkeit von Dopamin im Gehirn und kann die Symptome von Parkinson lindern.
COMT-Hemmer: Entacapon und Tolcapon verhindern den Abbau von Levodopa im Körper, wodurch dessen Wirksamkeit verlängert wird.
Anticholinergika: Trihexyphenidyl und Benztropin können helfen, Tremor und Muskelsteifigkeit zu reduzieren, insbesondere bei jüngeren Patienten.
Alternativen bei Influenza:
Neuraminidase-Inhibitoren: Oseltamivir (Tamiflu) und Zanamivir (Relenza) sind antivirale Medikamente, die die Vermehrung des Influenzavirus im Körper verhindern und die Dauer der Krankheit verkürzen können.
Baloxavir Marboxil: Dieses neuere antivirale Medikament hemmt die virale RNA-Polymerase und verhindert die Replikation des Virus. Es ist besonders wirksam, wenn es frühzeitig nach dem Auftreten der Symptome eingenommen wird.
Nicht-medikamentöse Ansätze:
Physiotherapie: Besonders bei Parkinson-Patienten kann Physiotherapie helfen, die Beweglichkeit zu verbessern, die Muskelkraft zu erhalten und die Lebensqualität zu steigern.
Ernährungsberatung: Eine ausgewogene Ernährung kann die allgemeine Gesundheit unterstützen und spezifische Symptome lindern.
Impfschutz: Die jährliche Grippeimpfung ist eine wirksame Präventionsmaßnahme gegen Influenza und kann das Risiko schwerer Erkrankungen verringern.
Diese alternativen Behandlungsmethoden und Wirkstoffe bieten verschiedene Optionen, wenn Amantadin nicht vertragen wird, und können individuell angepasst werden, um die bestmögliche therapeutische Wirkung zu erzielen.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor