Clozapin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Clozapin ist ein Neuroleptikum. Es dient zur Therapie von Schizophrenie und Psychosen, wenn andere Medikamente dafür ungeeignet sind.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Clozapin?

Clozapin zählt zu den atypischen Neuroleptika. Das bedeutet, dass es im Zentralnervensystem an die Rezeptoren der Botenstoffe Serotonin und Dopamin gebunden wird, wo es die Andockstellen blockiert.
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Das verschreibungspflichtige Antipsychotikum Clozapin wird zur Gruppe der Neuroleptika gezählt. Der Wirkstoff kommt zum Einsatz, wenn andere Arzneimittel bei der Behandlung von Psychosen oder Schizophrenie entweder nicht die erhoffte Wirkung zeigen oder der Patient sie nicht verträgt. Vor der Anwendung des Neuroleptikums muss ein Blutbild des Erkrankten erstellt werden.

Die Entwicklung von Clozapin fand Ende der 1950er Jahre durch die Schweizer Wander AG statt. Dabei wurde unter ca. 2000 unterschiedlichen Stoffen ein Screening zur Herstellung von neuen Antidepressiva vorgenommen. 1960 wurde der Wirkstoff patentiert, wobei seine antipsychotischen Effekte zunächst unentdeckt blieben. Mitte der 1960er Jahre fanden weitere Versuche an Menschen statt, die unter chronisch-produktiver Schizophrenie litten. Im Rahmen der Studien bemerkten die Forscher schließlich auch die antipsychotische Wirkung von Clozapin.

Auf den Markt gelangte das Medikament 1972 unter der Präparatbezeichnung Leponex®, das in Europa oft verschrieben wurde. 1975 kam es jedoch in Finnland bei mehreren Patienten zu Agranulozytose-Fällen mit tödlichem Verlauf, für deren Auslösung Clozapin verantwortlich war. Aus diesem Grund erließen mehrere Staaten wie Deutschland spezielle Regelungen für den Gebrauch des Arzneimittels. So war der Arzt verpflichtet, dem Hersteller die Verordnung von Clozapin mitzuteilen, woraufhin er ein Informationspaket über das Mittel erhielt. Erst nach schriftlicher Zusicherung des Arztes, die Daten zu berücksichtigen, durfte er das Antipsychotikum verschreiben. 1990 gelangte der Wirkstoff auch in den USA unter dem Handelsnamen Clozaril® auf den Markt. In den folgenden Jahren wurden mehrere Generika herausgegeben.

Bis heute ist Clozapin, trotz zahlreicher Bemühungen der Forschung, das einzige Mittel dieser Art geblieben, von dem in hoher Dosierung keine Parkinson-Symptome verursacht werden. Da andere Neuroleptika wie Risperidon oder Quetiapin kein höheres Agranulozytose-Risiko in sich bergen, erhalten sie gegenüber Clozapin jedoch oft den Vorzug.

Pharmakologische Wirkung

Clozapin zählt zu den atypischen Neuroleptika. Das bedeutet, dass es im Zentralnervensystem an die Rezeptoren der Botenstoffe Serotonin und Dopamin gebunden wird, wo es die Andockstellen blockiert. Kommt es zu einem Überschuss an Dopamin, macht sich dies durch eine veränderte Denkweise und Selbstwahrnehmung bemerkbar. Außerdem sind Wahnvorstellungen möglich.

Indem Clozapin die Dopamin-Rezeptoren blockiert, können sich die Funktionen des Gehirns wieder normalisieren. Angststörungen sowie Erregungszustände werden abgemildert und Konzentration und Gedächtnis verbessern sich.

Die Aufnahme von Clozapin ins Blut erfolgt beinahe komplett über den Magen-Darm-Trakt. Die Verstoffwechselung findet zum größten Teil innerhalb der Leber statt. Ausgeschieden wird der Wirkstoff über Stuhl und Urin. Es dauert 8 bis 16 Stunden, bis das Clozapin den Körper wieder verlässt.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Eingesetzt wird Clozapin zur Therapie von schwerer Schizophrenie. Da das Neuroleptikum jedoch starke Nebenwirkungen aufweist, gelangt es nur dann zum Einsatz, wenn sich mit anderen Medikamenten keine Besserung der Beschwerden erreichen lässt. Gleiches gilt für das Bekämpfen von schweren Psychosen im Rahmen der Parkinson-Krankheit. Auch hier erfolgt die Behandlung erst nach einem Versagen der üblichen Therapie.

In den meisten Fällen wird Clozapin in Tablettenform verabreicht. Mitunter kann auch eine Injektion per Spritze stattfinden. Wie hoch die Dosis des Neuroleptikums ausfällt, bestimmt der behandelnde Arzt von Fall zu Fall. In der Regel erhält der Patient zunächst eine niedrige Dosis, die dann im weiteren Therapieverlauf nach und nach angehoben wird. Geht die Behandlung dem Ende entgegen, ist es ratsam, die Dosierung langsam wieder zu verringern.

Bevor eine Therapie mit Clozapin stattfinden darf, muss das Blutbild des Patienten einen normalen Leukozytenwert aufweisen. Das heißt, dass die Anzahl der Leukozyten (weiße Blutkörperchen) sowie das Differentialblutbild normalen Werten entsprechen muss.

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Risiken & Nebenwirkungen

Da es durch eine Behandlung mit Clozapin zu einer Leukopenie (Mangel an weißen Blutkörperchen) oder einer Agranulozytose (Granulozytenmangel) kommen kann, ist es notwendig, den Patienten während der Behandlung regelmäßigen Blutbildkontrollen zu unterziehen.

Zu den häufigsten Nebenwirkungen des Neuroleptikums gehören Herzrasen, Verstopfung, Schläfrigkeit sowie übermäßiger Speichelfluss. Des Weiteren sind Sehstörungen, eine Zunahme an Gewicht, ein Abfall des Blutdrucks nach dem Aufstehen, Zittern, Kopfschmerzen, Tics, Probleme beim Stillsitzen, Krampfanfälle, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Bluthochdruck, Mundtrockenheit, Fieber, Probleme mit der Temperaturregulation sowie Schwierigkeiten beim Wasserlassen möglich. In seltenen Fällen drohen eine Überzuckerung samt Stoffwechselentgleisung, eine schwere Herzmuskelentzündung, ein Kreislaufkollaps, eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung oder eine schwere Lebernekrose, bei der das Lebergewebe abstirbt.

Besteht eine Überempfindlichkeit des Patienten gegenüber Clozapin, muss auf die Anwendung des Neuroleptikums verzichtet werden. Das Gleiche gilt, wenn es beim Patienten bei früheren Clozapin-Therapien zu Agranulozytose kam, Störungen des Blutbilds oder Knochenmarkschädigungen vorliegen.

Darüber hinaus darf der Patient während der Behandlung keine Stoffe erhalten, die Blutbildstörungen bei ihm verursachen könnten. Weitere Gegenanzeigen sind vergiftungsbedingte Psychosen, unbehandelte Epilepsien, Bewusstseinstrübungen, ausgeprägte Störungen der Hirnleistung, Gelbsucht, Erkrankungen der Leber, Herz- oder Nierenerkrankungen sowie Darmlähmungen.

Eine Behandlung von schwangeren und stillenden Frauen mit Clozapin ist untersagt. Es besteht die Gefahr, dass die Kinder durch Entzugserscheinungen oder Bewegungsstörungen geschädigt werden.

Auch Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln können auftreten. Zum Beispiel wird die Wirkung von Clozapin durch die Einnahme von Erythromycin und Cimetidin verstärkt. Außerdem wirken sich Nikotin und Koffein auf die Effekte des Neuroleptikums aus, sodass der Patient seinen Konsum während der Behandlung nicht plötzlich ändern sollte.

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