Organogenese

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Organogenese bezeichnet den Prozess der Entwicklung der Organanlagen während der Embryogenese. Beim Menschen beginnt die Organogenese während der ersten bis zweiten Embryonalwoche und endet etwa am 61. Schwangerschaftstag mit dem Beginn der Fetogenese.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Organogenese

Die Organogenese bezeichnet den Prozess der Entwicklung der Organanlagen während der Embryogenese. Beim Menschen beginnt die Organogenese während der ersten bis zweiten Embryonalwoche und endet etwa am 61. Schwangerschaftstag

Während der Organogenese entstehen aus den unterschiedlichen Keimblättern die Organe. Als Keimblätter bezeichnet man Gewebestrukturen, die sich im Rahmen der Embryogenese bilden. Beim Menschen wird zwischen drei Keimblättern unterschieden. Aus Entoderm, Mesoderm und Ektoderm entstehen unterschiedliche Organe.

Neben dem Prozess der natürlichen Organogenese bezeichnet man auch die Entwicklung künstlicher Organe oder künstlicher Organteile im Reagenzglas als Organogenese.

Funktion & Aufgabe

Die schnellste Entwicklung des Embryos findet in der frühen Embryogenese statt. Hier entstehen die drei Keimblätter, aus denen dann im Rahmen der Organogenese die Organe hervorgehen. Aus dem Entoderm, dem inneren Keimblatt bilden sich der Verdauungstrakt, Leber, Bauchspeicheldrüse, Schilddrüse, Thymus, Atmungstrakt, Harnblase und Harnröhre.

Besonders interessant ist die embryonale Leberentwicklung. Die Leber, das zentrale Stoffwechsel- und Entgiftungsorgan des menschlichen Körpers, geht aus einer einzigen Knospe des Entoderms hervor. Durch schrittweise Gewebsvermehrung entsteht dann das reife Organ. Dabei kann die Entwicklung des Leber-Galle-Systems in zwei Schritte unterteilt werden. Zunächst erfolgt die Entwicklung des Funktionsgewebes von Leber, Gallenblase und Gallenwegen. Anschließend entwickelt sich das intrahepatische Gefäßsystem, also das Gefäßsystem innerhalb der Leber.

Aus dem Ektoderm, dem oberen Keimblatt des Embryoblasten, bilden sich die Haut, das Nervensystem, die Sinnesorgane und die Zähne. Das Nervensystem entsteht aus dem Neuralrohr, welches sich wiederum ab dem 25. Entwicklungstag durch Vereinigung der beiden Neuralfalten bildet. Mitte der sechsten Woche ist die Bildung des Neuralrohrs und damit die Anlage des Nervensystems abgeschlossen.

Aus dem Mesoderm, dem mittleren Keimblatt, entwickeln sich Knochen, Skelettmuskulatur, Bindegewebe, Herz, Blutgefäße, Blutkörperchen, Milz, Lymphknoten, Lymphgefäße, Nebennierenrinde, Nieren, Keimdrüsen, die inneren Geschlechtsorgane und die glatte Muskulatur der Bauchorgane.

Das Herz-Kreislauf-System ist das erste Organsystem, das im Körper des Embryos seine Arbeit aufnimmt. Bereits ab der dritten Schwangerschaftswoche ist das Herz-Kreislauf-System funktionsfähig. Während der Herzentwicklung besteht das Herz zeitweise nur aus einem Vorhof und einer Kammer. Erst durch eine komplizierte Bildung von verschiedenen Wänden erfolgt eine Trennung in zwei Herzkammern und zwei Herzvorhöfe.

Insbesondere die Schädelentwicklung des embryonalen Kopfes ist ein äußerst komplexer Vorgang. Das Anlagematerial für den Schädel stammt aus der Neuralleiste, dem Mesoderm, den beiden oberen Schlundbögen und den sogenannten Okzipitalsomiten.

Nach Abschluss der Organogenese und dem Ende der Embryogenese ist die menschliche Gestalt des Ungeborenen schon deutlich erkennbar. Nach und nach differenzieren sich die Organe dann im Rahmen der Fetogenese aus und übernehmen ihre spätere Endfunktion.


Krankheiten & Beschwerden

Durch Störungen in den verschiedenen Entwicklungsstadien der Organogenese kann es zu vielen klinisch relevanten Erkrankungen kommen. Bis zum Beginn der Fetogenese ist das Ungeborene besonders anfällig für äußere Störfaktoren, sodass besonders in den ersten Schwangerschaftswochen ein höheres Risiko für Fehlgeburten und Missbildungen des Embryos besteht.

Kommt es während der Organogenese zu einem unvollständigen Verschluss des Neuralrohrs, so sind Neuralrohrdefekte die Folge. Die Fehlbildungen können dabei unterschiedlich in Erscheinung treten. Häufigster Neuralrohrdefekt ist die Anenzephalie. Bei der Anenzephalie sind große Teile des Gehirns, der Hirnhäute und der Schädelknochen nicht vollständig entwickelt. Die Anenzephalie entsteht bereits vor dem 26. Tag der Schwangerschaft. Lebend geborene Kinder mit dieser Fehlbildung versterben meist innerhalb weniger Stunden nach der Geburt.

Eine weitere Neuralrohrfehlbildung ist die Spina bifida. Diese Fehlbildung entwickelt sich ungefähr zwischen dem 22. und dem 28. Tag der Embryogenese. Spina bifida ist auch unter der Bezeichnung "offener Rücken" bekannt, da bei Kindern mit dieser Erkrankung der Wirbelbogen oder sogar die Rückenmarkshäute zweigespalten sind. Neuralrohrdefekte werden in der Regel durch einen Folsäuremangel verursacht.

Beim komplizierten Vorgang der Herzentwicklung können zahlreiche Fehlbildungen entstehen. Die meisten Fehlbildungen werden durch Störungen während der Kammerbildung verursacht. Der Ventrikelseptumdefekt ist eine solche angeborene Fehlbildung des Herzens. Hier hat sich die Herzscheidewand zwischen den beiden Herzkammern nicht komplett verschlossen. Je nach Größe des Defekts kann es zu einem sogenannten Links-Rechts-Shunt kommen. Dabei strömt aufgrund der Druckverhältnisse sauerstoffreiches Blut aus der linken Herzkammer in die rechte Herzkammer. Durch das zusätzliche Blutvolumen wird die rechte Herzkammer belastet. Es kommt zu einer Erweiterung des Herzens mit der Gefahr einer späteren Herzinsuffizienz.

Es können auch kombinierte Fehlbildungen auftreten. Eine solche ist die Fallot-Tetralogie. Dabei gesellen sich zu dem Ventrikelseptumdefekt eine Vergrößerung des rechten Herzens, eine Einengung der Pulmonalarterie und eine sogenannte "reitende Aorta", eine Anomalie des Aortenbogens.

Natürlich kann auch jedes andere Organ von Störungen in der Organogenese betroffen sein.

Insbesondere der Konsum von Alkohol und die Einnahme von Arzneimitteln erhöhen das Risiko, dass das Ungeborene eine Fehlbildung während der Organogenese erleidet. Ein bekanntes Beispiel für fehlbildungsfördernde Medikamente ist sicherlich Thalidomid. Der Arzneistoff wurde als Schlafmittel unter dem Markennamen Contergan verkauft und führte in den späten 50er Jahren zu zahlreichen schweren Schädigungen in der Embryonalentwicklung.

Fehlbildungen können zudem durch verschiedene Erreger verursacht werden. Infektionen der Mutter mit Röteln, Toxoplasmose und Zytomegalie stellen immer eine Gefahr für das Ungeborene dar. Auch Röntgenstrahlen oder radioaktive Strahlung können Fehlbildungen verursachen.

Quellen

  • Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH., Weinheim 2003
  • Grillparzer, M.: Körperwissen. Gräfe und Unzer, München 2007
  • Rohen, J., Lütjen-Drecoll, E.: Funktionelle Embryologie. Die Entwicklung der Funktionssysteme des menschlichen Organismus. Schattauer, Stuttgart 2016

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