Eingeschlafene Gliedmaßen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Wenn Hände, Füße, Arme und Beine kribbeln und taub werden, redet der Volksmund von eingeschlafenen Gliedmaßen. Die unangenehme Empfindungsstörung ist meist nur vorübergehend. Allerdings gibt es auch Erkrankungen, bei denen diese Missempfindungen häufig auftreten oder gar dauerhaft sind. Ist das der Fall, sollte der Betroffene umgehend einen Facharzt aufsuchen.

Inhaltsverzeichnis

Was sind eingeschlafene Gliedmaßen?

In der Regel werden eingeschlafene Gliedmaßen durch eine kurzzeitige Störung der Blutzufuhr hervorgerufen, zum Beispiel beim Liegen oder Sitzen in bestimmten Positionen.

Kribbeln Gliedmaßen oder werden sie gar taub, sodass der Betroffene sie nicht mehr spürt, handelt es sich in der Regel um eine vorübergehende Störung der Reizleitung:

Durch eine Position beim Sitzen oder Liegen oder durch zu langes Verharren in ein- und derselben Haltung wird ein Nerv abgeklemmt. Dieser teilt dem Gehirn über die seltsamen Körperempfindungen mit, dass er von der Sauerstoff- und Nährstoff-Zufuhr abgeschnitten ist.

Bei eingeschlafenen Händen und Füßen ist meist nur das periphere Nervensystem betroffen.

Ursachen

Normalisieren sich die eingeschlafenen Gliedmaßen trotz Positionswechsel und anderer Maßnahmen nicht oder kehren sie häufig wieder, liegt ihnen eine ernstzunehmende chronische Erkrankung zugrunde.

Treten die unangenehmen Gefühle an Zehen und Fingern zusammen mit einer halbseitigen Lähmung, der Unfähigkeit, einen Gegenstand in die Hand zu nehmen und Sprachstörungen auf, so sollte schnellstmöglich der Notarzt geholt werden, da es sich dann vermutlich um einen Schlaganfall handelt.

Bei einer Polyneuropathie (PNP) tragen eingeklemmte Nerven eine bleibende Schädigung davon: Die peripheren Nerven entzünden sich sofort. Ursachen für die genetisch bedingte Polyneuropathie können Diabetes mellitus, Infektionen, Alkoholabhängigkeit, Autoimmunkrankheiten, bestimmte Medikamente, Chemotherapie und Vitaminmangel sein.

Bei Patienten mit Polyneuropathie kommt es durch Druck auf die Nerven schnell zu Schädigungen, die nur langsam heilen. Sie haben nicht nur, die auch gesunden Menschen wohl bekannten, eingeschlafenen Gliedmaßen, sondern auch ein gestörtes Schmerz-Empfinden. Schon einfache Verletzungen verursachen ein Brennen und stechenden Schmerz an Fingern und Zehen.

Die Missempfindungen treten zuerst an den Füßen, dann an Händen und sogar am Unterschenkel auf. Ist der Polyneuropathie Patient zusätzlich Diabetiker, verspürt er zu Beginn der Erkrankung meist ein gesteigertes Schmerz-Empfinden, das sich im Verlauf jedoch so abschwächt, dass er kaum mehr spürt. Kombiniert mit Unsicherheiten beim Gehen und Stehen, kommt es vermehrt zu Unfällen. Da der Diabetiker die Verletzungen am Fuß nicht mehr bemerkt, entsteht der so genannte "Diabetiker Fuß" mit offenen Wunden.

Auch ein Bandscheibenvorfall oder Wirbelsäulenschaden kann Verursacher von eingeschlafenen Gliedmaßen sein. In einem solchen Fall ist das Kribbeln oder taube Gefühl dauerhaft.

Außerdem treten die unangenehmen Empfindungen an Zehen und Fingern im Zusammenhang mit multipler Sklerose, Angina pectoris, bestimmten Vergiftungen und Vitamin B12-Mangel auf. Das Tückische an dieser Mangelkrankheit ist, dass sie nicht im Blutbild nachweisbar ist und – wenn nicht rechtzeitig behandelt - zu Lähmungen, gestörter Bewegungskoordination, Gang-Unsicherheit, Gedächtnisstörungen, Depressionen und Verwirrtheit führen kann.

Beim Restless-Legs-Syndrom sind - wie es die Bezeichnung schon andeutet - nur die Beine betroffen. Es zeigt sich im Ruhestand des Körpers in Form von Zuckungen der Füße, Zehen-Kribbeln und Bewegungsdrang.

Ein Karpaltunnelsyndrom liegt dann vor, wenn der, die Missempfindung hervorrufende, Nervus medianus (Handwurzel-Nerv) im Karpal-Tunnel auf der Handinnenseite eingeklemmt ist. Findet er darin keine bessere Position, sorgt er für häufiges Kribbeln und Taubheitsgefühle. Er wird durch eine speziell angefertigte Schiene druck-entlastet. Kommt es dennoch nicht zur Besserung der Beschwerden, ist ein chirurgischer Eingriff erforderlich.


Krankheiten mit diesem Symptom

Diagnose & Verlauf

In manchen Fällen wird das ungewohnte Kribbeln, das auch beidseitig und nachts auftreten kann, noch von starkem Schmerz und nachlassender Muskelkraft begleitet.

Bemerkt der Patient bei sich außerdem noch eine gestörte Bewegungskoordination und ein unsicheres Gang-Verhalten, ist es notwendig, den Arzt aufzusuchen. Dasselbe gilt, wenn die unerträglichen Missempfindungen trotz Stellungswechsel nicht verschwinden und der Zustand häufig und regelmäßig auftritt. Erste Ansprechpartner sind dann Neurologe und/oder Orthopäde.

Ist von der Polyneuropathie auch noch das vegetative Nervensystem betroffen, werden die Nervensignale nicht mehr an das Gehirn weitergeleitet: Sogar Herzrhythmusstörungen sowie Blasen und Darm-Entleerungsstörungen können die Folge sein. Menschen mit einer Polyneuropathie haben eine verringerte Nervenleitgeschwindigkeit, kaum/keine Berührungsempfindung und kaum/kein Kälte-, Wärme- und Vibrationsempfinden.

Komplikationen

Eingeschlafene Gliedmaßen sind meist harmlos, können bisweilen aber auch schwerwiegende Komplikationen zur Folge haben. Bleibt das Taubheitsgefühl in den Gliedern über einen längeren Zeitraum bestehen oder tritt immer wieder auf, kann es zunächst zu einem Abbau der Muskelmasse in der betroffenen Körperregion kommen, einhergehend mit einer Einschränkung der motorischen Fähigkeiten.

Eingeschlafene Hände, wie sie beispielsweise beim Karpaltunnelsyndrom oder bei eingeklemmten Nerven auftreten, lassen sich mit der Zeit immer weniger bewegen, da die Nervensignale, die in die Hand geleitet werden, abnehmen. Damit einhergehend kommt es zu dem typischen Kribbeln in den Gliedern. Treten die Symptome in Folge eines Bandscheibenvorfalls auf, ist zunächst von einer Intensivierung der Beschwerden auszugehen: es kommt zu starken Schmerzen, Muskelverspannungen und im weiteren Verlauf zu einer Fehlbelastung der betroffenen Gelenke.

Im schlimmsten Fall intensivieren sich die Beschwerden und bleiben bestehen, nachdem die Ursache behoben wurde. Nervenschädigungen als Ursache sind besonders problematisch, denn diese führen durch genannte Symptome zu weiteren Schädigungen der Muskelfasern, Muskellähmung und dem sogenannten Wurzeltod, also einer irreparablen Schädigung der Nerven. Eingeschlafene Gliedmaßen beeinträchtigen die Wahrnehmung von Schmerzen in der betroffenen Körperregion und führen so vor allem bei bettlägerigen Menschen zu Dekubitus, Druckschmerzen und Abszessen, häufig einhergehend mit starken Schmerzen, Durchblutungsstörungen und chronisch auftretenden Nervenschädigungen in den betroffenen Gliedern.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine lange unveränderte Sitzposition, ungünstiges Liegen und übereinandergeschlagene oder abgeknickte Beine können zu eingeschlafenen Gliedmaßen führen. Abhilfe ist meistens einfach: eine Änderung der Körperhaltung oder noch besser Bewegung. Das bald darauf einsetzende Kribbeln signalisiert das Ende dieses Spuks. Ursache eingeschlafener Gliedmaßen ist das Einklemmen von Nerven – nicht von Blutgefäßen, wie oft angenommen.

Trotz dieser an sich harmlosen Ursache für eingeschlafene Gliedmaßen sollte dieser Zustand möglichst vermieden werden. Bei immer wieder provozierten eingeschlafenen Gliedmaßen kann es zu bleibenden Nervenschädigungen kommen. Kommt es häufiger zu eingeschlafenen Gliedmaßen und löst sich das Taubheitsgefühl nicht mehr vollständig, ist ein Arztbesuch unbedingt erforderlich. Hinter dem Phänomen kann eine behandlungsbedürftige Erkrankung stecken.

Eingeschlafene Gliedmaßen können von einem Diabetes mellitus oder Multiple Sklerose verursacht sein. Ein eingeschlafener Arm kann vom gar nicht so seltenen Karpaltunnelsyndrom herrühren, bei dem der Handwurzelnerv im Bereich der Handinnenseite eingeklemmt ist. Auch eine unausgewogene Ernährung und extremer Alkoholkonsum sind als mögliche Auslöser eingeschlafener Gliedmaßen zu nennen. Taube Glieder sind ferner eine Begleiterscheinung bei Chemotherapien.

Gelegentlich können eingeschlafene Gliedmaßen auch an einer geschädigten Wirbelsäule liegen. Gerade bei einem Bandscheibenvorfall werden für Empfindungen in den Gliedmaßen zuständige Nerven eingeklemmt. Geht die Empfindung eingeschlafener Gliedmaßen sogar mit Koordinationsstörungen einher, ist unverzüglich der Notarzt zu rufen.

Behandlung & Therapie

Um den Zustand zu beenden, kann die Person ihre Position wechseln oder die beeinträchtigte Körperstelle massieren, damit sie wieder gut durchblutet wird. Verbleibt die Person jedoch in der für den Nerv schädlichen Stellung, kommt es zu extremen Taubheitsgefühlen und bei lang anhaltender Stellung zu wirklichen Nervenschädigungen.

Ist Kälte der Verursacher, helfen schon einfache Maßnahmen wie eine Wärmflasche, Decke oder warme Umschläge dabei, das Kribbeln oder Taubheitsgefühl schnell zu beseitigen.

Psychischer Stress kann Ängste auslösen, die wiederum, durch die damit einhergehende flache Atmung, die Blutzirkulation derart beeinflussen, dass die Gliedmaßen nicht mehr gespürt werden können. In diesem Fall hilft beruhigendes Zureden und die bewusste Kontrolle der Atmung. Damit der Zustand nicht wiederkehrt, empfehlen sich Entspannungsübungen und Atem-Training.

Wird die Grunderkrankung behandelt, gehen auch die Nerven-Beschwerden zurück. Ansonsten helfen Tabletten gegen Nervenschmerzen.

Aussicht & Prognose

Eingeschlafene Gliedmaßen dürften den meisten von uns durchaus bekannt sein. In der Regel ist ein Nerv eingeklemmt, was harmlos ist: Sobald man sich in eine günstigere Position bewegt hat, verschwindet das Taubheitsgefühl recht schnell. Beschleunigen lässt sich dieser Vorgang durch vorsichtige gymnastische Übungen oder ein An- und Entspannen der Muskulatur in den entsprechenden Gliedmaßen.

Eingeschlafene Gliedmaßen können jedoch auch sehr ernste Krankheiten als Ursache haben. In diesen Fällen ist die Prognose schlechter. So ist etwa eine Multiple Sklerose (MS) im Grunde genommen nicht heilbar. Allerdings schreitet die Forschung zügig voran, was die Behandelbarkeit der tückischen Erkrankung betrifft. Wer also rechtzeitig zum Arzt geht, kann mit der Krankheit durchaus lange ungestört leben.

Bei einer Diabetes deuten eingeschlafene Gliedmaßen häufig darauf hin, dass die Krankheit sich verändert und der Patient neu eingestellt werden muss. Auch hier gilt in erster Linie: Die Anweisungen des Arztes in Bezug auf Ernährung und den allgemeinen Lebenswandel müssen befolgt werden, da ansonsten eine Linderung der Beschwerden nicht möglich ist.

Eingeschlafene Gliedmaßen haben zudem häufig eine eindeutige Ursache: den Alkohol. Übermäßiger Alkoholgenuss über einen längeren Zeitraum hinweg führt zu entsprechenden Symptomen, die in der Regel wieder verschwinden, wenn die Patienten ihren Lebensstil ändern. Dies ist nicht leicht, aber auch nicht unmöglich. Der Arzt kann hierbei ebenso helfen wie verschiedene Therapieeinrichtungen und Selbsthilfegruppen. Ähnliches gilt für den Missbrauch von Medikamenten oder gar Drogen, die ebenfalls solche Symptome nach sich ziehen können.


Vorbeugung

Die unangenehmen Sinnesreize haben die Funktion, dem falsch Sitzenden oder unbequem Liegenden mitzuteilen, dass seine Haltung ungesund ist und er sie ändern sollte. Die kurzzeitigen Missempfindungen können in anderen Fällen auch durch große Kälte, einen leichten Schock und starken psychischen Stress ausgelöst werden. Es gilt daher, auf eine gesunde Körperhaltung zu achten und den Körper insgesamt gesund zu halten und nicht zu über- oder unterfordern.

Das können Sie selbst tun

Bei eingeschlafenen Gliedmaßen handelt es sich in den meisten Fällen nicht um eine gesundheitsschädliche medizinische Komplikation, weswegen dieses Symptom nicht direkt behandelt werden muss. Sind die Gliedmaßen eingeschlafen, so müssen sie erst durchblutet werden, bevor sie aktiv genutzt werden können. Bei dieser Durchblutung fühlt der Mensch ein leichtes Kribbeln, was vollkommen normal ist.

Sollten die eingeschlafenen Gliedmaßen öfter auftreten, so liegt das oft an der schlechten Position der Gliedmaßen. Dazu gehört ein zu langes oder ungesundes Sitzen. Der Patient sollte sich mehr bewegen und sich allgemein mehr sportlich betätigen. Es ist auch hilfreich, die Gliedmaßen in warmes Wasser zu halten. Sollte das Kribbeln allerdings oft vorkommen, so deutet das auf einen eingeklemmten Nerv. Dieser sollte nicht durch häusliche Mittel, sondern direkt durch einen Arzt behandelt werden. Ein eingeklemmter Nerv kann auf einen Bandscheibenvorfall hindeuten und sollte umgehend untersucht werden.

In den meisten Fällen hilft die Änderung der Sitzhaltung oder die Massage der eingeschlafenen Gliedmaßen. Falls das Kribbeln durch Kälte verursacht wurde, hilft eine Wärmflasche. Es kann auch vorkommen, dass Angst und Stress die eingeschlafenen Gliedmaßen auslöst. In diesen Situationen helfen Atemübungen.

Quellen

  • Arastéh, K., et al.: Duale Reihe Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2012
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Herold, G.: Innere Medizin. Eigenverlag, Köln 2016

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