Lopinavir
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 23. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei Lopinavir handelt es sich um ein Arzneimittel, das bei der Therapie von HIV-Infektionen zur Anwendung kommt und dabei als Proteaseinhibitor fungiert. Der HIV-Proteaseinhibitor kommt in Kombination mit dem Produkt Ritonavir der Firma AbbVie zum Einsatz und ist auf dem Markt mit dem Handelsnamen Kaletra® bekannt. Das Medikament erhielt im Jahr 2001 die Zulassung von der zuständigen EU-Kommission.
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Was ist Lopinavir?
Lopinavir hat die Funktion eines Proteaseinhibitors und wird im Rahmen der Behandlung von HIV-Infektionen angewendet. Dabei eignet sich das Medikament sowohl für eine Therapie von Erwachsenen als auch von Kindern, die mindestens zwei Jahre oder älter sind. Die gängige Wirkstoffkombination mit der Bezeichnung Kaletra® ist bei Erwachsenen und Kindern zugelassen. Im Rahmen von klinischen Studien und Prüfungen hat sich gezeigt, dass Lopinavir über eine höhere Wirksamkeit verfügt, als vergleichbare Wirkstoffe.
Das Arzneimittel Lopinavir ist sowohl in der Form von Filmtabletten als auch als Sirup erhältlich. Im Fall des Sirups handelt es sich um eine Fixkombination mit dem Stoff Ritonavir. Dieses hat in der Schweiz im Jahr 2000 eine Zulassung erhalten. Aus chemischer Sicht handelt es sich bei Lopinavir um ein weißes oder auch gelblich weißes Pulver. Dieses Pulver ist in Wasser kaum löslich.
Pharmakologische Wirkung
Bei Lopinavir handelt es sich um einen HIV-Protease-Inhibitor, der die Weiterverarbeitung von viralen Vorläufereiweißstoffen, die vom HI-Virus neu gebildet werden, zu voll funktionsfähigen Enzymen und Strukturproteinen reduziert. Durch diesen Wirkmechanismus hemmt das Medikament die Vermehrung des HI-Virus.
Bedingt durch das Cytochrom P450-System wird der Stoff Lopinavir vom Organismus des Menschen in relativ kurzer Zeit metabolisiert. Wird Lopinavir allein verabreicht, wäre die mögliche Konzentration des Medikaments im Plasma des Blutes zu gering, um einen therapeutischen Effekt herbeizuführen. Aus diesem Grund kommt der Stoff in der Regel mit Ritonavir in einer fixen Kombination zum Einsatz.
Bei Ritonavir handelt es sich um ein Arzneimittel, das zur gleichen Gruppe wie Lopinavir zählt. Ritonavir nimmt bei dieser Verbindung die Rolle eines zweiten Proteaseinhibitors ein, der den Abbaumechanismus von Lopinavir bzw. die Cytochrom-P450-Monooxygenasen verhindert. Dadurch ist es möglich, dass im Organismus eine höhere Konzentration an Lopinavir vorhanden ist, die ausreichend für eine wirksame Reduzierung der HIV-Proteasen ist.
Ein Vorteil dieser Strategie liegt insbesondere in der drastischen Herabsetzung der Dosis für den betroffenen Patienten, sodass deutlich weniger Tabletten konsumiert werden müssen.
Grundsätzlich wird Lopinavir vom Cytochrom-System rasch in der Leber abgebaut. Dieser hepatische Abbau des Wirkstoffs wird durch die zusätzliche Gabe des HIV-Proteaseinhibitors Ritonavir stark in seiner Geschwindigkeit verlangsamt. Dadurch ist das Lopinavir in der Lage, länger zu wirken.
Der überwiegende Teil des Wirkstoffs bindet sich im Blut an Eiweißstoffe. Darüber hinaus ist auch eine Kombination mit den sogenannten nukleosidischen Reverse-Transkriptaseinhibitoren möglich.
Das Lopinavir bindet sich an die virale HIV-Protease. Diese ist für die Vermehrung und Ausbreitung des Virus von Bedeutung. Durch das Medikament werden virale Enzyme eingedämmt, sodass die Vermehrung gestört wird. In der Folge nimmt die Viruslast für den Organismus des betroffenen Patienten stark ab.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Der Wirkstoff Lopinavir kommt zur Therapie von Infektionen mit dem Virus HIV-1 im Rahmen einer antiretroviralen Kombinationstherapie zum Einsatz. Bei Lopinavir handelt es sich um einen antiviralen Wirkstoff, der zur Kategorie der sogenannten HIV-Proteasehemmer zählt und die Vermehrung des HI-Virus stoppt.
Die entsprechenden Effekte ergeben sich daraus, dass Lopinavir die virale Protease reduziert. Diese nimmt eine besondere Bedeutung und Funktion bei der Reifung und Vermehrung des Virus ein.
In der Regel erfolgt die Einnahme des Medikaments ein- oder zweimal am Tag. Meist wird das Medikament in Form von Filmtabletten verabreicht, die entweder gemeinsam mit den Mahlzeiten oder unabhängig davon eingenommen werden. Der Sirup ist mit den Mahlzeiten einzunehmen.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Lopinavir, das in Kombination mit Ritonavir zur Behandlung von HIV-Infektionen eingesetzt wird, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten. Lopinavir/Ritonavir wird üblicherweise als feste Kombination in Tablettenform oder als Lösung eingenommen. Die Standarddosis für Erwachsene beträgt in der Regel 400 mg Lopinavir in Kombination mit 100 mg Ritonavir zweimal täglich. Alternativ kann eine höhere Einzeldosis von 800 mg Lopinavir und 200 mg Ritonavir einmal täglich verabreicht werden, sofern der Patient keine weiteren antiretroviralen Medikamente einnimmt, die die Wirksamkeit beeinflussen könnten.
Bei Kindern, Schwangeren und Menschen mit eingeschränkter Leberfunktion ist eine besondere Dosisanpassung erforderlich, da das Medikament in diesen Fällen anders verstoffwechselt wird. Es ist ratsam, Lopinavir/Ritonavir zusammen mit einer Mahlzeit einzunehmen, um die Resorption zu verbessern. Bei der flüssigen Form sollte auf den Alkohol- und Propylenglykolgehalt geachtet werden, insbesondere bei Neugeborenen und Kleinkindern, da dies zu toxischen Wirkungen führen kann.
Wichtig ist auch, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu berücksichtigen, da Lopinavir/Ritonavir Enzyme in der Leber hemmen kann, was die Konzentration anderer Arzneimittel im Blut erhöht. Hierzu zählen Antikoagulanzien, Statine und bestimmte Antiepileptika. Regelmäßige Überwachung der Viruslast und mögliche Nebenwirkungen, wie Übelkeit, Durchfall oder Leberfunktionsstörungen, sind ebenfalls essenziell.
Risiken & Nebenwirkungen
Im Rahmen der Einnahme von Lopinavir sind zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen möglich. Zu den häufigsten Nebeneffekten zählen Bauchschmerzen, Durchfall, Erbrechen, Übelkeit und ein allgemeines Gefühl der Schwäche. Hinzu kommen oftmals Schwitzen, Hautausschlag, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit.
Auch abnormaler Stuhl, Blähungen und weitere gastrointestinale Störungen treten teilweise auf. Mitunter zeigen sich bei Blutuntersuchungen erhöhte Werte an Triglyceriden und Cholesterin. Zudem sind Allergien und Reaktionen des Zentralnervensystems möglich.
Patienten, die an Herz-Rhythmus-Störungen, einer strukturellen Erkrankung des Herzens oder einem schlecht durchblutetem Herz leiden, sind bei einer Einnahme von Lopinavir besonders gefährdet.
Darüber hinaus sind Wechselwirkungen mit anderen Stoffen und Medikamenten möglich. Durch die Herabsetzung von Enzymen in der Leber erhöht sich nicht nur die Konzentration von Proteaseinhibitoren im Blut, sondern auch die von Arzneistoffen, die auf gleiche Weise abgebaut werden. Dazu zählen beispielsweise Antiarrhythmika, Benzodiazepine oder Mutterkornalkaloide.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Lopinavir, insbesondere in Kombination mit Ritonavir, betreffen vor allem bestimmte Vorerkrankungen und die gleichzeitige Einnahme bestimmter Medikamente. Eine der Hauptkontraindikationen ist eine schwere Lebererkrankung, insbesondere Leberinsuffizienz, da Lopinavir in der Leber verstoffwechselt wird und bei beeinträchtigter Leberfunktion die Gefahr einer toxischen Überdosierung besteht.
Auch bei Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Lopinavir, Ritonavir oder andere Bestandteile des Medikaments darf es nicht verwendet werden. Zudem ist die gleichzeitige Einnahme von Medikamenten, die stark von den Leberenzymen CYP3A4 und CYP2D6 abgebaut werden, kontraindiziert. Beispiele hierfür sind bestimmte Herzmedikamente wie Amiodaron, Antipsychotika wie Quetiapin und einige Cholesterinsenker wie Lovastatin oder Simvastatin. Diese können zu lebensbedrohlichen Wechselwirkungen führen, da Lopinavir den Abbau dieser Medikamente hemmt, was zu einer gefährlichen Erhöhung ihrer Konzentration im Blut führen kann.
Schwangere und Neugeborene sollten Lopinavir mit Vorsicht verwenden, da in diesen Fällen eine spezielle Dosisanpassung erforderlich ist. Auch bei Patienten mit Pankreatitis oder einer Vorgeschichte von Leberentzündungen, insbesondere bei HIV-Patienten mit Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Koinfektion, sollte das Medikament nur unter strenger ärztlicher Aufsicht angewendet werden, da es die Leber weiter schädigen kann.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Lopinavir, insbesondere in Kombination mit Ritonavir, weist zahlreiche Interaktionen mit anderen Medikamenten auf, da es die Aktivität von Leberenzymen wie CYP3A4 und CYP2D6 beeinflusst, die für den Abbau vieler Arzneimittel verantwortlich sind. Ritonavir wirkt als starker Hemmer dieser Enzyme, was zu einer Erhöhung der Plasmakonzentration bestimmter Medikamente führen kann.
Einige der wichtigsten Arzneimittel, die in Wechselwirkung mit Lopinavir stehen, sind Cholesterinsenker wie Simvastatin und Lovastatin, da ihre Konzentrationen auf ein gefährliches Niveau ansteigen können, was das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen wie Rhabdomyolyse erhöht. Ähnlich ist bei Antipsychotika wie Quetiapin und Clozapin Vorsicht geboten, da erhöhte Plasmaspiegel zu toxischen Wirkungen führen können.
Auch Herzmedikamente wie Amiodaron, Dronedaron und Flecainid sollten nicht zusammen mit Lopinavir eingenommen werden, da die Hemmung des Abbaus zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen kann.
Bestimmte Antikoagulanzien wie Warfarin und Apixaban können ebenfalls betroffen sein, was eine Anpassung der Dosis und eine engmaschige Überwachung erforderlich macht.
Auf der anderen Seite kann Lopinavir die Wirksamkeit von Hormonellen Verhütungsmitteln reduzieren, was das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft erhöht. Auch bei der gleichzeitigen Einnahme von Antiepileptika wie Carbamazepin und Phenytoin kann es zu wechselseitigen Wirkungsabschwächungen kommen, da diese die Wirksamkeit von Lopinavir verringern können.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Lopinavir nicht vertragen wird, gibt es mehrere alternative antiretrovirale Medikamente zur Behandlung von HIV. Eine der häufigsten Alternativen sind Integrase-Inhibitoren wie Dolutegravir oder Bictegravir, die sehr wirksam sind und in der Regel gut vertragen werden. Diese Wirkstoffe blockieren das Enzym Integrase, das HIV zur Vermehrung benötigt, und haben weniger Nebenwirkungen auf die Leber im Vergleich zu Protease-Inhibitoren wie Lopinavir.
Eine weitere Alternative sind Protease-Inhibitoren wie Darunavir, das häufig in Kombination mit einem Verstärker wie Ritonavir oder Cobicistat verwendet wird. Darunavir weist im Vergleich zu Lopinavir ein besseres Nebenwirkungsprofil auf und wird oft bei Patienten eingesetzt, die gegen andere Protease-Inhibitoren Resistenzen entwickelt haben.
Nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTIs) wie Efavirenz oder Rilpivirin sind ebenfalls gängige Alternativen, insbesondere wenn eine Kombinationstherapie angestrebt wird. Diese Medikamente blockieren die Umwandlung der viralen RNA in DNA, was die Virusvermehrung verhindert.
In bestimmten Fällen können auch CCR5-Antagonisten wie Maraviroc oder Fusionshemmer wie Enfuvirtid zum Einsatz kommen, insbesondere bei Patienten mit komplexen Resistenzen oder Unverträglichkeiten gegenüber den gängigen Therapien.
Jede alternative Therapie sollte jedoch individuell auf den Patienten abgestimmt werden, um die Wirksamkeit sicherzustellen und Nebenwirkungen zu minimieren.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor