Evans-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Evans-Syndrom ist eine äußerst seltene Erkrankung des Autoimmunsystems, welches eine Prävalenz von 1:1.000.000 aufweist. Auf Grund der Tatsache, dass es noch keine ausreichenden Fallstudien gibt, berufen sich Mediziner - im Rahmen der Behandlung - auf Einzelfälle.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Evans-Syndrom?

Personen, die von dem Evans-Syndrom betroffen sind, klagen vorwiegend über Sauerstoffmangel, der in weiterer Folge Schwindel, vermehrter Atmung oder auch Kopfschmerzen verursacht.
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Unter dem Evans-Syndrom wird eine äußerst seltene Autoimmunerkrankung - bei unklarer Genese - bezeichnet. Im Rahmen des Evans-Syndroms werden Antikörper gebildet, welche die roten Blutzellen sowie Blutplättchen bekämpfen. In weiterer Folge werden sodann die Immunzellen beschädigt beziehungsweise zerstört. Auf Grund der Tatsache, dass das Evans-Syndrom eine sehr seltene Krankheit ist (die Prävalenz liegt bei etwa 1:1.000.000), gibt es bislang nur sehr wenige Studien und Erkenntnisse.

Jedoch gehen die Mediziner davon aus, dass das Evans-Syndrom auf Grund einer genetischen Störung auftritt. Das Syndrom wurde zum ersten Mal von R. T. Duane und R. S. Evans im Jahr 1949 beschrieben. R. S. Evans war es jedoch, der im Jahr 1951 eine genauere Dokumentation der Erkrankung verfasste. Doch auch wenn das Syndrom bereits seit den Jahren 1949 beziehungsweise 1951 bekannt ist, sind bislang fast keine Ergebnisse vorhanden, sodass die Ärzte weder wissen, aus welchen Gründen das Evans-Syndrom entsteht und welche Therapien geeignet sind.

Ursachen

Bislang wissen die Mediziner nicht, weshalb das Evans-Syndrom ausgelöst wird. Zu 50 Prozent aller Fälle sind mitunter andere Erkrankungen mitverantwortlich; zu 50 Prozent ist die Ursache komplett unbekannt. Jedoch gibt es auch keine Gewissheit, dass folgende Erkrankungen das Evans-Syndrom auslösen; es wurde lediglich dokumentiert, dass das Evans-Syndrom mit folgenden Krankheiten bereits aufgetreten ist.

Vor allem Autoimmunerkrankungen stellen eine häufige Kombination dar, wobei das Sjögren-Syndrom, der systemische Lupus erythematodes sowie auch das Antiphospholipid-Syndrom im Vordergrund stehen. Jedoch können auch Infektionserkrankungen wie Influenza A, Hepatitis-Viren, Nocardia, der Cytomegalievirus, Varizellen sowie der Epstein-Barr-Virus das Evans-Syndrom vermutlich auslösen.

Auch Tumorerkrankungen (T-Tell- oder B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphome, monoklonale Gammopathie einer unklaren Signifikanz, Kaposi-Sarkom oder auch eine chronisch lymphatische Leukämie) sowie auch Immundefekte wie das variable Immundefektsyndrom (CVID) beziehungsweise der selektive Immunglobulin-A-Mangel könnten der theoretische Auslöser des Syndroms sein.

Auch Dermatomyositis, Morbus Basedow, Colitis ulcerosa, Morbus Castleman, Bronchiolitis obliterans (BOOP) beziehungsweise das Guillain-Barré-Syndrom stellen theoretische Auslöser des Evans-Syndroms dar oder wurden - gemeinsam mit dem Evans-Syndrom - dokumentiert.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Personen, die von dem Evans-Syndrom betroffen sind, klagen vorwiegend über Sauerstoffmangel, der in weiterer Folge Schwindel, vermehrter Atmung oder auch Kopfschmerzen verursacht. Mitunter kann der Sauerstoffmangel auch eine Herzinsuffizienz auslösen. Ein weiteres, sehr charakteristisches Symptom, sind starke Blutungen, die nur äußerst schwer zu kontrollieren sind. Dies deshalb, da die Thrombozyten, welche für die Blutgerinnung benötigt werden, zerstört werden.

Diagnose & Verlauf

Im Regelfall stellt der Mediziner die Diagnose auf Grund der Laborwerte. So ist etwa die Blutsenkungsgeschwindigkeit enorm erhöht. Des Weiteren kann der Mediziner ein Absetzen der Erythrozyten im sogenannten Senkungsröhrchen erkennen. Ebenfalls ist das Hämatokrit erniedrigt beziehungsweise in weiterer Folge die Laktatdehydrogenase deutlich erhöht. I

n wenigen Fällen kann - anstelle einer Thrombozytopenie - auch das sogenannte Neutropenie beobachtet werden. Der Coombs-Test verläuft positiv. Der Krankheitsverlauf sowie die Prognose sind vorwiegend negativ. Dies vor allem deshalb, da es bislang fast keine Studiendaten über das Evans-Syndrom gibt.

Viele Patienten sterben auf Grund der nicht zu kontrollierenden Blutungen beziehungsweise auch an Infektionen, welche durch die Therapie ausgelöst werden können. Die Mortalitätszahlen liegen bei 8 Prozent bis 40 Prozent; das bedeutet, dass - von 100 Patienten - 8 bis 40 Personen das Evans-Syndrom nicht überleben (5-Jahresverlauf).

Komplikationen

Zu den möglichen Komplikationen beim Evans-Syndrom zählen Blutarmut und die Entstehung von Thrombosen. In Folge der Thrombozytopenie, bei der die Zellen für die Blutgerinnung zerstört werden, kann es außerdem zu Blutungen und schweren Durchblutungsstörungen kommen. Die für das Syndrom typischen Blutungen sind schwer zu kontrollieren und können unbehandelt zur Verblutung führen.

Typisch für die Erkrankung ist auch ein Sauerstoffmangel, der in weiterer Folge zu Kopfschmerzen, Schwindel und Müdigkeit führt. Langfristig kann es durch den Mangel an Sauerstoff zu einer Herzinsuffizienz und weiteren Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems kommen. Bei der Therapie des Evans-Syndrom können die verordneten Medikamente (etwa Ciclosporin und Danazol) schwere Nebenwirkungen hervorrufen und die ursprünglichen Beschwerden noch verstärken.

Nach einer Knochenmarkstransplantation können Infektionen auftreten. Außerdem kann es zu Haarausfall, Sehstörungen wie dem Grauen Star und Unverträglichkeitsreaktionen kommen. Selten bilden sich nach einer Transplantation auch Folgeerkrankungen wie die Graft-Versus-Host-Disease, welche ihrerseits mit schweren Komplikationen verbunden ist. Da bislang keine einheitliche Therapie für die Autoimmunerkrankung existiert, sind weitere Komplikationen nur schwer abzusehen. Unbehandelt führt das Evans-Syndrom fast immer zum Tod des Patienten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Atemnot, starke Blutungen und andere typische Anzeichen des Evans-Syndroms bemerkt werden, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Komplikationen wie Blutarmut oder Thrombosen bedürfen einer sofortigen Behandlung im Krankenhaus. Sollte es in Folge eines Unfalles oder Sturzes zu starken Blutungen kommen, muss umgehend der Notarzt gerufen werden.

Der Betroffene muss anschließend einige Tage im Krankenhaus verbringen. Nach dem Ende der Behandlung sind regelmäßige Kontrollbesuche beim verantwortlichen Arzt angezeigt. Gefährdet sind vor allem Personen mit bestehenden Autoimmunerkrankungen wie dem Sjöjgren-Syndrom oder der systemischen Lupus erythematodes.

Auch Infektionskrankheiten wie Influenza A und Hepatitis-Viren sowie Tumorerkrankungen und Immundefekte sind typische Auslöser. Wer von diesen Erkrankungen betroffen ist oder zu den Risikogruppen zählt, sollte mit den eingangs erwähnten Symptomen umgehend den Hausarzt konsultierten. Weitere Ansprechpartner sind der Internist, der Dermatologe oder der Facharzt für Autoimmunerkrankungen. Bei ernsten Komplikationen wird am besten der ärztliche Notdienst kontaktiert bzw. sollte der Betroffene direkt in die nächstgelegene Klinik gebracht werden.

Behandlung & Therapie

Seit der Erstbeschreibung des Evans-Syndroms in den Jahren 1949 und 1951, wird vorwiegend die Gabe von Glukokortikoiden bevorzugt. Dabei versucht der Mediziner den Hämatokrit auf über 30 Prozent zu bekommen beziehungsweise den Hämoglobin-Spiegel auf über 10 g/dl zu erhöhen. Beobachtet der Mediziner jedoch keine deutlichen Veränderungen oder Verbesserungen und werden Rückfälle dokumentiert, können mitunter auch Immunsuppressiva oder auch Immunglobuline verabreicht werden, die in weiterer Folge die Symptome und Beschwerden lindern sollen.

Dazu zählen etwa Ciclosporin, Danazol der Vincristin. Selbst die sogenannte Off-Label-Anwendung von Rituximab ist möglich und hat bereits auch (laut Einzelstudien) Erfolge verbuchen können. Je nach Krankheitsverlauf kann auch angedacht werden, die Milz des Patienten zu entfernen. Im Rahmen der Splenektomie kann somit die Blutungsneigung (symptomatisch) therapiert werden; eine Remission wird in 20 Prozent bis 40 Prozent der Fälle beobachtet.

Mittels Knochenmarktransplantation ist es möglich, dass rezidivierende beziehungsweise nicht anders kontrollierbare Fälle erfolgreich behandelt werden können. Vorwiegend befasst sich der Mediziner mit den Symptomen des Evans-Syndroms. Das bedeutet, dass kreislaufstabilisierende Maßnahmen gesetzt werden, die einerseits die Gerinnungsfaktoren betreffen, andererseits das Erythrozytenkonzentrat beobachtet wird.

Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass alle Therapieempfehlungen, die im Rahmen des Evans-Syndroms aufliegen, nur auf Fallserien sowie Einzelfallberichten beruhen. Bislang gibt es keine kontrollierten Studien, die mitunter deutlich hervorheben, welche Therapie tatsächlich den größten Erfolg verbuchte.

Auf Grund der Ursache, dass bislang keine definitiven Ursachen gefunden wurden, die das Evans-Syndrom auslösen, kann nur eine symptombezogene Therapie angewandt werden; das bedeutet, dass das Evans-Syndrom strenggenommen unheilbar ist.

Aussicht & Prognose

Das Evans-Syndrom ist bislang nicht heilbar. Die Prognose ist schlecht, da bislang keine Möglichkeit besteht, die Autoimmunerkrankung ursächlich zu behandeln. Ein großer Teil der Patienten verstirbt innerhalb weniger Monate oder Jahre an dem Leiden. Verbessert wird die Prognose, wenn das Evans-Syndrom frühzeitig erkannt wird. So kann bei Patienten im Säuglingsalter eine Besserung der Symptome bemerkt werden, wenn die Therapie konstant durchgeführt wird.

Der Patient erhält regelmäßig Glukokortikoiden sowie Immunsuppressiva wie Vincristin oder Ciclosporin, welche das Immunsystem und den Hämoglobin-Spiegel regulieren. Die Entfernung der Milz kann in 20 bis 40 Prozent der Fälle zu einer Besserung der Beschwerden führen. Die Patienten leiden ohne das Organ seltener an Blutungsneigung und erleiden auch weniger Infektionen.

Schlechter ist die Prognose in rezidivierenden Fällen. Dann bleibt oft nur noch die Möglichkeit einer Knochenmarktransplantation, welche für den Betroffenen eine große Belastung darstellen kann. Gelingt der Eingriff, können verschiedenen Komplikationen und Spätfolgen auftreten. Eine engmaschige ärztliche Überwachung ist essenziell, um diese gesundheitlichen Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die Prognose hängt bei dem Evans-Syndrom also von verschiedenen Faktoren wie dem Alter des Patienten und dem Verlauf der Autoimmunerkrankung ab.


Vorbeugung

Bislang sind keine tatsächlichen Ursachen bekannt, welche das Evans-Syndrom auslösen. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, dass Menschen die äußerst seltene Erkrankung vorbeugen können.

Nachsorge

Beim Evans-Syndrom sind in den meisten Fällen die Möglichkeiten der Nachsorge sehr stark eingeschränkt. In der Regel ist dabei der Patient in erster Linie auf die direkte medizinische Behandlung durch einen Arzt angewiesen, um die Beschwerden dauerhaft und effektiv zu lindern. Die Betroffenen sind beim Evans-Syndrom auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen.

Dabei ist auf eine richtige und vor allem regelmäßige Einnahme der Medikamente zu achten. Im Fall von Unklarheiten sollte immer ein Arzt konsultiert werden, um weitere Beschwerden zu verhindern. Weiterhin sollten auch mögliche Wechselwirkungen oder auch Nebenwirkungen berücksichtigt und mit einem Arzt konsultiert werden. In vielen Fällen sind die Patienten beim Evans-Syndrom auch auf die Transplantation von Knochenmark angewiesen.

Nach einem solchen operativen Eingriff sollte sich der Betroffene immer ausruhen und seinen Körper schonen. Dabei sollte von Anstrengungen oder von stressigen und sportlichen Aktivitäten immer abgesehen werden, um den Körper nicht unnötig anzustrengen. Da das Evans-Syndrom auch zu psychischen Verstimmungen führen kann, wirkt sich dabei eine intensive und liebevolle Pflege des Betroffenen positiv auf den weiteren Verlauf der Erkrankung aus. Auch der Kontakt zu anderen Patienten der Erkrankung kann dabei sehr sinnvoll sein.

Das können Sie selbst tun

Die Möglichkeiten der Selbsthilfe sind bei Patienten mit einem Evans-Syndrom sehr begrenzt. Die Erkrankung ist aufgrund des seltenen Auftretens nicht ausreichend erforscht und bietet daher kaum Ansätze für eine Linderung der Beschwerden im Alltag.

Vorbeugend gegen die Blutarmut können die Betroffenen über ihre Nahrungszufuhr Selbsthilfemaßnahmen ergreifen. Die ausreichende Aufnahme von Eisen ist dabei besonders wichtig. In Lebensmitteln wie Schweineleber, Austern, weiße Bohnen, Linsen, Erbsen, Pfifferlinge und Rote Bete sind besonders viele Anteile des Spurenelements enthalten.

Werden diese Nahrungsmittel regelmäßig in die Mahlzeiten eingebunden, erhöht sich der Anteil von Eisen im Blut. Zusätzlich können Grapefruits verzehrt werden, da dieses Lebensmittel Schwermetalle aus dem Organismus abtransportiert, die eine hemmende Wirkung auf die Verwertung des Eisens haben.

Grundsätzlich ist eine ausgewogene und gesunde Ernährung wichtig für den Patienten. Fette und Schadstoffe sollten vermieden werden. Auf das Rauchen oder den Genuss von Alkohol ist zu verzichten. Eine ausreichende Sauerstoffzufuhr und regelmäßige Spaziergänge an der frischen Luft helfen bei der Verbesserung des Wohlbefindens.

Die mentale Stabilität ist im Umgang mit der Erkrankung im Alltag besonders wichtig. Hilfreich sind Gespräche mit Angehörigen und Freunden oder der digitale Austausch mit anderen Erkrankten. Für den Abbau von emotionalen Belastungen können zusätzlich Entspannungsverfahren genutzt werden.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Murphy, K., Travers, P., Walport, M.: Janeway – Immunologie. Spektrum, Heidelberg, 2010
  • Schütt, C., Bröker, B.: Grundwissen Immunologie. Spektrum, Heidelberg 2011

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