Pressen (Pressfähigkeit)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Pressen (Pressfähigkeit)

Was zeichnet die Pressfähigkeit im menschlichen Körper aus? Warum wurde dem Menschen die Fähigkeit zu pressen mitgegeben? Wie sieht ein nicht gestörter Ablauf aus und welche Störungen können auftreten? Um diese Aspekte soll es hier gehen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Pressen?

Die Pressfähigkeit oder das Pressen des menschlichen Körpers bezeichnet das Vermögen, unter Zuhilfenahme von Atmung, Stamm- und Bauchmuskulatur Kraft auszuüben, um Neugeborene, Urin oder Stuhl aus dem Körper heraus zu pressen.

Funktion & Aufgabe

Die Pressfähigkeit des menschlichen Körpers bezeichnet das Vermögen, unter Zuhilfenahme von Atmung, Stamm- und Bauchmuskulatur Kraft auszuüben, um z.B. Neugeborene aus dem Körper heraus zu pressen.

Der menschliche Körper braucht die Pressfähigkeit, um sich zu entleeren. Solange er lebt, wird er täglich gefüllt und entleert. Mit der Entleerung entledigt er sich Ballaststoffen, Schadstoffen, Stoffwechselabbauprodukten und Flüssigkeit. Hat eine Portion Stuhl den Enddarm erreicht oder ist die Blase ausreichend gefüllt, werden Regelkreise ausgelöst. Der Stuhl im Enddarm reizt die Dehnungsrezeptoren in der Mastdarmwand. Nervenbahnen, die zum Rückenmark führen, leiten die Information weiter.

Im Sakralmark erfolgt die Umschaltung auf den Parasympathikus und auf Nervenbahnen, die wiederum in Richtung Darm führen. Diese veranlassen eine reflektorische Erschlaffung des inneren Analschließmuskels. Gleichzeitig wird die reflektorische Anspannung des äußeren Analschließmuskels über motorische Nervenbahnen, aus dem Sakralmark kommend, vollzogen. Dieser nun verspürte erhöhte Druck des Defäkationsreflexes löst den Stuhlgang (Defäkation ) aus. Beim Toilettengang erschlaffen schließlich alle Schließmuskeln des Analbereichs. Gleichzeitig wird der Bauchinnendruck erhöht, ausgelöst durch die arbeitende Bauchmuskulatur und das Zwerchfell.

Auch zum Wasserlassen (Miktion) braucht es eine gewisse – allerdings deutlich geringere - Pressfähigkeit des Körpers. Ist die Harnblase mit 300 - 600 ml Urin gefüllt, wird der unwillkürliche Harndrang ausgelöst. Zwei Schließmuskeln gewährleisten, dass die Blase bis zur Entleerung verschlossen bleibt. Der äußere Schließmuskel besteht aus quergestreiften, der innere aus glatten Muskelzellen. Ein dritter Muskel, der Blasenentleerer, passt sich den veränderten Druckverhältnissen an. Je mehr die Blase gefüllt ist, umso mehr entspannt er sich.

Kann sich der Blasenentleerer nicht weiter anpassen, erfolgt ein rascher Druckanstieg im Inneren der Blase. Die Dehnungsrezeptoren in der Blasenwand tragen die Informationen weiter. Letztlich zieht sich der Blasenentleerer zusammen, der innere Schließmuskel dehnt sich und der äußere erschlafft. Der Sympathikus ist am "Befüllen" der Blase beteiligt, der Parasympathikus bei der Entleerung. Die Aktivität des Sympathikus verhindert somit eine ständige Entleerung der Blase.

Bei der Geburt eines Babys laufen mehrere Regelkreise zwischen Gebärmutter und Rückenmark der Mutter ab. Auch das Baby hilft bei seiner Geburt mit. Wäre die natürliche Pressfähigkeit innerhalb der Presswehen nicht gegeben, könnte kein Kind geboren werden.


Krankheiten & Beschwerden

Im Laufe des Alterungsprozesses kann das Lungenvolumen abnehmen, so dass weniger Sauerstoff aufgenommen und für den Organismus zur Atmung zur Verfügung gestellt werden kann. Die Leistungsfähigkeit des Herzens kann dann abnehmen, so dass das Blut langsamer und ineffizienter durch den Körper gepumpt wird. Bei Anstrengung gelangt der alternde Mensch schneller an seine Leistungsgrenzen, der Puls erhöht sich, es kommt zum Atemnot.

Zum Alterungsprozess gehört auch, dass die Muskelkraft im Körper abnimmt. Dieses betrifft sowohl die Stamm-Muskulatur als auch die Muskulatur der Extremitäten, Hände, Füße und des Gesichts.

Die innerste Muskelschicht, die mit einer Pressfähigkeit im Zusammenhang steht, ist die Beckenbodenmuskulatur. Ist nie nicht kräftig, hängt sie durch. Damit kann es zu einer Senkung der inneren Organe im Bauchraum kommen, Blasenschwäche, Inkontinenz, Rückenschmerzen und auch Potenzprobleme können die Folge sein.

Bei einer Querschnittslähmung oberhalb des Sakralmarks bleibt der Defäkationsreflex erhalten, kann aber willkürlich nicht umgesetzt werden. Suppositorien (Zäpfchen) oder Klysmen (Klistier, Einleitung einer Flüssigkeit in den Darmraum) können dann für eine Darmentleerung sorgen.

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa können zu einer Störung der Pressfähigkeit führen. Bei der Colitis ulcerosa ist die Darmschleimhaut des Dickdarms chronisch entzündet. Die Ursache der Colitis ist unbekannt, es wird jedoch angenommen, dass eine genetische Prädisposition zu einer Autoimmunreaktion gegen die eigene Darmflora ursächlich ist. Hygienestandards, Ernährung und Stress spielen eine große Rolle bei der Ausprägung der Erkrankung. Starke Blähungen und Koliken mit Stuhlinkontinenz sind die Regel.

Morbus Crohn kann den gesamten Verdauungstrakt betreffen - von der Mundhöhle bis zum After. Meistens sind jedoch der untere Dünndarm und der Dickdarm von der Autoimmunerkrankung betroffen. Ein Merkmal von Morbus Crohn ist, dass nur einzelne Abschnitte des Darms von der Erkrankung betroffen sind, zwischen denen sich gesunde Bereiche befinden. Fisteln am After können auftreten. Auch bei Morbus Crohn kommt es zu Koliken und Durchfall.

Eine Blasendysfunktion im Kindesalter ist das nächtliche Einnässen. In höherem Alter ist es neben der Inkontinenz auch die unvollständige Entleerung mit erhöhtem Restharn. Ein großer Prozentsatz Multipler Sklerose-Erkrankter entwickelt eine Dysfunktion der Blase. Bei einer Querschnittslähmung kann die Nervenversorgung der Blase gestört sein.

Schließlich können auch Tumore im Urogenital- und Dickdarmbereich die Pressfähigkeit stark einschränken.

Quellen

  • Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
  • Goerke, K., Steller, J., Valet, A.: Klinikleitfaden Gynäkologie. Urban & Fischer, München 2003
  • Weyerstahl, T., Stauber, M.: Gynäkologie und Geburtshilfe, duale Reihe. Thieme, Stuttgart 2013

Das könnte Sie auch interessieren