Proteaseinhibitoren

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. August 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Proteaseinhibitoren handelt es sich um unterschiedliche Stoffe, die die körpereigenen Proteasen in ihrer Funktion hemmen können. Das können Peptide, Proteine oder einige niedermolekulare Stoffe sein. Es gibt Gifte, wie beispielsweise Skorpion- oder Schlangengifte, die zu den Proteaseinhibitoren gehören. Daran lässt sich ablesen, dass Proteaseinhibitoren sehr gefährlich sein können. In der Medizin werden Proteaseinhibitoren unter anderem eingesetzt, um als Blutgerinnungshemmer zu dienen, in Form von Antihypertensiva einen zu hohen Blutdruck zu senken oder in Form von Virostatika bei HIV- oder HCV-Infektionen hilfreich zu sein.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Proteaseinhibitoren?

Die Wirkung von in der Natur vorkommenden Proteaseinhibitoren kann durchaus tödlich sein. Das ist beispielsweise bei Schlangen- und Skorpiongiften der Fall, die zu den natürlich vorkommenden Proteaseinhibitoren gehören.
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Unter dem Begriff Proteaseinhibitoren lassen sich alle Stoffe zusammenfassen, die die körpereigenen Proteasen in ihrer Wirkungsweise hemmen. Bei den Proteasen handelt es sich um Enzyme, die heute Peptidasen genannt werden. Der Begriff Proteasen ist veraltet, hilft aber, um besser zu verstehen, wofür Proteaseinhibitoren da sind.

Peptidasen beziehungsweise Proteasen haben die Aufgabe, Proteine zu spalten. Da Proteaseinhibitoren diese Enzyme hemmen, wird dadurch die Spaltung dieser Proteine gehemmt oder sogar verhindert.

Pharmakologische Wirkung

Die Wirkung von in der Natur vorkommenden Proteaseinhibitoren kann durchaus tödlich sein. Das ist beispielsweise bei Schlangen- und Skorpiongiften der Fall, die zu den natürlich vorkommenden Proteaseinhibitoren gehören.

In der Medizin kann der sinnvolle Einsatz von Proteaseinhibitoren wiederum Leben retten. Gehemmt werden können vier Typen von Proteasen, nämlich Serinproteasen, Cysteinproteasen, Metalloproteasen und Aspartatproteasen. Es gibt für jede Form der Proteasen verschiedene Proteaseinhibitoren, die gezielt auf eine bestimmte dieser vier genannten Proteasen abgestimmt sind. Zudem gibt es einige, die verschiedene Proteasen hemmen können.

Es ist dabei wichtig, auf die richtige Dosierung zu achten, da auch die in der Medizin angewendeten Proteaseinhibitoren bei einer Überdosierung sehr toxisch wirken können.

Medizinische Anwendung & Verwendung

In der Medizin sind bekannte Proteaseinhibitoren jene zur Hemmung der Blutgerinnung, zur Regulierung eines zu hohen Blutdrucks und zur Behandlung von HIV- und HCV-Infektionen.

Blutgerinnungshemmer werden auch Antikoagulanzien genannt. Sie werden eingesetzt, um eine zu starke Blutgerinnung zu reduzieren. Es gibt verschiedene Gerinnungshemmer. Dazu gehören die Cumarine, auch Vitamin-K-Antagonisten genannt, die Heparine, die direkten oralen Antikoagulanzien (die direkt in die Gerinnungskaskade eingreifen), alle Hirudin enthaltenden Stoffe oder auch die Calcium-Komplexbildner.

Zur Senkung des Blutdrucks werden Proteaseinhibitoren in Form von Antihypertensiva eingesetzt. Das können zum Beispiel Betablocker und Calciumkanalblocker sein, die den Calciumeinstrom hemmen. ACE-Hemmer, Aldosteronantagonisten und AT1-Antagonisten hemmen das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System. Ebenso gehören alle Formen von Diuretika, also entwässernde Mittel, die auf diese Weise den Blutdruck senken, zu den Proteaseinhibitoren.

Auch Virostatika gehören zu den Proteaseinhibitoren. Sie hemmen die Vermehrung von Viren im Körper. Dazu gehören Viren bei Erkrankungen wie HIV, wo der Einsatz von Proteaseinhibitoren besonders hilfreich ist. Die Wirkungsweise von Virostatika ist unterschiedlich. Manche verhindern das Andocken an die Zellmembran des Wirtsorganismus, andere das Eindringen in die Wirtszelle, manche die Bildung neuer Viren oder aber die Freisetzung neu gebildeter Viren aus der Wirtszelle.


Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Proteaseinhibitoren, die hauptsächlich zur Behandlung von HIV-Infektionen eingesetzt werden, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten, um ihre Wirksamkeit sicherzustellen und Nebenwirkungen zu minimieren.

Die Dosierung von Proteaseinhibitoren variiert je nach spezifischem Medikament, Patientenzustand und Begleitmedikation. Eine korrekte Dosierung ist entscheidend, da sowohl Unterdosierung als auch Überdosierung die Wirksamkeit der Therapie beeinträchtigen oder unerwünschte Nebenwirkungen verstärken können. Proteaseinhibitoren sollten stets gemäß den Anweisungen des Arztes eingenommen werden, häufig in Kombination mit anderen antiretroviralen Medikamenten im Rahmen einer HAART (hochaktive antiretrovirale Therapie).

Ein wichtiger Aspekt ist die Einnahme in Verbindung mit Nahrung. Viele Proteaseinhibitoren müssen mit einer Mahlzeit eingenommen werden, um ihre Absorption im Magen-Darm-Trakt zu verbessern und somit eine ausreichende Wirkstoffkonzentration im Blut zu gewährleisten. Patienten sollten die spezifischen Anweisungen zur Nahrungsaufnahme genau befolgen, da dies die Wirksamkeit des Medikaments erheblich beeinflussen kann.

Bei der Verabreichung von Proteaseinhibitoren ist auch auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu achten. Proteaseinhibitoren werden in der Leber durch Cytochrom-P450-Enzyme metabolisiert und können die Wirkspiegel von gleichzeitig eingenommenen Medikamenten verändern, was zu toxischen Effekten oder Wirkverlust führen kann. Daher sollten Patienten ihren Arzt über alle anderen Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel informieren, die sie einnehmen.

Schließlich ist eine regelmäßige Überwachung der Viruslast und der Leberfunktion notwendig, um den Therapieerfolg zu überprüfen und mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen. Die Einhaltung der verordneten Therapie und regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind entscheidend für die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung mit Proteaseinhibitoren.

Risiken & Nebenwirkungen

Alle Proteaseinhibitoren müssen sehr sorgfältig eingesetzt werden. So hilfreich wie Virostatika auf der einen Seite sein können, so gefährlich können sie auf der anderen Seite werden, denn sie können nicht nur die Zellen der Viren angreifen, sondern bei einer Überdosierung auch das gesamte Zell-Leben des behandelten Organismus zum Stillstand bringen, was lebensgefährliche Folgen hätte.

Bei den Blutgerinnungshemmern ist immer zu beachten, dass es einerseits allergische Reaktionen darauf geben kann, es bei falscher Dosierung aber auch zu einer zu starken und damit lebensgefährlichen Blutgerinnungshemmung kommen kann.

In Bezug auf alle den Blutdruck senkenden Medikamente, die zu den Proteaseinhibitoren gehören, ist zu sagen, dass jedes von ihnen diverse Nebenwirkungen und Risiken mit sich bringen kann. Durch die harntreibende Wirkung kann der Körper austrocknen, es kann zu starken Elektrolytverlusten und entsprechenden Störungen im Körper kommen und im schlimmsten Fall steigt die Thromboseneigung aufgrund von eingedicktem Blut.

Auch Krämpfe, Verwirrtheitszustände, Herzrhythmusstörungen oder ein viel zu niedriger Blutdruck können bei der Behandlung mit Proteaseinhibitoren auftreten. Es ist deshalb wichtig, beim Einsatz aller Formen von Proteaseinhibitoren besonders vorsichtig zu sein.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Proteaseinhibitoren, die vor allem in der HIV-Therapie eingesetzt werden, betreffen bestimmte gesundheitliche Zustände und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen erhöhen können.

Eine der wichtigsten Kontraindikationen ist die schwere Lebererkrankung. Da Proteaseinhibitoren in der Leber metabolisiert werden, kann ihre Anwendung bei Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz zu einer erhöhten Konzentration des Medikaments im Blut führen, was das Risiko toxischer Effekte erhöht. Patienten mit mittelschweren Leberfunktionsstörungen müssen unter strenger ärztlicher Aufsicht und möglicherweise mit angepasster Dosierung behandelt werden.

Auch schwere allergische Reaktionen oder eine Überempfindlichkeit gegenüber einem der Proteaseinhibitoren oder deren Bestandteile stellen eine Kontraindikation dar. In solchen Fällen sollte das Medikament sofort abgesetzt und nicht erneut verabreicht werden.

Eine weitere Kontraindikation ist die gleichzeitige Einnahme bestimmter Medikamente, die durch das Cytochrom-P450-Enzymsystem in der Leber metabolisiert werden. Proteaseinhibitoren können dieses Enzymsystem hemmen oder induzieren, was zu gefährlichen Wechselwirkungen führen kann. Beispielsweise sollten Medikamente wie bestimmte Statine, Antiarrhythmika und Benzodiazepine nicht zusammen mit Proteaseinhibitoren eingenommen werden, da dies zu schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen, übermäßiger Sedierung oder Rhabdomyolyse führen kann.

Bei Patienten mit einem hohen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist ebenfalls Vorsicht geboten, da Proteaseinhibitoren das Risiko für Herzprobleme, einschließlich Herzinfarkt und Schlaganfall, erhöhen können. In solchen Fällen müssen Nutzen und Risiken der Therapie sorgfältig abgewogen und alternative Behandlungen in Betracht gezogen werden.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Proteaseinhibitoren, die hauptsächlich in der HIV-Therapie eingesetzt werden, können mit einer Vielzahl von Medikamenten interagieren, da sie das Cytochrom-P450-Enzymsystem in der Leber beeinflussen, insbesondere das Enzym CYP3A4. Diese Interaktionen können die Konzentration anderer Medikamente im Blut erhöhen oder verringern, was zu potenziellen Risiken führt.

Eine der häufigsten und bedeutendsten Interaktionen besteht mit Statinen, die zur Senkung des Cholesterinspiegels eingesetzt werden. Proteaseinhibitoren können die Konzentration von Statinen wie Simvastatin und Lovastatin stark erhöhen, was das Risiko für Rhabdomyolyse, eine schwere Muskelzerstörung, deutlich erhöht. Alternativen wie Atorvastatin oder Rosuvastatin werden in niedrigeren Dosen bevorzugt verwendet.

Antikoagulanzien wie Warfarin können ebenfalls betroffen sein. Proteaseinhibitoren können die Blutspiegel von Warfarin verändern, was eine engmaschige Überwachung der INR (International Normalized Ratio) und möglicherweise eine Dosisanpassung erfordert.

Auch bei Benzodiazepinen, insbesondere Midazolam und Triazolam, besteht ein erhöhtes Risiko. Proteaseinhibitoren können deren sedierende Wirkung verstärken, was zu übermäßiger Sedierung und Atemdepression führen kann. Diese Kombination sollte vermieden oder sehr vorsichtig überwacht werden.

Antiarrhythmika wie Amiodaron und Dronedaron sind ebenfalls problematisch, da Proteaseinhibitoren die Konzentration dieser Medikamente erhöhen können, was zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen kann.

Zusätzlich können Proteaseinhibitoren die Wirksamkeit von orale Kontrazeptiva (Antibabypillen) verringern, wodurch das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft steigt. Alternativen oder zusätzliche Verhütungsmethoden sollten in Betracht gezogen werden.

Aufgrund dieser umfangreichen Interaktionsmöglichkeiten ist es entscheidend, dass Patienten ihren Arzt über alle eingenommenen Medikamente informieren, damit mögliche Risiken minimiert und die Therapie sicher gestaltet werden kann.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Proteaseinhibitoren nicht vertragen werden oder kontraindiziert sind, stehen alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, insbesondere bei der Behandlung von HIV. Diese Alternativen zielen darauf ab, die Viruslast effektiv zu kontrollieren und das Immunsystem zu stärken, ohne die Nebenwirkungen von Proteaseinhibitoren zu verursachen.

Nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTIs) wie Efavirenz, Rilpivirin oder Etravirin sind häufig verwendete Alternativen. Sie blockieren die Reverse-Transkriptase, ein Enzym, das das HIV-Virus benötigt, um sich in den Wirtszellen zu replizieren. NNRTIs sind in der Regel gut verträglich, obwohl sie manchmal ZNS-Nebenwirkungen wie Schwindel oder Schlafstörungen verursachen können.

Integrase-Inhibitoren wie Raltegravir, Dolutegravir und Bictegravir sind ebenfalls eine wirksame Alternative. Diese Medikamente verhindern, dass das HIV-Virus sein genetisches Material in die DNA der Wirtszelle integriert, was die Virusvermehrung hemmt. Integrase-Inhibitoren haben den Vorteil einer guten Verträglichkeit und geringen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.

Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs) wie Tenofovir, Emtricitabin und Abacavir sind weitere Alternativen. Diese Medikamente blockieren ebenfalls die Reverse-Transkriptase, jedoch auf eine andere Weise als NNRTIs. Sie sind oft Bestandteil von Kombinationspräparaten, die mehrere Wirkstoffe enthalten.

Neben diesen Wirkstoffen können boosted Regime, bei denen Ritonavir oder Cobicistat als Booster verwendet werden, zur Verbesserung der Wirksamkeit von Alternativen zu Proteaseinhibitoren beitragen, insbesondere bei Resistenzproblemen.

Die Auswahl der Alternativen hängt von den individuellen Bedürfnissen des Patienten, möglichen Resistenzen und dem Nebenwirkungsprofil der Medikamente ab. Eine enge Abstimmung mit einem HIV-Spezialisten ist unerlässlich, um die beste Therapieoption zu finden.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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