Aminophyllin

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2025Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Aminophyllin ist eine bronchien- und gefäßerweiternde Wirkstoffkombination. Es wird in erster Linie als Antiasthmatikum bei Asthma bronchiale und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) eingesetzt.
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Was ist Aminophyllin?
Aminophyllin gehört als Arzneimittelkombination aus Theophyllin und Ethylendiamin (Verhältnis 2:1) zur Wirkstoffgruppe der Methylxanthinderivate. Theophyllin ist hierbei die physiologisch aktive Komponente, während Ethylendiamin in erster Linie die Löslichkeit erhöht. Die Wirkstoffkombination ist weniger potent als reines Theophyllin und weist eine kürzere Wirkzeit auf.
Aminophyllin wird vor allem als Antiasthmatikum bzw. Bronchospasmolytikum bei Obstruktion der Atemwege infolge von Asthma bronchiale oder COPD eingesetzt. Im Blut liegt Aminophyllin zu ca. 60 % an Proteine gebunden vor. Die Plasmahalbwertzeit liegt zwischen 7 und 9 Stunden.
Pharmakologische Wirkung
Sobald Aminophyllin in den Organismus gelangt, wird das Theophyllin aus der Wirkstoffkombination freigesetzt und bedingt die für Methylxanthinderivate charakteristischen Wirkmechanismen.
Zu diesen gehören insbesondere seine Wirkung als Phosphodiesterase-Hemmer (PDE-Hemmer) und Adenosin-Rezeptor-Blocker. Phosphodiesterase-Inhibatoren hemmen die zu den Phosphodiesterase gehörenden Enzyme. Aminophyllin ist ein nicht-selektiver PDE-Hemmer, der nicht spezifische Enzymtypen, sondern gleichzeitig mehrere unterschiedliche Phosphodiesterasen hemmt. Die Wirkung ist insbesondere auf das im Aminophyllin enthaltene Theophyllin zurückzuführen.
Dieses bedingt über die PDE-Hemmung in den Atemwegen und Blutgefäßen eine Gefäßdilation (Erweiterung). Zugleich stimuliert Aminophyllin die Diurese (Harnausscheidung über Nieren), die Magensäuresekretion sowie das zentrale Nervensystem. Aminophyllin erhöht hierbei die intrazelluläre cAMP-Konzentration (Cyclisches Adenosinmonosphosphat), wodurch die den Energiestoffwechsel regulierende Proteinkinase A (PKA) aktiviert wird.
Die erhöhte cAMP-Konzentration im Gewebe aktiviert ferner den über Catecholamin gesteuerten Energiestoffwechsel und bedingt die Ausschüttung von Epinephrin. Daneben wird die Synthese der im Rahmen von Asthma bronchiale an entzündlichen Prozesse beteiligten Leukotrienen und somit die angeborene Immunantwort gehemmt. Aminophyllin blockiert als Adenosin-Antagonist dessen Wirkung an den Rezeptoren der Zelloberfläche des Herzens und führt somit zu einer erhöhten Herzfrequenz und -kontraktionsfähigkeit.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Aminophyllin wird analog zu anderen theophyllinhaltigen Medikamenten in erster Linie zur Therapie von Asthma bronchiale, chronischer Bronchitis und COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) eingesetzt. Es wirkt entspannend auf die glatte Muskulatur der Bronchien und Lungengefäße.
Zudem bedingt Aminophyllin eine Erweiterung der Bronchien, regt die Atemmuskulatur an und hemmt die Ausschüttung körpereigener Entzündungsstoffe. Über die Erweiterung der Bronchien (Bronchodilation) führt der Wirkstoff zur einer Reduzierung der für Asthma bronchiale und COPD charakteristischen Bronchialkrämpfe, die Atemnot und Husten verursachen. Entsprechend wird Aminophyllin vor allem bei der Therapie und Prophylaxe von Atemnotzuständen infolge von Bronchokonstriktionen (verengte Atemwege) angewendet.
Hierbei eignet es sich insbesondere zur Behandlung und Prophylaxe von nächtlichen Asthmabeschwerden. Ferner kann Aminophyllin bei einem akuten Asthmaanfall zur Anwendung kommen. Bei mittel bis schwerem Asthma bronchiale wird der Wirkstoff in aller Regel in Kombination mit Beta-2-Adrenozeptor-Agonisten und Glukokortikoiden eingesetzt. Bei Vorliegen einer COPD wird Aminophyllin hingegen mit Beta-2-Adrenozeptor-Agonisten und Anticholinergika kombiniert.
Da Kinder und Raucher den Wirkstoff schneller wieder ausscheiden, zeigt Aminophyllin bei diesen Betroffenen eine verkürzte Wirkdauer. Bei Herzinsuffizienz, Beeinträchtigungen der Leber- oder Nierenfunktion, Lungenentzündung, Virusinfektionen sowie schwerem Sauerstoffmangel liegt hingegen eine verlangsamte Aminophyllinausscheidung. In beiden Fällen sollte die Dosierung entsprechend angepasst werden.
Verabreichung & Dosierung
Aminophyllin ist ein Theophyllin-Derivat, das zur Behandlung von Atemwegserkrankungen wie Asthma bronchiale und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) eingesetzt wird. Die Verabreichung erfolgt in der Regel intravenös oder oral, wobei die Dosierung individuell angepasst werden muss.
Bei der intravenösen Gabe ist eine langsame Infusion erforderlich, um Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen oder Blutdruckabfall zu vermeiden. Die Initialdosis beträgt häufig 5 mg/kg Körpergewicht, gefolgt von einer Erhaltungsinfusion, deren Geschwindigkeit sich nach dem Theophyllinspiegel im Blut richtet. Therapeutische Plasmakonzentrationen liegen zwischen 5 und 15 µg/ml.
Die orale Verabreichung erfolgt meist in Form von Retardtabletten oder Kapseln, um eine gleichmäßige Wirkstofffreisetzung zu gewährleisten. Die empfohlene Dosis hängt von Faktoren wie Alter, Gewicht, Leberfunktion und Nikotinkonsum ab, da Rauchen den Abbau von Aminophyllin beschleunigt.
Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leberfunktionsstörungen oder Epilepsie geboten. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, wie Betablockern oder Makrolidantibiotika, können die Wirkung verstärken oder abschwächen. Regelmäßige Blutspiegelkontrollen sind essenziell, um eine therapeutische Wirkung sicherzustellen und toxische Nebenwirkungen zu vermeiden.
Risiken & Nebenwirkungen
Im Rahmen einer medikamentösen Therapie mit Aminophyllin können häufig Schlaflosigkeit, Durchfall, Übelkeit, Sodbrennen, Kopfschmerzen, Erregungszustände, erhöhtes Wasserlassen, Herzrhythmusstörungen, erhöhter Blutzucker und Gliederzittern beobachtet werden.
Zudem sind oftmals Blutharnsäure sowie der Kreatinin-Wert im Blut erhöht, während die Blutkalziumkonzentration erniedrigt ist. Eine Überdosierung kann zu Krampfanfällen, akutem Blutdruckaball, schweren Herzrhythmusstörungen sowie Magen-Darm-Beschwerden führen. Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, nach akuten Myokard (frischer Herzinfarkt) sowie akuten Herzrhythmusstörungen ist eine Therapie mit Aminophyllin kontraindiziert.
Das in Aminophyllin enthaltende Theophyllin wird vor allem über CYP1A2 - einem körpereigenen, für die Biotransformation von Medikamenten bedeutenden Enzym - metabolisiert (verstoffwechselt). Der Plasmaspiegel kann daher zwischen individuellen Betroffenen variieren. Auch zahlreiche Interaktionen mit anderen Wirkstoffen sind möglich. Der Wirkstoff wird entsprechend in aller Regel zurückhaltend appliziert. Um Überdosierungen – insbesondere eine gefährliche Theophyllin-Intoxikation mit Krämpfen und kardialen Rhythmusstörungen - zu vermeiden, sind engmaschige Kontrollen durch den Arzt empfehlenswert.
Kontraindikationen
Aminophyllin darf nicht bei Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen oder besonderen Risikofaktoren angewendet werden. Eine absolute Kontraindikation besteht bei einer bekannten Überempfindlichkeit gegen Theophyllin, Aminophyllin oder andere Xanthinderivate. Auch bei akuten Herzinfarkten oder schweren Herzrhythmusstörungen wie tachykarden Arrhythmien ist die Anwendung kontraindiziert, da Aminophyllin die Herzfrequenz steigern kann.
Patienten mit schwerer Hypertonie oder unkontrolliertem Bluthochdruck sollten ebenfalls kein Aminophyllin erhalten, da es eine stimulierende Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System hat. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Magen-Darm-Ulzera, da Aminophyllin die Magensäureproduktion steigern und dadurch bestehende Ulzera verschlimmern kann.
Auch Epilepsie gilt als Kontraindikation, da Aminophyllin das zentrale Nervensystem stimuliert und Krampfanfälle auslösen oder verstärken kann. Patienten mit schwerer Leber- oder Niereninsuffizienz benötigen eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung, da der Abbau und die Ausscheidung von Aminophyllin beeinträchtigt sein können, was zu einer erhöhten Wirkstoffkonzentration und toxischen Nebenwirkungen führen kann.
Weitere relative Kontraindikationen sind Schilddrüsenüberfunktionen (Hyperthyreose) sowie Alkoholismus, da beide Zustände den Theophyllin-Abbau beeinflussen können. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, insbesondere mit Betablockern, Makrolidantibiotika oder bestimmten Diuretika, müssen vor der Anwendung sorgfältig geprüft werden.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Aminophyllin kann mit verschiedenen Medikamenten interagieren, was entweder zu einer verstärkten oder abgeschwächten Wirkung führt. Besonders betroffen sind Substanzen, die den Abbau von Theophyllin in der Leber beeinflussen, da Aminophyllin als Theophyllin-Derivat hauptsächlich über das Cytochrom-P450-System metabolisiert wird.
Enzyminduktoren wie Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin oder Johanniskraut beschleunigen den Abbau von Aminophyllin, wodurch die therapeutische Wirkung abgeschwächt wird und höhere Dosen erforderlich sein können. Umgekehrt hemmen Medikamente wie Makrolidantibiotika (z. B. Erythromycin, Clarithromycin), Fluorchinolone (z. B. Ciprofloxacin), Cimetidin und Allopurinol den Abbau, was das Risiko einer Theophyllin-Toxizität mit Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen oder Krampfanfällen erhöht.
Betablocker, insbesondere nicht-selektive wie Propranolol, können die bronchodilatatorische Wirkung von Aminophyllin verringern, während Sympathomimetika wie Salbutamol oder Adrenalin die stimulierende Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System verstärken und dadurch das Risiko für Tachykardien erhöhen.
Diuretika wie Furosemid können die Kaliumausscheidung verstärken, was in Kombination mit Aminophyllin zu Hypokaliämie und erhöhter Arrhythmiegefahr führen kann. Auch Lithiumspiegel können durch Aminophyllin gesenkt werden, was die therapeutische Wirkung von Lithium verringert. Patienten mit Polypharmazie sollten daher engmaschig überwacht werden, um unerwünschte Wechselwirkungen zu vermeiden.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Aminophyllin nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen mehrere alternative Wirkstoffe und Therapieansätze zur Verfügung. Eine häufige Alternative sind langwirksame Beta-2-Sympathomimetika (LABA) wie Salmeterol oder Formoterol, die eine bronchienerweiternde Wirkung haben und besonders bei Asthma und COPD eingesetzt werden. Sie wirken gezielt an den Beta-2-Rezeptoren der Bronchien, ohne die zentralen Nebenwirkungen von Xanthinen wie Aminophyllin zu verursachen.
Anticholinergika wie Tiotropium oder Ipratropium stellen eine weitere Option dar. Diese Substanzen blockieren muskarinerge Rezeptoren, wodurch die Bronchien entspannt und die Schleimproduktion reduziert werden. Sie eignen sich besonders für COPD-Patienten.
Inhalative Kortikosteroide wie Budesonid oder Fluticason sind ebenfalls wichtige Alternativen, insbesondere bei entzündlich bedingten Atemwegserkrankungen wie Asthma bronchiale. Sie hemmen die Entzündung und reduzieren die bronchiale Hyperreaktivität.
Bei schwerem Asthma oder COPD können Biologika wie Omalizumab (bei allergischem Asthma) oder Dupilumab eingesetzt werden. Diese gezielten Therapien modulieren das Immunsystem und sind besonders für Patienten mit schwerer oder therapieresistenter Erkrankung geeignet.
Nicht-medikamentöse Alternativen umfassen Atemtherapie, Physiotherapie sowie das Vermeiden von Auslösern wie Rauch oder Allergenen. Eine Sauerstofftherapie kann bei fortgeschrittener COPD sinnvoll sein, um die Atemfunktion zu verbessern.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor