Selegelin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 29. Mai 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Wirkstoffe Selegelin
Selegelin ist ein Arzneistoff aus der Wirkstoffklasse der Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-B-Hemmer ). Das Antiparkinsonmittel hemmt den Dopaminabbau im Gehirn.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist Selegelin?
Selegelin wird zur Behandlung der Parkinsonschen Krankheit eingesetzt. Aufgrund der geringen Halbwertszeit, und der damit verbundenen schwachen Auswirkung, wird es in der Regel in Kombination mit dem Arzneistoff Levodopa verabreicht. Bei leichteren Krankheitsverläufen kann es auch als Monotherapeutikum eingesetzt werden. In den USA wird der Wirkstoff auch zur Therapie von Depressionen verwendet.
Selegelin ist ein sogenannter MAO-B-Hemmer. Er hemmt das Enzym Monoaminooxidase B. Entdeckt wurde der Arzneistoff von dem Chemiker József Knoll. Die Herstellung von Selegelin erfordert eine mehrstufige Synthese. Diese geht von (RS)-Methamphetamin aus.
Pharmakologische Wirkung
Ursache für den Morbus Parkinson ist der Untergang von speziellen Nervenzellen in der Substantia nigra. Diese Nervenzellen setzen normalerweise Dopamin frei. Wenn die dopaminfreisetzenden Nervenzellen untergehen, kommt es zu einem Dopaminmangel. Warum die Zellen zugrunde gehen, konnte noch nicht geklärt werden.
Dopamin ist ein Neurotransmitter, der für das korrekte Ausführen von Bewegungsabläufen benötigt wird. Der Körper kann den Dopaminmangel lange ausgleichen. Erste Symptome treten erst dann auf, wenn 60 Prozent der dopaminproduzierenden Nervenzellen abgestorben sind.
Um den Krankheitsfortschritt zu verlangsamen und die Symptome der Erkrankung zu mildern, erhalten die Patienten Dopamin in Form der Vorstufe L-Dopa. Da das Dopamin, das aus L-Dopa gebildet wird, schon im synaptischen Spalt zwischen den Nervenzellen durch das Enzym Monoaminooxidase B abgebaut wird, muss dieses Enzym gehemmt werden. Andernfalls kann das zugeführte Dopamin seine Wirkung am Zielort nicht entfalten.
Selegelin ist ein solcher Monoaminooxidase B-Inhibitor. Er sorgt für eine irreversible Hemmung von MAO-B. Dadurch verbleibt das Dopamin länger im synaptischen Spalt und kann somit seine volle Wirkung im Zentralnervensystem entfalten.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Selegelin ist als Monotherapeutikum zur Therapie der frühen Stadien der Parkinsonschen Krankheit zugelassen. In Kombination mit dem Arzneistoff Levodopa wird Selegelin zur symptomatischen Therapie von Morbus Parkinson eingesetzt. Der Arzneistoff wird vor allem Patienten mit einem sogenannten fluktuierenden Krankheitsbild verabreicht. Dieses äußert sich beispielsweise durch das On-Off-Phänomen.
Dabei kommt es beim Patienten zu einem plötzlichen Wechsel von einer normalen Beweglichkeit bis hin zur kompletten Bewegungsunfähigkeit. Ein weiteres Zeichen für ein fluktuierendes Krankheitsbild sind End-of-dose-Akinesen. Diese Schwankungen der Beweglichkeit können nach längerer Einnahme von L-Dopa auftreten. Die Bewegungsstörungen werden durch ein Nachlassen der Medikamentenwirkung verursacht. Selegelin kann diese Schwankungen abmildern.
In den USA wird Selegelin zur Behandlung von Depressionen verordnet. In Deutschland ist der Arzneistoff für diese Indikation nicht zugelassen. Eine Zeit lang wurde Selegelin auch Alzheimer-Patienten verabreicht. Metaanalysen zeigten allerdings, dass sich die Symptome unter der Einnahme von Selegelin nicht verbesserten.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Selegelin, einem MAO-B-Hemmer, der hauptsächlich zur Behandlung von Parkinson und Depressionen eingesetzt wird, sind mehrere wichtige Punkte zu beachten.
Selegelin sollte immer genau nach den Anweisungen des Arztes eingenommen werden. Die übliche Anfangsdosis für Parkinson-Patienten beträgt 5 mg zweimal täglich, vorzugsweise beim Frühstück und Mittagessen, um Schlafstörungen zu vermeiden. Eine andere Darreichungsform ist das transdermale Pflaster, das einmal täglich angewendet wird.
Es ist wichtig, Selegelin nicht später am Tag einzunehmen, um Schlaflosigkeit zu vermeiden. Die Einnahme zusammen mit Nahrungsmitteln kann Magenbeschwerden verringern. Patienten sollten ihren Arzt informieren, wenn sie andere Medikamente einnehmen, da Selegelin Wechselwirkungen haben kann, insbesondere mit SSRIs, SNRIs, trizyklischen Antidepressiva, und anderen MAO-Hemmern, was zu einem potenziell lebensbedrohlichen Serotonin-Syndrom führen kann.
Patienten sollten tyraminreiche Nahrungsmittel (wie gereifter Käse, eingelegte Lebensmittel, und bestimmte Weine) vermeiden, insbesondere bei höheren Dosen von Selegelin, um hypertensive Krisen zu verhindern. Eine regelmäßige Überwachung des Blutdrucks ist ratsam.
Bei älteren Patienten und solchen mit eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion ist eine Dosisanpassung möglicherweise erforderlich. Plötzliche Absetzung von Selegelin sollte vermieden werden, um Entzugserscheinungen oder eine Verschlechterung der Symptome zu verhindern. Daher sollte das Medikament schrittweise reduziert werden, wie vom Arzt verordnet.
Regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen sind wichtig, um die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Behandlung zu überwachen und Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Risiken & Nebenwirkungen
Häufige Nebenwirkungen von Selegelin sind Mundtrockenheit, Schwindel und Schlafstörungen. Auch Appetitverlust, Verwirrtheit und niedriger Blutdruck können auftreten. In schweren Fällen leiden die Betroffenen unter Halluzinationen und Angst.
Eine weitere mögliche Nebenwirkung von Selegelin sind Herzrhythmusstörungen. Diese machen sich durch einen zu schnellen Herzschlag, eine zu langsame Herzfrequenz oder durch Herzstolpern bemerkbar.
Selegelin kann die Wirkungen und auch die Nebenwirkungen von Psychostimulanzien, bestimmten Nasentropfen, Mitteln gegen Bluthochdruck, Mitteln gegen niedrigen Blutdruck, Sedativa und Ethanol verstärken. Linezolid, ein Antibiotikum, hat MAO-hemmende Nebenwirkungen. Auch diese können durch Selegelin verstärkt werden, sodass es zu einem Dopaminüberschuss kommen kann. Ein Dopaminüberschuss kann Angstzustände und Schizophrenie zur Folge haben.
Die gleichzeitige Einnahme von Selegelin und Antidepressiva ist kontraproduktiv. Eine Kombination der Medikamente kann zu Überwärmung, Krampfanfällen, psychischen Störungen und Herz-Kreislauf-Beschwerden führen. Im schlimmsten Fall kann es zum Koma kommen. Insbesondere selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und Fluoxetin dürfen nicht zusammen mit Selegelin eingenommen werden.
Arzneistoffe, die über Monoaminooxidasen abgebaut werden, verbleiben bei gleichzeitiger Einnahme von Selegelin länger im Blut. Bei einer kombinierten Einnahme von Selegelin und tyraminhaltigen Lebensmitteln, wie Käse oder Rotwein, sind keine unerwünschten Wirkungen zu erwarten. Durch die MAO-Selektivität steht noch genug Monoaminooxidase A für den Abbau der Aminosäure zur Verfügung.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Selegelin, einem MAO-B-Hemmer, umfassen eine Reihe von medizinischen Bedingungen und Situationen, in denen die Einnahme des Medikaments potenziell gefährlich sein könnte.
Menschen, die hypersensibel oder allergisch auf Selegelin oder einen seiner Bestandteile reagieren, sollten das Medikament nicht einnehmen. Ebenso ist Selegelin bei Patienten kontraindiziert, die gleichzeitig andere MAO-Hemmer einnehmen, da dies zu schweren Nebenwirkungen wie hypertensiven Krisen führen kann.
Patienten, die selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs), trizyklische Antidepressiva oder andere serotonerge Medikamente einnehmen, sollten Selegelin vermeiden, um das Risiko eines Serotonin-Syndroms zu minimieren, das potenziell lebensbedrohlich sein kann.
Menschen mit schwerer Leber- oder Niereninsuffizienz sollten Selegelin nicht verwenden, da das Medikament in diesen Fällen nicht sicher metabolisiert und ausgeschieden werden kann. Auch bei Patienten mit Magengeschwüren oder Blutungsneigungen ist Vorsicht geboten, da Selegelin das Blutungsrisiko erhöhen kann.
Personen mit einer Geschichte von kardiovaskulären Erkrankungen wie koronare Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen oder unkontrolliertem Bluthochdruck sollten Selegelin nur unter strenger ärztlicher Überwachung verwenden, da das Medikament den Blutdruck beeinflussen kann.
Die Verwendung von Selegelin ist auch bei Schwangeren und stillenden Frauen kontraindiziert, da die Sicherheit des Medikaments in diesen Bevölkerungsgruppen nicht ausreichend untersucht wurde. Schließlich sollten Patienten, die unter schweren psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie oder schweren manischen Episoden leiden, Selegelin vermeiden, da es das Risiko für psychotische Symptome erhöhen kann.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Bei der Verwendung von Selegelin bestehen mehrere bedeutende Interaktionen mit anderen Medikamenten, die berücksichtigt werden müssen, um potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen zu vermeiden.
Selegelin darf nicht gleichzeitig mit anderen MAO-Hemmern eingenommen werden, da dies zu hypertensiven Krisen führen kann. Ebenso sollten Patienten, die selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs), trizyklische Antidepressiva oder andere serotonerge Medikamente einnehmen, Selegelin vermeiden, um das Risiko eines Serotonin-Syndroms zu minimieren. Ein Serotonin-Syndrom ist eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung, die durch übermäßige Serotonin-Aktivität im Gehirn verursacht wird und Symptome wie Verwirrung, Agitation, Muskelzuckungen und erhöhter Herzschlag umfassen kann.
Die gleichzeitige Einnahme von Selegelin und sympathomimetischen Substanzen wie Ephedrin oder Pseudoephedrin kann zu erhöhtem Blutdruck und Herzfrequenz führen. Daher ist Vorsicht geboten bei der Verwendung von Erkältungs- und Hustenmedikamenten, die diese Substanzen enthalten.
Bei der Verwendung von opioiden Schmerzmitteln, insbesondere Meperidin, sollte Selegelin vermieden werden, da dies zu schwerwiegenden Reaktionen führen kann, einschließlich hohem Fieber, Muskelsteifheit und möglicherweise Koma.
Auch die Kombination mit Levodopa, einem häufig zur Behandlung von Parkinson verwendeten Medikament, erfordert ärztliche Überwachung, da Selegelin die Wirkung von Levodopa verstärken und zu vermehrten Nebenwirkungen wie Dyskinesien führen kann.
Schließlich sollten Patienten bei der Einnahme von Selegelin den Konsum von tyraminreichen Lebensmitteln wie gereiftem Käse, eingelegtem Fleisch und bestimmten Weinen vermeiden, da diese Kombination zu gefährlich hohem Blutdruck führen kann.
Diese Interaktionen erfordern sorgfältige Überwachung und Kommunikation zwischen Patient und Arzt, um eine sichere und effektive Behandlung zu gewährleisten.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Selegelin nicht vertragen wird, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, insbesondere für die Behandlung von Parkinson und Depressionen.
Für Parkinson-Patienten sind andere Medikamente verfügbar, die ähnliche Wirkungen haben:
Levodopa/Carbidopa: Diese Kombination bleibt der Goldstandard in der Behandlung von Parkinson. Levodopa wird im Gehirn zu Dopamin umgewandelt, während Carbidopa den Abbau von Levodopa außerhalb des Gehirns verhindert, wodurch mehr Levodopa das Gehirn erreicht.
Dopaminagonisten: Medikamente wie Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin stimulieren die Dopaminrezeptoren direkt und können motorische Symptome lindern. Sie haben unterschiedliche Nebenwirkungsprofile und können eine gute Alternative sein.
COMT-Hemmer: Entacapon und Tolcapon verlängern die Wirkung von Levodopa, indem sie den Abbau von Dopamin hemmen. Diese Medikamente werden oft in Kombination mit Levodopa verwendet.
Amantadin: Ursprünglich als antivirales Medikament entwickelt, hat Amantadin auch dopaminerge und anticholinerge Wirkungen, die bei Parkinson nützlich sein können, insbesondere bei der Behandlung von Dyskinesien.
Für die Behandlung von Depressionen, wenn Selegelin nicht vertragen wird, gibt es mehrere Alternativen:
SSRIs und SNRIs: Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) wie Fluoxetin und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs) wie Venlafaxin sind häufig verwendete Antidepressiva mit einem unterschiedlichen Nebenwirkungsprofil.
Trizyklische Antidepressiva: Medikamente wie [[Amitriptylin] und Nortriptylin sind älter, aber effektiv. Sie wirken auf mehrere Neurotransmittersysteme und sind nützlich bei bestimmten Patienten.
Bupropion: Dieses atypische Antidepressivum wirkt hauptsächlich auf Dopamin- und Noradrenalin-Systeme und kann besonders bei Patienten hilfreich sein, die sexuelle Nebenwirkungen oder Gewichtszunahme durch andere Antidepressiva vermeiden wollen.
Psychotherapie: Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) und andere Formen der Psychotherapie können alleine oder in Kombination mit Medikamenten sehr effektiv sein.
Diese Alternativen bieten vielfältige Ansätze zur Behandlung der jeweiligen Erkrankungen und können individuell an die Bedürfnisse und Reaktionen des Patienten angepasst werden.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor