Venlafaxin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Venlafaxin ist ein Arzneistoff aus der Wirkstoffklasse der Antidepressiva, der zu den Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern gehört und zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen genutzt wird.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Venlafaxin?

Venlafaxin ist ein Arzneistoff der zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen genutzt wird.

Der Wirkstoff Venlafaxin kommt bei der Behandlung von Depressionen und Angststörungen zum Einsatz. Seltener verschreibt ein behandelnder Arzt Venlafaxin auch bei Zwangserkrankungen. Wie viele andere Antidepressiva auch gehört Venlafaxin zu den Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern.

Jedoch gehört der Arzneistoff nicht zu den Mitteln der ersten Wahl, die bei der Akutbehandlung depressiver Erkrankungen eingesetzt werden. Es zeigt sich kein Behandlungsvorteil gegenüber günstigeren Nichtselektiven-Monoamin-Rücknahmeinhibitoren, sogenannten tri- und tetrazyklischen Antidepressiva, und Selektiven-Serotonin-Rückaufnahmeinhibitoren. Zudem können sich während der Einnahme von Venlafaxin und nach dem Absetzen des jeweiligen Medikaments schwere Nebenwirkungen entwickeln.

Pharmakologische Wirkung

Venlafaxin ist ein sogenannter Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI). Diese relativ junge Gruppe der Antidepressiva entfaltet ihre Wirkung im Zentralnervensystem. In bestimmten Synapsen des Gehirns bindet sich der Wirkstoff an Substanzen, die Serotonin und Noradrenalin transportieren. Serotonin ist Gewebshormon und Neurotransmitter zugleich. Im Zentralnervensystem beeinflusst Serotonin fast alle Gehirnfunktionen. Es hat eine Wirkung auf die Wahrnehmung, den Schlaf, die Regulation der Körpertemperatur und auf die Stimmung.

Über eine Stimulation der Großhirnrinde führt Serotonin zu einer Hemmung der Aggressivität und Impulsivität. Aufgrund seiner stimmungsaufhellenden Wirkung wird Serotonin oft als Glückshormon bezeichnet. Depressive Verstimmungen lassen sich aus neurochemischer Sicht häufig auf einen Serotoninmangel zurückführen.

Noradrenalin ist ebenfalls Neurotransmitter und Hormon zugleich. Der Neurotransmitter entfaltet seine Wirkung sowohl im Zentralnervensystem als auch im sympathischen Nervensystem. Die Wirkung im Zentralnervensystem ähnelt der Wirkung des Serotonins.

Der Arzneistoff Venlafaxin hemmt die Rückaufnahme der Neurotransmitter aus dem synaptischen Spalt in die Zellen. Dadurch erhöht der Wirkstoff die Transmitterkonzentration außerhalb der Zellen, sodass sich eine Signalverstärkung entwickelt. Infolge dessen vermittelt Venlafaxin einen antidepressiven Effekt.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Arzneimittel, die Venlafaxin enthalten, werden zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen eingesetzt. Dazu gehören die generalisierte Angststörung, die soziale Angststörung und die Panikstörung. Bei der generalisierten Angststörung ist eine Verselbstständigung der Angst zu beobachten. Die soziale Angststörung gehört hingegen zu den phobischen Störungen. Die Betroffenen leiden unter ausgeprägten Ängsten in sozialen Situationen.

Venlafaxin wird zur Behandlung von Panikstörungen mit und ohne Agoraphobie genutzt. Bei der Panikstörung treten bei den Patienten plötzliche Angstattacken auf, die in keinerlei Verbindung zu realen Gefahren stehen. Die Agoraphobie ist im Volksmund als Platzangst bekannt.

Venlafaxin ist ferner zur Erhaltungstherapie bei Depressionen und Angststörungen und zur Vermeidung von Rückfällen, also in der Rezidivprophylaxe, indiziert. Bei vorher fehlgeschlagenen Therapieversuchen in der Behandlung des Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätssyndroms kann es gute Erfolge zeigen.

Ferner wird der Wirkstoff auch zur Behandlung der diabetischen Polyneuropathie verwendet. Die diabetische Polyneuropathie ist eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, die im Rahmen des Diabetes mellitus auftritt. Wenn Venlafaxin zu diesem Zweck eingesetzt wird, handelt es sich um eine zulassungsüberschreitende Anwendung (off-label use). Das bedeutet, dass das Arzneimittel außerhalb des von der Arzneimittelbehörde genehmigten Gebrauchs genutzt wird.


Risiken & Nebenwirkungen

Nebenwirkungen treten vor allem zu Beginn der Einnahme von Venlafaxin auf. So kommt es zu Magen-Darm-Beschwerden, gesteigerter Unruhe und zu diffusen, undefinierbaren Ängsten. Auch psychotische Reaktionen können auftreten. Bei einer Psychose leiden die Betroffenen unter einem weitgehenden Verlust des Realitätsbezugs. Diese psychotischen Zustände sind vermutlich die Folge der dopaminergen Wirkung von Venlafaxin.

Neben Erhöhungen des Blutdrucks und Herzbeschwerden können eine vermehrte Schweißbildung und eine vermehrte Nachtschweißbildung beobachtet werden. Übelkeit ist eine weitere Nebenwirkung, die sehr häufig auftritt. Rund 10 Prozent der Patienten leiden unter Übelkeit und Erbrechen. Dazu kommen Symptome wie Appetitlosigkeit, Schwindel, Verstopfung, Nervosität und Zittern.

Zähneknirschen und Sehstörungen gehören ebenfalls zu den häufigen Nebenwirkungen. Einige Patienten leiden während der Einnahme von Venlafaxin unter Müdigkeit und Benommenheit. Sehr häufig kommt es zu Störungen der Libido und dem Verlust von sexuellen Funktionen.

Bei der Auswertung von klinischen Studien aus den USA zeigte sich zudem, dass Venlafaxin bei Anwendern unter 25 Jahren die Suizidalität um den Faktor 5 steigern kann. Diese Ergebnisse konnten von einer Meta-Studie aus dem Jahr 2012 jedoch nicht bestätigt werden. Dennoch raten viele Experten dazu, Venlafaxin nicht mehr zur Erstbehandlung einer Depression zu verordnen.

Ein weiteres Risiko bei der Verabreichung von Venlafaxin ist das SSRI-Absetzsyndrom. Venlafaxin sollte immer schrittweise ausgeschlichen und nie abrupt abgesetzt werden. Ansonsten kann es zu Entzugserscheinungen wie Kreislaufbeschwerden, Schwindel, Höhenangst, motorischen Störungen, Tagschläfrigkeit, Durchfall, Verstopfung, Stimmungsschwankungen und schweren Depressionen kommen. Entzugssymptome dieser Art können bis zu vier Wochen nach Absetzen des Arzneimittels auftreten.

Venlafaxin kann in Kombination mit anderen serotonergen Wirkstoffen zum lebensbedrohlichen Serotonin-Syndrom führen. Deshalb darf der Arzneistoff nicht zusammen mit Johanniskraut, Lithium, Triptanen, Serotonin-Wiederaufnahmehemmern, Sibutramin und Tramadol verwendet werden. Auch die gleichzeitige Verabreichung von MAO-Hemmern und CYP3A4-Inhibitoren ist kontraindiziert. Es ist ferner zu beachten, dass Venlafaxin die Wirkung von Haloperidol, Metoprolol und Risperidon verstärken kann.

Während der Schwangerschaft darf Venlafaxin nur in Ausnahmefällen verordnet werden. Neugeborene, deren Mütter im letzten Drittel der Schwangerschaft Venlafaxin eingenommen haben, können unter Schlafstörungen, Krampfanfällen, Atemnot, Zittern, ständigem Weinen und Reizbarkeit leiden. Ob Mütter unter der Einnahme von Venlafaxin stillen sollten, ist derzeit noch umstritten. In jedem Fall ist eine strenge Beobachtung des Kindes nötig.

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