Diaminopyrimidine

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. August 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Gruppe der Diaminopyrimidine umfasst verschiedene Wirkstoffe, die medizinisch als Antibiotikum eingesetzt werden. Sie wirken alle ähnlich negativ auf das Wachstum von Bakterien im menschlichen Körper. Aufgrund ihrer geringen Reaktivität mit den menschlichen Organen eignen sie sich hervorragend als Pharmazeutika. Die Behandlung führt zu einem raschen und vollständigen Abheilen der Symptome ohne nennenswerte Nebenwirkungen.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Diaminopyrimidine?

Mediziner verabreichen die beiden Varianten oral zur bakteriellen Bekämpfung bei Harnwegsinfekten. Die Bakterien sterben nach kurzer Zeit (circa 14 - 20 Stunden nach Einnahme) ab und werden vom Körper ausgeschieden.
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Diaminopyrimidine sind organische Verbindungen von zwei Aminen (Diamino) mit einem heterozyklischen Pyrimidinring. Der Ring besteht aus vier Kohlenstoffatomen, in den zwei Stickstoffatome integriert sind. Je nach Stellung der beiden Aminogruppen ergeben sich vier unterschiedliche Strukturen (Isomere), die nach der Stellung der Amine bezeichnet werden: 2,4-Diaminopyrimidin, 2,5-Diaminopyrimidin, 4,5-Diaminopyrimidin und 4,6-Diaminopyrimidin.

Alle vier Isomere sind chemisch identisch, aber aufgrund der unterschiedlich gelagerten Amine unterschiedlich reaktiv gegenüber weiteren Verbindungen. Die Aminogruppen sind wegen der Wasserstoffatome sehr reaktiv (basisch) gegenüber Säureverbindungen.

Diaminopyrimidine sind Grundlage für viele Pharmazeutika.

Pharmakologische Wirkung

Diaminopyrimidine wirken als Folsäure-Hemmer. Folsäure (Vitamin B9) ist Ursache für viele schädigende Verbindungen. Folsäure wandelt sich im Körper auch zu Purinen um, die auskristallisieren können. Sie können Arterien und kleinere organische Kanäle verstopfen.

Folsäure wird je nach Spezies unterschiedlich von den Zellen hergestellt. In Bakterien wird sie aus Dihydrofolat reduziert. In diesem Prozess entsteht Tetrahydrofolsäure. Diaminopyrimidine und ihre chemischen Derivate greifen in diesen Prozess ein, indem sie das Enzym Dihydrofolatreduktase hemmen. Sie verhindern ein Ankoppeln der entsprechenden Verbindungen an das Enzym. Dadurch kann die Folsäure nicht hergestellt werden. Es kommt in der Bakterienzelle zu einer Verarmung von Folsäure und letztlich zu deren Absterben.

Die antibakterielle Wirkung erreicht eine Vielzahl von Erregern, so dass Diaminopyrimidine eine wichtige Rolle in der Derivation von Antibiotika spielen. Sie ähneln in ihrer Wirkung den Sulfonamiden. Die Isomere bilden Ausgangsstoffe für Derivate und hemmen so auch die Antibiotikum-Resistenz der Bakterien.

Medizinische Anwendung & Verwendung

In der Medizin werden unterschiedliche Mittel auf Diaminopyrimidin-Basis eingesetzt. Es gibt Monotherapeutika wie Trimethoprim, in dem lediglich Diaminopyrimidin enthalten ist. Es gibt aber auch Kombinationslösungen mit Sulfonamiden wie Cotrimoxazol.

Mediziner verabreichen die beiden Varianten oral zur bakteriellen Bekämpfung bei Harnwegsinfekten. Die Bakterien sterben nach kurzer Zeit (circa 14 - 20 Stunden nach Einnahme) ab und werden vom Körper ausgeschieden.

Methotrexat ist ein Derivat und ähnelt der Folsäure. Die Bakterienzellen bauen dies statt der Folsäure in die Zellen ein, was ebenfalls zur Verarmung von Folsäure und dem Absterben derselben führt. Es wird von Medizinern vor allem in der Krebstherapie eingesetzt. Diaminopyrimidine haben in klinischen Studien Krebszellen an ihrer Verbreitung gehindert. Derivate dieser Verbindungen werden getestet, sind aber nicht zugelassen.

Bei Autoimmunerkrankung wird es als Suppressor, als Unterdrücker, eingesetzt, der eine Überreaktion des Immunsystems verhindert. Iclaprim, ein weiteres Derivat, kann vermutlich bei bakteriellen Beschwerden von Hautsymptomen eingesetzt werden. Es befindet sich momentan im Zulassungsverfahren (Stand 2016).

Weitere Derivate der Diaminopyrimidine werden in der Rheumatherapie, aber auch gegen Haarausfall eingesetzt. Die strukturell ähnlichen Diaminopyridine werden in der Behandlung von neurologischen Erkrankungen genutzt.

Neben dem Einsatz als Antibiotikum wird auch die Wirksamkeit gegenüber Protozoen geprüft. Protozoen sind, im Gegensatz zu Bakterie eukaryotisch. Sie besitzen einen Zellkern, den Bakterien nicht haben. Diaminopyrimidine können im Bakterienplasma direkt wirken, während sie in Protozoen in den Zellkern selber eindringen müssen. Dies erschwert die Wirksamkeit der Wirkstoffe. Klinische Studien zeigen jedoch positive Resultate.


Verabreichung & Dosierung

Diaminopyrimidine, wie etwa Trimethoprim, werden häufig zur Behandlung bakterieller Infektionen eingesetzt, insbesondere bei Harnwegsinfektionen und bestimmten Atemwegserkrankungen. Bei der Verabreichung und Dosierung dieser Substanzen sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten.

Die Dosierung von Diaminopyrimidinen richtet sich in erster Linie nach der Art und Schwere der Infektion sowie nach dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten. Für Erwachsene wird Trimethoprim typischerweise in einer Dosierung von 100 bis 200 mg zweimal täglich über einen Zeitraum von 3 bis 14 Tagen verabreicht. Bei Kindern wird die Dosierung basierend auf dem Körpergewicht angepasst.

Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion geboten, da Trimethoprim überwiegend renal ausgeschieden wird. Bei solchen Patienten muss die Dosierung entsprechend angepasst werden, um eine Akkumulation des Medikaments und damit verbundene Toxizität zu vermeiden.

Auch die Überwachung von Blutbildveränderungen ist wichtig, da Trimethoprim selten zu einer Knochenmarkssuppression führen kann, insbesondere bei Langzeitbehandlung oder bei Patienten mit prädisponierenden Faktoren wie einer vorbestehenden Folsäuremangelanämie. Daher wird manchmal die gleichzeitige Gabe von Folsäure empfohlen, um das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren.

Während der Schwangerschaft sollte Trimethoprim mit Vorsicht angewendet werden, insbesondere im ersten Trimester, da es das Risiko von Neuralrohrdefekten erhöhen könnte. Auch bei stillenden Frauen ist Vorsicht geboten, da das Medikament in die Muttermilch übergeht.

Risiken & Nebenwirkungen

Die Folsäure-Bildung ist auch für den menschlichen Körper wichtig. In den Zellen findet die Dihydrofolat-Reduktion statt. Eine Behandlung mit Diaminopyrimidin kann aufgrund der spezifischen Wirkung auf Bakterien jedoch den menschlichen Körper nicht schädigen. Die Medikation mit Diaminopyrimidinen ist wohl nicht bedeutend genug, um zu einer organischen Schädigung zu führen.

Bakterielle Folsäureproduzenten sind anfälliger als die organische Produktion. Da die Wirkung von Diaminopyrimidin auf Bakterien und Protozoen beschränkt ist, ergibt sich eine hohe Verträglichkeit. Vereinzelt kann es zu Magen-Darm-Beschwerden oder Übelkeit kommen.

Der Nachweis im Blutplasma lässt nach wenigen Stunden nach. Der Körper scheidet Diaminopyrimidine nach circa 12- 14 Stunden aus. Weitergehende Nebenwirkungen sind bislang nicht aufgetreten.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Diaminopyrimidinen, wie Trimethoprim, betreffen vor allem Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen und Bedingungen, die das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen. Eine der wichtigsten Kontraindikationen ist eine bekannte Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Trimethoprim oder verwandte Substanzen. Patienten, die in der Vergangenheit allergische Reaktionen wie Hautausschläge, Atembeschwerden oder Anaphylaxie gezeigt haben, sollten dieses Medikament nicht verwenden.

Eine weitere Kontraindikation betrifft Patienten mit schweren Leber- oder Nierenfunktionsstörungen. Da Trimethoprim überwiegend über die Nieren ausgeschieden wird, kann eine eingeschränkte Nierenfunktion zu einer Anhäufung des Medikaments im Körper führen, was das Risiko für toxische Effekte erhöht. Bei schwerer Niereninsuffizienz sollte Trimethoprim daher entweder vermieden oder die Dosis entsprechend angepasst werden.

Trimethoprim ist auch kontraindiziert bei Patienten mit einer bestehenden Folsäuremangelanämie, da das Medikament die Folsäuresynthese im Körper hemmt und somit das Risiko einer Verschlimmerung der Anämie besteht. In solchen Fällen sollte das Medikament nur mit besonderer Vorsicht und möglicherweise unter zusätzlicher Gabe von Folsäure angewendet werden.

In der Schwangerschaft, insbesondere im ersten Trimester, ist Trimethoprim aufgrund seines Einflusses auf die Folsäure ein Risikofaktor für die Entwicklung von Neuralrohrdefekten im Fötus. Daher wird es bei Schwangeren nur dann verwendet, wenn der potenzielle Nutzen die Risiken überwiegt. Auch bei stillenden Frauen sollte die Anwendung sorgfältig abgewogen werden, da das Medikament in die Muttermilch übergehen kann.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Diaminopyrimidine, wie Trimethoprim, können mit einer Reihe von anderen Medikamenten interagieren, was die therapeutische Wirkung beeinflussen und das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen kann. Eine wichtige Interaktion besteht mit Methotrexat, einem Medikament, das ebenfalls die Folsäureproduktion hemmt. Die gleichzeitige Anwendung von Trimethoprim und Methotrexat kann zu einer verstärkten Hemmung der Folsäuresynthese führen, was das Risiko für Knochenmarkssuppression und andere schwerwiegende Nebenwirkungen erhöht.

Eine weitere bedeutende Interaktion betrifft Antikoagulanzien wie Warfarin. Trimethoprim kann den Abbau von Warfarin verlangsamen, was zu erhöhten Blutspiegeln und einer verstärkten blutverdünnenden Wirkung führt. Dies erhöht das Risiko für Blutungen, weshalb bei gleichzeitiger Anwendung die INR-Werte (International Normalized Ratio) engmaschig überwacht und die Warfarin-Dosis gegebenenfalls angepasst werden sollten.

Trimethoprim kann auch die Plasmaspiegel von Digoxin erhöhen, einem Herzglykosid, das zur Behandlung von Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern eingesetzt wird. Dies kann das Risiko für digoxinbedingte Nebenwirkungen, wie Herzrhythmusstörungen, steigern.

Darüber hinaus kann Trimethoprim die Wirkung bestimmter Diuretika, insbesondere der kaliumsparenden Diuretika wie Spironolacton, verstärken, was das Risiko für Hyperkaliämie (erhöhte Kaliumspiegel im Blut) erhöht. Diese Kombination sollte mit Vorsicht verwendet werden, und die Kaliumspiegel sollten regelmäßig überwacht werden.

Bei gleichzeitiger Anwendung von Trimethoprim mit anderen Medikamenten ist daher eine sorgfältige Überwachung erforderlich, um mögliche Wechselwirkungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Diaminopyrimidine, wie Trimethoprim, nicht vertragen werden, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, insbesondere zur Behandlung bakterieller Infektionen. Ein häufig eingesetztes Alternativmedikament sind Fluorchinolone wie Ciprofloxacin oder Levofloxacin. Diese Antibiotika wirken durch Hemmung der bakteriellen DNA-Replikation und sind besonders wirksam bei Harnwegsinfektionen und einigen Atemwegsinfektionen.

Eine weitere Alternative sind Betalaktam-Antibiotika, wie Amoxicillin oder Cephalosporine (z.B. Cefuroxim). Diese Wirkstoffe hemmen die Zellwandsynthese von Bakterien und sind breit wirksam gegen verschiedene grampositive und gramnegative Bakterien. Sie sind oft gut verträglich und werden bei einer Vielzahl von Infektionen eingesetzt.

Bei spezifischen Infektionen wie Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie (PCP), für die Trimethoprim häufig verwendet wird, kann als Alternative Dapson in Kombination mit anderen Medikamenten eingesetzt werden. Diese Alternative ist insbesondere bei Patienten mit einer Allergie gegen Sulfonamide oder Trimethoprim relevant.

Für Patienten, die empfindlich auf Trimethoprim reagieren, können auch Makrolid-Antibiotika wie Azithromycin oder Clarithromycin eine Option sein. Diese Antibiotika wirken durch Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese und werden häufig bei Atemwegsinfektionen, Hautinfektionen und sexuell übertragbaren Krankheiten eingesetzt.

Zusätzlich zu diesen medikamentösen Alternativen kann die symptomatische Behandlung und Prävention, wie die verstärkte Flüssigkeitszufuhr bei Harnwegsinfektionen, eine unterstützende Rolle spielen. Die Wahl der geeigneten Alternative hängt von der spezifischen Infektion, der Erregerempfindlichkeit und der individuellen Patientensituation ab.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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