Pentamidin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. Juni 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Pentamidin ist ein Wirkstoff, der u. a. zur Behandlung der sogenannten Westafrikanischen Trypanosomiasis, die auch Schlafkrankheit genannt wird, zum Einsatz kommt. Pentamidin kann zu sehr starken Nebenwirkungen führen, weswegen der Arzneistoff stets ultima ratio bleiben sollte.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Pentamidin?

Pentamidin greift an verschiedenen Punkten den Stoffwechsel der anvisierten Krankheitserreger an.
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Der Arzneistoff Pentamidin wird in der Humanmedizin verwendet, um die Westafrikanische Trypanosomiasis (Westafrikanische Schlafkrankheit) sowie bestimmte Erkrankungen, die durch Pneumocystis jirovecii hervorgerufen werden, zu behandeln.

Aufgrund seiner chemischen und pharmakologischen Eigenschaften wird der Arzneistoff als Antiprotozoikum bezeichnet. Hierunter versteht man Wirkstoffe, die zur Infektionsbekämpfung eingesetzt werden, wenn die Ursache der Infektion auf einen einzelnen Erreger (Protozoen) zurückgeführt werden kann.

Pentamidin wurde zu Beginn der 1930er Jahre in England bewusst und gezielt zur Bekämpfung der Westafrikanischen Trypanosomiasis entwickelt. In der Chemie wird Pentamidin durch die Summenformel C 19 – H 24 – N 4 – O 2 beschrieben, was einer moralen Masse von 340,422 g/mol entspricht. Der Vertrieb erfolgt unter dem Handelsnamen Pentacarinat®. Es gelten eine strenge Apotheken- und Verschreibungspflicht.

Pharmakologische Wirkung auf Körper & Organe

Pentamidin greift an verschiedenen Punkten den Stoffwechsel der anvisierten Krankheitserreger an. Eine Wirksamkeit besteht gegenüber Pneumocystis jirovecii sowie dem Erreger der Westafrikanischen Schlafkrankheit, zu deren Bekämpfung der Wirkstoff gezielt entwickelt wurde.

Die Wirkung von Pentamidin gilt als parasitär. Der Arzneistoff tötet Krankheitserreger effektiv und nachhaltig ab.

Medizinische Anwendung & Verwendung zur Behandlung & Vorbeugung

Pentamidin kann gegen mehrere Erreger der Gruppe der Protozoen verwendet werden. Das medizinische Anwendungsgebiet von Pentamidin erstreckt sich deshalb neben der Behandlung der Schlafkrankheit auch auf die Bekämpfung von Pneumocystis jirovecii. Diese Pilze stammen aus der Gattung der Pneumocystis und gelten als Erreger von besonders schweren Lungenentzündungen, die vor allem bei immungeschwächten Menschen (z. B. AIDS-Patienten) oder Säuglingen auftritt.

Eine Indikation besteht auch bei einer diagnostizierten Leishmaniose. Hierbei handelt es sich um eine subtropische Infektionskrankheit.

Der Einsatz von Pentamidin erfolgt überwiegend als Isethionat. Zur Therapie der Schlafkrankheit sowie einer Leishmaniose wird der Wirkstoff allerdings in der Regel parenteral, also am Darm vorbei, verabreicht. In Betracht kommen Injektionen und Infusionen.

Patienten, die an AIDS erkrankt sind und infolgedessen an einer schweren Lungenentzündung leiden, erhalten Pentamidin meist durch Inhalation. Grund hierfür ist, dass die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Nebenwirkungen sowie deren Intensität durch die Inhalation vermindert werden können.

Da Pentamidin sehr starke und zum Teil gefährliche Nebenwirkungen aufweisen kann, stellt der Wirkstoff stets das letzte zur Verfügung stehende Mittel einer Therapie dar. Der Arzneistoff gilt damit als ultima ratio. Hieraus folgt eine strenge Apotheken- und Verordnungspflicht.

Der Wirkstoff darf nur nach vorheriger Verschreibung an Patienten abgegeben werden. Eine ärztliche Überwachung ist während der Dauer der Einnahme angezeigt. Diese ist in der Regel dadurch gewährleistet, dass Infusionen und Injektionen durch medizinisches Fachpersonal erfolgen und die Inhalation nur unter entsprechender Aufsicht durchgeführt wird.


Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Pentamidin, einem antimikrobiellen Medikament, das zur Behandlung und Vorbeugung von Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie (PCP) sowie zur Behandlung von Leishmaniose und Trypanosomiasis verwendet wird, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten.

Verabreichungsformen: Pentamidin kann intravenös, intramuskulär oder inhalativ verabreicht werden. Die Wahl der Verabreichungsform hängt von der Indikation und dem Zustand des Patienten ab. Bei der Behandlung von PCP wird häufig die inhalative Form zur Prophylaxe und die intravenöse Form zur Therapie verwendet.

Dosierung: Die Dosierung variiert je nach Verabreichungsform und Indikation. Bei der intravenösen Behandlung von PCP beträgt die übliche Dosis 4 mg/kg Körpergewicht einmal täglich über 14-21 Tage. Für die inhalative Prophylaxe beträgt die übliche Dosis 300 mg einmal im Monat. Bei der Behandlung von Leishmaniose und Trypanosomiasis sind spezifische Dosierungsschemata erforderlich, die vom behandelnden Arzt festgelegt werden.

Überwachung und Nebenwirkungen: Pentamidin kann schwere Nebenwirkungen haben, darunter Nierenfunktionsstörungen, Hypoglykämie, Hyperglykämie, Hypotonie und kardiale Arrhythmien. Daher ist eine engmaschige Überwachung während der Behandlung erforderlich. Regelmäßige Kontrollen von Blutdruck, Blutzucker, Elektrolyten und Nierenfunktion sind notwendig, um frühzeitig auf Nebenwirkungen reagieren zu können.

Kontraindikationen: Pentamidin sollte bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber dem Medikament nicht verwendet werden. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit bestehenden Nieren- oder Lebererkrankungen, Herzkrankheiten und Diabetes.

Patientenaufklärung: Patienten sollten über die möglichen Nebenwirkungen informiert werden und darüber, wie sie sich bei Auftreten von Symptomen verhalten sollen. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sollte sichergestellt werden, um das Risiko von Nierenkomplikationen zu verringern.

Durch sorgfältige Beachtung dieser Aspekte kann die Verabreichung von Pentamidin sicher und effektiv gestaltet werden.

Risiken & Nebenwirkungen

Die Einnahme von Pentamidin kann zu sehr starken Nebenwirkungen führen, die unter Umständen Langzeitschäden verursachen. So kommt es bei ca. 10% der Behandelten (und damit sehr häufig) zu Störungen des Glukosestoffwechsels. Diese gehen mit akuten Verringerungen des Blutzuckerspiegels (Hypoglykämien) einher, die zu Diabetes mellitus führen können.

Ebenfalls kann es zum Entstehen von zum Teil lebensgefährlichen Störungen des Elektrolythaushalts kommen, die sich vor allem in einer starken Konzentration von Kalium zeigen (Hyperkaliämie).

Bei der Verabreichung durch Injektion sind starke Schmerzen an der Injektionsstelle üblich. Zudem sind akute Funktionsstörungen der Nieren möglich. Darüber hinaus wurde in der Literatur über Beschwerden des Magen-Darm-Traktes, insbesondere Übelkeit, Durchfall (Diarrhoe), Erbrechen, Magenkrämpfe und Magenschmerzen sowie Verstopfung (Obstipation) berichtet.

Möglich sind auch Hautreaktionen wie Juckreize, Rötungen und brennende Stellen. Zu den weiteren Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen sowie ein allgemeines Unwohlsein.

In Extremfällen kann es nach der Einnahme von Pentamidin auch zu starkem Blutdruckabfall (Hypotonie) sowie einem QT-Syndrom kommen. Die Anwendung hat gänzlich zu unterbleiben, wenn eine Unverträglichkeit vorliegt.

Kontraindikationen

Bei der Verwendung von Pentamidin gibt es mehrere typische Kontraindikationen, die berücksichtigt werden müssen, um das Risiko von schweren Nebenwirkungen und Komplikationen zu minimieren.

Überempfindlichkeit: Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Pentamidin sollten das Medikament nicht verwenden, da dies zu schweren allergischen Reaktionen führen kann, einschließlich Anaphylaxie.

Nierenfunktionsstörungen: Da Pentamidin über die Nieren ausgeschieden wird, besteht bei Patienten mit bestehender Niereninsuffizienz ein erhöhtes Risiko für toxische Wirkungen. Die Dosis muss bei solchen Patienten angepasst und die Nierenfunktion engmaschig überwacht werden.

Lebererkrankungen: Patienten mit schweren Lebererkrankungen sind ebenfalls gefährdet, da die Leberfunktion die Metabolisierung des Medikaments beeinflussen kann. Eine sorgfältige Überwachung der Leberwerte ist notwendig.

Herzerkrankungen: Pentamidin kann kardiale Nebenwirkungen wie Hypotonie und Arrhythmien verursachen. Patienten mit vorbestehenden Herzrhythmusstörungen, kongestiver Herzinsuffizienz oder anderen schweren Herzerkrankungen sollten das Medikament nur unter strenger Überwachung verwenden.

Diabetes mellitus: Da Pentamidin sowohl Hypoglykämie als auch Hyperglykämie verursachen kann, sollten Patienten mit Diabetes mellitus engmaschig überwacht werden. Anpassungen der antidiabetischen Medikation können erforderlich sein.

Elektrolytstörungen: Patienten mit bereits bestehenden Elektrolytstörungen, insbesondere Hypokalzämie, Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie, sind anfälliger für Nebenwirkungen wie Arrhythmien und sollten daher besonders sorgfältig überwacht werden.

Schwangerschaft und Stillzeit: Die Sicherheit von Pentamidin während der Schwangerschaft und Stillzeit ist nicht vollständig geklärt. Es sollte nur verwendet werden, wenn der potenzielle Nutzen das Risiko für den Fötus oder das gestillte Kind überwiegt.

Durch Berücksichtigung dieser Kontraindikationen kann die Verwendung von Pentamidin sicherer gestaltet und das Risiko von schwerwiegenden Nebenwirkungen minimiert werden.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Bei der Verwendung von Pentamidin können mehrere bedeutende Interaktionen mit anderen Medikamenten auftreten, die das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen oder die Wirksamkeit der Behandlung beeinflussen können.

Antidiabetika: Pentamidin kann sowohl Hypoglykämie als auch Hyperglykämie verursachen. Patienten, die Antidiabetika einnehmen, sollten engmaschig überwacht werden, da die Kombination das Risiko von Schwankungen des Blutzuckerspiegels erhöht. Eine Anpassung der Dosierung von Insulin oder oralen Antidiabetika kann notwendig sein.

Diuretika: Die gleichzeitige Anwendung von Diuretika, insbesondere Schleifendiuretika wie Furosemid, kann das Risiko von Elektrolytstörungen wie Hypokaliämie und Hypomagnesiämie erhöhen. Diese Elektrolytstörungen können wiederum das Risiko für kardiale Arrhythmien verstärken. Eine regelmäßige Überwachung der Elektrolyte ist daher wichtig.

Antiarrhythmika: Pentamidin kann das QT-Intervall verlängern und Arrhythmien verursachen. Die gleichzeitige Anwendung mit anderen Medikamenten, die ebenfalls das QT-Intervall verlängern, wie Amiodaron, Sotalol und einigen Antipsychotika, kann das Risiko schwerwiegender Herzrhythmusstörungen erhöhen. Eine sorgfältige Überwachung des Herzrhythmus ist erforderlich.

Nephrotoxische Medikamente: Die Kombination von Pentamidin mit nephrotoxischen Medikamenten wie Aminoglykosid-Antibiotika (z.B. Gentamicin) oder nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) kann das Risiko einer Nierenschädigung erhöhen. Die Nierenfunktion sollte regelmäßig überprüft werden.

HIV-Medikamente: Bei der Behandlung von HIV-Patienten kann Pentamidin mit antiretroviralen Medikamenten interagieren. Insbesondere Proteaseinhibitoren und nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren können die Metabolisierung von Pentamidin beeinflussen, was zu veränderten Wirkstoffspiegeln führt. Eine engmaschige Überwachung der Therapie ist erforderlich.

Immunsuppressiva: Bei gleichzeitiger Anwendung von Pentamidin und Immunsuppressiva wie Cyclosporin oder Tacrolimus kann das Risiko von Nephrotoxizität und anderen Nebenwirkungen erhöht sein. Eine regelmäßige Überwachung der Nierenfunktion und Anpassungen der Dosierung können notwendig sein.

Die Berücksichtigung dieser potenziellen Interaktionen ist entscheidend für die sichere und effektive Verwendung von Pentamidin. Ärzte sollten eine umfassende Medikationshistorie des Patienten überprüfen und regelmäßige Kontrollen durchführen, um Nebenwirkungen zu minimieren.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Pentamidin nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung:

Trimethoprim-Sulfamethoxazol (TMP-SMX): TMP-SMX ist die erste Wahl zur Behandlung und Prophylaxe von Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie (PCP). Es ist wirksam und gut untersucht, wird jedoch nicht von allen Patienten gut vertragen, insbesondere bei solchen mit Sulfonamid-Allergien.

Atovaquon: Atovaquon ist eine alternative Option zur Behandlung von milden bis mittelschweren Fällen von PCP. Es wird oral eingenommen und ist eine gute Alternative für Patienten, die auf TMP-SMX oder Pentamidin allergisch reagieren. Es hat jedoch eine geringere Wirksamkeit bei schweren Infektionen.

Dapson: Dapson kann in Kombination mit Trimethoprim verwendet werden, um PCP zu behandeln, oder alleine zur Prophylaxe. Es ist eine gute Alternative für Patienten, die TMP-SMX nicht vertragen, hat aber potenzielle Nebenwirkungen wie Methämoglobinämie und Hämolyse, insbesondere bei Patienten mit Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD)-Mangel.

Clindamycin und Primaquin: Diese Kombination wird zur Behandlung von PCP eingesetzt und ist eine wirksame Alternative für Patienten, die weder TMP-SMX noch Pentamidin vertragen. Die Therapie erfordert eine sorgfältige Überwachung, da Primaquin bei Patienten mit G6PD-Mangel eine Hämolyse verursachen kann.

Liposomales Amphotericin B: Bei der Behandlung von Leishmaniose kann liposomales Amphotericin B eine Alternative zu Pentamidin darstellen. Es ist hochwirksam, muss jedoch intravenös verabreicht werden und erfordert eine sorgfältige Überwachung aufgrund potenzieller nephrotoxischer Effekte.

Miltefosin: Dieses Medikament wird ebenfalls zur Behandlung von Leishmaniose verwendet und ist eine orale Alternative zu Pentamidin. Es hat den Vorteil einer einfacheren Verabreichung, kann jedoch gastrointestinalen Nebenwirkungen verursachen.

Nifurtimox und Eflornithin: Für die Behandlung der Schlafkrankheit (Trypanosomiasis) bieten Nifurtimox und Eflornithin wirksame Alternativen zu Pentamidin. Diese Medikamente haben jedoch ihre eigenen Nebenwirkungsprofile und erfordern eine spezifische Überwachung und Management.

Diese alternativen Behandlungsmethoden und Wirkstoffe bieten Optionen für Patienten, die Pentamidin nicht vertragen, und ermöglichen eine individuelle Anpassung der Therapie basierend auf der Verträglichkeit und den spezifischen Bedürfnissen des Patienten.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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