Thioridazin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Wirkstoff Thioridazin stellt ein Neuroleptikum dar. Er lässt sich zur Therapie von Schizophrenie und anderen psychischen Krankheiten verwenden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Thioridazin?

Der Wirkstoff Thioridazin stellt ein Neuroleptikum dar. Er lässt sich zur Therapie von Schizophrenie und anderen psychischen Krankheiten verwenden.

Das Antipsychotikum Thioridazin ist Bestandteil der Wirkstoffgruppe der Neuroleptika. Aus chemischer Sicht zählt es zu den Phenothiazinen und findet als niederpotentes Neuroleptikum Verwendung.

Thioridazin dient zur Behandlung von chronischen Schizophrenieformen sowie von weiteren Psychosen, die mit Erregungszuständen sowie psychomotorischer Unruhe einhergehen. In der Regel gelangt der Arzneistoff jedoch nur dann zum Einsatz, wenn sich mit anderen Medikamenten kein Behandlungserfolg erzielen ließ.

Die Patentierung von Thioridazin fand im Jahr 1966 durch das Schweizer Pharmaunternehmen Sandoz statt, das mittlerweile einen Teilkonzern der Novartis AG bildet. Thioridazin erhielt seinerzeit den Präparatnamen Melleril®. In der Gegenwart kommt es noch als Generikum zur Anwendung.

Der Einsatz des Wirkstoffes erfolgt in der Regel als Tartrat oder wasserlösliches Hydrochlorid. Von seinem größten Hersteller Novartis wurde Melleril allerdings in den Vereinigten Staaten von Amerika und Europa vom Markt genommen, da es gefährliche Herzrhythmusstörungen hervorrufen kann.

Pharmakologische Wirkung

Neuroleptika kommen zur Behandlung von Schizophrenie zur Anwendung. So verfügen sie über beruhigende und antipsychotische Eigenschaften. Hervorgerufen werden die psychischen Störungen bei einer Schizophrenie in erster Linie durch Botenstoffe wie Serotonin und Dopamin. Aus diesem Grund ist eine Hemmung der entsprechenden Rezeptoren innerhalb des zentralen Nervensystems notwendig. Zu diesem Zweck werden die Serotonin- oder Dopaminrezeptoren mithilfe von unterschiedlichen Medikamenten gebunden. Auf diese Weise regulieren sie den Einfluss der Botenstoffe als Antagonisten auf die Psyche des Patienten.

Zu den Dopaminantagonisten gehört auch Thioridazin. Die Wirkungsweise des Arzneistoffes beruht auf der Blockade der Dopamin-Rezeptoren, was sich wiederum hemmend auf die Effekte von Dopamin auswirkt. Darüber hinaus unterdrückt das Neuroleptikum das weitere Freisetzen und Wiedergeben von Dopamin. Die beruhigende Wirkung von Thioridazin fällt jedoch deutlich stärker aus als seine antipsychotischen Eigenschaften.

Für eine alleinige Therapie von Psychosen eignen sich niederpotente Neuroleptika wie Thioridazin nicht. So kommt es bei einer höheren Dosierung zum Aktivieren von anderen Rezeptoren wie zum Beispiel Histamin-Rezeptoren, Adreno-Rezeptoren sowie MACh-Rezeptoren, was wiederum verstärkte Nebenwirkungen auslöst.

Eine bislang unbekannte Wirkung von Thioridazin ergaben neuere Forschungen in Indien. So erwies sich das Neuroleptikum als erfolgreich gegen stark resistente Bakterienstämme vom Typ Mycobacterium tuberculosis, da der Wirkstoff außerdem über antimikrobielle Eigenschaften verfügt. Weiterhin lässt sich Thioridazin als funktioneller Hemmer saurer Sphingomyelinase (FIASMA) verwenden.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Verabreicht wird Thioridazin zur Behandlung von Schizophrenie. Dabei dient das Mittel zur Bekämpfung von Psychosen, Störungen der Persönlichkeit, Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Außerdem eignet sich Thioridazin zur Therapie von Erregungszuständen. Zum Einsatz kommt das Neuroleptikum jedoch zumeist nur als begleitendes Arzneimittel oder als Alternative beim Versagen der gängigen Medikamente.

Möglicherweisen besteht bei Thioridazin auch eine Eignung zur Therapie von Tuberkulose. Eine Zulassung zu diesem Zweck wurde allerdings bislang noch nicht erteilt.

Sofern das Neuroleptikum vorschriftsmäßig dosiert wird, gilt es allgemein als gut verträglich. Die Einnahme erfolgt in der Regel in Form von Filmtabletten. Für Senioren steht auch eine flüssige Darreichungsform zur Verfügung.


Risiken & Nebenwirkungen

Die Einnahme von Thioridazin kann unerwünschte Nebenwirkungen nach sich ziehen. Zu den häufigsten Nebeneffekten zählen Schläfrigkeit, Mundtrockenheit, Schwindel, Sehstörungen, Schwankungen beim Blutdruck sowie eine verstopfte Nase. Bei Frauen kann teilweise auch Milch aus einer nicht stillenden Brust fließen.

Als weitere denkbare Nebeneffekte können Zuckungen, Krämpfe, Zittrigkeit, Störungen der motorischen Funktionen, Muskelstarre, Bewegungsunruhe, Blässe im Gesicht, allergische Hautreaktionen, Nesselsucht, Lichtempfindlichkeit, eine geschwollene Ohrspeicheldrüse, ein Anstieg der Körpertemperatur, Probleme beim Atmen und schmerzhaft verlaufende Dauererektionen des Penis ohne sexuelle Motivation eintreten.

Außerdem sind die betroffenen Personen oft nicht in der Lage, eine ruhige Sitzposition einzunehmen. In seltenen Fällen treten zudem Depressionen, Albträume, ein neuroleptisches Syndrom, Kreislaufprobleme, ein Darmverschluss sowie Bewusstseinsstörungen oder ein Koma ein. Schlimmstenfalls kann es sogar zum plötzlichen Tod des Patienten kommen.

Liegt eine Überempfindlichkeit gegen Thioridazin vor oder leidet der Patient unter ausgeprägten Herzrhythmusstörungen oder starker Lichtempfindlichkeit, muss auf die Anwendung des Neuroleptikums verzichtet werden. Nicht gestattet ist ferner eine Kombination mit Arzneimitteln, von denen das Cytochrom P4502D6-Isoenzym gehemmt wird. Dabei kann es sich um Betablocker, trizyklische Antidepressiva oder Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Paroxetin oder Fluoxetin handeln.

Genaue Studien über die Anwendung von Thioridazin während der Schwangerschaft liegen nicht vor. Allerdings ließ sich ermitteln, dass das Neuroleptikum in den Mutterkuchen eindringen kann. Aus diesem Grund wird vor der Einnahme eine genaue Abwägung zwischen Risiko und Nutzen empfohlen.

Im letzten Schwangerschaftsabschnitt besteht die Gefahr von Nebenwirkungen für das Baby. Diese machen sich durch Atembeschwerden, Zittrigkeit, Störungen bei der Aufnahme von Nahrung oder Schläfrigkeit bemerkbar. Darüber hinaus kann Thioridazin in die Muttermilch eindringen, was ebenfalls das Risiko von Nebenwirkungen beim Kind birgt. Deshalb sollte bei einer notwendigen Thioridazin-Therapie zuvor das Abstillen erfolgen. Bei Kindern kommt Thioridazin nur dann zum Einsatz, wenn keine anderen geeigneten Medikamente vorhanden sind.

Durch die gleichzeitige Darreichung von Thioridazin und anderen Arzneimitteln kann es zu störenden Wechselwirkungen kommen. Zum Beispiel sorgen der Betablocker Propranolol, das Blutdruckmittel Pindolol sowie Antidepressiva wie Fluvoxamin für eine erhebliche Verlangsamung des Stoffwechsels durch Thioridazin. Infolgedessen besteht das Risiko einer Erregungsleitungs-Störung am Herzen, die wiederum schwerwiegende Herzrhythmusstörungen zur Folge hat.

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