Vinblastin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 24. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Arzneistoff Vinblastin gehört der Gruppe der Chemotherapeutika an. Er dient zur Behandlung von Krebserkrankungen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Vinblastin?

Zu den wichtigsten Indikationen des Vincaalkaloids gehören bösartige Tumore des Lymphsystems wie Morbus Hodgkin, spezielle Tumore der Lymphdrüsen wie Non-Hodgkin-Lymphome, erneut auftretender Brustkrebs mit Metastasen (Tochtergeschwülsten) sowie Hodenkrebs im fortgeschrittenen Stadium.
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Vinblastin ist in der Medizin auch unter den Bezeichnungen Vinblastinsulfat oder Vincaleukoblastin bekannt. Das Chemotherapeutikum gilt als bekanntester Vertreter der Vincaalkaloide. Vinblastin stellt ein Alkaloid der Rosafarbenen Catharanthe dar. Diese Pflanze wird auch Rosafarbenes Zimmerimmergrün oder Madagaskar-Immergrün genannt und zählt zur Gattung der Catharanthen.

Die Vincaalkaloide verfügen über die Eigenschaft, sich an das Protein Tubulin zu binden, wodurch sie die Entstehung von Mikrotubuli, bei denen es sich um Fadenbündel handelt, hemmen.

Auf diese Weise werden auch die Krebszellen, die sich rasch teilen, beeinflusst. Bei Zimmertemperatur besteht Vinblastin als gelbes Pulver. Das aromatische Kohlenwasserstoffmolekül lässt sich problemlos in Wasser lösen. In Europa ist Vinblastin seit den frühen 1960er Jahren zugelassen. In Deutschland wird der Arzneistoff unter dem Handelnsnahmen Velbe® vertrieben.

Pharmakologische Wirkung

Vinblastin gehört den Zytostatika an und zählt zu den krebshemmenden Arzneistoffen. Darüber hinaus bildet es einen Mitosehemmer, da es der Mitose (Teilung der Zellen) entgegenwirkt. In den Arzneimitteln liegt es als Vinblastinsulfat vor. Die Gewinnung des Wirkstoffes erfolgt aus der Rosafarbenen Catharanthe.

Beim Vorgang der Zellteilung kommt es zum Aufbau von Fadenbündeln (Mikrotubuli). Diese ziehen die verdoppelten Erbgut-Chromosomen an sich und sorgen dadurch für das Entstehen einer unabhängigen Zelle. Vinblastin verfügt über ähnliche Effekte wie das Gichtpräparat Colchicin und wirkt unmittelbar am Aufbau der Fadenbündel. Zu diesem Zweck wird es an den Baustoff Tubulin gebunden, was den Prozess der Fadenherstellung unterbricht. Zudem werden bereits vorhandene Mikrotubuli durch das Vinblastin aufgelöst. Das Netzwerk, das normalerweise entsteht, um ein ordnungsgemäßes Aufteilen des doppelten Erbguts im Rahmen der Zellteilung zu ermöglichen, leidet ebenfalls darunter. Des Weiteren wird Vinblastin zugesprochen, eine abtötende Wirkung auf Zellen zu haben, die sich zeitweilig nicht vermehren.

Ein Nachteil des Chemotherapeutikums ist allerdings, dass es sich auch auf die gesunden Zellen auswirkt, was sich wiederum durch unangenehme Nebenwirkungen bemerkbar macht. Die Krebszellen werden aufgrund ihrer raschen Teilungsfähigkeit jedoch stärker in Mitleidenschaft gezogen als die gesunden Zellen. Die Halbwertszeit von Vinblastin gilt als lang und beträgt bis zu 24 Stunden.

Medizinische Anwendung & Verwendung

In manchen Fällen wird Vinblastin als Monopräparat verabreicht. In der Regel kommt es im Rahmen von Krebsbehandlungen jedoch zusammen mit anderen Zytostatika oder einer Strahlenbehandlungen zur Anwendung.

Zu den wichtigsten Indikationen des Vincaalkaloids gehören bösartige Tumore des Lymphsystems wie Morbus Hodgkin, spezielle Tumore der Lymphdrüsen wie Non-Hodgkin-Lymphome, erneut auftretender Brustkrebs mit Metastasen (Tochtergeschwülsten) sowie Hodenkrebs im fortgeschrittenen Stadium.

Ein weiteres Einsatzgebiet stellt die Langerhans-Zell-Histiozytose dar. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form von Knochenmarkkrebs. Weitere Anwendungsgebiete sind das Kaposi-Sarkom, eine Haarzellleukämie sowie das Chorionkarzinom (Zottenkrebs), wenn andere Zytostatika keine Wirkung haben.

Die Darreichung von Vinblastin erfolgt als intravenöse Injektion. Normalerweise findet eine Behandlung einmal in der Woche statt. Arbeitet die Leber des Patienten nur eingeschränkt, muss eine niedrigere Dosierung verabreicht werden. Von einer Injektion in den Rückenmarkskanal ist abzusehen. Es besteht die Gefahr einer Verklebung der Hirnhäute.


Risiken & Nebenwirkungen

Durch eine Behandlung mit Vinblastin kann es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Das Vincaalkaloid führt zur Schädigung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), während die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) weniger in Mitleidenschaft gezogen werden. Da sich das Knochenmark jedoch schnell wieder erholt, hat das Fehlen der Leukozyten nur selten fieberhafte Infektionen zur Folge.

Häufige Nebeneffekte des Zytostatikums sind Übelkeit, Erbrechen, das Bilden von Bläschen auf der Haut sowie im Mund, ein Mangel an Blutplättchen, Verstopfung, Darmverschluss, Missempfindungen der Nerven, Knochenmark-Funktionsstörungen, eine Anämie (Blutarmut), Blutungen aus dem Enddarm, eine blutige Darmentzündung und das Verweigern von Nahrung. Außerdem leiden die Patienten oft unter Haarausfall. Dieser erfolgt jedoch nicht vollständig. Bei einigen Patienten wächst das Haar sogar schon während der Vinblastin-Therapie wieder nach.

In manchen Fällen können auch eine Rachenentzündung, Schmerzen im Tumorbereich, ein allgemeines Krankheitsgefühl, Krämpfe, Kopfschmerzen, eine Nervenentzündung, Taubheitsgefühle, Tinnitus, Schwindelgefühle, Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris-Anfälle oder Depressionen auftreten. Außerdem besteht selbst bei fachgerechter Dosierung die Gefahr, dass der Wasserhaushalt des Patienten entgleist.

Leidet der Patient unter einer Überempfindlichkeit gegen Vinblastin oder andere Vincaalkaloide, muss eine Therapie mit dem Zytostatikum unterbleiben. Das gilt auch bei schwer kontrollierbaren Infektionen sowie einem Mangel an weißen Blutkörperchen, der nicht durch die Krebskrankheit verursacht wird.

Eine gründliche Nutzen-Risiko-Abschätzung durch den Arzt ist erforderlich bei Durchblutungsstörungen an den Herz-Kranz-Gefäßen, Leberfunktionsstörungen, einem Befall des Knochenmarks durch Krebszellen sowie bei älteren Patienten, bei denen sich ein Abfall des Blutdrucks verstärken kann.

Während der Schwangerschaft darf Vinblastin nur auf ausdrückliche ärztliche Anweisung verabreicht werden. So kam es bei Tierversuchen zu Veränderungen des Erbguts. Daher besteht das Risiko von Missbildungen beim ungeborenen Kind. Für Frauen und Männer im gebärfähigen Alter wird während einer Vinblastin-Therapie die Anwendung von sicheren Verhütungsmethoden empfohlen. Außerdem besteht durch das Zytostatikum das Risiko von dauerhafter Unfruchtbarkeit.

Erfolgt die Gabe von Vinblastin mit weiteren krebsabtötenden Medikamenten, können sich die Nebenwirkungen verstärken. Wird Vinblastin zur gleichen Zeit wie das Antipilzmittel Itraconazol eingenommen, besteht die Gefahr einer Darmlähmung oder von Nervenschäden. Außerdem sind durch die gleichzeitige Einnahme von Vinblastin und dem Krebsmittel Mitomycin C dauerhafte Lungenschäden im Bereich des Möglichen.

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