Pethidin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. Oktober 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Pethidin ist ein vollsynthetisches Opioid. Es kommt bei starken bis sehr starken Schmerzen, wie sie zum Beispiel nach Unfällen oder Operationen auftreten können, zum Einsatz.
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Was ist Pethidin?
Bei Pethidin handelt es sich um das älteste vollsynthetische Opioid. Es wurde im Jahr 1937 erstmals synthetisiert. In Deutschland wird es nach und nach von jüngeren Präparaten abgelöst, weltweit gilt es aber noch immer als eines der wichtigsten starken Analgetika.
Die Struktur von Pethidin ist eine vereinfachte Nachbildung des Atropinmoleküls. Hergestellt wird es in einer zweistufigen Synthese. Pethidin ist in Arzneimitteln ein weißes, kristallines Pulver, welches leicht wasserlöslich ist. Es gilt als Betäubungsmittel, ist als solches nur auf ärztliche Verordnung erhältlich und entsprechend strengen Kontrollen unterworfen. Im Handel ist Pethidin dabei als Injektionslösung oder in Form von Tabletten zu finden, auch Zäpfchen sind erhältlich.
Pharmakologische Wirkung
Da Pethidin zur Gruppe der opioiden Schmerzmittel gehört, wird seine Wirkung an den so genannten Opioid-Rezeptoren im Gehirn entfaltet. Durch den Wirkstoff werden körpereigene Botenstoffe imitiert. Diese hemmen durch die Bindung an die Rezeptoren die Weiterleitung von Schmerzempfinden und Schmerzwahrnehmung.
Pethidin sorgt dafür, dass selbst sehr starke Schmerzen vom Patienten als weniger extrem empfunden werden, als sie eigentlich sind. Dementsprechend hat Pethidin eine ähnliche Wirkung wie Morphin, ist allerdings fünf Mal schwächer und hat demnach auch eine geringere Stimmung-hebende Wirkung.
Pethidin weist eine analgetische, antitussive, spasmolytische, atemdepressive und sedierende Wirkung auf. Es trägt zu einer Senkung des Blutdrucks und einer Erhöhung des Herzfrequenz bei. Eine Verabreichung ist oral, rektal, intramuskulär und intravenös möglich.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Pethidin wird bei der Behandlung von mittelstarken bis sehr starken akuten und auch anhaltenden Schmerzen eingesetzt, sobald nicht-opioide Schmerzmittel oder auch schwache Opioide keine Wirkung zeigen. Anwendung findet es unter anderem bei Schmerzen durch Tumore, bei Schmerzen durch einen Myokardinfarkt oder auch im Rahmen einer postoperativen Analgesie. Wirksam ist es außerdem bei postoperativem Zittern. Weiterhin wird Pethidin bei der Behandlung von Koliken und auch Pankreatitis (akute oder chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse) verwendet.
Da Pethidin den aktiven Metaboliten Norphetidin bildet, ist es nicht zur dauerhaften Therapie geeignet, denn Norphetidin kann zu Krampfanfällen führen. Die Wirkdauer von Pethidin liegt bei etwa 2 bis 4 Stunden. Bei intravenöser Gabe ist die maximale Wirkung bereits nach ungefähr 3 bis 10 Minuten erreicht, bei intramuskulärer Verabreichung erreicht die Wirkung nach etwa 20 bis 40 Minuten ihren Höhepunkt.
Pethidin ist unter anderem bei Überempfindlichkeitsreaktionen gegenüber dem Wirkstoff, bei Ateminsuffizienz, bei akutem Bronchialasthma, bei bestimmten Herzrhythmusstörungen, bei erhöhtem Hirndruck, bei Krampfzuständen, diabetischer Azidose, Alkoholismus und Drogenabhängigkeit, schweren Erkrankungen der Leber oder auch Morbus Addison (primäre Nebennierenrindeninsuffizienz) kontraindiziert.
Auch bei niedrigem Blutdruck, einer eingeschränkten Funktion der Nieren, Fehlfunktionen der Schilddrüse (Über- oder Unterfunktion) sowie Erkrankungen der Harnröhre nicht anzuraten.
In den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft darf Pethidin ebenfalls nicht eingenommen werden, während der Geburt ist es als Schmerzmittel allerdings durchaus in seiner niedrigstmöglichen Dosis anwendbar. Für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen und 16 Jahren ist Pethidin nicht geeignet.
Verabreichung & Dosierung
Pethidin (Meperidin) ist ein starkes Opioid, das zur Behandlung akuter Schmerzen verwendet wird. Bei der Verabreichung und Dosierung müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden, um unerwünschte Nebenwirkungen und Komplikationen zu vermeiden. Die übliche Dosis von Pethidin für Erwachsene beträgt in der Regel 25-100 mg intramuskulär oder intravenös, abhängig von der Schwere der Schmerzen und dem klinischen Zustand des Patienten. Die Dosierung sollte individuell angepasst werden, besonders bei älteren oder geschwächten Patienten, da sie empfindlicher auf die Wirkung reagieren können.
Eine wiederholte Gabe von Pethidin sollte vorsichtig erfolgen, da es ein potenzielles Risiko für Kumulation und toxische Wirkungen gibt, insbesondere wegen seines Metaboliten Normeperidin, der neurotoxisch wirken kann und Krampfanfälle auslösen kann. Daher wird eine Langzeitanwendung oder wiederholte Dosierung in kurzen Intervallen nicht empfohlen.
Patienten mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion benötigen eine reduzierte Dosis, da Pethidin langsamer metabolisiert und ausgeschieden wird. Es ist auch wichtig, Pethidin nicht in Kombination mit MAO-Hemmern zu verwenden, da dies zu schweren Wechselwirkungen führen kann, wie einer hypertensiven Krise. Zudem sollte Pethidin nur unter strenger ärztlicher Überwachung bei Patienten mit Atemdepression oder schweren Lungenerkrankungen angewendet werden, da das Risiko einer Atemdepression erhöht ist.
Risiken & Nebenwirkungen
Zu den Nebenwirkungen, die bei der Gabe von Pethidin häufig auftreten, gehören unter anderem der Abfall des Blutdrucks, Atemfunktionsstörungen, Herzrasen oder eine Verlangsamung des Herzschlags, Steigerung des Hirndrucks, Schwindel, Benommenheit, Veränderung der Stimmungslage, Wahrnehmungsstörungen, Wahnvorstellungen sowie Erregungszustände.
Wird Pethidin sehr schnell in die Vene injiziert, kann es zudem zu Bronchialkrämpfen, Übelkeit und Erbrechen, Schluckauf sowie einer Verengung der Pupillen kommen. Wird Pethidin über einen längeren Zeitraum angewendet, sind möglicherweise Verstopfung oder Störungen bei der Blasenentleerung die Folge.
Weiterhin kann es zu Krämpfen in den Gallenwegen, einer eingeschränkten Funktion der Nieren oder zu allergischen Überempfindlichkeitsreaktionen kommen. Wird Pethidin in die Vene injiziert, sind eine Bildung von roten Quaddeln und Schmerzen entlang des jeweiligen Blutgefäßes möglich.
Bei der gleichzeitigen Einnahme von Pethidin mit Antiepileptika oder Schmerzmitteln kann es außerdem zu unerwünschten Wechselwirkungen kommen, wie etwa einer Abschwächung oder Verstärkung der Wirkung von Pethidin oder dem jeweils anderen Medikament.
Kontraindikationen
Bei der Verwendung von Pethidin gibt es mehrere Kontraindikationen, die unbedingt beachtet werden müssen, um schwere Nebenwirkungen und Komplikationen zu vermeiden. Eine der wichtigsten Kontraindikationen ist die gleichzeitige Anwendung von Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmern), da dies zu schwerwiegenden Wechselwirkungen wie hypertensiven Krisen, Hyperthermie, Krampfanfällen oder sogar Koma führen kann.
Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen oder bestehender Atemdepression sollten ebenfalls kein Pethidin erhalten, da das Medikament die Atemfunktion weiter unterdrücken kann. Dies gilt besonders für Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), Asthma oder anderen Atemwegserkrankungen.
Eingeschränkte Leber- oder Nierenfunktion stellt ebenfalls eine Kontraindikation dar, da die Ausscheidung von Pethidin und dessen toxischem Metaboliten Norpethidin bei diesen Patienten verzögert sein kann, was zu einer Anhäufung und erhöhten Toxizität führen kann. Pethidin sollte bei älteren und geschwächten Patienten ebenfalls mit Vorsicht eingesetzt werden, da sie anfälliger für Nebenwirkungen wie Verwirrtheit, Schläfrigkeit und Stürze sind.
Zusätzlich ist Pethidin bei Patienten mit Krampfneigung oder Epilepsie kontraindiziert, da Norpethidin die Schwelle für Krampfanfälle senken kann. Schwangere Frauen, insbesondere während der Wehen, sollten Pethidin nur unter strenger ärztlicher Aufsicht erhalten, da das Medikament die Atemfunktion des Neugeborenen beeinträchtigen kann.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Pethidin weist eine Reihe von potenziell gefährlichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auf, die bei der Verschreibung berücksichtigt werden müssen. Eine der schwerwiegendsten Interaktionen tritt mit Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmern) auf. Die gleichzeitige Anwendung von Pethidin und MAO-Hemmern kann zu schweren, möglicherweise tödlichen Reaktionen führen, wie hypertensiven Krisen, Hyperthermie, Serotonin-Syndrom, Krampfanfällen und Koma.
Zudem erhöht die Kombination von Pethidin mit anderen zentral dämpfenden Substanzen wie Benzodiazepinen, Barbituraten, Antipsychotika, Sedativa oder Alkohol das Risiko einer verstärkten Atemdepression, Sedierung und Hypotonie. Dies ist besonders bei älteren Patienten oder Personen mit Atemwegserkrankungen von Bedeutung.
Auch bei der gleichzeitigen Anwendung von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern (SNRI) oder anderen serotonergen Substanzen besteht ein erhöhtes Risiko für das Serotonin-Syndrom. Dieses Syndrom ist gekennzeichnet durch Symptome wie Verwirrtheit, Agitation, Muskelzuckungen, Hyperthermie und Krampfanfälle.
Bei Patienten, die Medikamente einnehmen, die die Leberenzyme hemmen oder induzieren (wie beispielsweise einige Antibiotika, Antimykotika oder Antikonvulsiva), kann die Metabolisierung von Pethidin beeinflusst werden, was zu einer erhöhten Konzentration von Pethidin oder seinem toxischen Metaboliten Norpethidin führen kann. Diese Kumulation erhöht das Risiko für Nebenwirkungen wie Krampfanfälle und neurotoxische Effekte.
Es ist daher wichtig, bei der Verschreibung von Pethidin eine gründliche Medikamentenanamnese durchzuführen, um potenzielle Wechselwirkungen zu vermeiden.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Pethidin nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, um Schmerzen zu lindern. Ein häufig verwendetes alternatives Opioid ist Morphin, das bei akuten und chronischen Schmerzen eingesetzt wird und in verschiedenen Darreichungsformen (oral, intravenös, subkutan) verfügbar ist. Morphin hat im Vergleich zu Pethidin eine längere Wirkdauer und eine geringere neurotoxische Potenz.
Ein weiteres Alternativpräparat ist Oxycodon, das ebenfalls als starkes Opioid zur Schmerzbehandlung dient. Es bietet eine ähnliche Schmerzstillung wie Morphin, hat jedoch den Vorteil, dass es in retardierter Form eingenommen werden kann, um eine langanhaltende Wirkung zu gewährleisten.
Für Patienten, die Opioide nicht vertragen oder bei denen Opioide nicht angezeigt sind, können Nicht-Opioid-Analgetika wie Paracetamol oder nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac verwendet werden. Diese Medikamente eignen sich besonders für leichtere bis mittelschwere Schmerzen und haben ein geringeres Risiko für Abhängigkeit und schwerwiegende Nebenwirkungen.
Bei neuropathischen Schmerzen können zusätzlich Antidepressiva (z.B. Amitriptylin) oder Antikonvulsiva (z.B. Gabapentin oder Pregabalin) eingesetzt werden, die die Schmerzempfindung modulieren. Auch physikalische Therapie, Akupunktur oder Nervenblockaden sind nicht-medikamentöse Alternativen, die je nach Schmerzzustand in Erwägung gezogen werden können.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor