Torasemid

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. August 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Arzneistoff Torasemid gehört zu den Schleifendiuretika und wird vorwiegend zur Entwässerung eingesetzt. Zu den möglichen Indikationen gehören neben Wasseransammlungen auch Bluthochdruck und Herzinsuffizienz.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Torasemid?

Schleifendiuretika wie Torasemid werden hauptsächlich in der Behandlung des akuten Lungenödems eingesetzt. Auch Wasseransammlungen in anderen Organen wie im Bauchraum oder in den Extremitäten werden mit Torasemid behandelt.
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Torasemid ist ein Schleifendiuretikum. Diese Gruppe der harntreibenden Medikamente (Diuretika) entfaltet seine Wirkung direkt im harnbildenden System der Nieren.

Aufgrund ihrer recht linearen Wirkungs-Konzentrationsbeziehung werden Schleifendiuretika wie Torasemid den high-ceiling-Diuretika zugerechnet. Je nach Flüssigkeitsgabe kann mithilfe des Schleifendiuretikums eine Harnmenge von bis zu 45 Litern pro Tag erreicht werden.

Pharmakologische Wirkung

Die Niere filtert Stoffwechselendprodukte aus dem Blut und scheidet diese aus. Dazu produziert sie zunächst täglich bis zu 200 Liter Primärharn. Dieser wird in einem komplexen System aus sogenannten Tubuli, der Henle-Schleife und Sammelrohren konzentriert. Dazu wird Wasser rückresorbiert, sodass schlussendlich zwischen einem und anderthalb Litern Sekundärharn übrig bleiben.

Der aufsteigende Teil der Henle-Schleife ist der Wirkort von Torasemid. Hier gelangen bis zu 25 Prozent des zunächst gefilterten Natriums wieder ins Blut. Für die Wiederaufnahme des Natriums ist ein Transportprotein nötig. Torasemid hemmt dieses Protein. Das Natrium kann dann nicht mehr rückresorbiert werden. Damit steigt auch die Wasserausscheidung.

Zeitgleich kommt es zu einer Steigerung der sogenannten glomerulären Filtrationsrate. Das bedeutet, dass die Nierenkörperchen mehr Urin filtern und produzieren.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Schleifendiuretika wie Torasemid werden hauptsächlich in der Behandlung des akuten Lungenödems eingesetzt. Hier sammelt sich infolge einer Herzkrankheit Flüssigkeit in den Lungenbläschen oder im Lungengewebe. Die Folge sind lebensbedrohliche Atemstörungen. Torasemid kann die Ausscheidung der überschüssigen Flüssigkeit aus dem Körper unterstützen.

Auch Wasseransammlungen in anderen Organen wie im Bauchraum oder in den Extremitäten werden mit Torasemid behandelt. Solche Ödeme können sich im Rahmen einer Herz-, Leber- oder Niereninsuffizienz entwickeln und die Organtätigkeit stark beeinträchtigen. Bei einem akuten Nierenversagen kann Torasemid dabei helfen, den Wasserhaushalt zumindest für eine gewisse Zeit zu kontrollieren.

Da durch das Schleifendiuretikum nicht nur vermehrt Wasser, sondern auch Elektrolyte ausgeschieden werden, kann Torasemid auch zur Behandlung einer Hyperkalzämie genutzt werden. Bei einer Hyperkalzämie befindet sich zu viel Kalzium im Blut. Typische Ursachen sind bösartige Tumore oder Erkrankungen des Hormonsystems. Schleifendiuretika waschen neben Kalzium auch Kalium aus. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist deshalb eine Hyperkaliämie, wie sie beispielsweise bei Erkrankungen der Nieren oder der Nebennieren auftreten kann.

Früher wurde Torasemid zudem zur forcierten Ausscheidung bei Vergiftungen mit Bromid, Fluorid und Iodid sowie bei der Rhabdomyolyse, einer Auflösung quergestreifter Muskelfasern, eingesetzt. Um Störungen im Elektrolythaushalt vorzubeugen, ist allerdings eine gleichzeitige Zufuhr von Natrium, Wasser und Chlorid erforderlich.


Verabreichung & Dosierung

Torasemid ist ein Schleifendiuretikum, das zur Behandlung von Ödemen und Bluthochdruck eingesetzt wird. Bei der Verabreichung und Dosierung von Torasemid gibt es mehrere wichtige Aspekte zu beachten, um eine effektive Behandlung zu gewährleisten und Nebenwirkungen zu minimieren.

Die Dosierung von Torasemid sollte individuell angepasst werden, basierend auf dem klinischen Zustand des Patienten und dem Ansprechen auf die Therapie. Die übliche Anfangsdosis bei der Behandlung von Ödemen liegt bei 5 mg täglich, kann jedoch je nach Bedarf schrittweise auf bis zu 20 mg täglich erhöht werden. Bei Bluthochdruck beginnt die Therapie meist mit 2,5 mg täglich, wobei die Dosis bei unzureichender Wirkung angepasst werden kann.

Torasemid sollte vorzugsweise morgens eingenommen werden, um eine nächtliche Harnausscheidung und damit verbundene Schlafstörungen zu vermeiden. Es kann mit oder ohne Nahrung eingenommen werden.

Wichtig ist die regelmäßige Überwachung des Elektrolytspiegels, insbesondere von Kalium, da Torasemid zu einem erhöhten Verlust von Elektrolyten führen kann. Auch die Nierenfunktion sollte regelmäßig kontrolliert werden, da Torasemid die Nierenfunktion beeinträchtigen kann, insbesondere bei Patienten mit bestehender Niereninsuffizienz.

Torasemid kann die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen, insbesondere von blutdrucksenkenden Mitteln, was das Risiko für Hypotonie erhöhen kann. Patienten sollten außerdem darauf hingewiesen werden, die Einnahme nicht abrupt abzubrechen, sondern nur nach ärztlicher Rücksprache, um Rebound-Effekte zu vermeiden.

Risiken & Nebenwirkungen

Schleifendiuretika wie Torasemid weisen eine hohe Wirksamkeit auf und müssen deshalb vorsichtig eingesetzt werden. Insbesondere bei Patienten mit einem gestörten Elektrolyt- oder Säure-Basen-Gleichgewicht ist eine engmaschige Bilanzierung des Wasserhaushaltes sowie eine angemessene Substitution von Elektrolyten unabdingbar.

Aufgrund der vermehrten Ausscheidung von Elektrolyten darf Torasemid nicht bei Natrium- und Kaliummangel eingesetzt werden. Auch bei komplettem Harnverhalt ist die Anwendung kontraindiziert. Ebenso darf der Arzneistoff nicht in der Stillzeit eingesetzt werden. Falls die Anwendung des Medikaments lebensnotwendig ist, muss vorher abgestillt werden.

Bei einer Langzeitanwendung kann es aufgrund einer zu starken Entwässerung zu einer sogenannten Hypovolämie kommen. Bei einer Hypovolämie ist das zirkulierende Blutvolumen vermindert. Dies äußert sich durch Symptome wie Schwindel, Kopfschmerzen und Hypotonie. In schweren Fällen können die Patienten austrocknen.

Die erhöhte Ausscheidung von Kalium und Protonen kann zu einer hypokalämischen Übersäuerung führen. In seltenen Fällen können die Patienten zudem einen verminderten Natriumspiegel im Blut aufweisen.

Durch eine verstärkte Resorption von Harnsäure kann sich ferner eine Hyperurikämie entwickeln, die zu Gichtanfällen führen kann. Einige Patienten entwickeln unter der Behandlung mit Torasemid Hörschäden in den hohen Frequenzen bis hin zur kompletten Taubheit. Allerdings tritt dieser Effekt meist nur während der Behandlung auf, bleibende Schäden sind sehr selten.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Torasemid betreffen Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen oder spezifischen gesundheitlichen Zuständen, bei denen die Anwendung des Medikaments potenziell gefährlich sein könnte. Eine der Hauptkontraindikationen ist eine schwere Niereninsuffizienz mit Anurie (fehlende Harnproduktion), da Torasemid bei Patienten, die kein Wasser lassen, keine Wirkung zeigt und das Risiko von Komplikationen erhöhen kann.

Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Torasemid, andere Sulfonamide oder einen der Hilfsstoffe im Medikament stellen ebenfalls eine Kontraindikation dar, da dies zu schwerwiegenden allergischen Reaktionen führen kann.

Patienten mit schwerer Hypokaliämie (niedriger Kaliumspiegel) oder Hyponatriämie (niedriger Natriumspiegel) sollten Torasemid ebenfalls nicht verwenden, da das Medikament den Verlust dieser Elektrolyte weiter verstärken könnte, was zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen führen kann.

Torasemid ist auch bei Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz (z.B. Leberkoma oder -präkoma) kontraindiziert, da es die Elektrolytstörungen und den Flüssigkeitshaushalt weiter destabilisieren kann, was die Gefahr von neurologischen Komplikationen erhöht.

Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Hypotension (niedrigem Blutdruck), da Torasemid den Blutdruck weiter senken kann, was das Risiko für eine ausgeprägte Hypotonie und damit verbundene Symptome wie Schwindel und Ohnmacht erhöht.

Schließlich sollten Schwangere und Stillende Torasemid nur nach strenger Abwägung der Risiken und unter ärztlicher Aufsicht einnehmen, da das Medikament die Plazenta passieren und in die Muttermilch übergehen kann.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Bei der Verwendung von Torasemid gibt es mehrere potenzielle Interaktionen mit anderen Medikamenten, die beachtet werden müssen, um unerwünschte Wirkungen zu vermeiden.

ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARBs): Torasemid kann die blutdrucksenkende Wirkung dieser Medikamente verstärken. Dies kann zu einer übermäßigen Blutdrucksenkung (Hypotonie) führen, insbesondere bei der ersten Dosis eines ACE-Hemmers oder ARBs.

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR): Medikamente wie Ibuprofen oder Naproxen können die diuretische und blutdrucksenkende Wirkung von Torasemid abschwächen. Zudem erhöht die Kombination das Risiko für Nierenschäden, insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion.

Lithium: Torasemid kann die renale Ausscheidung von Lithium verringern, was zu einer gefährlichen Erhöhung des Lithiumspiegels im Blut und potenziell zu einer Lithiumvergiftung führen kann.

Herzglykoside (z.B. Digoxin): Durch den Verlust von Kalium, der durch Torasemid verursacht werden kann, erhöht sich das Risiko für Herzrhythmusstörungen, insbesondere bei gleichzeitiger Einnahme von Herzglykosiden.

Aminoglykosid-Antibiotika (z.B. Gentamicin): Torasemid kann das Risiko einer ototoxischen Wirkung (Gehörschädigung) dieser Antibiotika erhöhen, da beide Substanzen die Ohren schädigen können.

Kortikosteroide und Abführmittel: Diese Medikamente können den Kaliumverlust durch Torasemid verstärken, was das Risiko einer Hypokaliämie erhöht.

Antidiabetika: Torasemid kann den Blutzuckerspiegel beeinflussen und möglicherweise die Wirkung von Antidiabetika abschwächen, was eine Anpassung der Diabetesmedikation erfordert.

Es ist wichtig, dass Patienten und Ärzte bei der Verschreibung von Torasemid alle anderen Medikamente berücksichtigen, um potenzielle Wechselwirkungen zu minimieren und die Sicherheit der Behandlung zu gewährleisten.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Torasemid nicht vertragen wird, gibt es mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe, die in Betracht gezogen werden können, um ähnliche therapeutische Effekte zu erzielen, insbesondere bei der Behandlung von Ödemen und Bluthochdruck.

Eine häufige Alternative ist Furosemid, ein weiteres Schleifendiuretikum, das ähnlich wie Torasemid wirkt, aber eine kürzere Wirkdauer hat. Es wird oft bei Patienten verwendet, die auf Torasemid allergisch reagieren oder bei denen Torasemid nicht die gewünschte Wirkung zeigt.

Hydrochlorothiazid (HCT) ist ein Thiazid-Diuretikum, das milder als Schleifendiuretika ist, aber ebenfalls effektiv zur Senkung des Blutdrucks und zur Behandlung von Ödemen eingesetzt wird. HCT wird häufig in Kombination mit anderen blutdrucksenkenden Medikamenten verschrieben.

Spironolacton ist ein kaliumsparendes Diuretikum, das in Fällen nützlich sein kann, in denen der Verlust von Kalium durch Schleifendiuretika ein Problem darstellt. Es wirkt, indem es die Wirkung des Hormons Aldosteron blockiert und wird häufig bei Herzinsuffizienz oder Aszites eingesetzt.

Eplerenon, ein weiteres kaliumsparendes Diuretikum, bietet eine Alternative zu Spironolacton, insbesondere für Patienten, die unter den hormonellen Nebenwirkungen von Spironolacton leiden.

Für die Behandlung von Bluthochdruck können Calciumkanalblocker, ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARBs) in Erwägung gezogen werden, wenn Diuretika nicht geeignet sind.

In Fällen, in denen eine Nierenerkrankung vorliegt, könnte eine sorgfältige Anpassung der Diuretika-Dosis oder der Wechsel zu einer nicht-diuretischen Therapie erforderlich sein. Die Wahl der Alternative hängt von der spezifischen medizinischen Situation und den individuellen Bedürfnissen des Patienten ab.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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