Alprazolam

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 31. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Alprazolam kommt vor allem bei Angstzuständen und Panikstörungen zur Anwendung. Dieser Wirkstoff behandelt ausschließlich die Symptome, nicht jedoch den Auslöser der Beschwerden. Aufgrund der zum Teil erheblichen Nebenwirkungen wird Alprazolam nur dann eingesetzt, wenn die Einnahme unumgänglich ist.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Alprazolam?

Alprazolam kommt vor allem bei Angstzuständen und Panikstörungen zur Anwendung. Der Wirkstoff behandelt ausschließlich die Symptome, nicht jedoch den Auslöser der Beschwerden.

Alprazolam wurde von dem US-amerikanischen pharmazeutischen Unternehmen Upjohn (später durch Pfitzer übernommen) entwickelt. Auf den deutschen Markt gelangte es 1984 unter dem Namen Tafil®. Das weiße, kristalline, in Wasser praktisch unlösbare Pulver zählt zu den Benzodiazepinen.

Im Gegensatz zu den klassischen Vertretern dieser Gruppe besitzt Alprazolam einen Triazolring im Molekül. Daher trägt es auch die Bezeichnung Triazolobenzodiazepin. Im Handel ist dieses Präparat in Form von Tabletten und Retardtabletten, üblicherweise in Dosen von 0,25 mg, 0,5 mg oder 1 mg, erhältlich. Die Einnahme erfolgt oral. Die genaue Dosierung legt der behandelnde Arzt fest.

Pharmakologische Wirkung

Der angstlösende, beruhigende, entspannende und teilweise auch euphorisierende Einfluss von Alprazolam beruht auf seiner Einwirkung auf bestimmte Botenstoffe im Gehirn. Es überwindet die Blut-Hirn-Schranke und bindet sich an die GABA-A-Rezeptoren. Dort verstärkt der zunehmende Einstrom von Chloridionen die Wirkung des hemmenden Nervenbotenstoffes GABA innerhalb des zentralen Nervensystems. Die Nervenzellen werden dadurch unempfindlicher gegen exzitatorische Reize.

Der als Tablette eingenommene Wirkstoff wird im Darm zu achtzig Prozent in die Blutbahn aufgenommen. Nach einmaliger oraler Gabe ist der maximale Plasmaspiegel nach circa ein bis zwei Stunden erreicht. Die Plasmaproteinbindung beträgt siebzig bis achtzig Prozent. Das Verteilungsvolumen liegt bei rund 1,0 bis 1,2 l/kg. Bei adipösen Patienten ist es jedoch deutlich größer. Die Plasmahalbwertzeit wird mit etwa zwölf bis fünfzehn Stunden angegeben, kann allerdings bei älteren männlichen Patienten verlängert sein.

Der biochemische Umbau von Alprazolam erfolgt in der Leber. Ausgeschieden wird der Wirkstoff hauptsächlich über den Urin. Die verzögerte Freisetzung des Wirkstoffs bei Retardtabletten hat keinen Einfluss auf dessen Verteilung, Verstoffwechslung und Elimination. Die Serumspitzenkonzentration wird bei dieser Medikamentenform ungefähr fünf bis zehn Stunden nach der Einnahme erreicht.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Das Hauptanwendungsgebiet von Alprazolam sind Angstzustände mit signifikanter Übererregbarkeit (Nervosität). Zum Teil wird es auch als Zusatztherapie bei der Behandlung von Depressionen verschrieben. Diese Verwendung ist unter Medizinern umstritten.

Zwar hat sich das Präparat bei kurzer Behandlungsdauer als wirksam erwiesen, bei längerer Verabreichung können die depressiven Beschwerden jedoch zunehmen. Daher eignet sich der Wirkstoff nicht zur alleinigen Behandlung bei einer Depression. Des Öftern wird Alprazolam auch als Schlafmittel genutzt. Hierfür hat es allerdings keine Indikation (Off-Label-Use). Bei höherer Dosierung kann das Medikament die Muskelspannung mindern und epileptische Krämpfe vermeiden helfen.

Zu Beginn bekommen viele Patienten dreimal am Tag 0,25 mg bis 0,5 mg Alprazolam. Bei Bedarf lässt sich die Dosis auf bis zu 3 mg täglich erhöhen. Nach der Einnahme treten teilweise Gedächtnislücken für die Zeit direkt nach der Anwendung auf. Daher ist auf eine ausreichend lange Schlafdauer der behandelten Personen zu achten.


Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Alprazolam, einem Benzodiazepin zur Behandlung von Angststörungen und Panikattacken, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten. Die Dosierung muss individuell angepasst werden, abhängig vom Zustand des Patienten, der Schwere der Symptome und der Reaktion auf das Medikament.

Die übliche Anfangsdosis für Erwachsene beträgt 0,25 bis 0,5 mg dreimal täglich. Diese Dosis kann schrittweise erhöht werden, jedoch sollte die maximale Tagesdosis von 4 mg nicht überschritten werden. Bei älteren Patienten oder bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion sollte eine niedrigere Anfangsdosis von 0,25 mg zwei- bis dreimal täglich in Erwägung gezogen werden, um das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren.

Alprazolam sollte mit oder ohne Nahrung eingenommen werden, und die Einnahme sollte regelmäßig zur gleichen Tageszeit erfolgen, um gleichmäßige Wirkstoffspiegel im Blut aufrechtzuerhalten. Es ist wichtig, das Medikament nicht abrupt abzusetzen, da dies zu Entzugserscheinungen führen kann. Ein schrittweises Absetzen unter ärztlicher Aufsicht ist daher erforderlich.

Patienten sollten auf mögliche Nebenwirkungen achten, darunter Schläfrigkeit, Schwindel, Müdigkeit und Beeinträchtigung der Koordinationsfähigkeit. Alprazolam kann das Reaktionsvermögen beeinträchtigen, weshalb Patienten das Führen von Fahrzeugen oder Bedienen von Maschinen vermeiden sollten, bis sie wissen, wie das Medikament auf sie wirkt.

Das Risiko von Abhängigkeit und Missbrauch ist bei Benzodiazepinen wie Alprazolam hoch, besonders bei längerfristiger Anwendung oder bei Patienten mit einer Vorgeschichte von Suchtproblemen. Daher sollte die Anwendung auf die kürzest mögliche Dauer begrenzt werden, und regelmäßige ärztliche Überwachung ist notwendig.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Alprazolam zusammen mit anderen ZNS-dämpfenden Substanzen wie Alkohol, Opioiden oder anderen Beruhigungsmitteln eingenommen wird, da dies zu verstärkter Sedierung, Atemdepression und potenziell lebensbedrohlichen Zuständen führen kann.

Risiken & Nebenwirkungen

Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Alprazolam gehören Benommenheit, Schläfrigkeit und Schwindel. Müdigkeit, verringerte Aufmerksamkeit, Verwirrtheit, Muskelschwäche, Kopfschmerzen, Bewegungs- und Gangunsicherheit, Sehstörungen und Tremor sind zu Beginn der Behandlung ebenfalls nicht unüblich.

Die Einnahme dieses Wirkstoffs kann außerdem zu Leberfunktionsstörungen, Menstruationsstörungen, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Verstopfung, Hyperprolaktinämie, Hautreaktionen und zur Veränderung der Libido führen.

Kinder und ältere Personen können nach der Gabe von Alprazolam aggressiv reagieren und unter Alpträumen, Reizbarkeit, Unruhe und Halluzinationen leiden. Sobald solche Symptome auftreten, empfiehlt es sich, den behandelnden Arzt aufzusuchen und die Behandlung mit diesem Medikament zu beenden.

Schon nach kurzer Einnahmezeit kann Alprazolam körperlich und psychisch abhängig machen. Das Risiko der Abhängigkeit steigt mit der Dauer der Einnahme und der Höhe der Dosierung. Besonders gefährdet sind Patienten, die vorher bereits einmal alkohol-, tabletten- oder drogensüchtig waren. Ein abruptes Absetzen des Wirkstoffs zieht Angstzustände, Reizbarkeit, Unruhe, Kopf- und Muskelschmerzen, in extremen Fällen sogar Realitäts- und Persönlichkeitsverlust oder starke Überempfindlichkeitsreaktionen nach sich.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Alprazolam umfassen verschiedene gesundheitliche Zustände und Situationen, bei denen das Medikament potenziell gefährlich sein könnte. Eine der Hauptkontraindikationen ist eine bekannte Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Alprazolam oder andere Benzodiazepine. Patienten mit einer solchen Vorgeschichte sollten das Medikament nicht einnehmen, um allergische Reaktionen zu vermeiden.

Alprazolam sollte nicht bei Patienten mit akuter Engwinkelglaukom angewendet werden, da Benzodiazepine den Augeninnendruck erhöhen können. Ebenso ist das Medikament kontraindiziert bei Patienten mit schwerer Ateminsuffizienz oder Schlafapnoe-Syndrom, da Alprazolam die Atemdepression verstärken und zu lebensbedrohlichen Zuständen führen kann.

Patienten mit einer Vorgeschichte von Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sollten Alprazolam vermeiden, da das Risiko von Missbrauch und Abhängigkeit hoch ist. Das Medikament sollte auch bei Patienten mit schweren Lebererkrankungen wie Leberzirrhose mit Vorsicht angewendet werden, da die Metabolisierung von Alprazolam beeinträchtigt sein kann, was das Risiko toxischer Wirkungen erhöht.

Schwangere Frauen und stillende Mütter sollten Alprazolam nicht einnehmen. Benzodiazepine können fetale Schäden verursachen und werden in die Muttermilch ausgeschieden, was das Risiko für Neugeborene erhöht.

Zusätzlich sollte Alprazolam nicht in Kombination mit starken ZNS-dämpfenden Substanzen wie Opioiden oder Alkohol verwendet werden, da dies zu einer verstärkten Sedierung, Atemdepression und potenziell lebensbedrohlichen Zuständen führen kann. Patienten, die Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) einnehmen, sollten ebenfalls auf Alprazolam verzichten, um potenzielle Wechselwirkungen zu vermeiden.

Insgesamt ist es wichtig, die individuelle Krankengeschichte des Patienten sorgfältig zu prüfen und mögliche Kontraindikationen zu berücksichtigen, um die sichere Anwendung von Alprazolam zu gewährleisten.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Alprazolam interagiert mit mehreren Medikamenten, was die Wirksamkeit beeinflussen und das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen kann. Eine bedeutende Interaktion besteht mit anderen ZNS-dämpfenden Substanzen wie Alkohol, Opioiden, und Barbituraten. Die gleichzeitige Einnahme kann zu verstärkter Sedierung, Atemdepression und potenziell lebensbedrohlichen Zuständen führen. Patienten sollten daher Alkohol und andere Beruhigungsmittel meiden, während sie Alprazolam einnehmen.

Die Wirkung von Alprazolam kann durch Medikamente, die das Cytochrom-P450-3A4-Enzymsystem beeinflussen, verstärkt oder abgeschwächt werden. CYP3A4-Inhibitoren wie Ketoconazol, Itraconazol, Erythromycin, und Ritonavir können die Konzentration von Alprazolam im Blut erhöhen und somit das Risiko von Nebenwirkungen verstärken. Eine Dosisanpassung von Alprazolam kann in diesen Fällen erforderlich sein.

CYP3A4-Induktoren wie Rifampicin, Phenytoin und Carbamazepin können die Metabolisierung von Alprazolam beschleunigen, wodurch dessen Wirksamkeit verringert wird. Dies kann eine Erhöhung der Alprazolam-Dosis erforderlich machen, um den gewünschten therapeutischen Effekt zu erzielen.

Die gleichzeitige Anwendung von Alprazolam mit anderen Medikamenten, die die serotonerge Neurotransmission beeinflussen, wie Antidepressiva (SSRIs, SNRIs), kann das Risiko für das Serotonin-Syndrom erhöhen. Symptome des Serotonin-Syndroms umfassen Verwirrtheit, Agitation, Tachykardie, Blutdruckschwankungen und in schweren Fällen Krampfanfälle und Bewusstlosigkeit.

Alprazolam kann auch die Wirkung von Digoxin verstärken, einem Herzglykosid. Dies kann zu erhöhten Digoxinspiegeln im Blut und somit zu toxischen Wirkungen führen. Regelmäßige Überwachung der Digoxinspiegel und gegebenenfalls eine Anpassung der Digoxin-Dosis sind daher notwendig.

Patienten sollten ihren Arzt stets über alle Medikamente informieren, die sie einnehmen, um potenziell gefährliche Wechselwirkungen zu vermeiden. Eine sorgfältige Überwachung und gegebenenfalls Anpassung der Dosierung anderer Medikamente kann erforderlich sein, um die sichere Anwendung von Alprazolam zu gewährleisten.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Alprazolam nicht vertragen wird, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, um Angststörungen und Panikattacken zu behandeln.

Ein gängiger Ersatz sind andere Benzodiazepine wie Lorazepam oder Diazepam, die eine ähnliche Wirkungsweise haben, aber möglicherweise besser vertragen werden. Diese Alternativen sollten jedoch ebenfalls mit Vorsicht verwendet werden, da sie ähnliche Risiken hinsichtlich Abhängigkeit und Sedierung aufweisen.

Ein weiterer Ansatz sind selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) wie Sertralin, Fluoxetin und Escitalopram. SSRIs sind oft die erste Wahl bei der langfristigen Behandlung von Angststörungen, da sie ein geringeres Risiko für Abhängigkeit haben und im Allgemeinen gut verträglich sind. Sie wirken, indem sie den Serotoninspiegel im Gehirn erhöhen, was zur Stimmungsverbesserung und Angstreduktion beiträgt.

Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs) wie Venlafaxin und Duloxetin sind ebenfalls wirksame Alternativen. Diese Medikamente erhöhen sowohl den Serotonin- als auch den Noradrenalinspiegel und können bei Patienten, die nicht auf SSRIs ansprechen, wirksam sein.

Buspiron ist ein weiteres angstlösendes Medikament, das nicht zu den Benzodiazepinen gehört. Es hat ein geringeres Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial und kann für die langfristige Behandlung von generalisierten Angststörungen eingesetzt werden.

Psychotherapie, insbesondere kognitive Verhaltenstherapie (CBT), ist eine nicht-medikamentöse Behandlungsoption, die sich bei der Behandlung von Angststörungen als äußerst wirksam erwiesen hat. CBT hilft Patienten, negative Denkmuster und Verhaltensweisen zu identifizieren und zu verändern, die zur Angst beitragen.

Andere nicht-medikamentöse Ansätze wie Meditation, Yoga und Achtsamkeitstraining können ebenfalls hilfreich sein, um Angst zu reduzieren und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern.

Durch die Kombination von Medikamenten und psychotherapeutischen Ansätzen kann oft eine umfassendere und nachhaltigere Linderung von Angststörungen erreicht werden.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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