Pipamperon
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Pipamperon ist ein Antipsychotikum aus der Gruppe der Butyrophenone. Es wirkt sedierend und gehört zu den niederpotenten Neuroleptika (Antipsychotika).
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Was ist Pipamperon?
Pipamperon wird auch als Dipiperon oder Floropipamid bezeichnet. Es handelt sich dabei um einen Arzneistoff aus der Wirkstoffklasse der Antipsychotika. Genau wie Haloperidol oder Benperidol gehört Pipamperon zu den Butyrophenonen. Butyrophenone sind Arzneistoffe, die sich vom 1-Phenylbutan-1-on ableiten. Sie werden in psychiatrischen Einrichtungen bevorzugt zur Behandlung von Schizophrenien eingesetzt.
Pipamperon gehört zu den nierderpotenten Neuroleptika. Im Vergleich zu den hochpotenten Arzneistoffen aus der Gruppe der Antipsychotika ist die Wirkung von Pipamperon eher mild. Die Veträglichkeit ist verhältnismäßig, sodass der Arzneistoff auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie genutzt wird.
Pharmakologische Wirkung
Verschiedene Botenstoffe dienen im Körper der Übertragung von Signalen. Die Botenstoffe des Gehirns und des Nervensystems werden als Neurotransmitter bezeichnet. Bei einem Ungleichgewicht der Neurotransmitter können psychische Erkrankungen entstehen. Besonders häufig sind die Neurotransmitter Dopamin und Serotonin beteiligt.
Pipamperon blockiert hauptsächlich die Wirkung des Dopamins. Es bindet sich an D2- und D4-Rezeptoren und verhindert so, dass das Dopamin an diesen Rezeptoren andocken kann. Pipamperon wirkt somit antidopaminerg. Auf der psychotropen Ebene wirkt Dopamin antriebssteigernd und motivierend. Zu hohe Dopaminspiegel stehen allerdings in Verdacht Schizophrenien auslösen zu können.
Pipamperon blockiert allerdings nicht nur die Dopamin-, sondern auch die Serotoninrezeptoren. Dadurch wirkt es antipsychotisch, beruhigend und erregungsdämpfend. Auch eine schlaffördernde Wirkung kann beobachtet werden.
Im Gegensatz zu anderen Neuroleptika ist Pipamperon kaum anticholinerg, das heißt, dass es nicht den Neurotransmitter Acetylcholin hemmt. Auch die Histamin1-Rezeptoren werden nicht beeinflusst.
Die Halbwertszeit von Pipamperon im Blut liegt bei 16 bis 22 Stunden. Über N-Dealkylierung und Oxidation wird der Arzneistoff wieder abgebaut.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Pipamperon wird zur Behandlung von innerer Unruhe, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen eingesetzt. Es soll regulierend auf den Neurotransmitterhaushalt wirken und den Schlaf fördern. Auch Erregungszustände und Aggressivität soll Pipamperon vermindern.
In erster Linie wird der Arzneistoff als leichtes Schlafmittel verordnet. Bei älteren Menschen und bei Menschen mit psychischen Erkrankungen dient Pipamperon jedoch auch als Beruhigungsmittel. Zur Minderung von Aggressivität wird Pipamperon hauptsächlich bei Kindern verabreicht. In der Schweiz ist der Arzneistoff zudem zur Behandlung von chronischen Psychosen zugelassen.
Die Dosierung wird immer individuell vom Facharzt angepasst. Das Medikament wird zur besseren Verträglichkeit eingeschlichen. Die Einnahme kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Pipamperon, einem Neuroleptikum, sind mehrere Aspekte zu beachten. Das Medikament wird vor allem zur Behandlung von psychomotorischer Unruhe, Schlafstörungen und leichten psychotischen Zuständen eingesetzt. Die Dosierung richtet sich stark nach dem individuellen Krankheitsbild und der Verträglichkeit des Patienten.
Für Erwachsene beträgt die übliche Tagesdosis bei leichteren Fällen 40 bis 120 mg, aufgeteilt auf zwei bis drei Dosen. Bei schwereren Fällen kann die Dosis auf bis zu 360 mg täglich gesteigert werden. In der Regel beginnt die Behandlung mit einer niedrigen Dosis, die schrittweise erhöht wird, um die Verträglichkeit zu testen und Nebenwirkungen zu minimieren. Für Kinder und Jugendliche wird die Dosierung angepasst, in der Regel deutlich geringer.
Es ist wichtig, dass Pipamperon abends verabreicht wird, da es sedierende Eigenschaften hat und somit den Schlaf fördern kann. Zudem sollte das Medikament nicht abrupt abgesetzt werden, um Entzugserscheinungen oder eine Verschlimmerung der Symptome zu vermeiden. Langsame Reduktion der Dosis ist ratsam.
Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Schwindel oder orthostatische Hypotonie können auftreten, insbesondere bei älteren Patienten. Daher ist Vorsicht geboten, besonders im Zusammenhang mit anderen sedierenden Medikamenten.
Risiken & Nebenwirkungen
Im Vergleich zu anderen Neuroleptika ist Pipamperon verhältnismäßig gut verträglich. Anticholinerge Nebenwirkungen bleiben zwar aus, in höheren Dosierungen kann es allerdings zu extrapyramidal-motorischen Störungen kommen. Dabei zeigen sich die Bewegungsstörungen vornehmlich im Gesicht. Typisch sind Krämpfe des Schlunds und das sogenannte "Rabbit-Syndrom". Das unwillkürliche Mümmeln der Patienten erinnert an das Mümmeln eines Hasen. Auch Sitzunruhe, Zuckungen, Grimassieren und unwillkürliche Bewegungen der Extremitäten können auftreten.
In sehr seltenen Fällen kann das maligne neuroleptische Syndrom auftreten. Es äußert sich durch Akinese, extreme Muskelsteife, Hyperthermie mit starkem Schwitzen, Kieferklemme, Mutismus, Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma. Das maligne neuroleptische Syndrom kann tödlich enden und ist deshalb eine gefürchtete Komplikation der Neuroleptikatherapie.
Häufiger leiden die Patienten während der Einnahme unter Appetitlosigkeit, Übelkeit oder Erbrechen. Durch die Wirkung auf das Hormonsystem kann eine Hyperprolaktinämie entstehen. In der Folge kommt es zu Brustvergrößerungen und Menstruationsstörungen.
Auf kardiovaskulärer Ebene kann der Puls beschleunigt und der Blutdruck zu niedrig sein. Sehr selten treten Herzrhythmusstörungen auf. Da Pipamperon das QT-Intervall verlängern kann, sollte es nicht mit anderen Wirkstoffen kombiniert werden, die ebenfalls eine Verlängerung des QT-Intervalls bedingen. Dazu gehören beispielsweise Diuretika.
Zentral dämpfende Arzneimittel wie Schlafmittel, Antidepressiva, Opioide oder auch Alkohol können die sedierende Wirkung von Pipamperon verstärken. Wird Pipamperon in Kombination mit Antihypertonika verabreicht, kann der Blutdruck stark absinken.
Die Kombination von Pipamperon mit Dopaminantagonisten wie Lisurid, Bromocriptin oder Levodopa ist ebenfalls nicht empfehlenswert. Zudem sollte Pipamperon nicht mit Arzneimitteln verabreicht werden, die die Krampfschwelle des Gehirns herabsetzen. Es könnte sonst zu epileptischen Anfällen kommen.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Pipamperon betreffen vor allem bestimmte gesundheitliche Zustände, bei denen das Medikament Risiken birgt. Eine der Hauptkontraindikationen ist Überempfindlichkeit oder eine Allergie gegenüber Pipamperon oder anderen Inhaltsstoffen des Medikaments. Auch bei schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen oder verlängertem QT-Intervall, ist Vorsicht geboten, da Pipamperon das Risiko für Herzrhythmusstörungen erhöhen kann.
Leber- und Nierenerkrankungen stellen ebenfalls eine Kontraindikation dar, da Pipamperon über diese Organe verstoffwechselt und ausgeschieden wird. Bei schwerer Leber- oder Niereninsuffizienz kann das Medikament unzureichend abgebaut werden, was zu toxischen Wirkungen führen könnte.
Pipamperon sollte zudem nicht bei Patienten mit Parkinson-Krankheit oder anderen Erkrankungen des zentralen Nervensystems verwendet werden, da es die Symptome verschlimmern kann. Weitere Kontraindikationen sind epileptische Anfälle, da das Medikament das Risiko für Krampfanfälle erhöhen kann, sowie eine akute Vergiftung mit Alkohol, Schlafmitteln oder anderen zentral dämpfenden Substanzen, da Pipamperon deren Wirkungen verstärken kann.
Schwangere und stillende Frauen sollten das Medikament nur nach sorgfältiger Abwägung des Nutzens und der Risiken unter ärztlicher Aufsicht verwenden.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Bei der Verwendung von Pipamperon bestehen mehrere potenzielle Interaktionen mit anderen Medikamenten. Da Pipamperon ein Neuroleptikum ist, das sedierende Eigenschaften hat, kann es die Wirkung von anderen zentral dämpfenden Substanzen wie Benzodiazepinen, Schlafmitteln, Opioiden oder Antihistaminika verstärken. Dies kann zu einer verstärkten Sedierung, Schläfrigkeit und in schweren Fällen zu Atemdepression führen.
Die gleichzeitige Einnahme von Pipamperon mit Alkohol sollte ebenfalls vermieden werden, da Alkohol die sedierende Wirkung von Pipamperon verstärken und das Reaktionsvermögen weiter beeinträchtigen kann.
Pipamperon kann die Wirkung von blutdrucksenkenden Medikamenten verstärken und dadurch das Risiko für eine Hypotonie erhöhen. Es sollte besonders bei Patienten, die bereits Medikamente zur Blutdrucksenkung einnehmen, vorsichtig dosiert werden.
Darüber hinaus kann Pipamperon in Kombination mit Medikamenten, die das QT-Intervall verlängern (wie bestimmte Antiarrhythmika, Antibiotika oder Antidepressiva), das Risiko von Herzrhythmusstörungen erhöhen. Daher sollte diese Kombination vermieden oder sorgfältig überwacht werden.
Zudem kann Pipamperon die Wirkung von Dopaminagonisten abschwächen, was besonders bei Patienten mit Parkinson-Krankheit problematisch sein kann, da diese Medikamente oft zur Behandlung der Erkrankung eingesetzt werden.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Pipamperon aufgrund von Unverträglichkeit oder Nebenwirkungen nicht angewendet werden kann, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, die ähnliche sedierende oder antipsychotische Wirkungen haben.
Eine häufige Alternative ist Melperon, ein weiteres schwach wirksames Neuroleptikum, das ebenfalls sedierende Eigenschaften besitzt und oft bei älteren Patienten oder bei leichteren Formen von Unruhezuständen und Schlafstörungen eingesetzt wird. Melperon hat eine geringere Wahrscheinlichkeit, schwere Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen zu verursachen.
Quetiapin, ein atypisches Antipsychotikum, kann ebenfalls als Alternative zu Pipamperon eingesetzt werden, insbesondere wenn zusätzlich antipsychotische Effekte gewünscht sind. Es hat eine ausgeprägte sedierende Wirkung und wird auch häufig zur Behandlung von Schlafstörungen oder Unruhezuständen bei psychischen Erkrankungen verwendet.
Ein weiterer Wirkstoff, der als Alternative in Betracht gezogen werden kann, ist Promethazin, ein Antihistaminikum mit sedierenden Eigenschaften, das ebenfalls bei Unruhe und Schlafproblemen Anwendung findet. Es hat jedoch ein anderes Wirkprofil und eignet sich besonders, wenn eine beruhigende Wirkung im Vordergrund steht.
Wenn keine medikamentöse Behandlung infrage kommt, können auch nicht-medikamentöse Ansätze wie Verhaltenstherapie, Entspannungsverfahren oder Schlafhygiene eine unterstützende Rolle bei der Behandlung von Schlafstörungen oder Unruhezuständen spielen.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor