Benperidol

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 3. September 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Benperidol ist ein Medikament aus der Gruppe der Butyrophenone. Diese gehören zu den Neuroleptika. Der Arzneistoff wird zur Behandlung der Schizophrenie eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Benperidol?

Benperidol ist ein Medikament aus der Gruppe der Butyrophenone. Diese gehören zu den Neuroleptika. Der Arzneistoff wird zur Behandlung der Schizophrenie eingesetzt.

Benperidol ist ein Arzneistoff, der vornehmlich in der Psychiatrie eingesetzt wird. Er gehört zu den Butyrophenonen. Diese Gruppe von Arzneistoffen wird therapeutisch als Antipsychotikum genutzt. Weitere bekannte Butyrophenone sind Haloperidol oder Pipamperon.

Benperidol ist zusammen mit Haloperidol und Trifluperidol eins der stärksten Neuroleptika. Während niederpotente Butyrophenone eher leichte Nebenwirkungen haben, weisen die hochpotenten Butyrophenone wie das Benperidol eine hohe Nebenwirkungsrate auf.

Die ersten Butyrophenone wurden bereits gegen Ende der 1950er Jahre hergestellt. Seit Mitte der 1960er Jahre werden Benperidol und andere Butyrophenone in psychiatrischen Kliniken eingesetzt.

Pharmakologische Wirkung

Psychosen wie die Schizophrenie, die Depression oder die Manie werden vor allem durch Störungen der Neurotransmitter und im Hormonhaushalt beeinflusst. Vor allem Dopamin und Serotonin spielen eine wichtige Rolle.

Ziel der medikamentösen Behandlung einer Psychose ist die Hemmung von Dopamin- und / oder Serotoninrezeptoren im Zentralnervensystem (ZNS). Zur Hemmung der Rezeptoren kommen sogenannte Dopamin- und Serotoninantagonisten zum Einsatz. Diese treten mit Serotonin und Dopamin in einen Wettstreit um die Rezeptorenplätze. Ein solcher Dopaminantagonist ist Benperidol. Es blockiert die D2-Dopamin-Rezeptoren und hat somit einen antriebsmindernden Effekt. Der Arzneistoff wirkt zudem sedierend und antipsychotisch.

Bei einer höheren Dosierung von Benperidol werden zudem die Botenstoffe Histamin und Adrenalin gehemmt. Diese haben einen Einfluss auf das vegetative Nervensystem. Durch die Einnahme von Benperidol können deshalb Bewegungsstörungen vermindert werden. In geringem Maße beeinflusst Benperidol auch den Botenstoff Acetylcholin. Dieser Botenstoff spielt eine Rolle bei der Übertragung von Nervenreizen auf Muskelfasern. Benperidol kann aufgrund dieser Wirkung Muskelzuckungen, die im Rahmen eines psychotischen Schubes auftreten können, abmildern.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Benperidol wird in Form von Tropfen, Ampullen oder Tabletten zur Behandlung von Psychosen eingesetzt. Es kann dabei oral oder intravenös verabreicht werden. Indikationen für die Verabreichung von Benperidol sind:


Verabreichung & Dosierung

Benperidol ist ein hochpotentes Antipsychotikum aus der Gruppe der Butyrophenone, das vor allem zur Behandlung schwerer psychotischer Zustände und aggressiven Verhaltens eingesetzt wird. Bei der Verabreichung und Dosierung von Benperidol sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten, um eine sichere und effektive Behandlung zu gewährleisten.

Die übliche Anfangsdosis von Benperidol liegt bei 0,5 mg bis 1 mg täglich, die in der Regel in ein oder zwei Einzeldosen verabreicht wird. Die Dosierung kann je nach klinischem Ansprechen und Verträglichkeit schrittweise angepasst werden, sollte jedoch selten 3 mg pro Tag überschreiten, da Benperidol ein sehr potentes Medikament ist. Es ist ratsam, mit der niedrigsten wirksamen Dosis zu beginnen und die Dosis langsam zu steigern, um Nebenwirkungen zu minimieren.

Ältere Patienten oder solche mit eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion benötigen oft eine reduzierte Dosis, da das Risiko für Nebenwirkungen in diesen Gruppen erhöht ist. Bei diesen Patienten sollte die Dosierung besonders vorsichtig angepasst werden.

Besondere Vorsicht ist geboten bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen, da Benperidol das Risiko für Herzrhythmusstörungen, einschließlich QT-Verlängerung, erhöhen kann. Daher sollte vor Beginn der Therapie und regelmäßig während der Behandlung ein EKG durchgeführt werden, um das Herzrhythmusrisiko zu überwachen.

Die plötzliche Absetzung von Benperidol sollte vermieden werden, da dies zu Entzugserscheinungen und einer Verschlechterung der Symptome führen kann. Stattdessen sollte die Dosis schrittweise reduziert werden, um solche Effekte zu minimieren.

Risiken & Nebenwirkungen

Aufgrund seiner starken unerwünschten Nebenwirkungen wird Benperidol in aller Regel nur noch als Reservemittel bei der Behandlung der Schizophrenie genutzt. Der Gebrauch geht jedoch aufgrund der Weiterentwicklung der Neuroleptika stetig zurück.

Die Wirkung von Benperidol ist sehr stark, sodass unerwünschte Wirkungen fast bei jeder Behandlung auftreten. Eine häufig auftretende unerwünschte Wirkung ist etwa das extrapyramidale Syndrom (EPS). Beim EPS kommt es zu Störungen im Bewegungsablauf. Die Bewegungen nehmen zu oder sind vermindert. Sie sind mit einem verminderten oder mit einem erhöhten Spannungszustand der Muskeln verbunden. Die betroffenen Patienten leiden unter Sitzunruhe, Zungenkrämpfen, Blickkrämpfen, Zittern, und Bewegungsarmut. Zur Prävention des EPS wird Benperidol meist zusammen mit Anticholinergika wie Biperiden verabreicht. Anticholinergika unterdrücken die Wirkung von Acetylcholin und verhindern so die Weiterleitung von Nervenreizen.

Weitere häufige Nebenwirkungen von Benperidol sind Hypotonie, Herzrhythmusstörungen, Milchfluss, Zyklusstörungen oder Sexuelle Unlust. Gelegentlich kommt es zu Schwindel, Depressionen, Krampfanfällen, Sprachstörungen, Gewichtszunahme, erhöhten Blutzuckerwerten oder Hautallergien. Sehr seltene Nebenwirkungen sind Mundtrockenheit, ein erhöhter Augeninnendruck, Haarausfall und Blutbildungsstörungen.

Eine gefährliche Komplikation, die sich bei der Einnahme von Benperidol entwickeln kann, ist das Maligne neuroleptische Syndrom (MNS). Dieses tritt unter Benperidol deutlich häufiger auf, als bei der Einnahme von anderen Neuroleptika.

Das MNS wird vermutlich durch einen Dopaminmangel durch eine Blockade des D2-Rezeptors verursacht. Typische Symptome des MNS sind extreme Muskelsteife, Zittern, gesteigerte Reflexe, Blickkrämpfe, Kieferklemme, starkes Schwitzen, Herzrasen, schnelle Atmung, Stuhlinkontinenz oder Harnverhalt, Verwirrtheit, Mutismus, Bewusstseinsstörungen und Katatonie.

Im Labor zeigt sich eine extreme Erhöhung von Kreatin-Kinase und Transaminasen. Die Leukozytenzahl ist erhöht. Es kommt zu einer Ausscheidung von Myoglobin über den Urin. Das maligne Neuroleptika-Syndrom ist eine gefürchtete Komplikation, da es sich sehr schnell und unerwartet entwickelt und rasch tödlich verlaufen kann. Bei Verdacht auf MNS muss Benperidol sofort abgesetzt werden.

Kontraindikationen

Benperidol ist ein starkes Antipsychotikum, dessen Anwendung bei bestimmten Patientengruppen kontraindiziert ist. Eine der wichtigsten Kontraindikationen betrifft Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Benperidol oder andere Butyrophenone. Eine solche Überempfindlichkeit kann zu schweren allergischen Reaktionen führen.

Weiterhin ist Benperidol bei Patienten mit schwerer ZNS-Depression kontraindiziert, insbesondere wenn diese durch Alkohol oder andere ZNS-dämpfende Substanzen verursacht wird. Die zusätzliche Sedierung durch Benperidol könnte zu einer gefährlichen Atemdepression führen.

Patienten mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere solchen mit einer bekannten Verlängerung des QT-Intervalls, sollten Benperidol nicht einnehmen, da das Medikament das Risiko für schwere Herzrhythmusstörungen, einschließlich Torsade de Pointes, erhöhen kann. Eine regelmäßige Überwachung des EKGs ist notwendig, wenn Benperidol in Situationen angewendet wird, in denen eine QT-Verlängerung ein Risiko darstellt.

Benperidol sollte ebenfalls nicht bei Patienten mit einem Phäochromozytom angewendet werden, da es durch seine Wirkung auf das autonome Nervensystem eine hypertensive Krise auslösen könnte.

Auch bei Parkinson-Patienten ist Benperidol kontraindiziert, da es die Symptome der Erkrankung, insbesondere die motorischen Störungen, verschlimmern kann. Schließlich sollte Benperidol nicht während der Schwangerschaft und Stillzeit verwendet werden, da es potenziell teratogene Wirkungen haben könnte und in die Muttermilch übergeht.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Benperidol, ein potentes Antipsychotikum, kann mit verschiedenen Medikamenten interagieren, was zu verstärkten Nebenwirkungen oder einer verminderten Wirksamkeit führen kann. Eine bedeutende Interaktion besteht mit anderen zentralnervös dämpfenden Substanzen, wie Benzodiazepinen, Opioiden oder Alkohol. Die gleichzeitige Einnahme dieser Substanzen kann die sedierende Wirkung von Benperidol verstärken und das Risiko für Atemdepression und schwere Sedierung erhöhen.

Benperidol kann das QT-Intervall verlängern, daher ist Vorsicht geboten, wenn es zusammen mit anderen Medikamenten angewendet wird, die ebenfalls das QT-Intervall verlängern, wie bestimmte Antiarrhythmika (z. B. Amiodaron, Sotalol), Makrolid-Antibiotika (z. B. Erythromycin), und einige Antidepressiva (z. B. Citalopram). Die gleichzeitige Anwendung kann das Risiko für potenziell lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, wie Torsade de Pointes, erhöhen.

Die Wirkung von Antihypertensiva kann durch Benperidol verstärkt werden, was zu einer übermäßigen Senkung des Blutdrucks führen kann. Daher ist eine Überwachung des Blutdrucks wichtig, wenn Benperidol zusammen mit blutdrucksenkenden Medikamenten eingenommen wird.

Die gleichzeitige Anwendung von Benperidol mit Medikamenten, die den Cytochrom-P450-Enzymweg beeinflussen, insbesondere CYP2D6-Inhibitoren wie Paroxetin oder Fluoxetin, kann die Blutkonzentrationen von Benperidol erhöhen, was das Risiko für Nebenwirkungen verstärkt. Umgekehrt können CYP3A4-Induktoren wie Rifampicin die Wirkung von Benperidol verringern, indem sie dessen Abbau beschleunigen.

Patienten, die Levodopa oder andere dopaminerge Medikamente zur Behandlung von Parkinson einnehmen, sollten diese nicht mit Benperidol kombinieren, da Benperidol die Wirkung dieser Medikamente antagonisieren und die Parkinson-Symptome verschlimmern kann.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Benperidol nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, insbesondere zur Behandlung schwerer psychotischer Zustände und aggressiven Verhaltens.

Eine gängige Alternative ist Haloperidol, ein weiteres hochpotentes Antipsychotikum aus der Butyrophenon-Gruppe. Es hat ein ähnliches Wirkungsprofil wie Benperidol, wird jedoch oft besser vertragen. Haloperidol ist ebenfalls wirksam bei der Kontrolle von Aggressionen und psychotischen Symptomen, allerdings kann es auch extrapyramidale Nebenwirkungen verursachen, weshalb eine sorgfältige Überwachung erforderlich ist.

Risperidon ist ein atypisches Antipsychotikum, das ebenfalls als Alternative zu Benperidol eingesetzt werden kann. Es ist weniger wahrscheinlich, schwere extrapyramidale Nebenwirkungen zu verursachen, und wird oft bevorzugt, wenn eine Langzeitbehandlung erforderlich ist. Risperidon ist wirksam bei einer Vielzahl von psychotischen Störungen, einschließlich Schizophrenie und bipolarer Störung.

Olanzapin und Quetiapin sind weitere atypische Antipsychotika, die bei der Behandlung von Psychosen und aggressivem Verhalten verwendet werden können. Diese Medikamente haben ein geringeres Risiko für motorische Nebenwirkungen und sind auch bei Patienten mit begleitenden Angst- oder Schlafstörungen nützlich.

Für Patienten, die keine pharmakologische Behandlung vertragen, können nicht-medikamentöse Ansätze wie kognitive Verhaltenstherapie (CBT) oder andere psychotherapeutische Interventionen hilfreich sein, insbesondere wenn psychotische Symptome durch Stress oder emotionale Belastungen verstärkt werden.

In akuten Situationen, in denen medikamentöse und psychotherapeutische Ansätze nicht ausreichen, kann auch eine Elektrokonvulsionstherapie (EKT) in Betracht gezogen werden, insbesondere bei therapieresistenten psychotischen Zuständen.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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