Promethazin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. Oktober 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Promethazin ist ein Neuroleptikum (eigentlich ein Antihistaminikum), das sedierende, antiallergische, antiemetische und schlaffördernde Wirkungen entfaltet. Es wird vor allem zur Therapie von Erregungszuständen verwendet.
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Was ist Promethazin?
Promethazin (chemische Summenformel: C17H20N2S) gehört zur Gruppe der Phenothiazine. Es ist ein Neuroleptikum, gehört aufgrund des Wirkmechanismuses aber eigentlich zu den Antihistaminika.
Promethazin findet keine oder kaum Anwendung als Antipsychotikum, was für ein Neuroleptikum ungewöhnlich ist. Es wird jedoch als Sedativum (Beruhigungsmittel) eingesetzt. Darüber hinaus kann es als Antiallergikum und Antiemetikum eingesetzt werden.
Pharmakologische Wirkung
Promethazin ist der ersten Gruppe der Neuroleptika zuzuordnen. Es ist ein niederpotentes Neuroleptikum. Neuroleptika werden etwa in der Therapie der Schizophrenie eingesetzt, da sie eine antipsychotische und spedierende Wirkung entfalten. Psychosen gehen vor allem auf die Wirkung der Neurotransmitter Dopamin und Serotonin zurück. Fast alle Neuroleptika wirken daher hemmend auf die Dopamin- und Serotonin-Rezeptoren im zentralen Nervensystem, indem sie diese besetzen und somit als Antagonisten die Wirkung der beiden Neurotransmitter abschwächen. So regulieren sie deren Einfluss auf die Psyche.
Promethazin hat jedoch einen anderen Wirkmechanismus als die meisten Neuroleptika. In erster Linie ist es ein Antihistaminikum und blockiert somit das Histamin, indem es sich als Antagonist an die H1-Rezeptoren bindet. Auch im zentralen Nervensystem befinden sich Histamin-Rezeptoren. Da das Promethazin auch an diese bindet, wirkt es schlaffördernd und beruhigend. Es ist somit vor allem zur Therapie von Erregungszuständen geeignet. Zur alleinigen Therapie der Schizophrenie ist es jedoch nicht geeignet.
Die Resorption des Promethazins findet im Darm statt und geht sehr schnell vonstatten. Es unterliegt jedoch einem hohen First-Pass-Effekt, woraus eine relativ geringe Bioverfügbarkeit resultiert. Die Plasmahalbwertszeit des Stoffe beträgt etwa 10-12 Stunden, die höchste Plasmakonzentration liegt nach eineinhalb bis drei Stunden vor.
Die Metabolisierung des Arzneistoffes erfolgt durch ein Enzym aus der Cytochrom-P450-Gruppe, die daraus resultierenden Metaboliten sind pharmakologisch nicht aktiv. Sie entfalten also keine eigene Wirkung.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Promethazin wird bei Erregungs- und Angstzuständen, bei Unruhe, bei Schlafstörungen und bei Allergien eingesetzt. Der Einsatz bei Allergien erfolgt jedoch nur, wenn eine gleichzeitige Sedierung gewünscht ist. Zudem kommt das Mittel auch bei Übelkeit und Erbrechen zum Einsatz, wenn besser verträgliche Antiemetika nicht angewendet werden können.
Zur alleinigen Therapie der Schizophrenie ist Promethazin nicht geeignet. Die neuroleptische Potenz des Arzneistoffes wird mit 0,5 angegeben. Er zählt somit zu den niederpotenten Neuroleptika, die hauptsächlich wegen ihrer beruhigenden (sedierenden) Wirkung eingesetzt werden. Hieraus lässt sich die Nichteignung zur alleinigen Therapie der Schizophrenie ableiten.
Zur Therapie von allergischen Reaktionen, Übelkeit und Erbrechen stellt Promethazin aufgrund der sedierenden Wirkung nicht das Mittel der ersten Wahl dar. Es gibt besser verträgliche Arzneistoffe, die keine sedierenden und schlaffördernde Wirkung entfalten und dennoch gegen allergische Reaktionen, Übelkeit und Erbrechen wirken. Sollten diese Stoffe jedoch nicht verfügbar sein, aus anderen Gründen nicht verabreicht werden können oder sollte eine gleichzeitige Sedierung gewünscht sein, kann Promethazin bei diesen Beschwerden, gegen die es gut wirksam ist, zum Einsatz kommen.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Promethazin, einem Antihistaminikum, das hauptsächlich zur Behandlung von allergischen Reaktionen, Übelkeit, Schlafstörungen und zur Beruhigung eingesetzt wird, ist besondere Vorsicht geboten. Die Dosierung hängt von der Indikation, dem Alter, dem Gewicht und der individuellen Reaktion des Patienten ab. Erwachsene erhalten bei allergischen Reaktionen typischerweise 25 mg pro Tag, während bei Schlafstörungen oder zur Sedierung bis zu 50 mg vor dem Schlafengehen verabreicht werden können.
Für Kinder und ältere Menschen sind niedrigere Dosen erforderlich, da sie empfindlicher auf die sedierende Wirkung reagieren. Bei Kindern unter zwei Jahren sollte Promethazin nicht angewendet werden, da es zu schwerwiegenden Atemproblemen führen kann.
Das Medikament sollte mit Vorsicht angewendet werden bei Patienten mit bestehenden Atemwegserkrankungen, Leber- oder Nierenfunktionsstörungen, da Promethazin die Atmung unterdrücken und den Stoffwechsel beeinträchtigen kann. Zudem sollte es nicht zusammen mit Alkohol oder anderen ZNS-dämpfenden Substanzen eingenommen werden, da die sedierende Wirkung verstärkt wird.
Langfristige oder hochdosierte Anwendung kann zu Nebenwirkungen wie Schwindel, Benommenheit, Mundtrockenheit und in seltenen Fällen zu Bewegungsstörungen führen. Es ist ratsam, die niedrigste wirksame Dosis über den kürzesten Zeitraum zu verwenden.
Risiken & Nebenwirkungen
Promethazin kann eine Reihe unerwünschter Arzneimittelwirkungen entfalten. Zu diesen zählen Mundtrockenheit, Verstopfung, Verlust der Libido, Verwirrtheit, Schwindel, Hypotonie (niedriger Blutdruck), Herzrhythmusstörungen, Kopfschmerzen, Dyskinesien (Bewegungsstörungen), Akathisie (krankhafte Bewegungsunruhe), Krampfanfälle, das maligne neuroleptische Syndrom und Atemdepressionen bei Kleinkindern und bei Patienten mit Asthma bronchiale oder COPD.
Promethazin darf nicht gleichzeitig mit blutdrucksenkenden Medikamenten (Antihypertensiva), Schlafmitteln, Schmerzmitteln und Alkohol eingenommen werden, da es die Wirkung dieser Substanzen verstärkt.
Bei Kindern unter zwei Jahren, bei Einnahme von MAO-Hemmern, beim Reye-Syndrom, bei Epilepsie, Bewusstseinsstörungen, Hypotonie, bei koronarer Herzkrankheit, Leberfunktionsstörungen, Nierenfunktionsstörungen, Asthma bronchiale, Bronchitis, Bronchiektasen, bei Mukoviszidose, Engwinkelglaukom, Prostatahyperplasie, Harnretention und bei pyloro-duodenaler Obstipation darf Promethazin nicht angewendet werden.
Bei älteren Menschen darf es nur unter strenger Indikationsstellung gegeben werden.
Promethazin wird missbräuchlich zur Verstärkung der zentralen Wirkung, z.B. der euphorisierenden Wirkung von Opiaten eingesetzt.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Promethazin betreffen verschiedene medizinische Zustände und besondere Risikogruppen. Eine der wichtigsten Kontraindikationen ist die Anwendung bei Kindern unter zwei Jahren, da das Risiko für schwerwiegende Atemprobleme, einschließlich Atemstillstand, besteht. Auch Patienten mit einer Überempfindlichkeit gegenüber Promethazin oder anderen Phenothiazinen sollten das Medikament nicht verwenden, da allergische Reaktionen auftreten können.
Promethazin sollte nicht bei Patienten mit zentralen Nervensystem-Erkrankungen wie Koma oder stark beeinträchtigtem Bewusstsein angewendet werden, da es die Sedierung verstärken und das Bewusstsein weiter beeinträchtigen kann. Auch bei Patienten mit stark eingeschränkter Atemfunktion oder Asthma ist Vorsicht geboten, da das Medikament die Atemdepression verschlimmern kann.
Patienten mit Engwinkelglaukom, da Promethazin die Symptome verschlechtern kann, sowie solche mit Prostatahyperplasie, da es zu Harnverhalt führen kann, sollten das Medikament vermeiden. Bei schwerer Leber- oder Nierenerkrankung kann die Verstoffwechselung und Ausscheidung des Medikaments beeinträchtigt sein, weshalb es in diesen Fällen ebenfalls nicht empfohlen wird.
Schwangere und stillende Frauen sollten Promethazin nur unter strenger ärztlicher Überwachung einnehmen, da mögliche Auswirkungen auf das Kind nicht vollständig ausgeschlossen sind. Zudem ist das Medikament bei gleichzeitiger Einnahme von Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmern) kontraindiziert, da es zu schwerwiegenden Wechselwirkungen kommen kann.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Promethazin kann mit verschiedenen Medikamenten interagieren, was zu verstärkten Nebenwirkungen oder veränderten Wirkungen führen kann. Eine der wichtigsten Interaktionen besteht mit zentralnervös dämpfenden Substanzen wie Beruhigungsmitteln, Schlafmitteln, Opioiden und Alkohol. Die sedierende Wirkung von Promethazin wird durch diese Substanzen verstärkt, was zu extremer Schläfrigkeit, Atemdepression oder Bewusstlosigkeit führen kann.
Auch bei der gleichzeitigen Einnahme von Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmern) muss Vorsicht geboten werden, da dies zu potenziell gefährlichen Wechselwirkungen wie übermäßiger Sedierung oder einer Verstärkung der anticholinergen Effekte von Promethazin führen kann. Diese Effekte können Symptome wie Mundtrockenheit, Harnverhalt oder Verwirrtheit verstärken.
Promethazin kann außerdem die Wirkung von blutdrucksenkenden Medikamenten verstärken, was zu einem übermäßigen Blutdruckabfall führen kann. In Kombination mit Anticholinergika oder anderen Medikamenten, die eine ähnliche Wirkung haben, können verstärkte anticholinerge Nebenwirkungen wie Sehstörungen, Verstopfung oder Herzrasen auftreten.
Darüber hinaus kann die Einnahme von Promethazin die Wirkung von Medikamenten wie Levodopa, das zur Behandlung der Parkinson-Krankheit eingesetzt wird, abschwächen, da Promethazin dopaminerge Wirkungen blockieren kann. Auch die gleichzeitige Anwendung mit Medikamenten, die das QT-Intervall verlängern, sollte vermieden werden, da dies das Risiko für gefährliche Herzrhythmusstörungen erhöht.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Promethazin nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, je nach dem Anwendungsbereich. Bei allergischen Reaktionen können andere Antihistaminika wie Cetirizin, Loratadin oder Fexofenadin eingesetzt werden. Diese modernen Antihistaminika der zweiten Generation haben den Vorteil, weniger sedierend zu wirken und daher tagsüber besser verträglich zu sein.
Bei Übelkeit und Erbrechen kann Metoclopramid oder Ondansetron als Alternative dienen. Metoclopramid wirkt als Prokinetikum, das die Magenentleerung beschleunigt, während Ondansetron spezifisch die Übelkeit blockiert, die durch Chemotherapie oder postoperative Zustände verursacht wird. Beide haben ein anderes Nebenwirkungsprofil als Promethazin und können in vielen Fällen besser vertragen werden.
Für die Behandlung von Schlafstörungen gibt es mehrere Alternativen, darunter pflanzliche Mittel wie Baldrian oder Passionsblume, die eine beruhigende Wirkung haben. Wenn stärkere Medikamente erforderlich sind, können Melatoninpräparate oder Z-Substanzen wie Zolpidem oder Zopiclon in Betracht gezogen werden. Diese wirken gezielt auf den Schlafzyklus, ohne die starken anticholinergen Nebenwirkungen von Promethazin.
Zur Sedierung bei Angstzuständen oder Unruhe können auch Benzodiazepine wie Diazepam oder alternative niedrig dosierte Antidepressiva wie Doxepin verwendet werden, die sedierende Eigenschaften besitzen, aber mit einem anderen Nebenwirkungsprofil einhergehen.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor