Aminoglykosid

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei einem Aminoglykosid handelt es sich um Antibiotika aus der Gruppe der Oligosaccharide (Kohlenhydrate aus mehreren gleichen oder verschiedenen Einfachzuckern). Aminoglykosid-Antibiotika haben eine bakterizide Wirkung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Aminoglykosid?

Aminoglykoside sorgen für eine Vernichtung von verschiedenen Krankheitserregern. Sie wirken oral eingenommen im Dünn- und Dickdarm, bei Cremes begrenzt auf der Haut und bei Injektion im gesamten Organismus.
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Aminoglykoside stellen eine heterogene Gruppe unter den Antibiotika dar, welche den Oligosacchariden zugeordnet werden. Sie kommen zur Behandlung von bakteriellen Infektionen zum Einsatz. Die Gabe erfolgt in Form von Injektionen, als Creme oder als Augen- oder Ohrentropfen. Ein Medikament aus dieser Antibiotika-Gruppe wird in Form von Tabletten verabreicht.

Aminoglykoside stellen eine Kombination aus Aminozucker- und Cyclohexan-Bausteinen dar und sind in Wasser löslich. Die Halbwertzeit liegt bei etwa zwei Stunden, die Ausscheidung erfolgt vorrangig über die Nieren.

Das erste entdeckte Aminoglykosid-Antibiotikum war Streptomycin im Jahr 1944. In der Folge wurden immer mehr ähnliche Wirkstoffe isoliert. Es erfolgte eine Anteilung in Aminoglykoside zur Behandlung allgemeiner Infektionen (z. B. Amikacin, Gentamicin, Tobramycin) und zur Behandlung von speziellen Fällen (z. B. Streptomycin, Neomycin, Paromomycin).

Pharmakologische Wirkung auf Körper & Organe

Aminoglykoside haben eine stark bakterizide Wirkung. Sie dringen in Bakterien ein, wo sie sich an die Ribosomen ankoppeln. Dabei handelt es sich um Zellorgane für die Bildung von Eiweißen. Durch die Blockierung der Ribosomen werden die Eiweiße fehlerhaft gebildet und verlieren dadurch ihre Funktion. Die Bakterien sterben dadurch ab.

Aminoglykoside dringen entweder über die Poren der Zellwände oder aber direkt durch die Zellmembran in das Bakterium ein, wodurch sich der schnelle Wirkeintritt erklären lässt. Empfindlich reagieren dabei aber nur Bakterien, die zum Leben Sauerstoff benötigen. Deshalb sind Aminoglykoside gegen anaerobe Bakterien nicht wirksam.

Aminoglykoside wirken innerhalb der Bakterien, wodurch Erreger auch noch mehrere Stunden nach der Verabreichung in Abhängigkeit der Wirkstoffkonzentration absterben. Die Wirkung lässt deutlich nach, wenn eine zweite Dosis zu schnell nach der Erstgabe verabreicht wird. Durch eine hohe einmalige Gabe von Aminoglykosiden ist die Wirkung deshalb besser, als durch mehrere kurz aufeinander folgende Verabreichungen.

Eine Anreicherung der Aminoglykoside erfolgt vor allem in den Nieren und im Innenohrgewebe. Das Vergiftungsrisiko steigt deshalb mit zunehmender Anwendungsdauer. Ein Abfließen erfolgt nur, sofern die Konzentration höher als im Blut ist. Deshalb ist es wichtig, dass die Konzentration im Blut regelmäßig vom Arzt überprüft wird.

Medizinische Anwendung & Verwendung zur Behandlung & Vorbeugung

Aminoglykoside sorgen für eine Vernichtung von verschiedenen Krankheitserregern. Sie wirken oral eingenommen im Dünn- und Dickdarm, bei Cremes begrenzt auf der Haut und bei Injektion im gesamten Organismus.

Oral werden Neomycin und Paronomycin gegeben, welche für einen keimfreien Darm sorgen sollen. Zur Anwendung kommen sie vor Operationen, bei Koma, bei einer „Vergiftung“ des Gehirns aufgrund von Leberversagen, bei Leukämie oder bei Granulozytopenie.

Zur äußerlichen Anwendung bei bakteriellen Infektionen an Haut oder Augen kommen Framycetin, Kanamycin und Neomycin zum Einsatz. Eine parenterale Gabe von Amikacin, Gentamicin, Netilmicin oder Tobramycin erfolgt bei Erregern wie Staphylokokkus aureus oder Streptokokken des Typs A.

Bei Tuberkulose erfolgt die parenterale Verabreichung von Streptomycin, bei lebensbedrohlichen Blutvergiftungen erfolgt die Gabe von Amikacin, Gentamycin, Netilmycin oder Tobramycin in Kombination mit Beta-Lactam-Antibiotika. Diese beiden Antibiotika-Gruppen ergänzen sich in ihrer Wirkung gegenseitig, dürfen jedoch nicht in einer Infusion miteinander vermischt werden.

Zur Behandlung einer Endokarditis (Herzinnenwandentzündung) oder schweren Infektionen (z. B. durch Pseudomonas aeruginosa, Listerien, Enterokokken, Mykobakterien, Enterobakterien, Staphylokokken) kommen die Aminoglykoside Amikacin, Gentamycin, Netilmycin und Tobramycin zum Einsatz.

Weitere Wirkstoffe sind Apramycin und Hygromycin. Spectinomycin ist ein ähnlich wirkendes Mittel, welches nur bei der Behandlung eines unkomplizierten Trippers zur Anwendung kommt, sofern Penicilline keine Wirkung entfalten.

Die Verabreichung muss vor allem bei systemischen Infektionen parenteral erfolgen, da Aminoglykoside nicht resorbiert werden. Patienten mit einer Unverträglichkeit gegen die Wirkstoffe dürfen Aminoglykoside nicht erhalten.

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Risiken & Nebenwirkungen

Die Dosierung von Aminoglykosiden muss aufgrund der geringen therapeutischen Breite sorgfältig erfolgen. Es handelt sich deshalb um typische Antibiotika für den Einsatz in der Intensivmedizin. In Niere und Innenohr reichern sich Aminoglykoside besonders an und haben hier eine nephrotoxische (meist reversibel) und vestibulo- und ototoxische (meist irreversible) Wirkung. Die Wirkung von neuromuskulär blockierenden Substanzen wird durch Aminoglykoside oft verlängert.

Typische Nebenwirkungen sind meist Übelkeit und Erbrechen, Schläfrigkeit und Ataxie (Störungen bei der Koordination von Bewegungen).

Eine lange Anwendungsdauer (mehr als drei Tage), eine häufige Verabreichung, eine hohe Dosierung, bereits bestehende Nierenerkrankungen, ein höheres Alter sowie hohe Blutspiegel können das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen.

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